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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 11
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Gustav, Leopold: Frühjahrs-Ausstellung der Münchener Sezession
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Das Leinöl als Sikkativ
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0194

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Yr M



verſuchte Motiv der badenden Knaben zu noch feſſelnderer
Wirkung. Korzendörfer und Pottner wiſſen ähnliche
Lichteffekte mit ſtattlichem Können zu bewältigen, ſo auch
Friedrich Hehr, dem es aber, anders wie jene, um
ſublimere Reize zu thun iſt, wie 3 B. das Mädchen im
Biedermeierkoſtim zeigt. Philipp Klein bringt ein
Doppelbildniß, derb zugreifend, in etwas hellnüchterner
Beleuchtung, aber flott gemalt.

Ich komme nun zu einigen Spezialiſten, hier in erſter
Linie Babermann. Auch ſeinen diesmaligen Frauen-
ſtudien wird man das Kaſſige nicht abſprechen; die Eleganz
ſeiner flotten Pinſelführung feſſelt immer von Neuem; wie
ſtets von gewiſſen Bizarrerien erſt abgeſtoßen, wird unſer
Intereſſe dann durch manches Raffinement in Ton und
Linie lebhaft angeregt. Ich meine aber, es bleibt eben
bei Intereſſe, ohne zu wärmerem Empfinden zu werden.
Kunz Weidlich bringt eine ins Bad ſteigende weibliche
Geſtalt; er hat das Gelbild mit dem Paſtellſtift über-
arbeitet. Hier und in einem Halbakt zeigt ſich der Maler
als äußerſt ſicherer Zeichner.

Benno Beckers tiefdunkle, mit Zypreſſen beſetzte
Landſchaften haben ſehr feine Reize, ſo die „Letzte Sonne“,
welche über die Baumkronen nur noch einen Lichthauch
wirft, während alles Tieferliegende ſchon in Nacht gehüllt
iſt; immerhin wirken ſchon einige der Zypreſſen etwas
ſtiliſirt, wenn auch Becker, trotz der Aehnlichkeit ſeiner
Motive, ſich noch nicht wiederholt hat. Richard Pietzſch,
der in Entwürfen zu Kunſtverglaſungen Anregendes bietet,
zeigt andererſeits, daß dieſe kunſtgewerbliche Bethätigung
ihn öfters von dem innigen Verhältniß zur Natur abzu-
lenken ſcheint. Zwei kleine Bilder, „Buche im Schnee“
und „Verſchneiter Bach“, ſind wohl direkt nach der Land-
ſchaft gemalt, darum ſehr gut, aber in anderen wirkt er
durch ſtiliſtiſche Ranier wenig glücklich. Der Waldſee-
ſpiegel, in dem die Waſſerroſen ruhen, gleicht geradezu
einem dunklen Brette.

Frobenius ſtiliſirt auch; im Geſchmacke Eichlers.
Die „Heimath“ hat einen Ton echter Romantik. Das
Staffage-Liebespaar hat kein Leben in ſich. Auch Paul
Wolffs Frühling im Wald iſt auf eine lyriſche Note ge-
ſtimmt. Bich. Kaiſers Landſchaften ſind nicht gleichwerthig.
Die Schwere der Farben macht ſich beſonders in den
Wolkengebilden bemerkbar. Schultze-Naumburg wirkt
diesmal friſcher und weniger ſtiliſirt.

keller-Reutlingen bringt wieder eine fein ge-
ſehene Abendſtimmung; Crodel großgeſehene Landſchaften
meiſt elegiſcher Stimmung, mit ſehr duftig gemalten
Wolkenzügen. Butterſacks Felder und Baumgruppen
ſprechen auch von innigem Vertrautſein mit der Landſchaft
des baveriſchen Hochplateaus, aus Haveks farbig geſehenen
Bildern ſpricht flottes Können, Hähniſch „wühlt“ noch
temperamentvoll hin, bildmäßiger, wie „Bäume“, wirkt
der großzügig gemalte Steinbruch; auch Fritz Behrendt
iſt bei aller Werthſchätzung des Könnens noch unruhig.
Sympathiſche Arbeiten ſind noch zu nennen von Eichfeld,
Paul Bach, Tornquiſt und Weber. Ein feintoniges Bild,
„Silberpappeln“, ſandte O. Graf-Freiburg. Meyers-Baſel
Novemberlandſchaft hat einen feinen Stimmungsreiz.
Adelbert Niemeyers Landſchaftsſtudien haben ſich auch
mehr und mehr von dem ſtürmiſchen Draufgängerthum
losgeſagt. Außerdem bringt er ein in der Wiedergabe
von Halbtönen famoſes Interienr. W. L. Lehmann iſt

etwas glatt in der Malweiſe, aber ehrlich und ſicher.
Piephos idylliſcher „Fluß“ iſt von ſchlichter Naturpoõſie.

