Mtzer Volksblatt
rage. »bo«»e«e»i1»prei» mrt den
> llnterhaltungsblatt „Der Sonntag!
'lberg monatlich 5« mit Trägern
WMU Mwch, dm 21. AM 1897.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
„So mutz rch Dich rwrngen, er r
»wischen den »usammengebisienen Zäh?
griff die sich Sträubende, zerrte sie »um Tische und
sie gewaltsam auf den Stuhl nieder. Dann legte
die Feder in die Hand, und über sie gebeugt, droh,
„Bleich unterschreibst Du, oder e» geht Dir schlimm!
... E"" eisige Ruhe war über sie gekommen : ei» ve
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrstraßr 7.
Für das Mite Guartal 1897
^h»ru «och immer alle Postämter Bestellungen auf
täglich erscheinende Zeitung
'Pfalzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
*Er",) sowie unsere Expedition Heidelberg
^»gerftraße 7 entgegen.
Expedition des „Pfalzer Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerftraße 7.
Eisenbahn- und Hafen-Arbeiter sind, gehören zwar
der sozial-demokratischen Arbeiterpartei direkt nicht an,
werden aber theilweise von Sozial-Demokraten geleitet.
Im Vordergründe der Gewerkschaftsbewegung steht z.
Z. die Einführung eines Landes Pensionsgesetzes für
alle Arbeiter. Zur Durchsetzung dieser Forderung hat
sich ei« Verband niederländischer Arbeitervereine ge-
bildet, in welchem die Sozial-Demokraten wieder eine
Rolle spielen. Die Bäcker unterhalten eine Agitation
für gesetzliche Abschaffung der Nachtarbeit.
Die sozial-demokratische Bewegung nahm in Hol-
land 1869 mit der Gründung einer Filiale der alten
Internationale im Haag ihren Anfang. 1890 kam
Domela Nicuwenhuis in'S Parlament, der aber einige
Jahre darauf sein anti parlamentarisches Herz ent-
deckte und seitdem in seinem Sozialisten-Bunde mehr
anarchistische Tendenzen vertritt, Wahlen höchsten- als
Agitation- Werkzeug betrachtet und in dem Verbands-
organ Recht voor Allen besonders die deutsche Sozial-
Demokratie heftig befehdet. Die sozial-demokratische
Arbeiterpartei dagegen steht auf dem Boden der
marxistischen internationalen Sozial-Dsmokratie. Die
Presse der Partei besteht aus einer Monatsschrift De
Nieuwe Tijd, in welcher theoretische Fragen behan-
delt werden, dem Parteiorgan De Soziaaldemokraat,
welches der Organisation und der politischen Tätig-
keit der Partei dient, und der Volkstribüne, einem lo-
kalen AgitatioaSblatt für den katholischen Süden.
Die beiden letztgenannten Organe sind Wochenblätter.
DaS Recht^voor Allen erscheint wöchentlich drei Mal.
Während die belgische Arbeiterpartei nahezu ausschließ-
lich aus den städtischen Arbeitern, welche die Groß-
industrie zusammendrängt, sich recrutirt, zählt die
sozial-demokratische Partei in Holland unter den Land-
arbeitern und Kleinbauern im Norden vielfach An-
hänger, die auf ziemlich weite Gebiete zerstreut find.
Bekanntlich hat der social-demokratische Reichstag--
Abgeordnete Liebknecht unlängst auf eine Einladung
hin in den holländischen Universitätsstädten Delft,
Amsterdam, Utrecht, Leiden und Groningen akademische
Vorträge über den SocialiSmuS und die social-demo-
kratische Bewegung in Deutschland in deutscher Sprache
gehalten. Wie Liebkr echt jüngst in der Neuen Zeit
berichtet, bildeten fast ausnahmslos Studenten, Stu-
dentinnen und Professoren die Zuhörerschaft. Einige
befreundete Arbeiter seien gewissermaßen nur als
Hospitanten anwesend gewesen. Dem Takt und der
Aufmerksamkeit seiner Zuhörer spendet Liebknecht leb
hasten Beifall. Da sei nichts von der „hysterischen
Intoleranz" zu merken gewesen, auf die man in der
Hk Karlamentswahlen in Holland und
die Social-Demokratie.
