Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI Heft:
Januar 1897
DOI Artikel:
Nr. 5
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0021

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Wlzer Volksblatt.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
Feiertage. »bonnementSpreiv mit dem wöchent-
Achen Unterhaltungsblatt „Der Sonntaasbote" für
Verdelberg monatlich SV H mit Trägerlohn, durch
. die Post bezogen Viertels. 1.60 franco.

Organ für Mallrüeri, Freffseii L KeM.

Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren^Raum
10H, Reklame25^. Für hiesige Geschäfts-und
Privatanzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutende
Rabattbewilligung.
Expedition: Zwingerstratze 7.


Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Druck.Berlag u. Expeditton: I i
WeibkU MU, Lm 8. ZMM1897. s-isub« I. MS-

För das erste Gaartal 1897


Nehmen noch immer alle Postämter Bestellungen auf
^ie täglich erscheinende Zeitung
„Pfalzer Bottsblatt"
(mit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der^Sountags-
öote",) sowie unsere Expedition Heidelberg
Liviu gerstraße 7 entgegen.
Expedition des „PMzer Volksblatt".

Heidelberg, Ztvinaerstraße 7.


Dir Kaiserliche Ksbinelsordre zur Be-
kämpfung des Duells
lautet, wie folgt:
Ich lasse dem Kriegsministerium beifolgend heute
die von mir vollzogenen Bestimmungen zur Ergänzung
der Einführungsordre zu der Verordnung über die Ehren -
Gerichte der Offiziere im Preußischen Heere vom 2.
Mai 1874 mit dem Auftrage zugehen, solche der
Armee mit dem Hinzufügen bekannt machen, daß auch
diese Bestimmungen den Offizieren durch die Comman»
deure öfters in Erinnerung zu brirgen sind.
Neues Palais, den 1. Januar 1897.
gez. Wilhelm.
«n das KriegSministerium.
Ich will, daß Zweikämpfen Meiner Offiziere mehr
als bisher vorgebengt wird. Die Anlässe sind oft
Geringfügiger Natur, Privatstreitigkeiten und Beleidig,
ungen, bei denen ein gütlicher Ausgleich ohne Schä»
digung der StandeSehre möglich ist. Der Offizier muß
«S als Unrecht erkennen, die Ehre eines andern an-
futasten. Hat er hiergegen in Uebereilung oder Er-
rrgung gefehlt, so handelt er ritterlich, wenn er an
feinem Unrecht nicht festhält, sondern zu gütlichem
Ausgleiche die Hand bietet. Nicht minder muß der.
ienige, dem eine Kränkung oder Beleidigung wieder,
fahren ist, die zur Versöhnung gebotene Hand an-
uebme», so weit StandeSehre und gute Sitten es zu-
lassen. ES ist deshalb Mein Wille, daß der Ehren-
rarh hinfort grundsätzlich bei dem NuStrage von Ehren-
handeln Mitwirken soll. Er hat sich dieser Pflicht
mit dem gewisser haften Bestreben zu unterziehen, einen
gütlichen Ausgleich herbeizvführev. Um hierzu den

