Mälzer Volksblatt
I
r»
Verantwortlicher Redakteur c
Joseph Huber in Heidelberg.
gegenüber dem Monarchen und der österreichis Herr
Regierung sich verpflichtet hat, die Berathung der
Zuckersteuerprämien-Gesetzes bis zum 1.. August 1897
zu vollenden. Und noch schlechter würde eS um die
Ausgleichs Vorlagen im ungarischen Abgeordnetenhause
stehen, auch wenn eia anderes Cabinet, als daS deS
Grafen Badeni, dieselben im österreichischen ReichSrathe
vertreten würde.
Deutsches Reich.
* Berti«, 17. Juli. Der Kaiser bleibt noch
einige Tage in Bergen. Der Zustand des verletzten
AugeS ist so befriedigend, daß die augenärztliche
Untersuchung unnölhig erscheint. In Folge dessen
haben Herzog Karl Theodor und die Kaiserin die
Reise nach Kiel sufgegeben.
* Berlin, 17. Juli. Propst Dr. Jahnel
ist gestern Bormittag zur letzten Ruhe geleitet worden.
DaS Leichenbeqänguiß gestaltete sich zu einer
Entfaltung des katholischen Lebens, wie sie seit langer
Zeit in Berlin nicht gesehen worden ist. Schon lange
vor Beginn deS Officiums halt e eine dichte Schaar
von Katholiken, welche keinen Einlaß mehr in die
St. HedwigSkirche gefunden hatten, in der Nähe die-
ser Kirche sich zusammengefunden. Um dem großen
Andrange zu wehren, mußten schließlich die an die
St. HedwigSkirche angrenzenden Straßen durch Poli-
zisten gesperrt werden. Nur Personen, welche mit
einer Einlaßkarte versehen waren, durften den Cordo»
prffiren. DaS Innere der HedwigSkirche selbst war
bis auf den letzten Platz gefüllt. In der Mitte
der Kirche stand, von Kerzen umgeben, der
Sarg deS Verblichenen. Rings an den Wänden der
mit Palmen und schwarzem Flor geschmückten Kirche
erblickte man die Banner der Corporationen, welche
ihrem geliebten kirchlichen Oderhauptr die letzte Ehre
erweisen wollten. Nachdem das Todten Officium,
welches von über siebenzig Geistlichen der Delegatur
gebetet wurde, beendet war, celebrirte der Stellvertreter
deS Cardinals Dr. Kopp, Generalvicar Canonicus
Speil, daS Requiem. Ihm asflstirten CanonicuS
Schulz, der Vertreter deS BceSlauer Domkapitels, als
krssdzcksr ussistons, und Pfarrer Heinelt und Kaplan
Kapitza von St. Hedwig als Diakon bzw. Subdiakon.
Der Kirchenchor sang daS Requiem von Claudio
GaSculini. Dem Requiem wohnte als Vertreter der
CultuS-Ministeriums der Geheimrath Förster bei;
das Polizei-Präsidium war durch den Geheimen
Regierungsrath Fciedheim und die Stadt Berlin durch
III. Quartal
"OH Postämter auf die täglich erscheinende
, Pfälzer Bottsblatt"
tw wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
stkü') unsere Expedition Heidelberg
^Serstraße 7 entgegen.
Spedition des „Pfalzer VolksdlsU".
Heidelberg, Zwirrgerstraße 7.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwiilgrrstraße 7.
nicht über das Herz bringen, ihn, den leiblichen Zwillings-
bruder, den Unschuldigen statt ferner verurtheilen zu lassen.
Darin aber täuschte er sich.
Wohl hatte der gemeine und niedrig denkende Valentin
anfänglich gewaltige Gewissensbisse und nahm sich manch-
mal vor, die Wahrheit zu gestehen, aber dieser Enschluß
trat immer wieder vor seinem Stolze, sich als Dieb
brandmarken, zurück.