ja social-demokratische Arbeiterpartei Hollands
F eifrig bei der Arbeit, um bei den bevorstehenden
^Mahlen zum Parlament einige Sitze zrr erobern,
w? dadurch zugleich dem Socialistenbund von Domela-
. »eiuveohui», welcher den Parlamentarismus verwirft,
»Gnadenstoß" zu geben. In Utrecht, Allmeloo,
jZftu, Groningen, Hartem, Leuwardcn und andern
- ffkn sinh von der social-demokratischen Partei Ar-
^er-Wahlvereine gegründet. worden, welche die
Mafsungs-Revision zur Einführung deS allgemeinen
Wahlrechts als obersten Programwpuukt haben und
dem auch bürgerliche Elemente umfassenden Ber-
für das allgemeine Stimmrecht in Verbindung
Wen. Nach dem neuen Wahlgesetz ist die Zahl der
Zahler von 280,000 auf rund 6- bis 700,000 ge-
aber diese Ziffer umfaßt nur etwa 60 pCt.
"ärmlichen Bevölkerung über 25 Jahre, und
"««dem ist daS Wahlrecht an einen Censu» gebunden.
« Die sozial-demokratische Arbeiterpartei entfaltet be-
' Mrs im protestantischen Norden deS Lande-, we-
daw katholischen Süden, eine rege Thätigkeit,
aaientlich in den Provinzen Friesland und Gro-
Im Norden hofft sie auch ein paar Wahl-
erobern. In Rotterdam, der zweitgrößten
den Landes, haben die Gewerkschaften sich mit
Sozial-Demokraten zu einem gemeinsamen Vor-
Aem b" den Wahlen verbündet. Die holländischen
^iverkschaften, von denen die bedeutendsten die der
tz^antarbeiter, Cigarrenarbeiter, Buchdruckerarbeiter,
8)^
den Lächeln, und ein beinahe pathetischer Airsdruck lag in
seiner Stimme, al» er fortfuhr: „Wenn Dein Vater Dir
ein Papier vorlegt und Dich, seine Tochter, bittet, e» »u
unterfertigen, sollte er wahrhaftig erwarten dürfen, daß
Du seinen Wunsch erfülltest."
Sie erwiderte nichts und sah ihn nur traurig an. Er
mutzte die Augen senken vor dem vorwurfrvollen Blick.
Dann näherte sie sich hastig dem Tisch, nahm da« Papier
auf, und eh« er sie daran hindern konnte, hatte sic dessen
Inhalt durchflogen. Mit einem Ausrufe de» Schrecken»
Uetz sie e» aus der Hand fallen: „Großer Gott!' rief sie
aus. „Bis auf eine Kleinigkeit soll ich Alle», wa» ich habe,
an Dich abtrcten! Wovon sollen wir denn leben, die kranke
Mutter und ich?"
„Nein! nein I" betheuerte er eifrig. .Abtreten sollst
Du nichts l Du sollst nur hasten für den Betrag! Haften
und Abtreten ist Zweierlei "
„Nun gut, Vater! Dann erlaube mir, datz ich in die-
ser Angelegenheit Hofrath Roß befrage. Stellt sich'» heran»,
datz ich Dir helfen kann, ohne die Zukunft der Mutter zu
gefährden, so soll es geschehen."
„Wie?" schrie er auf, „ein Fremder sollte »wischen
Vater und Tochter treten? Ihm schenkst Du größere» Ver-
trauen al« dem eigenen Vater?
