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Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

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Nummer 12
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Hood, Fred: Das Le Gourg-Verfahren
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M., C.: Dresden: Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0212

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s82

Die Kunst-Hal le

Nr. s2

genöthigt, das wachs, trotz seines hohen Preises, zur Her-
stellung der Form sür künstlerische Darstellungen zu ver-
wenden; aber dieses Material besitzt auch den Vorzug, den
Guß von Statuen in einem Stück zu ermöglichen. Nun
ist allerdings in der Art der Verwendung des Wachses zur
Herstellung der Form im Lause der Zeiten ein bemerkens-
werther wechsel eingetreten. Man muß sich vergegen-
wärtigen, daß die Künstler des Alterthums sowie der
Renaissance nicht zu stolz waren, auch den rein handwerks-
mäßigen Theil ihrer Arbeit zu bewältigen. Sie sertigten
mit Hülse eines mit Stützen versehenen Thonkernes ein
ungefähres Abbild des Modells. Dieser Kern wurde mit
einer dicken Wachsschicht überzogen, aus welcher der
Künstler die seinen Details herausarbeitete. Das wachs
wurde nachher mit zahlreichen Schichten aus Thon, Zement,
Schlacken u. s. w. (Schlicker) umgeben, die zuerst nur dünn,
dann immer stärker und stärker ausgetragen wurden, sodaß
sie schließlich das wachs völlig widerstandsfähig umschlossen.
Ls genügte eine mäßige Hitze, um dieses zum Schmelzen
zu bringen, aus einer Geffnung ausfließen zu lassen und so
den Hohlraum zum Lingießen der Bronze zu gewinnen.
Man erzielte aus diese weise eine getreue Wiedergabe des
Werkes, welches der Künstler selbst in wachs modellirt
hatte.
Nun kam es aber häufig vor, daß die Bronze aus
irgend welchen Ursachen den für sie bestimmten Raum
nicht vollständig ausfüllte und so die Arbeit vernichtet oder
wenigstens sehr beschädigt wurde. Auch konnte man nur
ein Exemplar des Werkes Herstellen; die Möglichkeit, eine
absolut gleiche zweite Reproduktion zu erhalten, war völlig
ausgeschloffen.
Lin so langwieriges und kostspieliges Verfahren konnte
natürlich den Anforderungen der modernen Industrie nicht
entsprechen. Man war bestrebt, den Arbeiter an die Stelle
des Künstlers zu stellen, uni das Werk zu beschleunigen
und wohlfeiler, wenn auch nicht künstlerisch vollkommen, zu
machen. So kam man auf den Gedanken, Theilformen zur
Herstellung kleiner wachsplatten zu verwenden, die nach-
her auf den Thonkern gebracht wurden und, zusammen-
gefügt, die Grundform für eine große Anzahl von Bronze-
gegenständen derselben Art ergaben. Aber diese zweisellos
sehr interessante Erfindung war doch noch zu unvollkommen,
um völlig besriedigende Resultate liefern zu können.
Le Bourg, einem französischen Bildhauer, blieb es
Vorbehalten, auf Grund desselben Prinzips ein Verfahren
ausfindig zu machen, das in jeder Hinsicht befriedigte. Ls
ist ein Gelatineverfahren, das jetzt bereits in größeren
Gießereien des Auslandes Eingang findet.
Le Bourg verwerthet die Eigenschaften der Gelatine in
Verbindung mit denjenigen von wachs, Thon und Gips.
Gelatine wird weich und schwillt, wenn sie in Wasser ge-
taucht wird, und erhärtet durch Berührung mit der Luft,
oder wenn ihr die Feuchtigkeit entzogen wird, wenn aber
an Stelle des Wassers Glyzerin und Glykose Anwendung
finden, bewahrt sie die Elastizität lange Zeit. Aus dieser
plastischen Materie formt Le Bourg die Statue in ihrer
ganzen Form, indem er das Modell mit einem Gelatine-
Mantel in zwei Hälften umgiebt, welche leicht losgelöst
werden können und dann elastische Formen von außer-
ordentlicher Feinheit ergeben.
Man beginnt damit, nach dem Original zwei Kopien
in Gips zu fertigen. Hierauf wird eine derselben ober-

