Die Kunst-Halle — 7.1901/1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0373
DOI Heft:
Nr. 21
DOI Artikel:Pudor, Heinrich: Nordische Kunstausstellung
DOI Artikel:Harrach, Max: Düsseldorf 1902: Deutsch-nationale Kunstausstellung, [4]
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0373
— 3i
vertretenen Malern zu charakteriſtiſchem Ausdruck.
So bei Karl Vordſtröm, der famoſe „Marinebilder“
— die Brandung erinnert Einen lebhaft an Hokouſais
„Welle“ — ausgeſtellt hat. Seine „Segler bei
Sonnenuntergang“, die die eigenthümlich kräftigen
nordiſchen Farben, beſonders bei klarem Sonnenunter-
gang, charakteriſtiſch wiedergeben, werden wohl das
beliebteſte Ausſtellungsbild werden. Bis zu trüber
Schwermuth ſteigert ſich dieſe Herbheit bei Eugene
Janſſon, der die dunſtige Dämmerung in der Nähe
der Großſtadt liebt, wenn die Farben von der dicken
Atmoſphäre aufgeſogen werden und alles in ein
dunkles Blauviolett getaucht iſt, ſo in ſeinem Bilde
„Wo die Stadt endet“. Mit ganz ähnlichen Augen
ſieht Axel Sjöberg, Stockholm, die Welt; auch ſeine
Stammfarbe iſt das dunkle Blauviolett. Auch Her-
mann Norrmann gehört in dieſe Gruppe; er trägt die
Farben ganz dick und klobig auf und vermeidet jede
Detailzeichnung — man charakteriſirt ihn am beſten,
wenn man ſagt, er ſieht auch am Tage die Natur
im Dämmerungslicht.
Endlich erwähnen wir die originellen farbigen
Zeichnungen Nils Kreugers, die für Schulkinder ſehr
paſſend erſcheinen: der Maler gehört offenbar zu den-
jenigen Nordländern, welche in Folge fleißigen Zu-
ſpruchs zum Punſch fortwährend ſchwarze Punkte in
der Luft ſehen. —
Düſſeldorf 1002.
Deufich-Nationale
Kunſtausſtellung.
IV.
m Ehrenhof des Kunftgebäudes, der den
Mittelpunkt der weitläufigen Anlage des
ganzen Baues bildet, hat die deutſcheplaſtik
ihr Aſyl gefunden. Ein Raum umfaßt hier die Werke
aller deutſchen Künſtler, die mit Meißel und Modellirſtab
hantiren. Hier herrſcht Friede und Einigkeit, — keine
Gruppenbildungen und Klubs, keine Kliquenabſonde-
rungen und Sezeſſiönchen — man athmet ordentlich
auf, wenn man aus den firmenreichen und marken-
getäfelten Bilderſälen in dieſen luft- und lichtdurch-
flutheten Raum eintritt, wo die Kunſt noch ihren
einigenden und allumfaſſenden Stempel aufgeprägt
trägt.
Der Geſammteindruck, den die deutſche Plaſtik
in Düſſeldorf gewährt, iſt indeß kein beſonders be-
friedigender. Freilich iſt der Grund dafür u. a.,
daß viele unter den erſten Meiſtern durch Abweſen-
heit glänzen. Von Berlin fehlt vor Allem R. Begas,
von München: Ruemann, Miller, Maiſon, Eberle
und Hildebrand. Und bezeichnend iſt, daß das ein-
drucksvollſte Werk im Ehrenhof eine ſchon auf
früheren Ausſtellungen bekannt gewordene Schöpfung
iſt: Peter Breuers Marmorgruppe: „Adam und
Eva“. Das We-F iſt mit wirklichen Impuls und
edler Empfindung geſchaffen. Monumentalen Stil
beſitzen auch die mächtige Gruppe von Heinrich
Epler⸗Dresden („Zwei Mütter“) und die Brunnen-
gruppe in Bronze von Rob. Diez-Dresden. Epler
ſchildert einen aufregenden Moment mit ſtarker Em-
phaſe: Eine junge Mutter, die ihr Kind gegen eine
ſäugende Tigerin vertheidigt; Diez iſt in ſeiner Brun-
nengruppe über die landläufigen, muſchelhornblaſenden
Tritonen und Neréiden nicht hinausgekommen, zeigt
ſich aber als ein Plaſtiker von ausgereifter techniſcher
Bravour.