Weg vorzuzeichneu, bestimme Ich, in Ergänzung der
Einführungordre zu der Verordnung über die Ehren-
gerichte der Offiziere im Preußischen Heere vom 2.
Mai 1874 folgendes:
Kommen zwischen Offizieren Privatstreitigkeiten vor,
die nicht alsbald auf gütlichem Wege standesgemäß
beglichen werden, so sind die betheiligten verpflichtet,
unter Unterlassung aller weiteren Schritte, ihrem
Ehrenrathe sofort Anzeige zu machen.
Der Ehrenrath hat dann unter Leitung des Com-
mandeurS den Sachverhalt ungesäumt durch mündliche
oder schriftliche Verhandlungen aufzuklären und nach
dem Ergebnisse der Ermittelungen sowie nach Anhörung
der Beteiligten schriftlich entweder 1. einen Ausgleichs-
vorschlag aufzustellen, oder 2. zu erklären, daß er
sich nach Lage der Sache außerstande sehe, einen
Ausgleich vorzuschlagen, daß vielmehrj ein ehrengericht-
liches Verfahren nothwendig sei, oder aber 3. festzu-
stellen, daß die Ehre der Betheiligten für nicht berührt
zu erachten und deshalb wieder ein Grund zur Auf-
stellung eines AusgleichsvorschlagS noch auch zu einem
ehrengerichtlichen Verfahren vorhanden sei. Der Aus-
gleichsvorschlag hat sich auch über Ort und Frist der
Ausführung auSzusprechen. Nach Lage des Falles
ist insbesondere festzusetzsn, ob die Ausführung außer,
vor dem Commandeur und Ehrenrath, vor Zeugen,
ob sie schriftlich zu erfolgen habe. Ein Ausgleich ist
anzustreben, soweit eS die StandeSsitte irgendwie
zuläßt.
III.
Der Beschluß des EhrenrathrS (2.) bedarf der
schriftlichen Bestätigung durch den Commandeur. Bei
den Ehrengerichten von Landwehrbezirken, deren Com-
mandeur nicht den Rang eines Regiments-Comman-
deurS besitzt, erfolgt die Bestätigung durch den Brigade-
Kommandeur, dem die Verhandlungen und der Beschluß
des EhrenratheS mit einem Gutachten des Commandeur-
des Landwehrbezirks vorzulegen sind. Der zur Be-
stätigung Berechtigte ist befugt: 1. den Ausgleichs-
vorschlag abzuändern, 2. in den Fällen zu II. 2 und 3
seinerseits einen Ausgleichsvorschlag schriftlich aufzu-
stellen, 3. dem Ausgleichsvorschlage oder der Feststellung
zu 11. 3 die Bestätigung zu versagen u. seinerseits die
Erklärung nach 11 2 abzugeben.
IV.
Den Beteiligten steht gegen den AuSgleichSvor-
schlag oder die Feststellung zull. 3 binnen drei Tagen
d e beim Commandeur anzubringende Berufung zu.

Die Vorgesetzten haben sich hierzu gutachtlich zu äußern
und Meine Entscheidung einzuyolen.
V.
Durch die Ausführung des AusgleichsvorschlagS
oder die Feststellung zu 11. 3 findet der Streitfall selbst
zwischen den Betheiligten sowie dem Offiziercorps
gegenüber seine vollständige Erledigung. Hierdurch
ist indes nicht ausgeschlossen, das ehrgerichtliche Ver-
fahren folgen zu lassen, sofern daS Verhalten einer
der Beteiligten hierzu Veranlassung gegeben hat.
VI.
Wird ein Ausgleichsvorschlag nicht aufgestellt oder
die Erklärung zu II 3 nicht abgegeben, so ist unge-
säumt nach § 27 ff. der Verordnung vom 2. Mai
1874 zu verfahren. DaS Gleiche hat zu geschehen,
wenn der endgültig festgestellte AuSgleichSvorschlag
nicht ausgeführt wird.
VII.
Ueber einen Offizier, der unter Umgehung deS
Ehrenraths, oder vor endgültiger Entscheidung über
den Beschluß der EhrenrathS, oder unter Nichtachtung
des endgültig festgestellten AusgleichsvorschlagS oder
der Feststellung zu II 3, oder vor Meiner Entscheidung
auf den ehrengerichtlichen Spruch einen andern Offt-
zier zum Zweikampf herausfordert, oder die Heraus-
Forderung eines andern Offiziers zum Zweikampf an-
nimmt, ist Mir sofort zu berichten.
VIII.
Ist einer der Betheiligten ein General, so bleibt
die Bestimmung des CommandeurS und der Mitglieder
des EhrenratheS Meiner Entscheidung Vorbehalten.
Ist einer der Betheiligten ein Stabsoffizier, so ist der
Ehrenrath des Ehrengerichts der Stabsoffiziere zu-
ständig. Im übrigen wird, wenn die Betheiligten
verschiedenen Ehrengerichten unterstehen, der für die
Ausgleichsverhandlungen zuständige Ehrenrath durch
den nächsten gemeinschaftlichen Vorgesetzten (Dienstweg
nach Z 27 der Verordnung vom 2. Mai 1874) und,
falls ein solcher nicht vorhanden ist, durch Verein-
barung der kommandirenden Generäl- (bezw. mit dem
commandirenden Admiral der Murine) bestimmt. Wenn
nöthig, ist Meine Entscheidung anzurufen.
IX.
Geräth ein Offizier mit einem den Ehrengerichten
nicht unterworfenen Offizier oder mit einer Privat-
person in einen Ehrenhandel, so ist er — sofern nicht
alsbald auf gütlichem Wege ein standesgemäßer Aus-
gleich stattfindet — gleichfalls zur umgehenden An«
zeige an den Ehrenrath verpflichtet. Letzterer hat auch

