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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
Juli 1897
DOI article:
Nr. 168
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0689

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Mtzer Wksblatt

d-168.

WrlkU MMch, Kl 28. M18S7.

Verantwortlicher Redakteur:
Joffe^ph Huber in Heidelberg.


Druck^Verlag u^Erpeditron
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwingrrftraße 7.

jetst
^hwkn ave Postavfialte« und unsere Agenturen
Wellungen auf das „Pfälzer Volksblatt- für
^e Mvrate (Autzust, September) an. Der
drei« ist Mk. 1.25 vom Briefträger frei ins
H«us gebracht.
Dem „Pfälzer VolkSblatt" wird jeden SamS-
^8 dos 8seitige UrterhaltungSblatt
Ter EonnlagSbote
"igegkten, welcher besonders für die Familie

die Frage: Was nun? Wenn man den confllcts-
lüsternen couservatioen und anti semitischen Blättern
Glauben schenken könnte, würde die Regierung jetzt
irgend etwas furchtbares thun, damit ihre „Autorität-
nicht schaden litte, zum mindesten würde sie das Ab-
geordnetenhaus auflölen. Wir glauben nicht daran.
Nicht als ob in einflußreichen Kreisen nicht Stimmungen
obwalteten, welche sich, um mit dem Reichsboien zu
reden, mit „politischer Entschlußkraft" Luft machen
möchten. Aber man wird sich doch wohl sagen, daß
die Stimmung im Lande nicht danach angethan ist,
um von irgend welchen Experimenten Erfolg erhoffen
zu lassen, und daß insbesondere unter den obwal-
tenden Umständen selbst das Dreiklassen Wahlsystem-
in seiner schärfsten plutokratischen Zuspitzung voraus-
sichtlich unliebsame Ueberraschungen bringen würde.
Und so wird mau wohl die Ablehnung des „kleinen
SocialistengesetzeS" einstweilen einfach hinnehmen u.
eine andere günstigere Gelegenheit abwarten, dem
neuesten CurS zur Geltung za verhelfen.



