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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 10
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Zur Spaltung in der Berlinder Sezession
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Dworaczek, Wilhelm: Wiener Kunstbrief
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Thomas, Bertha: Londoner Kunst, Schluss [2]
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Wiener Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0175

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— O


Die letzten Ausſtellungen der Sezeſſion, ebenſo wie die
in der Januar-Hauptverſammlung vorgenommene Wahl
des Vorſtandes und der Erfahmänner, die eventuell als
Jury fungiren, haben eine derartige Verſchiedenheit der
künſtleriſchen Grundſätze ergeben, daß ein weiteres Zu-
ſammenarbeiten ausſichtslos erſcheint.

Aus ähnlichen Gründen ſind ſeit Gründung der Berliner
Sezeſſion bereits achtzehn Mitglieder, von denen der
größere Theil uns künſtleriſch nahe ſteht, ausgetreten.

Willi Döring. Otto H. Engel. Gokar Erenzel.
Victor Freudemann. Kichard Frieſe Bermann Hendrich.

Paul Hoeniger. Felix Krauſe. Carl Langhammer.

Hugo Lederer. Franz Lippiſch. Hans Looſchen.

Martin Schauß. Mar Schlichting. Max Uth.
Julie Wolf-Chorn.

kondoner Kunſt.

Don Bertha Thomas Berlin.
(Schluß.)

Der New Englisb Art Club hat alle Urſache,
ſich durch den Erfolg ſeiner letzten Ausſtellung er
muthigt zu fühlen. Die kleine Genoſſenſchaft ſcheint
feſten Fuß gefaßt zu haben. Daß ſie ſich auf der
Höhe ihrer früheren Ausſtellungen gezeigt hat, iſt
hauptſächlich Wilſon Steer zu danken, wenn auch
einige jüngere Künſtler ſich mit vielverſprechenden
Beiträgen betheiligt haben. Selten wohl iſt in der
modernen engliſchen Malerei etwas ſo unbeſtreitbar
Bewundernswerthes geleiſtet worden, wie des ge-
nannten Malers kleines Bild „Der Spiegel“. Es
ſtellt zwei mit vollendeter Feinheit ausgeführte nackte
Figuren dar. Hier finden ſich die ſchönſten maleriſchen
Eigenſchaften. Und dieſe Leiſtung iſt um ſo be-
merkenswerther, als eine künſtleriſche Behandlung
derartiger Sujets den engliſchen Malern nur ſelteſt
zu gelingen pflegt. —

Ein in den weiteſten Kreiſen tief beklagtes Er-
eigniß iſt der plötzliche Tod des Bildhauers Guslow
Ford. Einer der beſtgekannten engliſchen Plaſtiker
der Neuzeit, war er nicht nur wegen ſeiner künſtle-
riſchen Begabung, ſondern auch durch perſönliche
Liebenswürdigkeit ſehr geſchätzt. Seine zahireichen
Kunſtſchöpfungen ſtehen auf einer ziemlich gleichen
Höhe eines beträchtlichen Könnens. Burch die vielen
Porträtbüſten und Denkmalſtatuen, welche wir von
ihm beſitzen, iſt er in dieſem Fach zu einem beſonders
glänzenden Buf gelangt. Zu ſeinen beſten Erzeug-
niſſen dieſer Art gehoͤren die kürzlich ausgeſtellt ge-
weſenen Darſtellungen der Königin Viktöria. In-
deſſen beſſer noch dürfte ſeine künſtleriſche Indi-
vidualität ſich in ſeinen ſymboliſchen Einzelfiguren
offenbart haben, wie „The Singer“, „Peace?, „Folly“
u. A. In dieſen Statuen und Statuetten ſteckt Phan-
tafie und poetiſche Auffaſſung, bei hoher formaler
Anmuth und feinſter Modellirung. Mehr Ehrgeiz
xrätendirt ſein wohlbekanntes Shelley:Denkmal in
Grford. Der Entwurf iſt äußerſt ſorgfältig aus-
gearbeitet; vielleicht iſt hier ein Zuviel gethan, doch
durchgeführt mit der gewohnten vollendung. Sein
frühzeitiges Hinſcheiden läßt eine ſchwer fühlbare
Lücke im hieſigen Kunſtleben. —

