Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst-Halle — 4.1898/​1899

DOI issue:
Nummer 16
DOI article:
M., C.: Dresden: Deutsche Kunstausstellung, [1]
DOI article:
J., F.: Neue Bücher und Kunstvorlagen, [1]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.63302#0284

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2H6

Die Aunst-^alle -4-

Nr. s6

seitlich Hinaufführei:, gebaut worden ist; vor ihn: steht als
Pauptstück in einem Wasserbassin der phantasievolle Bremer
Brunnen von Maison und ringsherum, aus leider häßlich
blau angestrichenen Postamenten größere und kleinere
plastische Arbeiten, unter denen die stark bewegte Gruppe
„Durst" von Ludwig Lauer, der Sarkophag für Kaiser
Friedrich von R. Begas, und das „Schicksal" von pugo
Lederer aufsallen. Aus der Terrasse ist außer einigen
größeren Arbeiten von A. Volkmann, die in ihrer gesuchten
Steifheit und Leere des Ausdrucks recht befremdlich an-
muthen, und dem vielgenannten Siegesreiter von Touaillon
hauptsächlich Kleinplastik ausgestellt: es sind prächtige
Sachen darunter, reizvolle Statuetten, Genrefiguren in
verschiedenem Material ausgesührt, Plaketten und Reliefs,
die namentlich aufzuzählen hier zu weit führen würde.
Der Gesammteindruck des Saales bekommt dadurch etwas
Absonderliches, daß die wände bis zu den Fenstern und
die Terrasse ziemlich stark gelb gestrichen sind und ein
dunkelblauer Fries unter den Fenstern ringsherum läuft,
während die ganze Bodenfläche mit einen: stark rothen
Teppich belegt ist. Erst nachdem inan sich an diese drei
krästig dominirenden Farben gewöhnt hat, kommt
man dazu, sich der Betrachtung der Bildwerke, die doch
die Hauptsache sind, zu widmen. Line getönte Plastik oder
der Reiz schönen edlen Materials geht hier allerdings
ziemlich verloren.
Betreten wir nun die vom Vestibüle aus links be-
legenen Säle, so treffen mir zuerst auf Kollektivausstellungen
der Dresdner „wilden" Georg Lührig, Karl Mediz und
Lmilie Mediz-Pelikan und Richard Müller. Georg Lührig
zeigt sich als tüchtiger Zeichner, wie wir ihn kennen;
mit seiner trockenen ledernen Malerei aber kann er ebenso
wenig interessiren wie Karl Mediz, dein malerische
Wirkung gänzlich fremd ist; seine lebensgroßen dalma-
tinischen Arbeiten sind traurige Puppen, die in bis aufs
letzte Schnürchen genau und fleißig durchgeführten Kostümen
leblos stecken; die Landschaften seiner Frau Lmilie Pelikan
entbehren nicht einer gewissen Stimmung, aber die scharfe
philiströse Durchführung, die nach fataler Absichtlichkeit
aussieht und die Neigung zu süßlicher Farbe lassen nicht
zur rechten Freude kommen. Richard Müller, der virtuose
Radirer und Zeichner, dessen Blätter hier in dieser Um-
gebung eine Augenweide sind, überrascht außerdem durch
eine gemalte barmherzige Schwester, lebensgroßes Kniestück,
das in seiner minutiösen Durchführung, die das kleinste
Detail ausdrückt und es doch dein ganzen Lindruck unter-
ordnet, an die besten Meister heranreicht. Nebenan be-
herbergt ein luxuriös ganz mit grünem Plüsch ausge-
schlagener Raum, den noch goldenes Lorbeergezweig unter
der Decke ziert, die Werke des Vorsitzenden der Ausstellungs-
kommission, Prof. Gotthard Kuehl, unter denen ein
Interieur aus der „Iohanneskirche" in München und der
„Angustusbrücke" hervorragen, ferner etliche vortreffliche
Porträts von Leon Pohle, von denen am meisten das
eines älteren Nerrn auf gelben Grund gefällt und ein
kräftig stimmungsvoller Entwurf zu dem in der Aula der
Universität zu Leipzig ausgeführten Wandgemälde
„Prometheus" von Friedr. Preller. Auf der anderen
Seite schließt sich an den zuerst genannten Saal der
Dresdner Kunstgenossenschaft, der neben manchem recht
Altmodischen recht gute krästig talentvolle Sachen bringt,
vor Allem eine „Verkündigung" von Gtto Rossow und