, Die Vrreinsgkskh-NoveUe
..Preußen ist also obgelehnt, die Mehrheit war knapp
209 gegen 205 Stimmen! Dos Schicksal deS
^I'tzes stand bis zum letzten Augenblick auf des
Nstrs Schneide. Da das Abgeordnetenhaus 433
^.Mieder zählt, so haben 19 an der Abstimmung
. 'heilgenommen, aus welchen Gründen, ist einst-
Nu "vch nicht sestzustellcn. Vcm Centrnm fehlten
g* djx Abgg. Brandenburg, Dauzenderg, Hesse und
Hoenrbroech. Wie^ rin Drahtbericht aus
L uomenlanschen Kreisen meldet, sollen die Abgg.
krw ^"*g, Deuzenberg und Hesse mit Anhänge»!,
«Gesetzes obgepaart gewesen sein. Wohl schwerlich
ras Abgeordnetenhaus seit seinem Bestehen jemals
ei» Abstimmung so stark besetzt wie bei dieser,
Beweis, welches Gewicht die preußische Bolks-
s>,?s'ung auf diese Action gelegt hat. Auch im
Miicuu, zeigte sich ein ungewöhnliches Jutensse.
brr r? geraume gelt vor Beginn der Sitzung Mar
- * «ndrong zu dem alten House am TönhvsrPlatz
faltig, daß Schutzleute auf der Leipzigerstraße
Bürgersteig freihallen mußten. Die Tribünen
schon um ein halb elf Uhr voll besetzt.
sür?'? Parteien haben nahezu geschlossen gestimmt:
» Gesetz die gesäumte Rechte, Constrvative und
Lt^oustrvative, mit alleiniger Ausnahme des Abg.
yMer, her entschieden gegen das Vorgehen der
ausgesprochen hatte; gegen dos Gesetz das
tz" .u?". die Freisinnige Volkspartei, die Freisinnige
H,"wjgung, die polnische Fraktion und die National-
bis auf zwei Mitglieder, die Abgg. Bruck
^Echoof. während der Abg. v. Sanden sich der
h --
Schuld und Sühne.
der Valentin mit großer Geschicklichkeit den Schein
,l-iA°brhaftigkeit sich r» geben wußte, da sein Haupt
ZzUam uwgeben war vom Nimbus der Jugend und
so glaubte man seinen Worten und Jedermann
Und r ^m Sohne des edlen Ausgewanderten sein HauS
seine Börse.
heb»« ^.Dachdecker hatte sich auch nicht geirrt betreffs des
es>t „^ertheS der gestohlenen Nadel, ihr Diamant war
ßrauÄ reinsten Wasser, er verkaufte ihn für 20,000
»li Pi» war dies damals vollkommen hinreichend, um
kwi». * Monn von guter Familie aufzutreten, eine an-
«Und»» Wohnung zn rniethcn, einstweilen Unterrichts-
Pl-m° nehmen und die weitere Verwirklichung seiner
tt Kn», ^warten. Das Schwierigste für ihn war geschehen,
ah.x 'sffch mit niedrigen Mitteln eine» Weg gebahnt,
Ldule las ihm daran, wenn diese Mittel nur ihren
L "reich,, n.
find»,. ^r sich jere Freiheit der Farmen und die vol-
Kknntniß des Anstandes, die ost in der höheren
Hot«, Uft den sittlichen Gehalt vertreten müssen, erworben
'Mtte sich Valentin von Beaumont in große und ge-
dwt Spekulationen- Als er aus einer Reise in die Pro-
rr L^Nöorseblichez Kupferbergwerk entdeckt hatte, entschloß
tzki^' .Uselbe auszubeuten. Da er aber h'erzu viel mehr
l'<hen m,h ? batte, als er besaß, griff er zu einem vortriff-
Aian um eine Menge Kapiialien an sich zu ziehen.
Un uicht selten Menschen an, deren Sucht zu glän-
bnÄ ^?u«kl an Geld nicht gestillt werden kann. Balen-
Äeü> v'sH "nen solchen aus. Er überredete ihn in schlauer
^llke'n rascheste und sicherste Mittel, sich einen
bei, z^"gH"k>baffen, darin bestehe, eine Zeitung zu grün-
bereit» „»Mann, den er zu seinem Werkzeug erkor, hatte
diesen möglichen krummen Wege eingeschlagen, nur
eine unn-i Gr batte viel Verstand, besaß aber dabei
darez »Mwe, unersättliche Einbildungskraft, ein dehn-
Gewissen und eine Feder, die seiner Einbil-
Dalbn-G, wissen entsprach. Ernannte sich „Ritter
i' Herr von Beaumont schoß natürlich das erste Geld

Die Lender'sche Anstalt in Sasbach.
AuS -e« Bergen, 25 Juli.
Drunten an der französischen Grenze an der ^.vönus
äs lursims, 200 Meter von dessen Denkmal, liegt
im friedlichen Weichbilde von SaSbach die nimmer-
ruhende, w ssenSgierige Lehr- und Erziehungsanstalt
deS Herrn Dekan Lender, welche in wenigen Monden
das Jubiläum ihres 25jährigen Bestehens feiern kann.
Ihre Wurzeln reichen zurück in eine traurige, kultur-
historisch wenig erfreuliche Zeit, in welcher fanatischer
Liberalismus ein Martyrium deS badischen KleruS
schuf, welches dem der ersten christlichen Jahrhunderte
nahe kam. ES darf besonders dem älteren badischen
Klerus das rühmliche Zeugniß des freudigen Opfer-
rauches, der vollen Hingabe und der unwandelbaren
Trine zu seinen milkämpfenden und mitduldenden
Oberhilten Erzbischof Hermann v. V cari und Bischof
Lothar v. Kübel nicht versagt werden, der mitten im
Kampfe und Dulden stand zu einer Zeit, wo ringsum
in den übrigen deutschen Landen — auch im Norden
— der katholische KleruS einer friedlicheren, besseren
Lage sich noch erfreute. Das Beispiel des badischen
KleruS in den 50er, 60er und 70er Jahren wird
steiS ein ehren- und ruhmvolles Blatt in der Geschiche
der Erzdiöcese Freiburg aussüllen. Es sollte dies in
unserer Zeit nicht so leicht vergiss n werden. Als
durch das Gesetz vom 6. September 1867 das Staats-
examen der Geistlichen geschaffen und durch Gesetz

