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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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5. Heft
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Bombe, Walter: Florentiner Künstlerwerkstätten der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0198

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FLORENTINER KÜNSTLERWERKSTÄT-
TEN DER RENÄISSÄNCE Von WÄLTER BOMBE

Die Bedeutung des Baudatums als Grundlage für die chronologifche Einordnung und
nicht feiten für die künftlerifche Wertung alter Bauten wird heute von Kundigen
nicht mehr geleugnet. Aber auch nach anderer Seite liefern die trockenen Katafter-
angaben wertvolle Äuffchlüffe: Über den Hausftand und die Vermögensverhältniffe
ihrer Bewohner, über ihr Leben und Treiben erfahren wir manches Intereffante. Ein
ganz befonderes Intereffe dürften die in den lebten Jahren außer von Guido Carocci
auch von Cornelius von Fabriczy, Herbert Horne und Jacques Mesnil veröffentlichten
Katafterangaben von Künftlern beanfpruchen, weil fie uns ermöglichen, ihre Werk-
ftätten örtlich genau zu fixieren.

Wir wiffen aus den Angaben der genannten und älterer Forfcher, daß Giotto feine Werk-
ftätte im Kirchfprengel von S. Maria Novella hatte, daß Taddeo Gaddi in S. Pier Scheraggio
wohnte, etwa an der Stelle, wo fpäter die Uffizien erbaut wurden, daß Puccio Capanna
in Via Larga degli Spadai, der heutigen Via Cavour, Andrea und Bernardo Orcagna
am Canto di Balla, jeßt Via dei Servi, Maeftro Stefano bei den Dominikanermönchen
wohnte. Im Quattrocento werden die urkundlichen Nachweife häußger, weil feit 1427
die Kataftererklärungen obligatorifch find. Eine ganze Menge größtenteils unedierter
Angaben des Katafterarchivs verdanken wir Guido Carocci, der fie dem Berichterftatter
für die Lefer des Cicerone freundlichft zur Verfügung geftellt hat. Sie feien im
folgenden mitgeteilt: Donatello hatte im Jahre 1427 Haus und Werkftätte gemein-
fam mit Michelozzo im Corfo degli Adimari (jeßt Via Calzajuoli) und eine zweite
Werkftätte, ebenfalls gemeinfam mit Michelozzo, hinter dem Dom in einem Haufe der
Tedaldi, das jeßt durch eine Büfte Donatellos gefchmückt ift. Im Jahre 1454 hatte er
von neuem fein Atelier am Domplaße in einem Haufe der Bifcheri, das fpäter in den
Palazzo Guadagni inkorporiert wurde. Diefelbe Werkftätte mietete im Jahre 1480
Andrea del Verrocchio und fpäter Lorenzo di Credi. Benedetto und Giuliano
da Majano arbeiteten 1498 gemeinfam in einem Haufe der Familie Del Palagio an
der Ecke der Via del Caftellaccio. In Via Sant’Egidio befand fich Haus und Atelier des
Francesco di Simone Ferrucci. Das Haus gehörte feit etwa 1470 den Nonnen
von Sant’ Appollonia. Der Goldfehmied Maso Finiguerra hatte feine Bottega in Via
Vacchereccia, genau an der Stelle, wo heute das Cafe Cavour ift. Antonio Roffellino
arbeitete in Via del Proconfolo gegenüber dem noch heute vorhandenen Zunfthaufe
der Giudici e Notari. Nach diefem feinem Wohnort wurde er vielfach „il Roffellino
al Proconfolo“ genannt. In Via di Pinti wohnten und arbeiteten Giuliano und An-
tonio da Sangallo. Das Haus, das fie fich dort bauten, gehörte fpäter den Pancia-
tichi. Die Goldfchmiedebottega des Guariente Guarienti lag 1427 in Via della
Scala, die des Giovanni di Deo Dei in demfelben Jahre in Piazza Santo Spirito.
Der Architekt Neri di Fioravante und fein Sohn Francesco wohnten in Via Santa
Maria (jeßt Michelangiolo Buonarroti). Der Bildhauer Domenico Roffelli aus Rovez-
zano hatte fein Atelier im Jahre 1469 in Borgo Santi Apoftoli in einem Haufe der
Baldovinetti.

Auch die Wohn- und Arbeitsftätten zahlreicher Maler hat der Forfcherßeiß
Caroccis aufgefpürt: Giovanni d’Arrigo, genannt Pefello, wohnte und arbeitete 1427
in Borgo San Frediano, an der Ecke der Via San Giovanni, Benozzo Gozzoli in
Via del Fiore bei Borgo San Frediano. Eine zweite Werkftätte des vielbefchäftigten

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