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Die Kunst-Halle — 7.1901/​1902

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Nr. 24
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Rücklin, R.: Karlsruhe: Dekoratives von der Jubiläumskunstausstellung, [1]
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Pudor, Heinrich: I. internat. Ausstellung für moderne dekorative Kunst, Schluss [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.62513#0426

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Vr. 24

farbigen Zuſammenſtimmung der einzelnen Räume
angeſtrebt wurde, mögen genügen, um zu zeigen, wie
ſehr ihre Wirkung geeignet ſein mußte, dem Be-
ſchauer ſtets wieder einen friſchen Impuls zu geben
und ihn mit erneuter Genußfähigkeit zu verfehen.
Ein gleiches Streben nach Mannigfaltigkeit in der
Einheit zeigte der Architekt auch, indem er nicht nur
die Säle und Simmer nach Höhe, Eindeckung und
Grundfläche ſehr verſchieden behandelte, ſondern auch
in der Fülle der verſchiedenen Formen, welche er
ſeinen Durchgangssffnungen zu geben wußte: bald
als rechtwinkeligen Thürrahmen, bald als flaͤchen oder
Halbkreisbogen, oder als dachförmige Oeffnung. Der
große Mittelraum iſt durch bogenförmige Einbauten
noch einmal beſonders gegliedert, die mit elfenbein-
weißer Tuchbeſpannung mit Bronzeornamenten ver-
ſehen ſind. An verſchiedenen Stellen ſind, theils als
Ausſtellungsobjekte, theils als Dekoration, Wand-
brunnen angebracht, deren leiſe rinnendes Waſſer
dem ermüdeten Beſchauer die Sinne erfriſcht. Es
war Sorge getragen, daß der Anſtrich oder die Tuch-
beſpannung der Poſtamente für die plaſtiſchen Bild-
werke mit dem Grundton des Baumes, in dem ſie
ſtanden, übereinſtimmten. Als ganz beſonders reizvoll
möchte ich dabei einige Poſtamente erwähnen, die
mit elfenbeinfarbigem Ztoff mit überaus geſchickt und
ornamental wirkender Fältelung beſpannt waren.

Wenn man Dekoratives von einer Kunſtaus-
ſtellung bringen will, darf man auch die Bilder-
rahmen nicht vergeſſen. Ueber dieſes Thema ſollte
eigentlich mehr zu berichten ſein, als dies thatſächlich
der Fall iſt, und ich glaube, es iſt nicht ſo ganz un-
möglich, daß noch einmal eine Zeit Fommt, wo die
Jurv nicht nur über Bilder, ſondern auch über
Bilderrahmen zu Gerichte ſitzt. Es möchte einem
manchmal weh thun, wenn man ſehen muß, wie
aus einem ſo liebevoll durchgearbeiteten Interieur,
wie es in Karlsruhe zu Gebote ſtand, dieſe Unge-
thüme von goldgleißenden, ſchwerfälligen Bilderrahmen
alle Stimmung vertreiben. Indeſſen waren auch hier
einige ſehr anſprechende, künſtleriſche Leiſtungen zu
verzeichnen. Vor Allem ſah man die wuchtige Barock-
ornamentik der bisherigen Goldrahmen verhältniß-
mäßig ſelten. Vieles war glatt gehalten, mit ein:
fachen, eingeſchnittenen Linien, ſchwarz oder altgolden.
So hatte „Das Vixlein“ des Karlsruher Malers
Gößhler einen äußerſt reizvollen Rahmen in Altgold
mit wenigen Ornamentlinien. Thoma hatte ſeine be-
kannten, bemalten Holzbrandrahmen da, die mir per-
ſönlich für einen Gemälderahmen etwas zu ſelbſt-
ſtändig gehalten ſind; ausgezeichnet wirkte der Rahmen
zu ſeinem „Traum“, tiefblau mit matt hervorſchim-
mernden Monden und Sternen. Ferd. Keller-⸗Harls-
ruhe brachte einige ſeiner Gemälde in tiefkirſchroth
polirtem Holzrahmen, außen und innen mit breiter
Goldleiſte eingefaßt. Sehr feierlich und würdig
muthete der architektoniſche Rahmen um ſein „Böck-
linsgrab“ an. Ueberhaupt waren eine Anzahl archi-
tektoniſch gehaltener Bahmen zu ſehen, mit ſenkrecht
aufſtrebenden Seitentheilen, Baſis und Verdachung.
Durch beſondere Originalität fiel mir ein Rahmen
um ein vorwiegend in ſchwarzen, grauen und weißen
Tönen gehaltenes Herrenporträt auf, das nur eine
ſchmale, ſilbergraue Linie um daſſelbe bildete. — Im
Ganzen kann man aber wohl ſagen, daß die Rahmen
das wenigſt Schöne waren, was dieſe ſonſt ſo vor-
zügliche Ausſtellung zu bieten hatte.