Ebenfalls auf ausgeprägt monumental⸗dekorativen
Prinzipien fußen die Denkmalsentwürfe von Eduard
Beyrer-⸗Atünchen (Modell für ein Hamburger Bis-
marck⸗Denkmal), Heinr. Baukes großer Brunnen,
Auguſt Gauls „Löwin“, Fred. Coubilliers Statue
des Grafen Adolf v. Berg im Uettenpanzer und
Karl Janſens elegiſche Grabdenkmäler. Afit Aus-
nahme Beyrers und Gauls ſind die genannten Werke
zugleich Proben der zeitgenöſſiſchen Düſſeldorfer
Plaſtik, die in jeder Beziehung einen erſten Rang
beanſpruchen darf. In Büſten und Statuetten haben
die Düſſeldorfer ebenfalls eine große Zahl tüchtiger
Leiſtungen zur Schau gebracht. Da iſt der junge
Gregor v. Bochmann, der im Bilderſaal feines
Vaters eine niedliche Brunnenfigur: „Vollendamer
Mädchen“ zeigt; Clemens Buſcher, der Schöpfer
des Kaiſer Wilhelmdenkmals in Frankfurt, der ein
Paar eindrucksvolle Bronzen und eine „Walküre“ in
Gips ſandte; Guſt. Rutz, der in ſeinen Allegorien
„Friede“ und „Muſik“ hohes Streben und eminenten
Fleiß in der formalen Durchbildung bekundet. Fein-
ſtudirte Hundetypen in Bronzezeigt Joſeph Körſchgen.
Weiter genannt ſeien noch Ad. Nieders edel gedachte
Bronzegruppe: „Taufe Jeſu“, Albert Pehles:
„PDieta“, von gleichen Vorzügen, und die trefflich be-
obachtete Thiergruppe von Joſ. Pallenberg. Im
Porträt nenne ich von den Düſſeldorfern: Arnold
Friſche (Männliche Büſte), Gottlob Deihle (Einder-
köpfchen,, Friedr. Intze (Damenporträt), Heinz
Müller (Weiblicher Kopf in Marmor), Emil Meyer
(Junges Mädchen).
In der Sahl und auch der Qualität der Werke
nebmen neben den Düſſeldorfern die Charlotten-
burger Bildhauer den erſten Rang ein. Aug. Gaul,
deſſen „Löwin“ ich bereits genannt, zeigt noch außer-
dem eine Gruppe am Boden kauernder „Schafe“
(Kalkſtein) und „Pelikane“ (Bronze). Gauls Thier-
ſtücke charakteriſiren ſich durch eine gewiſſe Ruhe und
klaſſiſche Durchbildung der Form; auch weiß er immer
ſchon oft dargeſtellten Motiven von einer neuen
Seite beizukommen. Ernſt Herter hat in ſeinem
Grabdenkmal und in der Bronzeſtatuette der Kaiſerin
Eliſabeth wieder einmal die viel verläſterte ältere
Zchule zu Ehren gebracht und ſtellt ſich damit einiger-
maßen in Gegenſatz zu den Werken einiger jüngerer
Charlottenburger Plaſtiker: Fritz Klimſchs graziös-
modernen und pikanten Statuetten der Otero und einer
Tänzerin, Nikolaus Friedrichs gut modellirtem
„Sandalenbinder“, Lewin-Funkes „Steinwerfer“,
Paul Geſtens Bronzeſtatuette „Erblich belaſtet“,
Wilh. Wandſchneiders an klaſſiſche Vorbilder
ſich anlehnenden „Beatrice“ und „Römiſcher Jüngling,
und Walter Schmarjes Zimmerbrunnen in Marmor
und Bronze. Klaſſizität und moderne Auffaſſung
vereint die feinbewegte Statuette in Bronze von
Zembeld-. Selöerhort 4, Diena ſich zur Jagd
rüſtend“.
Damit iſt die Liſte der Charlottenburger Pla-
ſtiker erſchöpft und ich wende mich den Berlinern zu.
Die Mehrzahl der Siegesalleebildner fehlt; ſie haben
wohl keine Muße gefunden, der Ausſtellung am
Niederrhein zu gedenken; nur Walter Schotts ſchon
bekannte „Kugelſpielerin“ und Adolf Brütts Doppel-
büſte ſeiner Söhne, in Marmor, ſind hier zu nennen.