vorzügliche Landschaften von F. Ad. Fischer. Auch die
älteren Bilder aus der vlämischen Geschichte, Vorarbeiten
zu den Wandgemälden in pxern, von Ferd. pauwels,
wirken hier vortrefflich und zeigen den Meister von seiner
besten Seite. Jin Münchener Saal sesselt zunächst die
„große Madonna" von Karl Marr, deren Lichteffekt indeß
ans Süßliche streift; seine kleineren Sachen, besonders
die Studienköxfe, sind unsympathischer. Lchtler's „der
wirthin Töchterlein", wirkt ergreifend, ein wirklich deutsch
im Geiste des Volksliedes empfundenes Bild. Liner
späteren Nachlese bliebe Vorbehalten, noch manches vor-
treffliche Bild, das hier und in den anderen Sälen, die
wir zunächst rasch, um einen Ueberblick zu gewinnen, durch-
schreiten, namhast zu machen. Der Düsseldorfer Saal, der
auch die Kunstgenosfenschaft „Karlsruhe" ausgenommen hat,
birgt interessante Studien von Ld. v. Gebhardt, eine
kräftige Waldlandschaft von p. am Lude und mit hollän-
discher Breite und Kraft gemalte Landschaften von
w. Nagel. Der nächste Saal ist Klinger gewidmet; er
enthält das große Bild „Christus im Glymp" und einige
Bildwerke in Marmor, Bronze und Gyxs und hat in seiner
Einfachheit und Ruhe, die mit dem stark gedämpften Lickt
gut zusammenxaßt, etwas weihevolles. In ihn: wollen
wir das näckste Mal länger verweilen.
L. M.


Neue Weber una Wnttvorlagen.

I.
uf ein eben erschienenes Werk*) möchte ich die Auf-
merksamkeit meiner Leser lenken, welches „Nandbuch
der Angewandten Anatomie" betitelt ist und den Geh.
Medizinalrath Dr. Ludwig Pseifser, früheren Lehrer
an der Weimarer Kunstschule zum Verfasser hat, und zwar
darum mit besonderen: Nachdruck, weil durch die methodische
Klarheit, mit der dieser alle Zweige des anatomischen
Studiums umfassende Stoff vor unser:: Augen verarbeitet
und übersichtlich geordnet ist, durch die Fülle lehrreicher,
anregender Illustrationen aus der Natur und Kunst, den
bildenden Künstlern großer Nutzen entstehen muß. Der
Verfasser hat indeß, wie er gleich in der Einleitung betont,
nicht nur an die Ateliers jener gedacht, sondern z. B. auch
an den Arbeitstisch des Arztes, an die Werkstätte des
Bandagisten, die Bibliotheken von Turnlehrern und Lehr-
anstalten. Das Unterscheidende dieses Buches von andern
ähnlichen Publikationen ist wohl, daß es sich nicht auf den
gut gebauten Körper, den Normaltypus, beschränkt, sondern
sehr eingehend auch den mit Wuchsfehlern aller Art be-
hafteten, unbekleideten und bekleideten Menschen betrachtet
und illuftrirt. Das geschieht in einer einfachen, Jedermann
durchaus verständlichen Darstellung, was Vielen sehr will-
kvmmen sein wird, weil die Mehrzahl solcher Werke gewisse
schwierige anatomische Kenntnisse voraussetzt. Ls ist über-
aus belehrend, in dem Pseifferschen Buche nachzulesen, wie
in den verschiedensten Fällen einzelne charakteristische wuchs-
fehler einen sichtbaren Linstuß auf die übrigen Körper-
*) Verlag von Mtto Sxamer, Leipzig.
 
Annotationen