Nur der Mutter, die ob solcher Unehre und Schande,
die einen ihrer Söhne getroffen, dahmsiechte, entdeckte er
die ganze Wahrheit, nachdem Valentin, der sich bald nach
dem Raube aus dem Staube gemacht hatte, in de: Fremde
verschollen war. Bor der Mutter wollte er doch nicht als
schlecht erscheinen, während ec aus Liebe zu Gott ».seinem
mißrathenen Bruder das Opfer zu bringen gesonnen war»
Die Mutter überlebte diesen harten Schicksalsschlag nicht
lange. Gramaebeugt, aber gottergeben und fromm, wie sie
gelebt starb sie in kurzer Zeit, Gott das Opfer ihres Lebens
schenkend, daß er ihren verlorenen Sohn wieder zur Buße
und Bekehrung vor seinem Ende wenigstens zurückführen
möge.
In der Einsamkeit des Gefängnisses bildete sich sein
von Jugend an gesinnte- Wesen noch mehr aus und die
ftillgetragene Vorliebe für die Dichtkunst zum Durchbruch.
Waren auch die Verse, die er machte, nicht kunstvoll, so
entbehrten sie keineswegs einer tiefen Auffassung und ge-
wissen Originalität. Er trug wie in einem Tagebuche dort
alle seine Ideen zusammen, worin immer der Gedanke wieder
zum Vorschein kam: wie eS doch so schlecht sei in der Welt,
in welcher die Unschuld verfolgt und gehaßt, das Laster
aber geehrt und angesehen ist.
Von seinem Bruder, der ihn tn dieses irdische Elend
gestoßen und deßwegen er all diese Schmach uud Pein er-
duldete, kam keine Nachricht.
Wir werden seine Schicksale und seine neuen Abenteuer
später hören.
(Fortsetzung folgt.)
i Verlegenheiten des Cabinets Badeni.
Vorgänge deS letzten Sonntags in Eger
er« ü°riz Oesterreich einen tiefen und zwar, trotz
don deutscher Seite begangenen Fehler, sehr
eut?» Eindruck zurückgelassen. Die gesammte
^Udei und deutsch-nationale Presse in den
i„ wie in den Alpenländern kündigt nach dem
Vorgefallenen den Kampf gegen daS Mi
Badeni bis aus's Messer an. Die An-
8 ^nes außerparlamentarischen Ausgleich«s
M»/" Deutschen und Czechen ist jetzt gänzlich auS-
Hrvnix i. Auch die Presse der aus den deutschen
rj, dein sich recrutirenden katholischen Volkspar-
einem so scharfen Gegensatz- zu der deutsch-
«Nb i Ziehen und der deutschen Volkspartei sich be-
sdie nsch jetzt eine auffallende Zurückhaltung auf;
ijH,r?b0ne der katholisch conservativen und der christ-
M Malen Partei in Deutschböhmen verhalten sich
ausnahmslos ablehnend gegen das Mini«
sb^ni und begehren nachdrücklichst die Auf-
IkNeEk Sprachen-Verordvungen. Wohl die unan-
Erfahrung aber für das Cadinet Badeni
der Beschlüsse, welche der Vollzugs Ausschuß
llnkr "alen Großgrundbesitzes in ganz Oesterreich
^ien ° Vorsitze des Grafen Oswald Thun in
zu ^- ^saßt hat. Um die Bedeutung dieser Beschlüsse
Mseib gen, muß man sich vor Augen halten, daß
von verhältuißmäßig recht conservativ ver-
deS deutsch liberalen Großgrund -
4
mit Ausnahme der Sonn-- u. _ " Inserate die 1-spalstge Pesttzerleoder derenRaum
«bo»»e«e»tsprei» mit dem wöchent- L.'!- 10H, Reklame25 H. Fürhrefige Geschäfts-und
M^.Unterhaltunasblatt „Der Sonntagsbote" für 6L Nskull« Privatanzeigen, sowie sürJahres-Anzergen bedeutende
Olbera monatlich 5V L mit Trägerlohn, durch k ' Rabattbewrllrgung.
Poft bezogen Viertels, 1,60 franco. Expedition:
161.
