Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Gustav, Leopold: Die VIII. intern. Kunstausstellung, Schluss [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0085

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

iſt. Meiſter des Handwerks zu ſein, gilt hier nur
als die Borausſetzung der Kunſt.

spanien bietet nichts übermäßig Intereſſantes.
In Benlliures Thal des Joſaphat beim jüngſten
Hericht iſt das Schweben der Geſtalten famos ge-
malt, doch hinterläßt die große Leinwand nur den
Eindruck des ſtarken Könnens. Rubios etwas buntes
Soldatenbild iſt von der ſchweren, regenfeuchten
Atmoſphäre förmlich durchtränkt. Abarzuzas In-
terieurbild und Cafas' öffentliche Hinrichtung im
nüchternen nebeldämmexnden Srühlicht ſind ſehr
reſpektable Leiſtungen. Raurich-Petres Sümpfe des
Kemi erweiſen ſich als großzgeſehenes Galleriebild
und Martinez-Cubells iſt ein Porträtkünſtler von
Geſchmack, flotter Seichnung und Auhe des Vor-
— C öl vielleicht nicht gerne beſondere
pfychologifche Räthſel, aber ſeine Bilder haben etwas
überzeugend Lebenswarmes und Echtes.

Größere Theilnahme fordert Holland. Thereſe
Schwarge hat den Ohm Krüger, in einer Bibel
leſend, porträtixt. Die maleriſche Behandlung iſt
ausgezeichmet. Der Ausdruck wirkt dagegen vielleicht
zu weich, wenn man ſich dex zähen Ausdauer des
Hiannes erinnert. Beſſer gelang er in dem auch
farbig intereſſanten Porträt des Burenbevollmächtigten
Wolmarans! Joſſelin de Jongs Bild der jugend-
lichen Königin von Holland iſt ein elegant gemaltes
Repräſentationsbild; Veths Horträts haben einen
Stich ins Altmeiſterliche, ſie ſind ſehr ſicher gezeichnet
und von ſchlichter Bexbheit. Waays Amſterdamer
Waiſenmädchen ſind ein liebenswürdig- anmuthiges,
Martinus Schildts Waſchfrauen ein Bild voll natura-
liſtiſcher Beobachtung. Von Candſchaftern nenne ich
Th. de Bock, über deſſen Acker eine feintonige
Atmoſphäre liegt; Gorters uftige Candſchaft; die
Dämmerung von Gabriel; Maris und Gruppe.

Auch der Saal der Belgiex trägt keinen neuen
Charakter, aber bringt doch erſtklaſſige Werke, wie
Courtens bewaldetes Ilußufer, das der Künſtler im
Bufte des Frühmorgens, wieder famos zu geſtalten
weiß. In Verheydens herbſtlicher Sumpflandſchaft
iſt der melancholiſchſchwere Himmel zu dem regen-
feuchtglänzenden Grün in wirkungsvollen Gegenſatz
gebracht. Ganz grandios wirkt aber Baertſoens
MWinterabend in Gent. Schwere Transportboote
ziehen die im Dämmer des Vorabends liegende
Waſſerſtraße entlang; es iſt ein Bild, welches die
ganze Schwermuth eines ſonnenlos grauen Winter-
tages auslöſt. Heymans meiſtert das Glitzern der
Soͤnne auf den naͤckten Dünen mit virtuoſem können;
ein verwandtes Talent iſt Wytsman, der mit einem
herbſtlich⸗öden Acker ſchöne Wirkungen erzielt. Laer-
mans Erumkenbold, den die Frau mit den Kindern
nach Hauſe zerrt, wirkt zwar faſt outrirt, iſt aber
markig herausmodellirt. Verhaerts Ankunft des
erſten Zuckers in Antwerpen iſt ein im Ton alt-
meiſterliches und doch buntgerathenes Bild, Khnopff
hat etwas zuſammengeheimnißzt, das er „Iſolation“
nennt. Das dreigetheilte Paſtell zeigt links in ſubli-
men Tönen ein Weib oder Muſe, rechts einen ge-
harniſchten Bitter, in der Aitte eine Frau unſerer
Tage/ ein Schwert in den Händen. Am Boden eine
£ilie, eine Seifenblaſe und ein zauberhaft leuchtender
Stein. Was das heißen ſoll, weiß ich nicht, ge-
macht iſt's wundervoll. Vom gleichen Künſtlex ſehen
wir ein Damenbildniß in blaffen, lyriſchen Farben-
akkorden.