ter sei als er, aber auch dümmer und weniger^verschlagen.
Er hielt sich für einen Riesen unter den Zwergen und
wußte sie seinen Plänen dienstbar zu machen, indem er den
Anschein annahm, als begünstige er die ihrigen. Er kannte
auf das Genaueste alle politischen, literarischen finanziellen
und andere Unternehmungen seiner Zeit, und indem er alle
seine Kenntnisse verwerthete, gelangte er zu Reichthum und
Ansehen.
Als er Banqnier geworden war, führte er ein etwas
stilleres und scheinbar tugendhafteres Leben, amphibien-
artig war es ihm gerade so leicht, gut wie schlecht zn sein,
er hatte ja nichts Geringeres vor, als eine reiche Frau von
hoher Familie zu heirathen. Genovefa von Lostranzes, der
er in Gesellschaft öfters begegnete, schien ihm diese beiden
Eigenschaften zu besitzen.
Als Valentin zuerst die Bekanntschaft des Herrn von
Lostranges gemacht hatte, war dieser für den Augenblick
betroffen gewesen, durch die Aehnlichkeit, die er zwischen
ihm und einem anderen Menschen, den er früher gesehen
hatte, glaubte bemerkt zu haben. Nachdem er sich aber über
seine Herkunft und seine Stellung näher erkundigt hatte,
war er ganz ruhig und befriedigt und hatte keineswegs den
Antrag Valentins, sein Schwiegersohn zu werden, abge-
wiesen ; — war ja doch auch des Barons Lebenkprinzip nur
der Stolz, besonders auf seine Herkunft. Genovefa dagegen
fühlte gleich das erste Mal, als sie Herrn von Beaumont
sah, die größte Abneigung gegen ihn, vielleicht durch eine
Art innern Lichtes, das er ihr ermöglichte, in seinem In-
nern zu lesen, eine Psychologische Erscheinung, die völlig
zu erklären der Wissenschaft noch nicht gelungen ist.
Nachdem aber der Baron ihr seinen herzlichen Wunsch,
sie mit diesem lungen Manne von hoher Familie und von
großem Vermögen verbunden zn sehen, offen ausgesprochen
hatte, bemühte sie sich, ihren Widerwillen zu überwinden.
Valentin seinerseits zeigte sich, um Genovefa eine gute
Meinung von seinem Herzen beizubringen, bei mehreren
Gelegenheiten sehr großmüthig gegen die Armen. Er ging
auf alle ihre Neigungen ein, bewies einen gutmüthigen,
einfachen Charakter und kam ihr mit bezaubernder Freund-
lichkeit und Gefälligkeit entgegen. (Fortsetzung folgt.)