Meftellungen
d»s
Welbkrg, WslU dm 20. M11897.
besitzeS sowohl im Herren- wie im Abgeordneten-Hause
gefaßt wurden. Noch bei der Constituirung deS neu-
gewühlten Abgeordnetenhauses vor etwa einem Viertel-
jahre legte Graf Badeni daS größte Gewicht darauf,
diese Gruppe für seine Mehrheit zu gewinnen, und
er war sogar bereit, dafür die katholische Bolkspartei
in die Opposition treten zu lassen. In der Ansprache
deS Grafen Oswald Thun wird ganz in Ueberein«
stimmung mtt den Beschlüssen deS Klagenfurter Partei-
Tages der deutschen VolkSpartei u. deS RütlischwureS
der in Eger Versammelten jede Verhandlung in allen
Sprachen- und nationalen Fragen abgelehnt, bis die
Sprachen Verordnungen zurückgezogen sind. Für die
behördlichen Maßnahmen gegen deutsche Abgeordnete
und deutsche Wähler-Versammlungen wird der Re-
gierung in recht scharffr Form die Mißbilligung auS-
gedrückt. Der Eindruck dieser Stellungnahme auch
auf den Monarchen ist nicht zu unterschätzen.
Selbst aus der Rechten deS Abgeordnetenhauses
hat daS Ministerium Schwierigkeiten. Die Unter-
stützung, welche die Führer der jungczechischen Partei,
woran die Abgg. Herold und Adamek, der Regierung in
ihrem Kampfe gegen die deutschen Gemeinden angrdrihen
lassen, welche die staatlichen Geschäfte im übertragenen
Wirkungskreise zu besorgen sich weigern, erfolgt sicht-
lich wiederwillig, und die polnische Presse in Galizien
läßt eS nicht ein Mal an direkten Angriffen gegen
daS Cabiner Badeni fehlen. Besonders die polnischen
Abgeordneten machen es dem Ministerium Badeni
zum Borwurfe, daß es die vom Unterrichtsminister
Baion Gautsch gemachten Zusagen wegen Ertheilung
des Oeffevtlichkeitsrechtes an daS polnische Privat-
Gymnasium in Teschen bisher nicht eingelöst hat.
Auch die dem Ministerium Banfsy in Ungarn nahe-
steheiden Blätter, ja notorische Officiöse, wie der
Nemzet, betonen, daß daS Ministerium Badeni sich
nicht halten könne und daß insbesondere an den Ab-
schluß deS Ausgleiches zwischen Oesterreich und Un-
garn mit dem Cabinet Badeni nicht zu denken sei.
Offenbar ist diese Haltung der ungarischen Regier-
ungsblätter auf daS Bestreben zurückzuführen, die
Schuld an dem Scheitern deS Ausgleiches vom Cabinet
Banfsy in den Augen der Krone abzuwälzen und die
österreichische Regierung dafür verantwortlich zu
machen. In Wahrheit aber liegen die Dinge im un-
garischen Parlamente fast eben so schlimm, wie in
Oesterreich. Die dortige Opposition setzt mit aller
Macht, wenn auch ohne lärmende Austritte, die Ob-
struktion im Abgeordnetenhause fort. Das Cabinet
Banfsy wird gewiß nicht im Stande sein, wie es
nüsftn. Zwei Umstände trugen ganz wesentlich zu seiner
Verurtheilung bei: die Aussage des Kammerdieners Julian,
eenes gemeinen, beuchlerischen Mannes, der, obwohl er
nichts gesehen halte, dennoch aus Bosheit und Großhanserei
vor dem Richter erklärte, er habe es gesehen, wie er oft-
mals vom Dache aus mit gierigen Blicken in das Zimmer
seines Herr» hineingesehen und mit funkelvdgierigen Blicken
die Kostbarkeiten angesehen habe-
Tas Zweite, was >n der Waagschaale gegen ihn beim
Richter sehr schwer wog, war, dcß er aus alles Befragen
des Untersuchenden: wer den Diebflohl begangen, wenn
nicht er, immer antwortete: er könne es nicht sagen, und
wenn es ihm das LebtN kostete- Man möge mit weiteren,
nutzlosen Fragen ihn nicht lärger qriälen.
