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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 16
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Lasar, Bela: Jung-Ungarische Kunst, [1]
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Ebe, Gustav: Sezessionistisches in der Architektur, Schluss [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0280

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Vr. 16


heifchenden Aufgaben 3 - fambfen Die Gründung


riſcher Erziehung nicht abhelfen.

Unſere Künſtler zogen alſo in die Fremde, und
ließen ſich in Städten alter Künſtlertradition nieder, wo
ſie dann allzubald ihre nationale Individualität ver-
loren und fremdem Geiſt, fremdem Geſchmack fröhnten.
Munkacſv ging nach Paris, Lietzenmaver, Alexander
Wagner und Paul Böhm nach München, Joſef
Böhm nach London, und Viktor Tilgner nach Wien.
Die daheimgebliebenen Künftler führten einen
heroiſchen Kampf mit der Gleichgültigkeit des Publi-
kums. In dieſem Kampfe iſt Géza Meészöly, der
melancholiſche Dichtermaler des Plattenſees, zu Grunde
gegangen. Einzelne, wie Paul Szinnvyei-Morſe,
Eugen Syärfäs, verſanken in apathiſche Beſignation,
andere entſagten mit ſchwerem Herzen ihren Idealen,
um dem Geſchmack der Menge zu dienen.

Der Geſchmack der Menge aber nährte ſich von
den verſchiedenſten Quellen. Ein krankhaftes Inter-
eſſe erwachte in den Geiſtern für Alles, was unge-
wöhnlich, was nicht alltäglich war. Die Menſchen
ſchwelgten in der Begeiſterung für den fremden Geiſt.
In den Mauern der traditionellen, nationalen Formen
hat Alles, was mit dieſem im Wiederſpruche war,
eine Breſche geſchlagen. Wie im geſellſchaftlichen
Ceben der neu erworbene Wohlſtand die Mittel zur
Befriedigung der Eitelkeit bot und die moraliſche
Auffaſſung erſchütterte, ſo hatte die Erleichterung des
Verkehrs die Völker einander näher gebracht. Unſer
Denken und unſer Geſchmack waren unter die ver-
ſchiedenſten, einander widerſprechenden Einflüſſe ge-
rathen, was zur Manie de l'exotisme führte.

Dies kam auch in der Literatur und Kunſt zum
Ausdruck. Man ſuchte neue Formen für den neuen
Inhalt. Die Muſter aber fand man in der Fremde.
Unſere Literatur wurde überfüllt von tolſtoiſchen
myſtiſchen Seufzern, von turgenieffiſchen ſozialiſtiſchen
Cebensbildern, von nietzſcheiſchen überwuchernden
Individualitäten, huysmansſchen krankhaften Geſtalten,
zolaſchen düſteren Schattenbildern, maupaſſantſchen
leichtblütigen Perſonen, während andere an der
Dorfsgrenze, an irgend einer ethnographiſchen Speziali-
tät klebten und auch in der Form den Traditionen
treu blieben. Das Weſen des Modernen konnte ſo-
mit keiner von ilmen ausdrücken.

Dieſes Durcheinander chaͤrakteriſirt auch die
Kumnft dieſer Epoche. Unſere Künſtler, die ihre künſt-
leriſche Ausbildung in der Fremde erhielten, arbeiteten
in den verſchiedenſten fremden Schönheitsauffaſſungen,
entweder die hervorragenden Szenen der hiſtoriſchen
Vergangenheit oder die genreartigen Elemente des
ländlichen Lebens.
und achtziger Jahre ſind das epigonartige Echo aller
Arten künſtleriſcher Richtungen. Mit der Gleich-


Künftler in erſter Reihe für den Markt, und da ſie


immerfort auf die akademiſchen Formen achteten,
konnten ſie nicht bis zum individuellen Ausdruck des
nationalen Geiſtes durchdringen. Erſt gegen die
Mitte der neunziger Jahre, als die materielle Kräfti-
gung des Landes einen neuen Geiſt und eine geſell-
ſchaftliche Umwälzung hervorbrachte, kam eine friſche
Frühlingsſtimmung in die Kunſt und Literatur.

Unſere Schriftſteller erwachten aus dem ſchweren
Taumel und ſchüttelten das Joch des fremden Ein-
fluſſes ab und vertieften ſich in ihr eigenes Innere.
Stefan Petelei erzählte die fieberhaften Ausbrüche
unterdrückter Leidenſchaft in bewegten Tönen.
Alexius Benedek malte mit dem heiteren Pinſel des
Humors geläuterte Sittenbilder, Franz Herczes be-
gann — die wohlfeilen und oberflächlichen Effekte
verſchmähend — die Seele der in der neuen unga-
riſchen Geſellſchaft entſtandenen Menſchen zu zeichnen.
Eduard Kabos analyſirt die menſchlichen Schwächen
mit der zerſetzenden Kraft des beißenden Sarkasmus.
Alexander Broͤdy blendet ſeine Teſer mit grellen
Bildern, und vor allen Koloman Mikszäth hatte mit
der ethnograpiſchen Kleinmalerei, ſeiner erſten Manier,
gebrochen und in großen Suſammenfaſſungen das
mit heiterer Ironie gezeichnete Bild der zu Grunde
gehenden Gentry gegeben.

Aus dieſer bitteren Selbſtverachtung der aus
ſchwerem Taumel erwachenden Literatur entquoll
Alexander Endrödys lyriſcher Syklus über den ver-
lorenen Ruhm der Kuruczepoche, aber auch Ludwig
Palagvis ſozialiſtiſche Menſchenliebe. Sie verachteten
den theatraliſchen Tand der eitlen Gegenwart; die
künſtleriſche Läuterung und die tiefdringende Er-
kenntniß der menſchlichen Seele ward ihr Ideal.

Aber auch dasjenige der neuen ungariſchen
Maler, die ſich nun zum ungariſchen Boden flüchteten,
zur lieben Muttererde, auf daß ſie ihrem Talent
Flügel, ihrem Gefühle Begeiſterung und ihrer Phan-
taſie nationale Kraft verleihe.

Schluß folgt.)

*

Seꝛeſſioniſtiſchies sıa

Sarratr in der Hrcfilfektur.
Don Guſtav Ebe, Berlin.
(Schluß.)

Prüfen wir die Elemente der neuen Ornamentik
im Einzelnen, ſo finden wir ſie aus verſchiedenen


Linie, welche mindeſtens äußerlich in einer Art Ver-
wandtſchaft zu den altnordiſchen Bandverſchlingungen
ſteht. Das lange Nachklingen derſelben in der ro-
 
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