(Ein zweiter Artikel folgt.)

5

Turin:

I. Internat. Husstellung

für moderne dekorafipe Kunst.
Von Dr. Heinrich Pudor.
Schluß.

I

8 ir gehen noch einmal zu den Abtheilungen
des Auslands zurück, da inzwiſchen
Manches hinzugekommen iſt. So in der
franzöſiſchen Abtheilung eine Vitrine des unver-
gleichlichen Goldſchmiedekünſtlers Bené Lalique, die
die Glanzſtücke ſeiner Pariſer Ausſtellung vom Jahre
1900 vereinigt. Ferner hat „L’Art Nouveau“ GBing),
etwas abſeits gelegen, einen Bau eröffnet, der in-
deſſen etwas enttäuſcht, namentlich im Vergleich zu
„La Maison Moderne“.

In der Italieniſchen Abtheilung, die ziemlich
ausgedehnt iſt, ſind beſonders viel keramiſche Arbeiten,
hauptſächlich Majoliken, ausgeſtellt. In erſter Linie
iſt hier zu erwähnen die „L'Art della Ceramica“ in
Florenz (gegründet 1897). Die Formen- und Farben-
ſkala dieſer hervorragendſten keramiſchen Manufaktur
Italiens iſt außerordentlich reich. Alle Stücke ſind
Hriginale und werden nur einmal hergeſtellt. Es
handelt ſich dabei durchgängig um Grand Feu-
Arbeiten, theilweiſe „plus ſort“ mit metalliſchen
Reflexen. Der Generaldirektor der Manufaktur
iſt Graf Giuſtiniani, der entwerfende Künſtler
Galileo Chini. Zum Theil auf einem hohen künſt-
leriſchen Niveau ſteht heute die italieniſche Möbel-
architektur. Im Allgemeinen darf man den Arbeiten
nachrühmen, daß ſie jedes einzelne Holz in ſeinem
beſonderen Charakter zu belaſſen und zur Geltung
zu bringen ſtreben, nicht aber den Charakter jeder
Holzart unterdrücken, um — ſo möchte man faſt
ſagen — den Sirniß zur Geltung zu bringen. Daneben
zeichnet ſie eine freudige Naturaliſtik in Form und
Farbe aus; Holzſchnitzerei und Intarſia ſind gleich
beliebt. Das Mailänder Haus Carlo Zen hat einige
Inneneinrichtungen ausgeſtellt, die die namhaft ge-
machten glänzenden Seiten der italieniſchen Wohnungs-
kunſt in hellem Lichte erſcheinen laſſen. Die Teppiche
mit einfachen ornamentalen Muſtern rühren von dem
Wiener Haus Philipp Haas und Söhne her.
Ferner iſt vor allem das Mailänder Haus Ugo
Ceruti zu nennen, welches bemerkenswerth originelle
Zimmereinrichtungen ausgeſtellt hat. Das Speiſe-
zimmer zeigt Wandtäfelung mit reicher naturaliſtiſcher
Holzſchnitzerei, darüber als Erſatz der Tapete an die
Wand geheftete Seidenſchnüre, zu Ornamenten 3U-
ſammengeſtellt. Das Sopha iſt in eine tiefe Niſche
buchſtäblich eingebaut, und letztere derart mit natu-
raliſtiſchen Holzſchnitzereien umrahmt, daß marnı einen
ganzen Wald vor ſich zu haben glaubt. Bemerkens-
werth ſind auch die reichen Beſchläge in bronzixtem
Schmiedeeiſen, welche abwechſelnd ein Kaſtanienblatt
und einen Schmetterling zeigen. Gegenüber dem
ſich in dieſem Simmer bietenden Formen und Farben-
reichthum macht das Schlafzimmer mit ſeinen Möbeln
in einfach poliertem, ungebeiztem Holz einen wohl-
thuend ſchlichten Eindruck. Jedenfalls verdienen die
Ceiſtungen dieſes Hauſes auch die Aufmerkſamkeit des
Auslandes. —— * —
 
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