Fast hätte sie dies »»gegeben; sie unterdrückte aber
den Gedanken und erwiderte ruhig: „Er ist Recht»gelehrter,
Du bist e» nicht. Wenn Du e» noch so gut mit un» meinst"
— da» Wort kam nicht leicht über ihre an keine Verstell-
ung gewohntin Lippen — „Du kannst in Geldsachen leich-
ter getäuscht «erden wie er. Sieb mir da» Papier, lieber
Vater; ich gehe damit sogleich »um Hofrath und frage ihn
um Rath, «re Dir geholfen werden kann, ohne datz die
Mutter »ur Bettlerin wird."
„Und ich verbiete Dir, irgend Jemand um Rath »u
fragen I" donnerte der Baron- „Ich befehle Dir, sofort die»
Papier zu unterfertigen. Mündig oder nicht. Du bist mein
Kind; at» solches hast Du mir »u gehorchen!'
, „Und ich weigere mich, eS zu thun!" erklärte sie rut-
sch,even.
„Du weigerst Dich, obwohl ich Dich darum bitte? —
Die Stimmung im Volke.
Bei den Verhandlungen über die Marinevorlage
war eines der in Aussicht gestellten PressionSmittel
die Drohung mit Reichstagsauflösung und Neuwahl
gewesen. ES gab wirklich so naive staatsmännische
Gemüther, welche glaubten, da- Volk würde sich für
die Marine in Begeisterung setzen lassen,- möglicher-
weise rechneten sie auch mit der bei der Centenarfeier
neu entflammten patriotischen Stimmung, besonders in
Preußen. Die Herren, welche nicht bald genug
„diesen" Reichstag zu den Begrabenen legen können,
haben in den letzten Tagen Gelegenheit gehabt, ein-
recht gründliche Probe auf die vorzüglichen Aussichten,
von denen sie träumen, zu machen bei der Reichstags-
nachwahl in Torgau Liebenwerd». Solche Wahlen
reden doch wohl laut von der Stimmung des Volke-
gegenüber der Marinevorlage, nicht minder aber auch
von dem Einflüsse des Bundes der Landwirthe dort,
wo man vor allem daran glauben sollte. Nimmt man
dazu die N a ch w a h l im Wahlkreis Schwetz, wo
diesmal statt des freiconservativen Rittergutsbesitzer-
Holtz, dessen Wahl für ungiltig war erklärt worden,
der Pole von Saß-JaworSki mit 1000 Stimmen
Mehrheit gewählt wurde, bedenkt man ferner, daß seit
1893 die Freikonservativen nunmehr bereits 3 Wahl-
kreise, die Conservativen 6 Wahlkreise (Plauen, Sol-
berg, Halle-Herford, Löwenberg, Schlettstadt, MörS-
Rees) verloren haben ohne jeglichen Gewinn, daß fer-
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
i Organ für Waßckeff, Fmlmi L KM.
'Expeditisri: Awingerftratze 7.
LeidvoU und freudvoll.
Novelle von L. v- Ne i d egg-
in «,, ? Baron» Gesicht war noch röihcr al» gewöhnlich,
Augen flimmerte cs unheimlich; doch gab er sich
»enschrmlich Mühe, unbefangen »u scheinen.
«in-Dich herein," erklärte er, „weil ich Dich «m
Keine Gefälligkeit ersuchen mutz."
Ti- ist es, Vater?" fragte sie mit möglichster Ruhe.
„ tte Ück> in dem Zimmer umgesehen und bemerkt,
in» W Tische ein Papier anSgcbreitet lag. Mit bei-
,i„.dden stützte sie sich auf eine Stuhllehne. Ihr Athen«
Kurzer, und ihr Her» begann unruhig »u pochen.
* v Ncudingen sah seine Tochter scharf und for-
- g^ch er war befangen.
Ly,, »Bücke doch nicht so verstört!" sagte er mit einem
Leb-» scherrhaft klingen sollte. „Es geht ja nicht an'»
«s handelt sich um eme blotze Formalität. Hier
iäDu Deinen Namen hinsetzen.. . hierher . . . damit
alle» abgethan."
du n Erwartung eine» Unglückes ist oft schwerer al»
jch-nsWuck selber; für kraftvolle Naturen ist der Kampf
leichter al» da» Dulden. Angesicht» der Gefahr
«»na ihre Ruhe wieder.
delt- müßte ich aber wissen, um wa» e» sich han-
' sie mit großer Entschiedenheit.
tu E bandelt sich darum, Deinem Vater einen Gefallen
mein Kind!" sagte der Baron beinahe schmeichelnd.