Dem Amerikanischen nacherzählt.
Mittlerweile schwand der Herbst dabin, und der Winter
Zit seinen Flockenblüthen und Eisblumen kehrte in den
«ergen und Häusern von Deerwood ein Fluß und See
bedeckten sich mit spiegelblanker Fläche, und das ungewohnte
«ergnügen des Eisläufen- lockte Jessie an Walters Seite
täglich hinaus. Alle Warnungen der besorgten Tante Debby
waren vergebens; Jeisie lieb sich von der Gefährlichkeit
Mes Unterfangens nicht überzeugen und in warme Pelz-
Ueider gehüllt, eilte sie Tag für Tag auf den festgefrorenen
Eee. Zwar fiel sie ost auf dem glatten Parquetboden; aber
was that das, wenn nur Walter ihre Niederlage nicht be-
merkte! Der sicherste Weg, seine Gunst zu gewinnen, und
»was anderes erstrebte sie nicht.
Eines Tages sah sie, wie einer der Knaben Walters
Mütze ergriff und weit hin über dos Eis schleuderte. So-
fort nahm sie die Richtung dorthin, um eilenden Laufes
«as verlorkne Gut zu erhaschen. Zwar hörte sie die war-
tenden Ruse der munteren Schaar; sie achtete nicht darauf.
.Halte ein, Jessie! Halte ein! Da ist ein tiefes Loch!"
Vergebens! Sie dachte nur an das Lob, das Walter
Sr für ihre Heldenthct spenden würde, und achtlos stürmte
ne weiter, während Wolter erbleichend ihr nachblickte. Da
erscholl der schreckliche Ruf: „Sie ist verschwunden! Sie
ist eingebrochen!"
In der That! Die Stelle, wo soeben ihre lichte Gestalt
äoch sichtbar gewesen, war leer, und die kalten schwarzen
Wasser rauschten ärgerlich über die Störung, die ihnen
ourch den versinkenden Körper widerfahren. Waiter war
narr vor Schlicken. Da sah er die rvthe Mütze der Ver-
Mkenen über dem Eise auftauchev, und in diesem Augen-
olicke siel ihm ein, wie angelegentlich ihr Vater ihn zu
ihrem Beschützer bestellt hatte.
. ... „Ich will sie retten !" rief er laut und flog hin zu der
«jährlichen Stelle-
Ein heftiger Kampf mit Wasser und Eis folgte; die
wvrsche Kruste brach immer weiter, und gerade da, als die
«Nhemlvscn Zuschauer anfangen wollten, an dem Erfolge