Es läßt sich denken, daß Alles das ein Netz von Schein-
g'ünden um ibn wob, Las ihn immer enger umstrickte und
mit seiner verbärgnißvrllen, entehrenden Vcruriheilung zur
sünffübrigen Galeerenstrafe endete, nachdem er zwei Jahre
im Gesängniß gestssen-
Ter Leser wird sich erinnern, tob der Dieb, als er
mit seinem Raube wieder aus dem Zimmer entwich und
auf das Dach zurückkebrtc, einen Schatten glaubte vorüber-
huschen zu sehen- Er hatte sich nicht getäuscht.
Valentin, der mißratdene Sehn einer so braven, from-
men Mutter und eines Bruders, dessen edle Charakter-
eigenschaften, las gerade Gegentheil von ihm machten,
war lhatsächlich von seinem eigincn Bruder durch Zufall
gesehen worden, als er das kostbare Kleinod zu sich steckte.
R chard gedachte ihm ins Gewissen zu reden und ihn
zu bewegen durch möglichst rasche Rückgabe seinen Dieb-
stahl wie seinen Fehler wieder gut zu machen, aber die
Schnelligkeit der Verhältnisse, der plötzliche Absturz des
Diebes, die Angst und Verwirrung mreiteltin diesen edlen
Entschluß.
Selbst unter erschwerenden Umständen als Dieb ange-
klagt und so rasch verhaftet, faßte er jetzt den Entschluß,
aus großmüthiger Bruderliebe selber eher als Räuber gel-
ten zu wollen, als seinen ohne dies verwundeten Bruder
noch tiefer ins Elend und Unglück zu stürzen.
Auch hoffte er anfangs, sein Bruder könne e» gewiß
Schuld und Sühne.
s^.^vlkt einige Gensdvrrnen und laßt ihn weg bringen !'
E»». Baron vvd ging hinab in den BavsaE
bin c^:°de, M Richard zwischen zwei Geridarmen über
lir »»blickte ,r lmch da- Fevstir den Baron,
sich -j?,Tochter an der Hand sübrte und hörte ihn deut-
8h«,^lauter Stimme sagen: .Meine Heuen, ich stelle
M, «-ftsMlk'n Einovesa rrn Lvstranges, meine Tochter
Lwird beute s'chsrehn Jahre alt."
Dachdecker stet obrmächtig niedir; er erkannte sie
ver ke wieder, die er liebte, — als den Engel aus
5 Ek ouz tiiser Ohnmacht ei wacht, fand er sich in
kalten und unfreundlichen Zimmer, dissen
Mn von groben Quadern dick jusammengesitzt
Io daß man es nicht erreichen konnte, war
""k Hkn, vd«r vielmehr ein stark vergittertes Viereck,
- Mhr „.zdie durch eine mit Spinn«ngeweten bcdickte,
erblindete Scheibe ein spärliches Licht em-
rohe Pritsche mit einim Strvhsock, ein elender
gStuhl und ein alter wmmsstchiger Tisch war das
^'öbel zu dem elenden Lock, dos als Kerker diente,
i^br--«,, ? Richend els einen überwiesenen Dieb und
behandelte, von dem man annvhm, daß er ja
«ar -s? ersten Am st ein Geständniß abgelegt habe, so
«n Ltvn» bald entschieden.
ü,i^oethkuerte er vor dem Untersuchungsrichter mit
j-sdtaa. eines aufrichtigen Herzens seine Unschuld und
bloß sein bisher tadelloses Vorleben für
girier Beiheuerung, sondern zum Theil der
^irn M"" bie kostbare Busennadel bei ihm nicht
^og unter den gegen ihn vorliegenden Ber-
M kM^n schwer der Umstand, d ß der Herr Baron
er bi?? uwem Zimmer angestossen. Seine Aussage,
^M»ere? s" der Schnelligkeit der Angst und des
k'Uodr,,« ««-eg,- wegen diesen Durchgang zu seinem ver-
Bruder gewählt habe, wurde als faule Ausrede
' ver »an keine Beachtung glaubte schenken zu
I
r»
Verantwortlicher Redakteur c
Joseph Huber in Heidelberg.
gegenüber dem Monarchen und der österreichis Herr
Regierung sich verpflichtet hat, die Berathung der
Zuckersteuerprämien-Gesetzes bis zum 1.. August 1897
zu vollenden. Und noch schlechter würde eS um die
Ausgleichs Vorlagen im ungarischen Abgeordnetenhause
stehen, auch wenn eia anderes Cabinet, als daS deS
Grafen Badeni, dieselben im österreichischen ReichSrathe
vertreten würde.