Su«, sollte Dir genügen. Du bist Deiner Mutter eine so
Tochter. Anna! Sei es auch mir."
Kell-» te*! antwortete sie traurig, „ich will mich nicht
iubrun» "IS verstände ich Dich nicht. Leider habe ich Er-
d>ill» ^nug, um errathen zu können, wa» Du von mir
kis> her armen lieben Mutter willen, die ein»ig auf
Ug» "Mwiejen ist, muß ich, bevor ich unterschreibe, ge-
tzich ^pAch waS ich damit auf mich nehme, »u wa» ich
D-ng!" brauste er auf. Aber selbst der
Eise». N "fisch versteht sich »u bemeistern, wenn es der
-Lorthril erheischt. Er »wang sich »u einem grinsen-
„Polizeistube" Deutschland stetig stoße. Liebknecht
wirft die Frage auf, war wohl in Deutschland ge-
schehen würde, wenn er an einer deutschen Universität
eine Vorlesung über Soc'aliSmuS ankündigte, und be-
antwortet sie also: „Erstens würde die Polizei den
Vortrag verbieten. Ereignete sich das Wunder, daß
die Polizei ihn nicht verböte, so würde der Rektor
den Vortrag oder, was dasselbe ist, dessen Besuch
verbieten. Ereignete sich daS Wunder, daß auch da-
unterbliebe, so geschähe ein- von zweien: entweder
eS käme kein Professor und bloß ein halbe- Dutzend
Studenten, die ohnehin auf den schwarzen Listen sind
u. nichts mehr zu fürchten haben, oder e- käme ein Haufen
biergerötheter Corpsburschen, die „Ulk machen wollten."
Liebknecht hat aus Holland, dessen Bewohner „deutschere
Deutsche" seien als wir, die besten Eindrücke mitge-
nommen, ist aber, wie erwähnt, durch seine Schilder-
ung der holländischen Arbeiter-Verhältnisse mit seinem
Partei-Genossen Schönlank in Conflikt gerathru.
Uchrtut täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
W«rtage. »0ou»e«e«1»prei» mit dem wöchent-
Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für
Heidelberg monatlich 5« H mit Trägerlohn, durch
Post bezogen viertelt, 1.60 franco.
K. 88.
haben in den letzten Tagen Gelegenheit gehabt,
recht gründliche Probe auf die vorzüglichen AuSs
von denen sie träumen, zu macht
Nachwahl in Torgau Liebenwerd
i " '
gegenüber der Marinevorlage, nicht minder aber auch
von dem Einflüsse des Bundes der Landwirthe dort,
wo man vor allem daran glauben sollte. Nimmt man
dazu die N a ch w a h l im Wahlkreis Schwetz, wo
diesmal statt des freiconservativen Rittergutsbesitzer-
Holtz, dessen Wahl für ungiltig war erklärt worden,
der Pole von Saß-JaworSki mit 1000 Stimmen
Mehrheit gewählt wurde, bedenkt man ferner, daß seit
1893 die Freikonservativen nunmehr bereits 3 Wahl-
kreise, die Conservativen 6 Wahlkreise (Plauen, Sol-
berg, Halle-Herford, Löwenberg, Schlettstadt, MörS-
Rees) verloren haben ohne jeglichen Gewinn, daß fer-
Ntt-die freisinnige Volkspartei drei von diesen Wahl-
ja, bitte, ich, der Vater, de« da» Recht »usteht, zu befehlen?
Du weigerst Dich, obwohl e» für mich eine Lebensfrage
ist, datz Du e» thuest."