Rei den Ungarn zeigt Tajos Marks großes
Gemälde einen verlegenen Jüngling, gegen den
ein ganzer Schwarm verführeriſcher Weiber los-
gelaſfen iſt. Immerhin mit reichem Können gemalt,
wirkt es doch reichlich brutal. In dem von Szinvei-
Merſe 1873 gemalten Frühſtück im Graſe hat ſich
die Leuchtkraft der Farben wundervoll gehalten.
Die auf dem grünen Bergrücken gelagerte bunte
Geſellſchaft, über der der heiter-blaue Himmel lacht,
iſt von fröhlicher Farbenwirkung. Gute Cichtſtudien
bietet Boruth, etwas minder Zemplenpi. Skutezkys
Selbſtbildniß zeigt ſchönes Können. Caszlos elegante
Porträtirunsskunſt tritt diesmal mit eindringlicheren
werken zu Tage. Mit ſicherer, phraſenfreier Wirk-
lichkeitskuͤnſt ſchildert Revesz einen Zug Proletarier.
Als ſtimmungstiefe Landſchaftslyriker habe ich mir
Jendraſſik und Tölgveſſy gemerkt.

Aus dem Saale der Schweizer nenne ich zuerſt
den kürzlich verſtorbenen Adolf Stäbli, der ſeit 1868
zu den Münchenern zählt. Die ſtimmungstiefe Land-
ſchaft, welche die erſte Medaille erhielt, wurde in
den lebten Stunden des Künſtlers für die Pinakothek
erworben. Ueber den Baumkronen droht ein finſtexer
Gewitterhimmel, es iſt ſtark „ſchwarz“ gemalt, aber
man empfängt den Eindruck, einer ſtarken, tiefen
Empfindung. Hodlers Erwachen — ein Kind mit
weit aufgeriſſenen Augen ſchaut nach einer Schaar
ſteifer, eckiger Engel — iſt in ſeiner Herbheit direkt
unliebenswürdig; aber es liegt doch kraftvolles
Können in ſeiner markigen Cinienführung. Dies
zeigen noch beſſer der ſterbende und der wacker
dreinſchlagende Landsknecht.

Englands Kunſt macht, wie immer, einen har-
moniſchen Eindruck. Sauter, der frühere Münchener,
hat ſich nun ganz und gar dem etwas uniformen
Geſchmack brittiſcher Kultur eingefügt. Seine Mal-
weiſe iſt ganz dünn geworden und etwas nüchtern,
aber fein. Ein kleines Bildniß Whiſtlers zählt
ſeinen glücklichſten Schöpfungen zu. Veven du Mont
malt wieder ſublime Töne weißer Kleidung. Cavery
iſt der Maler vornehm-Fühler ladies, der auch die
Feinheiten exquiſiter Roben meiſtert. Prieſtman und
Boulds Thierſtücke ſind bekannt in ihrer feinduftigen
Tönung. Morlev iſt ein kecker kKoloriſt, der das
Gefieder kämpfender Hähne mit Verve malt.

Im Saale Amerikas herrſcht ſo ziemlich das
Können verſchiedener Spezialiſten. Ein ſehr lebens-
wahres Porträt bietet Haͤrtwich; Dannat iſt ſtark,
aber nicht bedeutend vertreten. Melchers Akte zeigen
braves Katurſtudium, Stewarts nackte Frauen ſind
ziemlich ſüßlich. Bridgmans orientaliſche Bilder
Derdienen das Prädikat „hübſch“, mehr hat uns auf
dieſem Gebietẽ Weeks zu ſagen. Ein feinſinniger
Candſchafter iſt van der Werden; nicht minder Frank
s. Herrmann mit ſeinem Erntebild.

In der italieniſchen Abtheilung zeigen einige
ältere Arbeiten Segantinis noch nicht die ſpätere
eigenartige Technik des Uünſtlers, aber ich möchte
dieſe anſpruchsloſen, innigen Schilderungen herben
alpinen Hirtenlebens nichf minder hoch bewerthen.
Zartorelli weiß die dämmernden Abendnebel, die
über dem Bergſes kauern, mit einer ſelten duftigen
Durchſichtigkeit zu malen. Morbellis Landſchaft iſt
auch mit ſtarker Eigenart geſehen. Dagegen er-
ſcheinen die techniſch fehr tüchtigen Axbeiten, der
beiden Giardi nicht fehr ſelbſtſtändig. Bei Gola iſt
die flüſſige Malerei des waſſers geradezu zu be-
wundern. Ait Bravour behandelt Rotta das
 
Annotationen