Deutsches Reich.
* Berti«, 17. Juli. Der Kaiser bleibt noch
einige Tage in Bergen. Der Zustand des verletzten
AugeS ist so befriedigend, daß die augenärztliche
Untersuchung unnölhig erscheint. In Folge dessen
haben Herzog Karl Theodor und die Kaiserin die
Reise nach Kiel sufgegeben.
* Berlin, 17. Juli. Propst Dr. Jahnel
ist gestern Bormittag zur letzten Ruhe geleitet worden.
DaS Leichenbeqänguiß gestaltete sich zu einer
Entfaltung des katholischen Lebens, wie sie seit langer
Zeit in Berlin nicht gesehen worden ist. Schon lange
vor Beginn deS Officiums halt e eine dichte Schaar
von Katholiken, welche keinen Einlaß mehr in die
St. HedwigSkirche gefunden hatten, in der Nähe die-
ser Kirche sich zusammengefunden. Um dem großen
Andrange zu wehren, mußten schließlich die an die
St. HedwigSkirche angrenzenden Straßen durch Poli-
zisten gesperrt werden. Nur Personen, welche mit
einer Einlaßkarte versehen waren, durften den Cordo»
prffiren. DaS Innere der HedwigSkirche selbst war
bis auf den letzten Platz gefüllt. In der Mitte
der Kirche stand, von Kerzen umgeben, der
Sarg deS Verblichenen. Rings an den Wänden der
mit Palmen und schwarzem Flor geschmückten Kirche
erblickte man die Banner der Corporationen, welche
ihrem geliebten kirchlichen Oderhauptr die letzte Ehre
erweisen wollten. Nachdem das Todten Officium,
welches von über siebenzig Geistlichen der Delegatur
gebetet wurde, beendet war, celebrirte der Stellvertreter
deS Cardinals Dr. Kopp, Generalvicar Canonicus
Speil, daS Requiem. Ihm asflstirten CanonicuS
Schulz, der Vertreter deS BceSlauer Domkapitels, als
krssdzcksr ussistons, und Pfarrer Heinelt und Kaplan
Kapitza von St. Hedwig als Diakon bzw. Subdiakon.
Der Kirchenchor sang daS Requiem von Claudio
GaSculini. Dem Requiem wohnte als Vertreter der
CultuS-Ministeriums der Geheimrath Förster bei;
das Polizei-Präsidium war durch den Geheimen
Regierungsrath Fciedheim und die Stadt Berlin durch
III. Quartal
"OH Postämter auf die täglich erscheinende
, Pfälzer Bottsblatt"
tw wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
stkü') unsere Expedition Heidelberg
^Serstraße 7 entgegen.
Spedition des „Pfalzer VolksdlsU".
Heidelberg, Zwirrgerstraße 7.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwiilgrrstraße 7.
nicht über das Herz bringen, ihn, den leiblichen Zwillings-
bruder, den Unschuldigen statt ferner verurtheilen zu lassen.
Darin aber täuschte er sich.
Wohl hatte der gemeine und niedrig denkende Valentin
anfänglich gewaltige Gewissensbisse und nahm sich manch-
mal vor, die Wahrheit zu gestehen, aber dieser Enschluß
trat immer wieder vor seinem Stolze, sich als Dieb
brandmarken, zurück.
