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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 3
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Berliner Kunstschau
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Nr. 3

Die Aun st-Halle

jüngsten blaßtönigen Interieurs. Auch das Bildchen von Lj.
Zügel „Esel" ist delikater gemalt als die neuesten Sachen
des genialen Thierschilderers. Die sog. „Alten" bestehen
übrigens wacker neben den sog. „Jungen" und nur ver-
bohrter Parteistandpunkt wird über die zart gestimmten
Landschaften von wenglein, Hertel u. a. die allerdings
prächtigen Arbeiten von Lj. Ljermann und G. Frenzel
stellen, die beide jetzt ihre volle Freiheit der Naturwiedergabe
entfalten. Sonst hängen hier noch von Meister An aus
ein „Jäger" von p. Meyerheim eine staffirte Gartenland-
schaft, von Ernst Körner eine mit großem Rönnen ge-
malte Wartburg-Szenerie, von Ljans Gude etwas Nor-
wegisches neben Porträts von Passim, Fritz Burger und
Max Roner (Fürst Ljerbert Bismarck).
Ls kann dieses Mal nur eine ganz flüchtige Ueber-
sicht geboten werden. In einem der Nebensäle hängt ein
großes Tableau von L. v. Ljosmann mit einem idealen
Frauenpaar, ohne rechte persönlich-künstlerische Ligen-
thümlichkeit, aber natürlich für die Verehrer dieses Künst-
lers ein ollst ä'oeuvrs. Weiter fesseln durch malerische
Vorzüge Landschaften von Ljngo König, Lj. Bürgel, Keller-
Reutlingen, M. Liebermann (Allee bei Ljarlem, Besitzer:
Jacques Easper), zwei geistreiche verschwommene Dachauer
Moor-Studien von L. Dill, auch etwas Exotisches von
E. Bracht. Ein phantasievoll kostümirtes Frauenporträt
von R. Schuster-Woldan fällt sehr aus. Trotz des Ein-
spruchs W. Trübner's muß seine lebensgroß gemalte
„Dogge" altmeisterlich schön genannt werden. Ljans
Looschen hat den Kops einer bäuerlichen Greisin charak-
teristisch skizzirt. In den folgenden Kabinetten giebt's
gleichfalls Manches, was Theilnahme verdient. Da sind
Porträts von A. S ch w arz (Tänzerin in violettem Kostüm)
Ernst Ljausmann (Kniestück LrnstKörner's), LjannsFechner
(Graf Kirchbach), Ljugo Vogel („Geschwister"), W. Döring,
G. Meyn u. a. Der Weimarer Th. Ljagen schwelgt in
seinem „Ljausgarten" ganz im sonnigen Freilicht; Ljugo
Mühlig, wie gewöhnlich virtuos in Schneelandschaften, Max
Schmidt („Lin feuchter Tag"), I.wentscher „Kieserngruxxe",
Ljermann Seeger mit seiner überaus feintönigen Malerei
(„am Felsrain"), Müller-Kurzwelly („Abendfrieden") bieten
mit Andern, die noch zu nennen wären, werthvolle
Proben einer gesunden nationalen Landschaftskunst.

Bereits in der vorigen Nummer wurde die Oktober-
Ausstellung im Salon Schulte kurz erwähnt. Ihr
Hauptstück bildet zweifellos ein neues Gemälde
Ed. von Gebhardt's „Christus und Nikodemus".
Ls ist das nächtliche Zwiegespräch zwischen dem Hei-
land uns dem gelehrten Pharisäer, das der Düssel-
dorfer Meister behandelt in seiner tiefinnerlichen Art.
Der Schriftgelehrte sitzt im Sessel neben einem Tisch und
vor einem mit Büchern und Schristrollen gefüllten Schrein.
Ihm gegenüber am Fenster lehnt Der, den der Pharisäer
um Auskunft zu bitten gekommen ist. Der obere Theil des
Fensters ist geöffnet; der wind, von dessen Sausen
Christus im Laufe des Gesprächs redet, (s. Lv. Ioh. z,
t-2p, weht hinein und bläht die Vorhänge, warmes,
röthliches Licht, von einer unsichtbaren Lampe ausgehend,
fällt über die Beiden und den altdeutschen Hausrath des
behaglichen Raumes. Draußen hinter dem Walde taucht

