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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 21
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Harrach, Max: Düsseldorf 1902: Deutsch-nationale Kunstausstellung, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0374

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dellirte „Bläſerfigur“ vom Buchholzbrunnen in Dort-
mund ſandte Gerhardt Janenſch, eine edel kom-
ponirte Gruppe iſt Paul Aicheles „Gpfer“. Weiter
zu nennen ſind Carl Bernewitz: „Schrecken“, in
Marmor und Bronze; Ernſt Freeſe: „Badendes
Mädchen in Marmor; ferner Carl Hilgers, der
ſein Domizil zeitweife am Arno aufgeſchlagen, Georg
Lund, Otto Bichter, Ernſt Wenk und der Alt-
meiſter Rud. Sięmering, der drei Werke fandte:
Eine Branze: „Gextraute“ und zwei kraftvoll umd
im Detail meiſterlich durchgeführte Büſten des Fürſten
Leopold von Anhalt-Deſſau und des Minifters von
Ilgen. Der lange vergeblich nach Anerkennung
ringende Mar Klein hat mit ſeinemSimſon“ einen
Wurf ins Große gethan; die Fraftitroßende AMus-
kulatur des Bieſenkörpers iſt mit korrekter anatomi:
ſcher Treue durchgeführt. Die Holzbüſten, die
Mar Kruſe von einer Reihe Berliner Künftler an-
gefertigt. berühren recht fremdartig; in ihrer ſelt-
ſamen Bemalung wirken ſie unheimlich mumienhaft
und bedeuten auf alle Fälle nicht viel mehr als eine
bedenkliche Verirrung künſtleriſchen Hautgouts. Kruſes
Vitzſchebüſte mit ihrer etwas outrirten Charakteriſtik
iſt bereits von früher her bekannt.

München iſt gleichfalls nur durch einige jüngere
Kräfte vertreten: Heint. Wadere mit einer fein-
ſinnigen Büſte in Bronze und dem ſprechend ähn-
lichen Porträt des baperiſchen Prinzrégenten; Alois
Ztehle mit der ſchon öfter ausgeſtellten „Cotte“ in
Marmor und Bronze und einem antiken „Gladiator“;
Ernſt Hiſchen mit einer ſehr talentvoll modellirten
Gruppp: „Zwei Furchtſame“ und Georg Buſch mit
zwei in Holz geſchnitzten Statuetten.

Einige Künftler, die als ihr Spezialfach die
Malerei pflegen, haben ſich ebenfalls mit einigen
Proben von Kleinplaſtik eingeſtellt. So ſandte der
Ztuttgarter Rob, Pötzelberger einen „Gaul in der
Zchwemme! und eine „Haͤrfenſpielerin“ — zwei
Bronzen, die allerdings mehr malerifch als kulpturell
empfunden ſind. Stuck hat vier ſeiner bekaͤnnten
Bronzen hier, die man neidlos mit zu dem Beſten
rechnen kann, was in den letzten Jahren in Deutſch-
land auf dem Gebiet der Kleinplaftif geſchaffen
wurde. Auch Hermann Prell-Dresden, der Schöpfer
der Fresken im Palaſt Caffarelli in Bom, giebt ein
Paar feine Proben ſeines plaſtiſchen Könnens, während
Klinger, der in letzter Zeit ſo gerne mit der Plaſtik
kokettirt, durch Abweſenheit glänzt. Maleriſches Em-
pfinden in der weichen Formenſprache athmen auch
die Thon und Marmorreliefs von K. M. würten-
berger⸗karlsruhe und Hans Hartmann-Dresden,
während die ſilbernen Lampenſtänder von Guſtav
Hurſchner-Wien ins Gebiet der angewandten
Lünſte gravitiren. Eine Beihe Wiener Gcharff,
Tautenhayn und Schwartz) ſind mit Plaketten und
Mtedaillen vertreten, in welcher Reihe auch die form-
ſchoͤne Tauf- und Hochzeitsmedaille von Dürrich-
Kaffel genannt ſei. —

Im Obergeſchoß des rechten Flügels iſt die Aus-
ſtellung deutſcher Baukunſt untergebracht. Sie füllt
fünf Räume, wovon der Ausſtellung des Mi-
ni ſteriums der öffentlichen Arbeiten in Berlin
ein eigener Saal reſervirt iſt. Dieſe zählt in ihrer
Serie über dreißig Nummern, vorwiegend Pläne
und Entwürfe von Kirchen, Verwaltungs und Dienft-
gebäuden, die in den letzten Jahren in Rheinland
und Weſtphalen von Staatswegen erbaut wurden.
Da finden wir die ſtilvollen Pläne für die Willibrodi-
kirche in Weſel, die Begierungsgebäude in Koblenz
und Minden, das Polizeigebäude in Wiesbaden und

