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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 14
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Ebe, Gustav: Sezessionistisches in der Architektur, [1]
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Pudor, Heinrich: Die Düsseldorfer Schule: in der skandinavischen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0246

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Vr. 14

bäudeecken durch Quaderſchichten, die Umrahmung
der Fenſter durch einwärts gezogene Profile, die
Theilung der Fenſter durch Pfoſten oder Kreuzſtöcke
und die Belebung der Flächen durch zurückgeſetzte
Blenden und der Giebellinien durch weich geſchwun-
gene Konturen. Für die Brüſtungen der Fenſter, die
Abſchlußgallerien der Altane und die Treppen-
geländer werden wieder mit Vorliebe gothiſche
Maßwerksmuſter verwendet, und im Innern kommen
künſtliche Gewölbformen nach mittelalterlicher Art,
wenn auch meiſt ohne Bippen, zur Ausführung.
Das Barock geht jenſeits und dieſſeits der Alpen
ganz folgerichtig aus der Renaiſſance hervor; es iſt
die Auflehnung gegen die durch Begeln, welche von
der Antike abſtrahirt waren, beſtimmten Verhältniſſe
der Bauglieder, zugleich ein Verſuch, die maleriſche
Gruppenbildung mittelalterlicher Kunſt mit zum an-
tiken Schema zu verſchmelzen. Ueberdem verleiht
das Barock beſonders den Profangebäuden einen
Zug der Großartigkeit, welcher ſich in der Vermeh-
rung der Stockwerkshöhen, in den ausgedehnteren
Abmeſſungen der Veſtibüle, Treppenhäuſer und Säle
äußert, und in der Faſſadenbehandlung durch abge-
ſtufte Vor- und Bücklagen, ſowie durch Biegung der
Mauerflächen in horizontaler und der Verdachungs-
und Giebelgeſimſe in ſenkrechter Richtung bemerkbar
wird. Die Pilaſterordnungen werden zwar noch
immer bis zum Ueberdruß verwendet, jetzt ſogar
mehrere Geſchoſſe zu einer Einheit zuſammenfaſſend,
aber es kommen doch gleichzeitig Faſſadenſyſteme vor,
die ohne Beihülfe der Pilaſter durch Riſalitbildungen,
zurückgeſetzte Mauerblenden und durch die Um-
rahmungen der Geffnungen hinreichend gegliedert

ſind.
(Schluß folgt.)

*

die düſſeldorfer Schule

in der Ikandinapilchen Malerei.
Von Dr. Heinrich Pudor.

ie bildende Kunſt in den ſkandinaviſchen

Cändern iſt verhältnißmäßig jung. Sie

beginnt dortſelbſt erſt, als ſie in Deutſch-
land bereits auf dem Höhepunkt iſt. Es erſcheint
daher natürlich, daß die Schweden, Norweger, Dänen
und Finen im Anfaͤng ihrer Kunſtentwickelung nach
Deutſchland pilgerten, um dort zu lernen und in die
Schule zu gehen. Innerhalb Deutſchlands aber war
es bauptſächlich die Düſſeldorfer Schule, die den Siel-
punkt der ſkandinaviſchen Maler bildete. Beſonders
die Norweger und Finen wallfahrteten nach Düſſel-
dorf. In Schweden darf der Hiſtorienmaler
G. von Boſen, deſſen beſtes Bild das in der Stock-
holmer Gallerie befindliche Porträt des eben ver-
ſtorbenen Nordenſkjöld iſt, als der bedeutendſte Be-
präſentant einer ganzen Reihe von Künſtlern gelten,

die durch die Düſſeldorfer Schule für ihr Leben lang
geaicht wurden. Die Norweger pilgerten zuerſt nach
Dresden, indem ſie dem Beiſpiel Johann Chriſtian
Dahls folgten. Später aber war es in der Haupt-
ſache die Düſſeldorfer Schule, welche von maß-
gebendem Einfluß war. Im Beſonderen war es das
hiſtoriſche Genrebild und das Anekdotenbild der
Düſſeldorfer, das in Norwegen in allen Variationen
nachgebildet wurde. Und wenn in den 40er Jahren
auch in Vorwegen der Sinn für das nationale Leben
und für die heimiſche Natur erwachte, ſo emanzipirten
ſich die Künſtler doch nicht genügend von der deutſchen
Tradition, um als nationale norwegiſche Künftler
Hervorragendes zu leiſten.