die silberne Mondscheibe riesengroß auf. Doch das
Alles bemerkt man erst später, was sofort die Auf-
merksamkeit fesselt — das ist wieder die Charakteristik
der Menschen, wie hoheitvoll die Haltung, wie milde
und durchgeistigt der Ausdruck des Heilands, der vom
Wege zum ewigen Leben und der Wiedergeburt spricht;
eine der edelsten Gottessohngestalten, die Gebhardt's
pinsel geschaffen. Und als Gegensatz hierzu der beweg-
liche Dialektiker im Sessel, der so gern glauben möchte
und nicht kann; der seine Vernunft schweigen lassen muß,
aus die er so stolz ist: „Wie kann ein Mensch geboren
werden, wenn er alt ist! Kann er auch wiederum in
seiner Mutter Leib gehen und geboren werden?" — so
eifert er und ahnt's doch, daß er sich wird gefangen geben
müssen.
Noch zwei andere Düsseldorfer sind erschienen, mit
einer ganzen Reihe von Skizzen, Studien, Bildern.
Peter Janssen bietet uns neben zwei guten Charakter-
kopfstudien eine größere Anzahl von Erinnerungen an
Spanien, Aquarelle, die ebenso liebevoll ausgesührt sind,
wie einige Melskizzen flott und impressionistisch. Farbig
ist eine Badestrandszene sehr reizvoll; inhaltlich interessiren
zwei Zentaureugruppen wohl am meisten. Aehnliches
haben wir ja auch von Stuck gesehen, aber der Düffel-
dorfer hat doch seine eigene Handschrift. Die läßt sein
Kollege Alexander Frenz ganz und gar vermissen. Er
dreht sich in einem Wirbelkreise von „berühmten Meistern"
und wird immer unselbständiger. Das beeinflußt natürlich
zu guterletzt auch sein eigentliches technisches Können. Es ist
schade um den gut veranlagten Künstler. Gegenüber ihm
nimmt die andere Längswand des Gberlichtsaales Max
Klinger mit figürlichen und landschaftlichen Dar-
stellungen ein, die vor Jahren als Supraporten und
Einlagen für Wandtäfelungen entworfen wurden. In
leuchtenden, Hellen Farben hat der Künstler hier eine
Reihe von Seestücken, belebt mit allerlei mythologischen
Fabelwesen, geschaffen, sowie vier größere antikisirende
Landschastsmotive in rechteckigem Halbformat, durch die
ein großer Zug geht, bei aller leichten, oft nur an-
deutenden pinselsührung. Kein größerer Gegensatz zu
diesen panneaux, als die Bilder eines Ludwig Knaus
(Katzenmutter) und Alma Tadema (Römisches Frauen-
bad), die in virtuoser Kleinmalerei und mit raffinirtem
Arrangement das Alltäglichste aus ihrer Leinewand fest-
halten. Das Knaus'sche Bild ist übrigens bald 25 Jahre
alt und wie haben sich die Farben erhalten . . .
Dann sind da 80 Landschaften, Genrebilder, Still-
leben u. s. w. von französischen Künstlern, wir haben
freilich auch hier in Berlin schon Besseres aus Paris
gesehen. Nur Einiges mag ausgenommen werden. So
des Norweger's Fritz Thaulow Spätabendstimmung aus
der Rhede von Dieppe, und die winterliche Kleinstadtgasse
im Mondenschein, übrigens zwei Bilder, die ich schon ge-
sehen zu haben mich erinnere. Ferner sind mehrere
Billotte's vorhanden; natürlich wieder Dämmermotive
aus den Vorstädten von Paris mit interessanten Silhouetten
und zarten Grautönen. Besseres aber ist auch von ihm
schon im selben Salon ausgestellt gewesen. Etwas süßlich
fallen mitunter die Strandbilder Iwill's, Dünenzüge
oder silbertönige Wasserflächen rc. aus, aber erstaunlich
ist seine Pastelltechnik in Bezug auf Feinkörnigkeit und
und farbige Kraft. Besnard ist ganz schlecht vertreten,
 
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