Die Roval hat am Jahresanfang eine Leih-
Ausſtellung alter Meiſter — die erſte ſeit längerer
Seit — wieder eröffnet. In derſelben befindet ſich
auch die „Colonna“ genannte Raffaelſche Madonna,
die kürzlich in den Beſitz des Amerikaners Mr. Pierpoint
Morgan übergegangen iſt. Gehört das Werk auch
nicht zu den erſtklaſſigen des Meiſters, ſo enthält es
doch genug von deſſen über alle Wechſel der Zeiten
mit ihren Launen, Moden und Geſchmacksrichtungen
erhabenen Eigenſchaften, um ſich von unſchätzbarem
dauernden Werth für die Welt zu erweiſen. Auch
ſind hier von den fünf Theilen der urſprünglich dazu
beſtimmten Predella, die längſt zerſtückelt und in ver-
ſchiedenen Händen iſt, ihrer vier vorhanden: eine
„Kalvarienberg-Prozeſſion“, ein „Chriſtus zu Geth-
ſemane“ und zwei einzelne Heiligenfiguren. Schade,
daß ſie nicht mit dem großen Hauptgemälde zu-
ſammenhängen, es hätte ſich dann mehr der Eindruck
des Ganzen als Altarſchmuck ergeben.

Im Großen und Ganzen bietet die Ausſtellung,
obwohl ſie nur wenige weltberühmte Stücke enthält,
Vielerlei und dem Publikum Unbekanntes von hohem
Intereſſe. Ein ganzer Saal iſt Claude Lorrain
gewidmet, der nicht gut beſſer vertreten ſein kann,
als hier, mag man auch ſonſt über ſeine Stellung
unter den alten Meiſtern denken, wie man will.
Etwas eigenartig Intereſſantes ſind zwei Tafeln —
für Caſſoni oder Hochzeitstruhen —, die über und
über mit einer wundervollen Malerei bedeckt ſind,
welche neuerdings von Kunſtforſchern dem Peſellino
zugeſchrieben wird und ein genaues Studium lohnt.
Gegenſtand der Darſtellung iſt die Geſchichte von
Saul und David. Die kunſtvoll ineinandergreifende
kompoſition hat einen ungemein flotten und lebendigen
Charakter, und an dem Beichthum von Sarben,
koſtümen und ornamentalen Beſtandtheilen muß jeder
aufmerkſame Brtrachter ſeine helle Freude haben. —

In der Akademie iſt durch den Tod Mr. John
Bretts eine Vakanz eingetreten. Die Bedeutung
dieſes höchſt individuell ſchaffenden Seemalers datirt
ſchon aus der Anfangszeit des Präraffaelismus. Er
beſaß das in ſtarkem Maß, woran es der jüngeren
Generation zumeiſt mangelt, nämlich künſtleriſche
Ueberzeugung. Wiewohl nicht beſonders vielſeitig in
Bezug auf Motive und Auffaſſung, zeichnet er ſich
überall durch eine kraftvolle, zuweilen ſogar etwas
herbe Behandlung aus. Vie iſt er von ſeinem ein-
mal erfaßten Stil abgewichen, durch den er ſich bis
an ſein Ende ebenſowohl von ſeinen Zeitgenoſſen,
wie von den Jüngeren unterſchied. In letzter Zeit
ſind Härte und Schwere in der Farbengebung bei
ihm allzu ſehr hervorgetreten, indeſſen hat er uns
viele Meer- und Strandbilder hinterlaſſen, in denen
ſeine wahrhaft gediegenen und daneben anziehenderen
Eigenſchaften überwiegen.

2

Wiener Kunſtbrieſ.

m Künſtlerhaus iſt der Nachlaß zweier im ver-
gangenen Jahre verſtorbener Künſtler ausgeſtellt.
Sie ſtehen im lebhaften Kontraſte. Während
der eine: Ed. v. Lichtenfels — künſtleriſch ſchon bei Leb-
zeiten mehr oder weniger als todt galt — dürfte der
zweite, Eugen Jettel, erſt nach ſeinem Tode künſtleriſch

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