Eine humoriſtiſch erfundene, aber etwas derb mo-
vertretenen Malern zu charakteriſtiſchem Ausdruck.
So bei Karl Vordſtröm, der famoſe „Marinebilder“
— die Brandung erinnert Einen lebhaft an Hokouſais
„Welle“ — ausgeſtellt hat. Seine „Segler bei
Sonnenuntergang“, die die eigenthümlich kräftigen
nordiſchen Farben, beſonders bei klarem Sonnenunter-
gang, charakteriſtiſch wiedergeben, werden wohl das
beliebteſte Ausſtellungsbild werden. Bis zu trüber
Schwermuth ſteigert ſich dieſe Herbheit bei Eugene
Janſſon, der die dunſtige Dämmerung in der Nähe
der Großſtadt liebt, wenn die Farben von der dicken
Atmoſphäre aufgeſogen werden und alles in ein
dunkles Blauviolett getaucht iſt, ſo in ſeinem Bilde
„Wo die Stadt endet“. Mit ganz ähnlichen Augen
ſieht Axel Sjöberg, Stockholm, die Welt; auch ſeine
Stammfarbe iſt das dunkle Blauviolett. Auch Her-
mann Norrmann gehört in dieſe Gruppe; er trägt die
Farben ganz dick und klobig auf und vermeidet jede
Detailzeichnung — man charakteriſirt ihn am beſten,
wenn man ſagt, er ſieht auch am Tage die Natur
im Dämmerungslicht.
Endlich erwähnen wir die originellen farbigen
Zeichnungen Nils Kreugers, die für Schulkinder ſehr
paſſend erſcheinen: der Maler gehört offenbar zu den-
jenigen Nordländern, welche in Folge fleißigen Zu-
ſpruchs zum Punſch fortwährend ſchwarze Punkte in
der Luft ſehen. —
Düſſeldorf 1002.
Deufich-Nationale
Kunſtausſtellung.
IV.
m Ehrenhof des Kunftgebäudes, der den
Mittelpunkt der weitläufigen Anlage des
ganzen Baues bildet, hat die deutſcheplaſtik
ihr Aſyl gefunden. Ein Raum umfaßt hier die Werke
aller deutſchen Künſtler, die mit Meißel und Modellirſtab
hantiren. Hier herrſcht Friede und Einigkeit, — keine
Gruppenbildungen und Klubs, keine Kliquenabſonde-
rungen und Sezeſſiönchen — man athmet ordentlich
auf, wenn man aus den firmenreichen und marken-
getäfelten Bilderſälen in dieſen luft- und lichtdurch-
flutheten Raum eintritt, wo die Kunſt noch ihren
einigenden und allumfaſſenden Stempel aufgeprägt
trägt.
Der Geſammteindruck, den die deutſche Plaſtik
in Düſſeldorf gewährt, iſt indeß kein beſonders be-
friedigender. Freilich iſt der Grund dafür u. a.,
daß viele unter den erſten Meiſtern durch Abweſen-
heit glänzen. Von Berlin fehlt vor Allem R. Begas,
von München: Ruemann, Miller, Maiſon, Eberle
und Hildebrand. Und bezeichnend iſt, daß das ein-
drucksvollſte Werk im Ehrenhof eine ſchon auf
früheren Ausſtellungen bekannt gewordene Schöpfung
iſt: Peter Breuers Marmorgruppe: „Adam und
Eva“. Das We-F iſt mit wirklichen Impuls und
edler Empfindung geſchaffen. Monumentalen Stil
beſitzen auch die mächtige Gruppe von Heinrich
Epler⸗Dresden („Zwei Mütter“) und die Brunnen-
gruppe in Bronze von Rob. Diez-Dresden. Epler
ſchildert einen aufregenden Moment mit ſtarker Em-
phaſe: Eine junge Mutter, die ihr Kind gegen eine
ſäugende Tigerin vertheidigt; Diez iſt in ſeiner Brun-
nengruppe über die landläufigen, muſchelhornblaſenden
Tritonen und Neréiden nicht hinausgekommen, zeigt
ſich aber als ein Plaſtiker von ausgereifter techniſcher
Bravour.