Nur der Mutter, die ob solcher Unehre und Schande,
die einen ihrer Söhne getroffen, dahmsiechte, entdeckte er
die ganze Wahrheit, nachdem Valentin, der sich bald nach
dem Raube aus dem Staube gemacht hatte, in de: Fremde
verschollen war. Bor der Mutter wollte er doch nicht als
schlecht erscheinen, während ec aus Liebe zu Gott ».seinem
mißrathenen Bruder das Opfer zu bringen gesonnen war»
Die Mutter überlebte diesen harten Schicksalsschlag nicht
lange. Gramaebeugt, aber gottergeben und fromm, wie sie
gelebt starb sie in kurzer Zeit, Gott das Opfer ihres Lebens
schenkend, daß er ihren verlorenen Sohn wieder zur Buße
und Bekehrung vor seinem Ende wenigstens zurückführen
möge.
In der Einsamkeit des Gefängnisses bildete sich sein
von Jugend an gesinnte- Wesen noch mehr aus und die
ftillgetragene Vorliebe für die Dichtkunst zum Durchbruch.
Waren auch die Verse, die er machte, nicht kunstvoll, so
entbehrten sie keineswegs einer tiefen Auffassung und ge-
wissen Originalität. Er trug wie in einem Tagebuche dort
alle seine Ideen zusammen, worin immer der Gedanke wieder
zum Vorschein kam: wie eS doch so schlecht sei in der Welt,
in welcher die Unschuld verfolgt und gehaßt, das Laster
aber geehrt und angesehen ist.
Von seinem Bruder, der ihn tn dieses irdische Elend
gestoßen und deßwegen er all diese Schmach uud Pein er-
duldete, kam keine Nachricht.
Wir werden seine Schicksale und seine neuen Abenteuer
später hören.
(Fortsetzung folgt.)
i Verlegenheiten des Cabinets Badeni.
Vorgänge deS letzten Sonntags in Eger
er« ü°riz Oesterreich einen tiefen und zwar, trotz
don deutscher Seite begangenen Fehler, sehr
eut?» Eindruck zurückgelassen. Die gesammte
^Udei und deutsch-nationale Presse in den
i„ wie in den Alpenländern kündigt nach dem
Vorgefallenen den Kampf gegen daS Mi
Badeni bis aus's Messer an. Die An-
8 ^nes außerparlamentarischen Ausgleich«s
M»/" Deutschen und Czechen ist jetzt gänzlich auS-
Hrvnix i. Auch die Presse der aus den deutschen
rj, dein sich recrutirenden katholischen Volkspar-
einem so scharfen Gegensatz- zu der deutsch-
«Nb i Ziehen und der deutschen Volkspartei sich be-
sdie nsch jetzt eine auffallende Zurückhaltung auf;
ijH,r?b0ne der katholisch conservativen und der christ-
M Malen Partei in Deutschböhmen verhalten sich
ausnahmslos ablehnend gegen das Mini«
sb^ni und begehren nachdrücklichst die Auf-
IkNeEk Sprachen-Verordvungen. Wohl die unan-
Erfahrung aber für das Cadinet Badeni
der Beschlüsse, welche der Vollzugs Ausschuß
llnkr "alen Großgrundbesitzes in ganz Oesterreich
^ien ° Vorsitze des Grafen Oswald Thun in
zu ^- ^saßt hat. Um die Bedeutung dieser Beschlüsse
Mseib gen, muß man sich vor Augen halten, daß
von verhältuißmäßig recht conservativ ver-
deS deutsch liberalen Großgrund -
4
mit Ausnahme der Sonn-- u. _ " Inserate die 1-spalstge Pesttzerleoder derenRaum
«bo»»e«e»tsprei» mit dem wöchent- L.'!- 10H, Reklame25 H. Fürhrefige Geschäfts-und
M^.Unterhaltunasblatt „Der Sonntagsbote" für 6L Nskull« Privatanzeigen, sowie sürJahres-Anzergen bedeutende
Olbera monatlich 5V L mit Trägerlohn, durch k ' Rabattbewrllrgung.
Poft bezogen Viertels, 1,60 franco. Expedition:
161.