Im Beſonderen war es das Bauernleben, das
die Maler zur Darſtellung reizte. Es war die Zeit,
als das demokratiſche Ideal in ganz Europa im
Vordergrunde des geiſtigen Lebens ſtand, als Kinkel
ſeine Freiheitslieder vom Volk und vom Vaterland
ſang, als Biehl ſeine Naturgeſchichte des Volkes
ſchrieb. Erk die deutſchen Volkslieder ſammelte, als
Feuerbach gegen die jenſeitigen Ideale auf dem Ge-
biete der Philoſophie ſtritt, und auf die Erde, auf
das Diesſeits, auf den Boden, den wir unter den
Füßen haben, mit Nachdruck hinwies — die Heit,
als die ganze Menſchheit ſich vom demokratiſchen,
antitranscendentalen Ideal des napoleoniſchen Zeit-
alters nährte. Da folgte auch die Malerei dem Zuge
der Zeit, und ſtatt, wie vorher, ſtyliſirte Idealland-
ſchaften zu malen, malte man das Volksleben und
das Bauernleben. Leider hatte man nur weder ge-
lernt, das eigentlich maleriſch Intereſſante dieſes
Bauernlebens zu ſehen und wiederzugeben, noch über-
haupt mit eigenen Augen zu beobachten. Man er-
zählte Geſchichten und Anekdoten, die mitunter amüſant
zu „leſen“ waren, aber dem Gebiete der Malerei als
folcher fern lagen. Und was das Techniſche betrifft,
fo war man beſtrebt, ſo minutiös als möglich
zu malen, auch wohl ſo ſcharf als möglich zu charak-
teriſiren, aber Luft, Licht, Atmoſphäre — all' das
ſcheint nicht zu exiſtiren für dieſe Maler, odex doch
iſt es ihnen Vebenſache, nicht Hauptſache. Und in
dieſe Fehler verfallen nicht nur die Düſſeldorfer
Maler dieſer Zeit, ſondern mehr oder weniger alle
Maler, auch die Norweger. Man kann ſagen: die
welt wurde überfluthet in jener Zeit mit Anekdoten-
bildern, an deren „Geſchichte“ ſich die Beſchauer er-
gößten, ohne dabei irgendwelche (? Die Bed.) maleriſche
Inſtinkte in Wirkſamkeit treten zu laſſen.

Der erſte norwegiſche Genremaler in dieſem
Sinne war Adolf Tidemand (in Chriſtiania 1814
geboren und 1876 geſtorben). Vachdem er einige
Zeit in Kopenhagen ſtudirt hatte, ging er 1837 nach
Düſſeldorf und abſolvirte die dortige Akademie. Da-
nach beſuchte er Italien, kehrte 1842 für einige Zeit
nach Chriſtiania zurück und wandte ſich 1845 wieder
nach Düſſeldorf. Es war ſeine Idee geweſen,
Hiſtorienmaler zu werden, aber der erneute Beſuch
Korwegens in Verbindung mit dem demokratiſchen
Zuge der Zeit beſtimmten ihn dazu, das norwegiſche
Fand⸗ und Bauernleben als Vorbild zu nehmen. Im
Jahre 1844 ſtellte er das bekannte Bild aus „Der
Heſchichtenerzähler“. Bei einigen ſeiner Werke, wie
bei der „Hochzeit in Hardanger“, malte Gude die
Candſchaft für ihn. Sein Hauptwerk iſt „Haugianer“
(Gottesdienſt einer norwegiſchen Sekte in einem
Bauernhaufe) aus dem Jahre 1848. In Düſſeldorf
vollendete er im Jahre 1850 10 dekorative Bilder
für den Speiſeſaal in Oskarshall Norwegiſches
 
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