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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 19
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Friedrich Schaarschmidt
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0334

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Ur. 19

„Hochgeehrter Herr Profeſſor! Ich finde in
Vr. 14 der „K.H.“ ſoeben den Aufſatz von Dr. H. P.
über „Die Düſſeldorfer Schule in der ſkandinaviſchen
Malerei“. Sonderbarer Weiſe fehlen gerade die
bedeutendſten Namen. Bielleicht nehmen Sie alſo
den beifolgenden Zuſatz zu dem P.'ſchen Artikel in
einer der nächſten Nummern auf. Ich liege hier
immer noch ım Zanatorium und habe die
ſogenannte Schwindſucht. Zn einigen Wochen
ſoll mein Buch über die Düſſeldorfer Malerei
erſcheinen, das ich Ihrer gefl. Aufmerkſamkeit
empfehle. Hoffentlich haben Sie einen vernünftigen
Berichterſtatter über die Düſſeldorfer Ausſtellung.
vielleicht ſehen Sie ſich die Sache ſelbſt an etc.
F. Schaarſchmidt, z. 5. Böblingen bei Stuttgart
(Sanatorium).“

Genau vor einem Jahre war es, als ſein eigent-
lich niemals günſtiges Befinden plötzlich eine Wendung
zum Schlimmen nahm, ſodaß er ſeine feſten literariſchen
Beziehungen auch zu uns löſen mußte. Schon da-
mals (4. Juni 1901) ſchrieb er völlig gefaßt aus
einer Heilanſtalt in Württemberg: „Sie können
auf mich auch im kommenden Winter nicht
kechnes Mein Zaſtand iſt CN CL
Seitdem habe ich nur ſehr ſelten von ihm etwas
gehört, pflegte er doch, ſchlicht und beſcheiden wie
er lebte, nur ungern von ſeiner Perſon zu reden.
Aber das Wenige, das er ſeitdem ſchrieb, konnte
mich überzeugen, daß er von der Hoffnungsloſigkeit
ſeines Suſtandes durchdrungen war und — wie ein
echter Philoſoph — ruhig dem leiſe nahenden Tode
ins dunkle Auge ſchaute.

Die einzige große und mühevolle Arbeit — ſie
war freilich nicht die einzige That ſeines Lebens —,
die ihn im letzten Jahre fortgeſetzt beſchäftigte, be-
traf den Abſchluß einer Publikation, die der Kunſt-
verein für die Bheinlande und Weſtfalen
ſeinen Mitgliedern als Prämiengabe zur Jahrhundert-
wende und zur Feier der Düſſeldorfer Ausſtellung
beſtimmte, eben jenes in dem obigen Briefe vom
21. April d. J. mir angekündigten Werkes,“) deſſen
Erſcheinen ihm in den verfloſſenen Monaten ſo ſehr
am Berzen Iag und deſſen Erfolg zu erleben ihm
eine neidiſche Macht mißgönnte.

Nachdem ich ihm meinen Dank und meine leb-
hafte Freude für die Zuſendung des prächtig aus-
geſtatteten, inhaltreichen Bandes zugleich mit der
leider nur zu vermeſſenen Hoffnung ausdrückte, daß
es ihm doch noch vergönnt ſein möchte, ſich der
Ernte nach ſolchem mühſeligen Schaffen zu erfreuen
— traf die letzte Kunde von Eriedrich Schaarſchmidt
ein, aber nicht mehr von ſeiner Hand. Er läge

* Zur Geſchichte der Düſſeldorfer Kunſt, ins-
beſondere im XIX Jahrhundert, von Friedrich Schaar-
ſchmidt. Mit Eitelgravüre, 100 Pollbildern und 150
Cextbildern. Verlag des Kunſtvereins für die Rheinlande

und Weſtfalen. Düſſeldorf 1902. Geſprechung vor-
behalten. D. Red.)

augenblicklich ſchwer krank danieder. Falls er ſich
wieder erholen ſollte, würde er ſchreiben — ſo ließ
er mir am 8. Juni durch die edle Wärterin melden,
die ſich des gequälten Mannes anzunehmen Hatte.
Die Sittiche des Todesboten trugen die bange er-
wartete Nachricht herbei. Ein Herz, das ſo warm
für die Kunſt ſchlug, wie es die ſeiner „Düſſeldorfer
Kunft“ als Motto vorgeſetzten Worte Immermanns
ergreifend künden — hörte auf, den Gang dieſes
Lebens theilnehmend zu begleiten.

Schaarſchmidt war als Sohn eines Bibliothekars
in Bonn 1863 geboren. Er widmete ſich unter Prof.
Peter Janſſen an der Düſſeldorfer Akademie der
Malerei, ging aber ſpäter ſeinen eigenen Weg, der
ihn zur Freilichtmalerei führte. Er liebte es, heitere
Szenen des antiken Kultur- und Vaturlebens auf
die Leinwand zu bringen, ſonnige, laubenreiche Gärten
mit fein empfundener klaſſiſcher Architektur und mit
jugendlichen Geſtalten ſtaffirt. Volle Würdigung iſt
ihm als Künſtler indeß niemals zu Theil geworden;
die „Jungen“ verübelten ihm ſeine engen perſön-
lichen Beziehungen zu den „Alten“, ſeine Stellung
zur Akademie, die „Alten“ dagegen verkannten wohl
überhaupt den Werth ſeiner Freilichtmalerei, und für
die Großen des Faches ſchloß ſchon die Thatſache
ſeines literariſchen Schaffens die künſtleriſche Be-
deutung aus. So hatte er auf ſeinem eigentlichen
Gebiete kaum je eine Freude, nur Enttäuſchungen
erlebt.

Vicht viel anders iſt es ihm aber auch mit ſeiner
literariſchen Thätigkeit ergangen. Ein Uritiker, der
ſelbſt und nicht einmal anerkannter Künſtler iſt, wird
ſelten mit ſeiner Meinung Beifall, noch weniger
Dank finden. Zudem veranlaßte ihn ſein partheilos
ausgeübtes Amt an der Akademie, um aus voller
Ueberzeugung für das, was er als richtig und gut
erkannte, eintreten zu können, meiſt pſeudonym zu
ſchreiben. So ſah man in ihm auch nicht den Autor
mancher hervorragender Aufſätze, die er in Fachzeit-
ſchriften und Tagesblättern erſcheinen ließ. Unver-
geſſen iſt z. B. noch der Eindruck, den ſein Eſſay
„Düſſeldorf als Kunſtſtadt“ in Vr. 45 der
„Uunſt-Halle“ vom J. 1897 verurſachte, der die da-
mals dort herrſchenden Kunſtverhältniſſe ſcharf be-
leuchtete und wichtige Vorſchläge zur Beſſerung
brachte, Ideen, die ſich ſpäter in der That verwirk-
lichten. Unter Schaarſchmidts Namen iſt u. a. er-
ſchienen eine Monographie über den berühmten
Hiſtorienmaler Eduard von Gebhardt, für den
er eine unbegrenzte Hochſchätzung empfand, in Hanf-
ſtaengls „Die Kunft unſerer Zeit“, ferner eine
Sammlung Studien und Reiſebilder: „Aus Kunſt
und Leben“ (Nünchen, Verlag von S, Bruck-
mann, A.G.). Letzteres Buch, den Eltern des Autors
gewidmet, enthält Abhandlungen über Themata der
alten und neuen Uunſtgeſchichte, ſowie Monographien
zur Kunſt Italiens, Arbeiten, die durchweg ein ge-
 
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