Meftellungen
d»s
Welbkrg, WslU dm 20. M11897.
besitzeS sowohl im Herren- wie im Abgeordneten-Hause
gefaßt wurden. Noch bei der Constituirung deS neu-
gewühlten Abgeordnetenhauses vor etwa einem Viertel-
jahre legte Graf Badeni daS größte Gewicht darauf,
diese Gruppe für seine Mehrheit zu gewinnen, und
er war sogar bereit, dafür die katholische Bolkspartei
in die Opposition treten zu lassen. In der Ansprache
deS Grafen Oswald Thun wird ganz in Ueberein«
stimmung mtt den Beschlüssen deS Klagenfurter Partei-
Tages der deutschen VolkSpartei u. deS RütlischwureS
der in Eger Versammelten jede Verhandlung in allen
Sprachen- und nationalen Fragen abgelehnt, bis die
Sprachen Verordnungen zurückgezogen sind. Für die
behördlichen Maßnahmen gegen deutsche Abgeordnete
und deutsche Wähler-Versammlungen wird der Re-
gierung in recht scharffr Form die Mißbilligung auS-
gedrückt. Der Eindruck dieser Stellungnahme auch
auf den Monarchen ist nicht zu unterschätzen.
Selbst aus der Rechten deS Abgeordnetenhauses
hat daS Ministerium Schwierigkeiten. Die Unter-
stützung, welche die Führer der jungczechischen Partei,
woran die Abgg. Herold und Adamek, der Regierung in
ihrem Kampfe gegen die deutschen Gemeinden angrdrihen
lassen, welche die staatlichen Geschäfte im übertragenen
Wirkungskreise zu besorgen sich weigern, erfolgt sicht-
lich wiederwillig, und die polnische Presse in Galizien
läßt eS nicht ein Mal an direkten Angriffen gegen
daS Cabiner Badeni fehlen. Besonders die polnischen
Abgeordneten machen es dem Ministerium Badeni
zum Borwurfe, daß es die vom Unterrichtsminister
Baion Gautsch gemachten Zusagen wegen Ertheilung
des Oeffevtlichkeitsrechtes an daS polnische Privat-
Gymnasium in Teschen bisher nicht eingelöst hat.
Auch die dem Ministerium Banfsy in Ungarn nahe-
steheiden Blätter, ja notorische Officiöse, wie der
Nemzet, betonen, daß daS Ministerium Badeni sich
nicht halten könne und daß insbesondere an den Ab-
schluß deS Ausgleiches zwischen Oesterreich und Un-
garn mit dem Cabinet Badeni nicht zu denken sei.
Offenbar ist diese Haltung der ungarischen Regier-
ungsblätter auf daS Bestreben zurückzuführen, die
Schuld an dem Scheitern deS Ausgleiches vom Cabinet
Banfsy in den Augen der Krone abzuwälzen und die
österreichische Regierung dafür verantwortlich zu
machen. In Wahrheit aber liegen die Dinge im un-
garischen Parlamente fast eben so schlimm, wie in
Oesterreich. Die dortige Opposition setzt mit aller
Macht, wenn auch ohne lärmende Austritte, die Ob-
struktion im Abgeordnetenhause fort. Das Cabinet
Banfsy wird gewiß nicht im Stande sein, wie es
nüsftn. Zwei Umstände trugen ganz wesentlich zu seiner
Verurtheilung bei: die Aussage des Kammerdieners Julian,
eenes gemeinen, beuchlerischen Mannes, der, obwohl er
nichts gesehen halte, dennoch aus Bosheit und Großhanserei
vor dem Richter erklärte, er habe es gesehen, wie er oft-
mals vom Dache aus mit gierigen Blicken in das Zimmer
seines Herr» hineingesehen und mit funkelvdgierigen Blicken
die Kostbarkeiten angesehen habe-
Tas Zweite, was >n der Waagschaale gegen ihn beim
Richter sehr schwer wog, war, dcß er aus alles Befragen
des Untersuchenden: wer den Diebflohl begangen, wenn
nicht er, immer antwortete: er könne es nicht sagen, und
wenn es ihm das LebtN kostete- Man möge mit weiteren,
nutzlosen Fragen ihn nicht lärger qriälen.