Abstimmung enthielt. Der von der Reckten erhoffte
und ondkrseitS befürchtete weitere Umfall von natio-
nal-liberalen Abgeordneten ist also nicht eingetreten,
die Anstrengungen grvßindustrieller rheinischer Kreise
sind vergeblich gewesen, die FrociionS-DiSciplin und
daS Bewußtsein, daß eS sich hier um Sein oder
Nichtsein der national-liberalen Partei handele, haben
sich als stärker erwiesen.
Nach Loge der Dinge konnte eS auf die der Ab-
stimmung vorhergehenden Reden kaum noch ankommen.
Die Vertreter der Regierung wie der Parteien scheinen
sich denn euch kurz gefaßt zu Haber.
Hr. von der Recke führte zwar noch ein Mal,
wie der Abg. Graf Limburg-Stirvm ihm bezeugte,
eine „energische Sprache,- aber die „Energie" LeS
gegenwärtigen Ministers deS Innern konnte die Vor-
lage nicht retten; sie hat überhonpt derselben sicher
mehr geschadet als genützt. Auch der neue Vice-
Präsident des StaaiSministeriumS, Hr. Dr. Miquel,
hat geredet, aber seine Rede ist, wenn der zusammen-
fassende telegraphische Bericht dieselbe richtig wiedergrbt,
ganz anders ausfalle«, als einzelne conservative
Blätter arkündigen zu können glaubten. Hr. M'quel
hat nicht auf seine frühern FrcctionS Genossen ein-
geredet, vielmehr bemerkte er, es sei nutzlos, auf daS
Abgeordnetenhaus noch rinwirken zu wollen. DaS
Vereinsgesetz hat er nur in einigen allgemeinen Rede-
wendungen vertreten, richtiger: in Schutz genommen
und dann, wie in seiner neulichen Remscheider Rede
und im Sinne dieser Rede der wirthschastS politischen
Frage sich zugewandt. Er sprach wieder von einer
Beilegung der wirthschaftlichen Gegensätze und zwar
durch einen „Camp'omiß ter verschiedenen ErwerbS-
zweige." Wir wollen alwartkv, waS die Regierung
lhut, um zu diesem Ziele zu gelangen.
Der Minister deS Innern versicherte, ganz im
Gegensätze zu seiner bisherigen Haltung in der innern
Politik: die Regierung er bl cke den Sch wer pur kt der
Abwehr-Maf regeln nicht in Polizei-Maßnahmen; dieser
liege vielmehr auf stc'alem und religiösem Gebiete.
Birher hat man, wie auch der Abg. Lieber betonte,
von dieser Auffassung deS Hr. Frhrn. von der Recke
noch wenig gemerkt; er war bisher ganz der Polizei-
minister. Der Wortführer deS CenlrumS gab daher
dem Empfinden der weitesten Volkskreise Ausdruck,
als er erklärte: die Botschaft des Ministers von der
socialen Reform höre er wohl, allein ihm fehle der
Glaube.
Nachdem f,die VereirSgesitz-Novelle durch daS Ab-
geordnetenhauS endgültig beseitigt ist, emsteht wieder
vor, vertraute dem »Ritter" feinen Plan mit dem Kvpfer-
werke an und äußerte seinen Wunsch, einen reichen Genoffen
zu finden. Der neue Zeitungsredakteur wußte gleich Rath,
er pries in geschickter Weise in seinem neuen Blatte das
Kupferbergwerk von X. und die großartigen Vortheile, die
man aus seiner Ausbeutung ziehen könne und nannte zu-
gleich den Herrn von Beaumont als den Hauptdirektor des
Unternehmens. Das Wörtchen „von" wirkte damals noch
mächtig bei Bielen, die cs kaum sür möglich hielten, daß
ein Mann von Adel betrügen könne. In kurzer Zeit sah
Valentin viele Spekulanten dritter Klaffe zu sich kommen,
die ihm ihre Beiträge in leinenen Säckchen brachten. Auch
mehr als ein Kaufmann, der sich aus dem Geschäfte zu-
rückgezogen hatte, kam, um seine Ersparnisse von 20 Jahre
in seine Hände zu legen. Herr von Beaumont begann jetzt
seine „Ausbeutung" mit einem Theile der erhaltenen Sum-
men, es kam natürlich gar nichts dabei heraus. Wehmüthig
erklärte Valentin bald daraus seinen Compagnos, daß alle
ihre eingelegten Gelder samt dem seinigen von dem
unglücklichen Unternehmen verschlungen seien. Seine Ge-
nossen wurden natürlich ungebaltcn und forderten Rech-
nungtablage. Er aber wußte sich so rein zu waschen, daß
man ihm» nichts machen konnte. Zum Ueberfluß hielt er
noch wenige Tage später erne so menschenfreundliche Rede,
drückte darin so schöne, rührende Gesühle gegen die arbei-
tenden Klassen und die Armen aus, daß er, statt zu sinken,
in der öffentlichen Meinung noch höher stieg als zuvor-
Einen Monat später ging auch seine Zeitung bankerott.
Während der Zeit, die er dieser Gcschäftsangelcgenheit ge-
widmet hatte, war er auch sonst nicht müßig gewesen, hatte
vielmehr noch andere vorthcilhafte „Geschäftchen" gemacht.
Nach einander politischer Schriftsteller, geheimer Gesandter,
Diplomat, wurde er schließlich Banquier.
Er war eben ein verschlagener Mensch, über seine Zeit
hinaus, bei den Diplomaten war er auch Diplomat. Er be-
herrschte Alle, die mit ihm umgingen, wußte die Fehler des
Einen, die Fähigkeiten des Andern, die Selbstsucht und
Habsucht Aller geschickt zu benützen. Er hatte die Gesinnung
und daS Gewisser, Vieler auf die Probe gestellt und glaubte
Keinen gefunden zu haben, der nicht unter ihm stehe, schlech-

Organ für Waßrlmi, FnUmt L KE-
h>^ie Poft bezogen viertelt. 160 franco.
 
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