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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 17
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Lasar, Bela: Jung-Ungarische Kunst, [2]
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Harrach, Max: Düsseldorf 1902: Deutsch-nationale Kunstausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0298

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2 1

Zuckungen der Natur, das in feurigem Roth glühende
Caub der Bäume, das Blühen weißer Birken, die
träge Ruhe der Donaugegend mit breitem ſicheren
Pinſel malt, Daniel Michalit᷑ Juliis A,
Ferdinand Katona, Szalänyi und Myräzi, mit
liebevollem Eifer die originellen Süge der unga-
riſchen Luſt, der ungariſchen Erde und des unga-
riſchen Lichts zu ergründen ſuchen. Unter ihnen
ſteht, zu neuer Kraft erwacht, Paul Szinvei-Merse,
der wie es Ruskin gewünſcht hatte, wirklich die
Muttererde modellirt und in ſeinen Herbſtland-
ſchaften und Gartenſtudien, dem Stück Land, das
ſein Auge umfaßt, die individuelle Eigenheit zu
verleihen weiß.

In dieſen Landſchaftsbildern iſt die Stärke der
neuen ungariſchen Kunft zu ſuchen, denn das Jagen
nach nationalen Sujets und geſchichtlichen Stoffen,
oder die münchneriſchen, witzigen Genrebilder ſind
nur noch im Kreiſe der Epigonen der alten Schule
üblich. Die Modernen ſuchen den ungariſchen Cha-
rakter in der Analyſe der nationalen Seele, ſowohl
im Portrait als im Sittenbild.

In erſter Beihe im Portrait. Was Leopold
Borowitz im Geiſte der alten großen Uunſt ſich
von Anfang an zum Ideal gemacht hatte, den Aus-
druck der Individualität in individueller Art geſehen,
danach ſtrebt auch die neue ungariſche Uunſt.
Philipp Läszlö mit ſeinem angeborenen Schönheits-
gefühl, der ewige Forſcher der intimen Eigenartig-
keiten der Frauenſchönheit, der ſeinen Geſchmack an
den beſten Meiſtern, namentlich an den engliſchen
Meiſtern des XVIII. Jahrhunderts, gebildet hat,
ſchafft mit leichter Sicherheit bald in der alten Her-
zogin Ratibor den Typus der Seelen⸗Jugend,
hauptſächlich durch die glückliche Harmonie der
Farbenakkorde, läßt im Porträt der Barbi Alice
durch die kräftige Ausarbeitung der Augenhöhle die
Erfahrung eines an Kämpfen und Erfolgen reichen
Cebens hervortönen; aus dem Portrait der Frau
Hajos zitttert die unterdrückte Leidenſchaft und aus
dem der Prinzeſſin von Thurn-Taxis lodert die
verſengende Gluth der inneren Flammen. Eine
Blume iſt das Weib, die der Maler ahnen laſſen
muß. Karl Siegler ſtrebt nach dekorativen Effekten
und verſchmilzt auf der Harmonie der breiten und
einheitlichen Linien den Ausdruck des Charakters.
Serenczy, Ludwig Mark und Stefan Réti ver-
ſenken ſich in die Tiefen der denkenden Seele, während
Bippl-Rönai flüchtige Bewegungen zu erhaſchen ſucht.

Auch das neue ungariſche Sittenbild will keine
oberflächliche ethnographiſche Spezialität mehr ſein,
ſondern hat ſeinen künſtleriſchen Werth in ſich auf-
genommen, wie es Adolf Fenves thut, der das
Toos der armen Leute verewigt. Adolf Fenves
ſchlug ſchon mächtige düſtere Töne an, zur Zeit
als der Luminismus überall herſchte. Seine Ton-
ſtudien ſind vorzügliche Schöpfungen in der Be-

obachtung der Atmosphäre. Theoder Semplénviund
Harl Kernſtock verachten alles, was nicht maleriſch
iſt und ſind ausſchließlich Forſcher der Luft und der
Farbe. Alexander Bihari, Emerich Révész,
Stephan Cſ6k, Johan Vaszary gehen den gleichen
Weg, wenn auch das Tendenziöſe der techniſchen
Probleme in ihren Schöpfungen zu bemerken iſt.
Dieſelben Tendenzen von denſelben Malern
finden wir auch in der ſoeben eröffneten Frühlings-


aufrichtigen Ausdrucke der eigenen Seele das Ver-
ewigen der nationalen Seele bewußt anzuſtreben.

CM
Düsseldorf looꝛ:

Deutsch · nationale
Runstausstellung.

von Max Harrach.

IL,

ie Berliner Kunft zeigt auch heute noch

in unverkennbarer Weiſe das Ueber-

gewicht der akademiſchen Bichtung über

die „Moderre“. Abgeſehen von der unter Lieber-

manns Führung in naturaliſtiſchen Bahnen wandelnden

„Sezeffion“ iſt es nur eine verſchwindend kleine Hruppe

jüngerer Kräfte, die auf die Fahne „Neuidealismus“
eingeſchworen iſt.

Cudwig v. Hofmann hat in dieſer Richtung


Sein hier gezeigtes„Idyll.“ mit den beiden lebenz-
großen Figuren in Arkadiſcher Landſchaft und mehr
noch das ſexotiſche Chierftück: „Heiße Nacht! — ein
Audel Panther, die in ſchwüler Mondnacht zur


Eigenart unverkennbar aufgeprägt. Sein Stil hat
ſich inzwiſchen von Whiſtler und den Schotten mehr
freigeniacht, als von Besnards kühnem Kolorismus,
unter deſſen Banne Hofmanns Kunft ſtet— geſtanden.
Mehr Grübler als Hofmann, aber weniger ſenſitiv
wie dieſer als Koloriſt iſt Martin Brandenburg,
deſſen „Schwarzer Wahn“ und „Parzival“ die dich-
teriſche, aber zuweilen gequält phantaſtiſche Erfin-
dungsgabe diefes jungen Malers aufs Neue doku-
mentfiren. Die drei Bilder Baluſcheks verſtimmen
durch das prononzirte ſozialpolitiſche Leitmotiy, das
ſie anſchlagen, mehr, als ſie durch die rein künſtle-
riſche Wirkung zu feſſeln vermögen,

Die beiden Säle, die die Künchener für ihre


gewaͤhlte, künſtleriſche Arrangement aufs Erſte einen
fehr vornehmen Eindruck. Zumal die „Sezeſſion“ hat
ſich durch die weiſe Raumausnützung eine vorzügliche
wirkung geſichert, die nur durch den Umſtand einiger-
maßen herabgeſtimmt wird. daß fich unter den ausgeſtell-
ten Werfen viel Bekanntes befindet. Letzteres gilt eben-
falls für Luitpoldgruppe und Genoſſenſchaft, wenn

beide auch etwas mehr an wirklichen Novitäten
bieten, als Sezeſſion, Scholle, Phalanx et tutti quanti.
Don den der älteren Richtung huldigenden Aleiſtern
ſind in erſter Linie zu nennen: Karl Marr mit ſeiner
 
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