Ebenfalls auf ausgeprägt monumental⸗dekorativen
Prinzipien fußen die Denkmalsentwürfe von Eduard
Beyrer-⸗Atünchen (Modell für ein Hamburger Bis-
marck⸗Denkmal), Heinr. Baukes großer Brunnen,
Auguſt Gauls „Löwin“, Fred. Coubilliers Statue
des Grafen Adolf v. Berg im Uettenpanzer und
Karl Janſens elegiſche Grabdenkmäler. Afit Aus-
nahme Beyrers und Gauls ſind die genannten Werke
zugleich Proben der zeitgenöſſiſchen Düſſeldorfer
Plaſtik, die in jeder Beziehung einen erſten Rang
beanſpruchen darf. In Büſten und Statuetten haben
die Düſſeldorfer ebenfalls eine große Zahl tüchtiger
Leiſtungen zur Schau gebracht. Da iſt der junge
Gregor v. Bochmann, der im Bilderſaal feines
Vaters eine niedliche Brunnenfigur: „Vollendamer
Mädchen“ zeigt; Clemens Buſcher, der Schöpfer
des Kaiſer Wilhelmdenkmals in Frankfurt, der ein
Paar eindrucksvolle Bronzen und eine „Walküre“ in
Gips ſandte; Guſt. Rutz, der in ſeinen Allegorien
„Friede“ und „Muſik“ hohes Streben und eminenten
Fleiß in der formalen Durchbildung bekundet. Fein-
ſtudirte Hundetypen in Bronzezeigt Joſeph Körſchgen.
Weiter genannt ſeien noch Ad. Nieders edel gedachte
Bronzegruppe: „Taufe Jeſu“, Albert Pehles:
„PDieta“, von gleichen Vorzügen, und die trefflich be-
obachtete Thiergruppe von Joſ. Pallenberg. Im
Porträt nenne ich von den Düſſeldorfern: Arnold
Friſche (Männliche Büſte), Gottlob Deihle (Einder-
köpfchen,, Friedr. Intze (Damenporträt), Heinz
Müller (Weiblicher Kopf in Marmor), Emil Meyer
(Junges Mädchen).
In der Sahl und auch der Qualität der Werke
nebmen neben den Düſſeldorfern die Charlotten-
burger Bildhauer den erſten Rang ein. Aug. Gaul,
deſſen „Löwin“ ich bereits genannt, zeigt noch außer-
dem eine Gruppe am Boden kauernder „Schafe“
(Kalkſtein) und „Pelikane“ (Bronze). Gauls Thier-
ſtücke charakteriſiren ſich durch eine gewiſſe Ruhe und
klaſſiſche Durchbildung der Form; auch weiß er immer
ſchon oft dargeſtellten Motiven von einer neuen
Seite beizukommen. Ernſt Herter hat in ſeinem
Grabdenkmal und in der Bronzeſtatuette der Kaiſerin
Eliſabeth wieder einmal die viel verläſterte ältere
Zchule zu Ehren gebracht und ſtellt ſich damit einiger-
maßen in Gegenſatz zu den Werken einiger jüngerer
Charlottenburger Plaſtiker: Fritz Klimſchs graziös-
modernen und pikanten Statuetten der Otero und einer
Tänzerin, Nikolaus Friedrichs gut modellirtem
„Sandalenbinder“, Lewin-Funkes „Steinwerfer“,
Paul Geſtens Bronzeſtatuette „Erblich belaſtet“,
Wilh. Wandſchneiders an klaſſiſche Vorbilder
ſich anlehnenden „Beatrice“ und „Römiſcher Jüngling,
und Walter Schmarjes Zimmerbrunnen in Marmor
und Bronze. Klaſſizität und moderne Auffaſſung
vereint die feinbewegte Statuette in Bronze von
Zembeld-. Selöerhort 4, Diena ſich zur Jagd
rüſtend“.
Damit iſt die Liſte der Charlottenburger Pla-
ſtiker erſchöpft und ich wende mich den Berlinern zu.
Die Mehrzahl der Siegesalleebildner fehlt; ſie haben
wohl keine Muße gefunden, der Ausſtellung am
Niederrhein zu gedenken; nur Walter Schotts ſchon
bekannte „Kugelſpielerin“ und Adolf Brütts Doppel-
büſte ſeiner Söhne, in Marmor, ſind hier zu nennen.
Eine humoriſtiſch erfundene, aber etwas derb mo-