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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 14
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Pudor, Heinrich: Die Düsseldorfer Schule: in der skandinavischen Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0247

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Ur. 14


Bauernleben“. Im ſpäteren Leben ſchlug er von
der epiſchen Richtung um in eine mehr dramatiſche:
aus dieſer Periode mag ſein Bild „Fanatiker“ ge-
nannt werden. Auch religiöſe und hiſtoriſche Bilder
malte er; von letzteren ſei vor Allem genannt das
große Bild „Chriſtian IV. legt den Grund zu
Chriſtiania“. Tidemand darf in der Geſchichte der
norwegiſchen Kunſt, wie überhaupt des kulturellen
Lebens in Vorwegen, eine gewiſfe Bedeutung be-
anſpruchen, inſofern er das nationale Bauernleben
verherrlicht hat, ähnlich wie der nunmehr zu er-
wähnende Gude die norwegiſche Landſchaft als Vor-
bild genommen hat.

Hans Fredrik Gude wurde im Jahre 1825
in Chriſtiania geboren. Vom Jahre I1841—- 1847
ſtudirte er in Düſſeldorf unter G. W. Schirmer und
Andreas Achenbach. Namentlich der letztere übte
beſtimmenden Einfluß auf das ganze ſpätere Schaffen
Gudes aus. Uebrigens arbeitete er zugleich an
einigen Bildern Tidemands, wie an deſfen oben-
erwähnter „Brautfahrt in Hardanger“. Im Jahre
1848 kehrte Gude für 21 Jahre nach Norwegen
zurück, um alsdann abermals in Düſſeldorf Fuß zu
faſſen, wo er im Jahre 1854 Profeſſor der Akademie
wurde, als Nachfolger G. W. Schirmers, der nach
Karlsruhe überſiedelte. In dieſer Stellung blieb Gude
bis zum Zahre 1862, bis er im Herbſt 1863 auch
in Karlsruhe Schirmers Nachfolger als Direktor und
Profeſſor an der Akademie wurde. Somit nimmt
Gude nicht nur als der herporragendſte Landſchafts-
maler der älteren norwegiſchen Kunft, ſondern auch
in der Geſchichte der deutſchen Malerei eine wichtige
Stellung ein, zumal er als Lehrer eine bedeutende
Wirkſamkeit entfaltete und eine große Beihe von
Schülern in Düſſeldorf, Karlsruhe und Berlin, wo
er ſeit 1880 ſich aufhielt, heranbildete. Gude gab
ſich niemals willenlos dem Einfluß ſeiner Lehrer hin,
er beſtrebte ſich, von der romantiſchen Auffaſfung der
Natur zu der realiſtiſchen durchzuarbeiten und malte
in der Hauptſache norwegiſche Stoffe. Beſonders die
Berglandſchaft, nächſtdem die Küſte war ſein Gebiet,
aber auch die Figurenmalerei ſtudirte er ernſtlich.
Aber, wie bemerkt, obwohl er Norweger war und
norwegiſche Stoffe malte, tragen ſeine Bilder den
Tharakter der deutſchen, ſpeziell Düſſeldorfer Land-
ſchaftsſchule, und die Wahl der ſtofflichen Vorlage
erſcheint bei ihm noch weit mehr zufällig, als bei
Tidemand. Auch Gudes Bilder ſient man in den
größeren deutſchen Gallerien. Die norwegiſche
Lational Gallerie beſitzt von ſeiner Hand „Norwegiſche
Landſchaft! aus dem Jahre 1860, „Hochgebirge“
aus dem Jahre 1857, das als eine Art Illuſtrafion
zu Wellhavens Dichtungen gelten kann, weiter Motiv
von Nordmarken“ aus dem Jahre 1849, „Einfahrt
in Chriſtiania“ aus dem Jahre 1874, „Regenſtim-
mung“ aus dem Jahre 1857 und „Landſchaft von
Nordwales aus dem Jahre 1863. Die Kopen-
hagener Gallerie beſitzt ſein Bild „Ein nordiſcher
Seehafen“, das im Achenbach-Stil gehalten iſt.

Unter den Schülern Gudes verdient Hermann
Auguſt Capxelen vor allem genannt zu werden, der
indeß einen Schritt in das romantiſche Ideal zurück-
untexnahm, ſich vom Realismus wieder mehr ent-
fernte und als der am meiſten lyriſche norwegiſche
Landſchaftsmaler gelten darf. Auf der anderen Seite
muß anerkannt werden, daß er beſtrebt war, die
Natur innerlich aufzufaſſen, die Seele der Natur
geiſtig zu erſchauen und wiederzugeben. Zudem war
er dem Schwärmeriſchen und Träumeriſchen zugeneigt,

und die Schwermuth der norwegiſchen Hochgebirgs-
landſchaft lag ſeiner Natur am nächſten. Cappelen
war 1827 in Skien geboren und kam 1846 nach
Düſſeldorf, nachdem er mit Gude eine Studienreiſe
durch Norwegen gemacht hatte. Er ſtarb 18532 in
Düſſeldorf. Sein beſtes und bezeichnendes Bild iſt
der „ausſterbende Urwald“ in der norwegiſchen
Nationalgallerie.