flächlich abgeschabt, so daß sie später, ähnlich wie beim
Sandformen, den Kern bilden kann. Der zweite Guß in
Gips dient zur Herstellung der Hohlsorm. Zu diesem
Zwecke beginnt man diese Gipsstatue mit einer dicken
Schicht Thon zu umkleiden und über diese eine Gixshülle
in zwei Stücken zu gießen. Ist die eine dieser beiden
Hälften abgenommen, so wird der Thon sorgfältig entfernt,
so daß die halbe Gipsstatue sichtbar wird.
Zwischen dem äußeren Gixsmantel und dem Gipsmodell
bleibt nun naturgemäß ein Hohlraum, welcher der ent-
fernten Thonschicht entspricht. In diese Höhlung wird die
Gelatine gefüllt, die im richtigen Moment vermöge ihrer
außerordentlichen Elastizität herausgenvmmen werden kann,
ohne das Modell zu ruiniren.
Mit der zweiten Hälfte verfährt man in derselben
Weise, wenn nun der aus zwei Stücken bestehende Mantel,
der gleichsam mit Gelatine gefüttert ist, zusammengefügt
wird, bleibt innen ein Hohlraum, welcher der zu gießenden
Statue völlig genau entspricht. Nun wird die vorher aus
Gips gefertigte Kernform eingebracht und in die jetzt ver-
bleibende Hohlschicht das wachs eingegossen. Wird nun-
mehr der zweitheilige Mantel entfernt, so tritt eine Wachs-
statue an das Tageslicht, welche mit dem Original durchaus
identisch ist. Jetzt endlich wird die Wachsform in der
üblichen weise mit Schlicker bedeckt, das wachs ausge-
schmolzen und das Metall eingegossen. -
wie man sieht, weicht das Le Bourg-Verfahren von
dem Wachsverfahren nur in der Herstellung des Wachs-
modells ab; aber während das alte Verfahren nur die
Erzeugung eines Gusses zuläßt, ist es jetzt möglich, unter
wiederholter vewendung des Gelatinemantels eine große
Anzahl absolut gleicher Güsse zu erhalten, die dem Original
genau entsprechen.
Ls ist noch zu bemerken, daß zu keiner der eben be-
schriebenen Ausführungen berufsmäßige Geschicklichkeit
gehört. Ohne daß der Bildhauer bei Herstellung der
Kopien auch nur die geringste Beihilfe zu leisten hat, ver-
körpert jede derselben auf das vollkommenste seinen
künstlerischen Gedanken.
Dresden:
KunetKrief.

Ende vorigen Jahres haben unsere rührigen
Ausstellungen wieder eine erkleckliche Anzahl
von sehenswerthen Kunstwerken, zum Theil
in Sonderausstellungen, gebracht und damit
den Beweis geliefert, daß Dresden, sofern nur etwas
dafür geschieht, sehr gut beschickt wird. Auch das
materielle Lrgebniß der Ausstellungen zeigt eine von
Jahr zu Jahr zunehmende Besserung und so dürfen
wir hoffen, wenn diese beiden Faktoren in unauf-
hörlicher Wechselwirkung bleiben, daß unsere Stadt
mit der Zeit wieder einen Ruf als hervorragende
Kunststadt, für die es durch so viele Vorzüge bestimmt
scheint, erlangt. Daß an diesem Aufschwung der
früher so arg vernachlässigte und mangelhaft geleitete
Sächsische Kunstverein regen Antheil hat, ist eine er-
freuliche Folge der ihm durch die in den letzten Jahren
erfolgte Gründung der drei Kunstsalons erwachsenen
Konkurrenz. Lr bot eine umfanareiche Sammlung
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