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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 8
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0142

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wirklich zeichneriſchen Charakters, einen bildmäßigen, fertigen
Eindruck gewähren. Da möchte ich die ganz licht, duftig
leicht und doch ziemlich ſcharf behandelten Waſſerland-
ſchaften von Paul Baum Gerlin), die im Katalog ſelt-
ſamer Weiſe als „Aquarelle“ bezeichnet ſind, zunächſt her-
vorheben. Auch Arbeiten von M. Liebermann, Skarbina,
Thoma, J. Alberts, Ad. Beyer, M. Fabian, O. H. Engel,
R. Frieſe (Cöwenporträt), A. Jank, G. Kuehl, Wilhelm
Schulz u. A. ſind zu nenneu. Beſonders die zahlreichen
farbigen Blätter von W. Schulz bilden eine reiche Quelle
des Genuſſes für Alle, welche in dieſen kolorirten Zeich-
nungen nicht nur äußerliche formale Eigenſchaften ſuchen,
ſondern Friſche des Ausdrucks, Phantaſie, behaglichen
Humor, volksthümliche Schlichtheit und Innigkeit der
Empfindung, herrliche Vorzüge, die dieſen jungen Künſtler
als eine der liebenswürdigſten Perſönlichkeiten unter unſeren
heimiſchen Graphikern erſcheinen laſſen.
Endlich ſei bemerkt, daß auch mehrere Plaſtiken von
M. Klinger, Gaul, M. Schauß, die freilich zumeiſt Studien-
charakter zeigen, dieſer Ausſtellung beigegeben ſind.

* *
ba

2. Die anderen Ausſtellungen.

Im Künſtlerhaus iſt als Ehrung für den nach Dresden
übergeſiedelten geſchätzten Meiſter Prof. E. Bracht eine
Ausſtellung unter der ſtolzen Deviſe: „Eugen Bracht und
ſeine Schule“ veranſtaltet worden. Der Wille mag gut
geweſen ſein, aber das, was geboten wird, befriedigt keines-
wegs die hohen Anſprüche, die man an Sonderausſtellungen
dieſer Art zu ſtellen pflegt. Man vermißt nicht nur die
Sorgfalt in der Auswahl der Bilder, ſondern auch in der
Gruppirung des vorhandenen Materials eine überſichtlick
durchgeführte Abſicht. Man hätte wohl annehmen dürfen,
daß die Bilder ſo gehängt ſein würden, daß im großen
Hauptſaale Brachts eigene Werke, angeordnet ungefähr
nach der Zeitfolge ihrer Entſtehung, zu ſehen wären. In
die anderen Säle hätten ſich die Schüler aus den ver-
ſchiedenen Epochen des Meiſters zu theilen gehabt. Statt
deſſen hat man im Eingangsſaale die ſchönſten der für
dieſen Zweck verfügbaren Bilder Brachts mit zum Theil
minderwerthigen Arbeiten der letzten Generation zuſammen-
gehängt; und in ſolcher durch alle Räume gehenden Regel-
loſigkeit verpufft leider die an ſich ſo ſchöne Idee der Aus-
ſtellung.

Man komme unſerm verwöhnten Publikum nun nicht
mit dem Einwand von Schwierigkeiten, die angeblich nicht
zu überwinden waren. Es mag ja richtig ſein, daß von
den Mitgliedern des märkiſchen Künſtlerbundes, die gegen-
wärtig die Orte Deutſchlands mit der Noutine guter Ge-
ſchäftsleute auf eigene Fauſt abgraſen, mit ganz wenigen
Ausnahmen, nur ſchlechte Bilder zu haben waren. So iſt
denn gerade der Eindruck, den Brachts jüngſte Lehrthätig-
keit unter anderen Verhältniſſen hervorgerufen hätte, hier
ſehr verwiſcht worden. Verglichen mit den älteren
Schülern, unter denen übrigens ſonderbarer Weiſe We Leiſti-
kow fehlt, erſcheinen die jüngeren die künſtleriſch bei
Weitem Schwächeren, obwohl man ihnen ſonſt koloriſtiſche
Kraft und poetiſche Naturauffaſſung zugeſteht.