Theodor Hummel weiß die im Kebel verblaſſenden
Konture mit großem Können zu geſtalten. Neben ſeinen
etwas tapetenartig wirkenden Herbſtſtimmungen malte er
Dordrechter Motive, meiſt aus dem Dunſt auftauchender
Zchiffsſchlöte und Maſte. — Als „Dachauer“ von Ealent
geben ſich E. v. Wedel, G'Cynch of Town und
M. v. Aurowski zu erkennen. Ludwig Dettmanns.
„In der Erühlingsnacht“ ſowohl, wie die mondbe-
ſchienenen Waſſerroſen wirken etwas ſtumpf in den Farben.

Porträts in anderer Art, wie die früher genannten
impreſſioniſtiſchen, haben ausgeſtellt: Ferdinand Götz ein
nur in braunen und ſchwarzen Tönen gehaltenes, flott ge-
maltes Bild; Tewes' Dame in Schwarz, koloriſtiſch an
engliſche Maler gemahnend, Würtenberger ein bieder
ſchlichtes Ehepaar, ſchlicht gemalt, ohne nüchtern zu ſein.
Winternitz bringt wieder einen Tonkünſter, die etwas
übergroße Figur mit Cello iſt nicht ohne Stimmung. Eine
Studie von Joh. Leonhard hat mehr Temperament, als
ſeine meiſt etwas glatten Porträts. — Als Thiermaler
zeigt Torby ſeine Beobachtung und ſein zeichneriſches
Können; auch die Farbe iſt belebter wie früher.

Von dem jüngſt verſtorbenen Emil Dittler, deſſen
durchgeiſtigte Züge uns ein gutes Bild Anetsbergers zeigt,
ſehen wir den Nachlaß. Die Modelle der Brunnen für
Weißenburg und Nördlingen ſind in der Geſammtanlage
großzügig. Das Detail weiſt manch' guten Gedanken auf.
Die Waſſerſpeier künden Phantaſie und Humor. Porträt-
büſten vermitteln uns des Bildhauers feines Charakteri-
ſirungsvermögen. In ſeinen Grabdenkmälern ging er dem
Konventionellen erfolgreich aus dem Wege. Seine Bronzen
zeigen bedeutendes Naturſtudinm; ſein Kaiſer Ludwig iſt
markig gebildet, kurz, man erhält den Eindruck ſtarken
Könnens und eifrigen Strebens. Der früh Derftorbene
hätte noch Vieles geben können.

S
Das keinöl als Sikkatip.

NVachdruck verboten.)

@:@as durch Auspreſſen des Leinſamens gewonnene


rohe Leinöl muß vor ſeinem Gebrauch, je

nach dem Verwendungszweck, mehr oder minder
raffinirt werden; es braucht, als Trockenmittel angewendet,
je nach den Umſtänden 2—10 Tage zum Trocknen, hinter-
läßt dann aber einen fetten, elaſtiſchen, zähen, wenig
glänzenden und ſehr wetterbeſtändigen Ueberzug. Das
rohe Leinöl enthält geringe Quantitäten an Waſſer und
Eiweißſtoff, welche die Urſache der Trockenverzögerung
ſind. Um dieſe Stoffe zu beſeitigen, kann das Leinöl mit
verdünnter Schwefelſäure behandelt werden. Dieſer Prozeß
erfordert aber ſehr große Sorgfalt, da das Leinöl leicht
durch die Schwefelſäure zerſetzt wird.

Ein beſſeres Mittel, die das Trocknen verzögernden
Stoffe aus dem Leinöl zu entfernen, iſt das im Jahre
1420 von dem Holländer Jan van Eyck vorgeſchlagene,
nämlich das Oel vor dem Gebrauche zu kochen. Dieſe
Erfahrung hat gelehrt, daß nach Erhitzen des Leinöls bis
anf 240° C. dieſes ſchneller trocknet; durch ein dreiſtündiges
 
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