Stolz und Lieöe. L«

zu verzweifeln, gelang es dem edlen Knaben, sich empor zu
arbeiten- Ohnmächtig sank er bei seinen Spielgenofsen nie-
der, während sein Arm krampfhaft die Gestalt der Geret-
teten umschloß.-
Eine halbe Stunde verging. Mr. Marshall saß rau-
chend am Fenster und schaute hinaus. Da Plötzlich sprang
er auf-
„Warum kommen alle Leute hierher, und was tragen
sie auf der Bahre? Es ist Walter, — es ist Walter!"
Fassungslos eilte der alte Mann hinaus und rief den
Kommenden entgegen: „Ist mein Junge todt?"
„Nein, todt ist er nicht!" antwortete einer aus der
Gruppe. „Sein Herz schlägt noch; aber sie —" und er
wies auf Jessie hin, die ein starker Mann in seinen Armen
trug.
Aher auch Jessie war nicht todt, wenngleich ihre Ohn-
macht bk ängstigend lange andauerte. Walter kehrte bald
zum Bewußtsein zurück, und als er das bleiche Gesichtchen
semes leblosen Lieblings sah, schämte er sich nicht, laut
aufzuweinen. Wie sehr wünschte er in diesem Augenblicke,
niemals hart gegen sie gewesen zu sein, oder sie damals,
am ersten Tage ihrer Arkuuft zu Deerwood, nicht so stark
geschüttelt zu haben. Nach mehreren Stunden erst erwachte
Jessie wieder zu neuem Leben, und ihre ersten Worte
waren : „Sage Walter, ich hätte seine Mütze holen wollen;
eder da hat mich Jemand arg in die Hand geschnitten,"
und dabei hielt sie die kleine Hand empor, in welche das
scharfe Eis eine löse Wunde gerissen batte.
„Ja, mein Liebling, ich weiß es, flüsterte Walter.
„Wird sie wieder gesund werden?" fragte er ängstlich
den Arzt, und als dieser antwortete: „Es ist gar keine Ge-
fahr für sie vorhanden," meinte er vor Freude.
Als Jessie wieder völlig hergestellt war, erfuhr sie,
was Walter für sie geihan, und ihr erster Gedanke war,
daß irgend Jemand es ihrem Vater schreiben müsse —
aber Jemand, der es gerade so schrieb, wie sie es haben
wolle. Nur eine Person im Hause würde dafür zu ge-
winnen sein, so sagte sie sich, Tante Debby nämlich und
mochte die arme, alte Dame auch noch so sehr über die

ungewohnte Aufgabe grollen uud seufzen, sie mutzte sich in
ihr Schicksal ergeben.
„Und nun, Papa," schrieb Tante Debby, nachdem die
Erzählung des Unfalles abgehandelt war. „Walter mutz
belohnt werden und ich werde Dir sagen wie. Ich hörte
neulich, wie er seinem Großvater sagte, er wolle das Gym»
nafium und die Universität besuchen, aber sein Großvater
antwortete, so viel Geld könne er in der ganzen Welt
nicht aufbringen. Darüber war Walter so betrübt, daß ich
weinen mutzte; aber ich schlief während des Weinens ein
und dachte später nicht mehr daran. Du bist reich, Papa,
das weiß ich, denn einer von Mamas Ringen kostet fünf-
.Dollars, und Du mußt mir Geld genug schicken,
daß Walter zur Universität gehen rann. Aber ich will es
ihm mit erzener Hand geben, weil er mich mit seinen Hän-
den gerettet hat. Willst Du, Vater? Walter ist der beste
Junge von der ganzen Welt."
Der Brief ging seinen Weg und nach längerer Zeit
kam dre Antwort. Derselben war ein Wechsel für zwe-
tausend Dollars beigeschlossen, welche zum Nutzen des edlen
Knaben verwand werden sollten, der des Vaters einziges
Kind gerettet hatte. Jessie gerieth fast außer sich vor Ent-
zücken, als Tante Debby, ihre einzige Vertraute, den Jn-
halt des Schreibens herausbuchstabirte. Sie ergriff den
Wechsel und eilte fort, um Walter zu suchen, den sie auf
der Wiese fand. Ueberglücklich rief sie dem erstaunten Kna-
öeii zu : „Es ist gekommen, — das Geld ist gekommen!
Du gehst aufs Gymnasium, auf die Universität, und wirft
ein großer geschetdter Mann, wie mein Vater. Hier ist es,"
und damit drückte sie ihm das werthvolle Papier so stür-
Misch m die Hand, daß er Mühe hatte, sich aufrecht zu
erhalten.
Anfangs konnte Walter ihr ganzes Beginnen nicht
verstehen; aber Jessie erklärte ihm unter fortwährenden
Ausbrüchen lautester Fröhlichkeit ihr ganzes erfolgreiches
Unternehmen. Die erste Empfindung Walters, als er end-
lich den Zusammenhang begriff, war die einer großen
Freude, daß er jetzt endlich dasjenige besitze, was er sr
lange ersehnt, und was zu erreichen ihm unmöglich eo-
 
Annotationen