Es läßt sich denken, daß Alles das ein Netz von Schein-
g'ünden um ibn wob, Las ihn immer enger umstrickte und
mit seiner verbärgnißvrllen, entehrenden Vcruriheilung zur
sünffübrigen Galeerenstrafe endete, nachdem er zwei Jahre
im Gesängniß gestssen-
Ter Leser wird sich erinnern, tob der Dieb, als er
mit seinem Raube wieder aus dem Zimmer entwich und
auf das Dach zurückkebrtc, einen Schatten glaubte vorüber-
huschen zu sehen- Er hatte sich nicht getäuscht.
Valentin, der mißratdene Sehn einer so braven, from-
men Mutter und eines Bruders, dessen edle Charakter-
eigenschaften, las gerade Gegentheil von ihm machten,
war lhatsächlich von seinem eigincn Bruder durch Zufall
gesehen worden, als er das kostbare Kleinod zu sich steckte.
R chard gedachte ihm ins Gewissen zu reden und ihn
zu bewegen durch möglichst rasche Rückgabe seinen Dieb-
stahl wie seinen Fehler wieder gut zu machen, aber die
Schnelligkeit der Verhältnisse, der plötzliche Absturz des
Diebes, die Angst und Verwirrung mreiteltin diesen edlen
Entschluß.
Selbst unter erschwerenden Umständen als Dieb ange-
klagt und so rasch verhaftet, faßte er jetzt den Entschluß,
aus großmüthiger Bruderliebe selber eher als Räuber gel-
ten zu wollen, als seinen ohne dies verwundeten Bruder
noch tiefer ins Elend und Unglück zu stürzen.
Auch hoffte er anfangs, sein Bruder könne e» gewiß
Schuld und Sühne.
s^.^vlkt einige Gensdvrrnen und laßt ihn weg bringen !'
E»». Baron vvd ging hinab in den BavsaE
bin c^:°de, M Richard zwischen zwei Geridarmen über
lir »»blickte ,r lmch da- Fevstir den Baron,
sich -j?,Tochter an der Hand sübrte und hörte ihn deut-
8h«,^lauter Stimme sagen: .Meine Heuen, ich stelle
M, «-ftsMlk'n Einovesa rrn Lvstranges, meine Tochter
Lwird beute s'chsrehn Jahre alt."
Dachdecker stet obrmächtig niedir; er erkannte sie
ver ke wieder, die er liebte, — als den Engel aus
5 Ek ouz tiiser Ohnmacht ei wacht, fand er sich in
kalten und unfreundlichen Zimmer, dissen
Mn von groben Quadern dick jusammengesitzt
Io daß man es nicht erreichen konnte, war
""k Hkn, vd«r vielmehr ein stark vergittertes Viereck,
- Mhr „.zdie durch eine mit Spinn«ngeweten bcdickte,
erblindete Scheibe ein spärliches Licht em-
rohe Pritsche mit einim Strvhsock, ein elender
gStuhl und ein alter wmmsstchiger Tisch war das
^'öbel zu dem elenden Lock, dos als Kerker diente,
i^br--«,, ? Richend els einen überwiesenen Dieb und
behandelte, von dem man annvhm, daß er ja
«ar -s? ersten Am st ein Geständniß abgelegt habe, so
«n Ltvn» bald entschieden.
ü,i^oethkuerte er vor dem Untersuchungsrichter mit
j-sdtaa. eines aufrichtigen Herzens seine Unschuld und
bloß sein bisher tadelloses Vorleben für
girier Beiheuerung, sondern zum Theil der
^irn M"" bie kostbare Busennadel bei ihm nicht
^og unter den gegen ihn vorliegenden Ber-
M kM^n schwer der Umstand, d ß der Herr Baron
er bi?? uwem Zimmer angestossen. Seine Aussage,
^M»ere? s" der Schnelligkeit der Angst und des
k'Uodr,,« ««-eg,- wegen diesen Durchgang zu seinem ver-
Bruder gewählt habe, wurde als faule Ausrede
' ver »an keine Beachtung glaubte schenken zu