In vollkommenem Kontraſt war Johan Eredrik
Eckersberg Realiſt. Geboren 1822 in Frammen, ging
er 1846 nach Düſſeldorf und blieb bis zum Jahre
1848 Schüler Schirmers. Vach einem zweijährigen
Aufenthalt in Madeira und vorübergehendem aber-
maligen Beſuch Düſſeldorfs, ließ er ſich in Chriſtiania
nieder, wo er eine Kunſtſchule gründete und bis zu
ſeinem Tode leitete. Und in der That hat er einen
geſunden Einfluß auf die jüngere Kunſtgeneration
Norwegens durch ſeinen naturkräftigen Realismus —
wenngleich wir dieſen letzteren Begriff hier noch nicht
im ſtrengeren modernen Sinne nehmen dürfen —
ausgeübt. Als ſein bedeutendſtes Bild darf „Hoch-
land“ in der Nationalgallerie zu Chriſtiania gelten.

Mehr der Gudeſchen Richtung nahe ſteht Morten
Müller (geboren 1828 in Holmeſtrand). Auch er
ſtudirte in Düſſeldorf unter Schirmer und Gude und
hielt ſich darnach abwechſelnd in Norwegen und
Düſſeldorf auf. Er hat eine Reihe norwegiſcher
kKüſtenſzenen und Föhrenbilder gemalt. Ebenfalls
Schüler Gudes war Erik Bodom (1829—1879), der
mit Vorliebe ſtille Walddickichte malte. Ferner mögen
erwähnt werden G. A. Mordt (1826—506), Chr. A.
Printz (1819—67), Fr. D. Boll, geb. 1820, und
A. Hauſteen, geb. (824, die mit Ausnahme Bolls,
der in Paris ſtudirte, ſämmtlich der Düſſeldorfer
Schule ſich anſchloſſen, weiter Sigwald Dahl, der
Sohn des oben beſprochenen Prof. Dahl, geb. 1827
in Dresden. Johan Jakob Bennetter, geb. 1822 in
Chriſtiania, der nach längerem Aufenthalt in Holland
und Frankreich in Stavanger lebte und ſich durch
eine Reihe gut gemalter Seeſtücke bekannt gemacht
hat, endlich Knut Bergslien, der Nachfolger Eckers-
bergs als Leiter der Malerſchule in Chriſtiania. Er
wurde 1827 in Voß geboren, erlernte die Malerei
bei Nenſch in Bergen und ging dann nach Ant-
werpen und Düſſeldorf, wo er ſich als Maler des
Volkslebens, beeinflußt durch Tidemand, entwickelte.
Auch als Porträtmaler hat er ſich einen Namen ge-
macht. Zu dieſer Gruppe Düſſeldorfer Maler ge-
hören auch die Norweger Peter Nicolai Arbo und
V. St. Lerche; Arbo (geb. 1821) kam 1852 nach
Düſſeldorf und bildete ſich als Schüler Carl Sohns
und Hüntens zum Hiſtorienmaler aus. Er ſtand auch
unter dem Einfluſſe der Pariſer Schule. Seine be-
kannteſten Bilder ſind „Valkyrier“ aus dem Jahre
1869 und „Aagaardsvejen“ aus dem Jahre 1872.
Lerche wurde Architektur- und Genremaler und be-
kundete als ſolcher Witz und Erzählungstalent, brachte
es aber im Uebrigen zu keiner beſonderen Bedeutung.
Als Darſteller des Thierlebens zeichnete ſich aus
Anders M. Askevold, geb. 1834, als Darſteller des
norwegiſchen Landlebens C. D. Wexelſen (1850 —- 85).
Auch der Landſchaftsmaler Sophus Jacobſen (geb.
1833) und der Marinemaler Boll mögen wenigſtens
dem Namen nach erwähnt ſein.

Im Laufe der 60er Jahre hörte Düſſeldorf auf,
das Dorado der norwegiſchen Maler zu ſein, und
Paris begann ſeine Anziehungskraft auszuüben.
Zwar ſtudirte Carl Sundt Hanſen, geb. 1841 in
Stavanger, nach einem dreijährigen Beſuche der Kopen-
 
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