Da die Ausſtellung uns nichts Neues vermittelt, ſo
erübrigt ſich wohl ein Eingehen auf die Bilder. Ich möchte
daher nur anführen, daß von Brachts älteren Arbeiten
die Gemälde „Der Sinai“, „Hannibals Grab“ und eine
„Moorlandſchaft in der Lüneburger Heide“ (1829) hier

einen ſtarken Eindruck machen. Auf erſterer Leinwand
verurſacht die Sonnenbeleuchtung der Bergſpitzen den deko-
rativen Effekt, den Bracht zu allen Zeiten erſtrebt hat.
Auf den beiden anderen Bildern liegt der analoge Farben-


himmel bedingten Kontraſtwirkung. In der jüngſten Zeit
verzichtete der Meiſter, den bis dahin der fragwürdig gewordene
Ruhm eines Orientmalers ſchmückte, auf jegliches Gegen-
ſtändlich-Intereſſante, um ſich dadurch plötzlich den An-
ſchauungen der Moderne zu nähern. Sein heutiger kraft-
voller Farben⸗Idealismus ſteht mit der früheren Richtung
durch die Hinneigung zum Romantiſchen, manchmal zum
Heroiſchen, noch in gewiſſer Verbindung. Bei dieſem
Farben-Idealismus, der von koloriſtiſcher Einſeitigkeit und
Manierirtheit allerdings nicht frei iſt, ſpricht ſelbſt die
Abtönung des Holzrahmens zur beabſichtigten Wirkung
der Malerei nicht unerheblich mit: und gerade dabei hat
Bracht einen ungemein feinen und vornehmen dekorativen
Geſchmack offenbart, den ſelbſt ſeine künſtleriſchen Gegner
bewundern. Keiner ſeiner Schüler, die ihm mit ungleicher
Begabung rückhaltlos nacheifern, hat ihn in den Aeuße-
rungen jenes Geſchmacks erreicht. Trotzdem bleibt der
Vorwurf der Manierirtheit, den man vor dieſen „Arrange-
ments“ in Gelb und Braun, in Weiß, Braun, Bothbraun
und Blau u. ſ. w. gleich zu Anfang gefällt hat, noch immer
bei dieſen Landſchaften beſtehen, die ſtatt grünen Baum-
laubes ewig die ſtiliſirten oder poetiſirten Farben des
Herbſtes und des Winters zeigen — ſo ſehr man anderer-
ſeits die Willenskraft und künſtleriſche Selbſtſtändigkeit
des Meiſters rühmen wird. {

Erfahrungsgemäß übt jede ſubiektive Art des künſt-
leriſchen Betriebes großen Einfluß auf die heranreifende
Generation aus. Michelangelo und Rubens ſind bekannt-
lich weit mehr als Andere imitirt worden; daß dies ein
Glück ſei, iſt aber ſtets verneint worden. Daß man den
Kreis- ſolcher Imitateure häufig im Sinne von „Schule“
benennt, hat den guten Begriff der Schule arg diskreditirt.
Der verſtorbene Martin Gropius ſagte mir einſt: Dieſe ſog.
Schule hängt ſich den Ingenien an die Kockſchöße, und
damit folgt unmittelbar auf das Große das Unheil in der
kunſtentwickelung. Der iſt der beſſere Lehrer nicht,
welcher den Schülern ſeine für den perſönlichen Geſchmack
gefärbte Brille (und mag die Färbung noch ſo intereſſant
ſein) aufſetzt, vielmehr jener, der ſie die Natur ohne Brille
und ſubjektive Voreingenommenheit betrachten und dar-
ſtellen lehrt. — Ich möchte ſchließlich nur noch einige
Namen von Brachtſchülern nennen. In der Gruppe der
— : . „Deitniani, Sayedom, .5 1
H. Genike, Richter-Lefensdorf, G. Schmitgen, Ad. Obſt,
kH. Langhammer, W. Feldmann, Ernſt Otto, D. Freude-
mann, M. Uth, O. Frenzel. In der Gruppe der Jün-
geren: C. Heßmert, H. Licht, Klohß, Achtenhagen, Kayfer-
Eichberg, F. Geyer, Günther-Meltzer, H. Pigulla, E. Boche,
FCurcke A Geſterriz Ch. Elfert u M

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*

Bei Ed. Schulte präſentirt ſich im Vordergrunde die
diſtinguirte Kunſt des Schotten John Lavery, dieſes
Mal auch ſtofflich in größerer Abwechslung als ſonſt. Doch
beweiſt ſie, daß ſie außerhalb des Porträts nichts dem
Ebenbürtiges zu bieten vermag. Durchweg ſind es Bild-
niſſe ſchlanker Damen, bezw. Modelle, in gewöhnlich nur
 
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