Vr. .21

die Schifferbörſe in Buhrort, welch' letztere unter
Baudirektor Hinkeldeyns Leitung auch in der Innen-
ausſtattung eine ausgezeichnete architektoniſche Raum-
vertheilung und Ausftattung erhielt. — Hon Privat-
architekten ſind Pläne unid Entwürfe ausgeſtellt:
Fellner und Helmer-Wien: Elegant entworfene
Theaterbauteu, allem voran das reizende Wiesbadener
Hoftheater; Pet. Fuchs-Düſſeldorf: Moderne Hotel-
und Beſtaurationsbauten; B. Voretſch⸗Dresden:
Entwürfe für geſchmackvolle Wohnhäuſer; Joſ.
Eleeſattel-Düſſeldorf: Kirchenbauentwürfe, darunter
die Pläne für die St. Bochuskirche in Düſſeldorf;
die Dresdener Pietſch, schilling, Gräbner u. A.
mit villen und Künſtlerhäuſern. Beilmann umd
Littmanns: Prinzregententheater in München ähnelt
dem Bapreuther Feſtſpielhaus, trägt iudeß einen ſo-
lideren architektoniſchen Stil, iſt aber in der Faſſade
in der berüchtigten Münchener' Verputztechnik herge-
ſtellt; über Jahr md Tag gleicht die Architektur
einer Ruine.

Sweckmäßig entworfene Rathhausbauten von
den Düſſeldorfern:; Fürthmann, Genſchmer, Hof-
meiſter, Krämer und Herold wären neben zahlreichen
Entwürfen für Villen, Wohn- und Kaufhäuſer, vor-
wiegend von Berliner und Dresdener Architekten,
noch weiterhin zu nennen. — Der Geſammteindruck
der Baukunſtausſtellung überzeugt den Beſchauer von
dem heißen Wettbewerb, der in unſeren Tagen von
den Architekten der rapid wachſenden Großſtäͤdte mit
Glück und Erfolg ausgefochten wird — zum vor-
theil einer friſchen und geſunden Aufwärtsentwicklung
auf baukünſtleriſchem Gebiete.

Die Bäume des Obergeſchoſſes im Uunſtpalais
theilt die Baukunſt mit der „fünften Ausſtellung des
verbandes deutſcher Illuſtratoren“. Hier haben
ſich vorwiegend jüngere Kräfte vereinigt, um den
gegenwärtigen Stand der in unſeren Tagen zu ſo
großer Bedeutung gelangten illuſtrativen Kunft
vorzuführen. Die Ausſtellung iſt unter Arthur
kampfs Leitung zu Stande gekommen. In Namen
einzugehen, erſcheint bei der Fülle des Gebotenen
faſt unmöglich. Ich begnüge mich, in erſter Einie
den allgemeinen Geſammteindruck feſtzuſtellen, der in
Anbetracht der Verhältniſſe ein ſehr vortheilhafter iſt.
Die eminente Bedeutung, die die Momentphotographie
und das autotypiſche Verfahren gegenwärtig auf
graphiſchem Gebiet erlangte, hat die Illuſtraͤtions-
kunſt bis in ihren Grundfeſten erſchüttert! Wo früher
hunderte von Zeichnern und Malern für den Dienſt
der periodiſchen Preſſe und des Büchermarkts thätig
waren, iſt jetzt das Aetzbild der Momentkamera ge-
treten. Sahlloſe Künſtlerhände ſind durch dieſe mo-
derne Entwicklung der graphiſchen Technik lahm-
gelegt worden. Naturgemäß vollzog ſich zwar hier
von ſelbſt wieder ein Ausgleich. Lünſtleriſche!
Zeitſchriften erſchienen; die Jugend- und Simpliziſſi-
musfünftler traten auf den Plan, und überrafchend
ſchnell war ein neues Feld illuſtrativer Thätigkeit e—
ſchloſſen. Nicht alle Kräfte finden hier Erfatz für
ein verlorenes Terrain, aber die neuerſtehende junge
Künſtlerſchaar hat hier wenigſtens ein Aquivalent
für ein ihm durch die Kamera und die Autoätzung

entrungenes Feld.
Max Rarrach.

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