„Vater, sei barmherzig!" flehte sie. „Denke an die
kranke Mutter. Für sie ist e» eine Lcbcn»frage, datz ich
mein Eigenthnm behalte."
„Die Mutter! die Mutter!" höhnte er. »Da» ist leere
Ausrede. Du willst mir nicht helfen, «eil Da mich hassest.
Du «einst, ich sei schuld daran, datz der thörichte Lasse
der Robert, Dich i« Stiche lietz."
- ?ie svmde todtcubleich. „Vater, erinnere mich nicht an
lene trostlose Zelt. Täglich flehe rch »u Gott, datz Er mir
Kraft schenke, »u vergeben und »u vergessen. Gewiß, ich
grolle Niemand, auch Dir nicht. Ich würde Dir gern hel-
fen, ließe es sich vereinen mit der Pflicht gegen die Mutter."
Sie hatte die Hände gefaltet und sah bittend »u ihm
auf. Er aber dachte nur daran, datz er Geld brauche, und
datz seine Tochter die Einrige sei, die e» ihm verschaffen
könne. Auf'» Höchste getriebene Selbstsucht steigert sich »um
Wahnsinn. — diesem war er jetzt verfallen.
„Latz die Reden-arten!" schrie er sie an. „Antworte -
unterschreibsi Du oder nicht?"
„Niemals!" antwortete sie mit fester Stimme
„So mutz ich Dich »wingen, e» »u thun!" zischte er
»wischen den »usammengebisienen Zähnen hervor. Er er-
griff die sich Sträubende, zerrte sie »um Tische und drückte
sie gewaltsam auf den Stuhl nieder. Dann legte er ihr
die Feder in die Hand, und über sie gebeugt, drohte er-
bleich unterschreibst Du, oder e« geht Dir schlimm
eisige Ruhe war über sie gekommen ; ei» verächt-
licher Zug lag um den stolren, feinen Mund. „Du kannst
mich rödten — zur Unterschrift zwingen kannst Du «ich
NlHt!
. D» Man» kannte sich nicht mehr vor Wuth; er schüt-
telte da» Mädchen an den Schultern, zerrte ihre Rechte,
i" welche er die Feder gedrückt hatte, und fing an, die
Wehrlose zu mißhandeln.
(Fortsetzung folgt.)
rage. »bo«»e«e»i1»prei» mrt den
> llnterhaltungsblatt „Der Sonntag!
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WMU Mwch, dm 21. AM 1897.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
„So mutz rch Dich rwrngen, er r
»wischen den »usammengebisienen Zäh?
griff die sich Sträubende, zerrte sie »um Tische und
sie gewaltsam auf den Stuhl nieder. Dann legte
die Feder in die Hand, und über sie gebeugt, droh,
„Bleich unterschreibst Du, oder e» geht Dir schlimm!
... E"" eisige Ruhe war über sie gekommen : ei» ve
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
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der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
*Er",) sowie unsere Expedition Heidelberg
^»gerftraße 7 entgegen.
Expedition des „Pfalzer Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerftraße 7.
Eisenbahn- und Hafen-Arbeiter sind, gehören zwar
der sozial-demokratischen Arbeiterpartei direkt nicht an,
werden aber theilweise von Sozial-Demokraten geleitet.
Im Vordergründe der Gewerkschaftsbewegung steht z.
Z. die Einführung eines Landes Pensionsgesetzes für
alle Arbeiter. Zur Durchsetzung dieser Forderung hat
sich ei« Verband niederländischer Arbeitervereine ge-
bildet, in welchem die Sozial-Demokraten wieder eine
Rolle spielen. Die Bäcker unterhalten eine Agitation
für gesetzliche Abschaffung der Nachtarbeit.
Die sozial-demokratische Bewegung nahm in Hol-
land 1869 mit der Gründung einer Filiale der alten
Internationale im Haag ihren Anfang. 1890 kam
Domela Nicuwenhuis in'S Parlament, der aber einige
Jahre darauf sein anti parlamentarisches Herz ent-
deckte und seitdem in seinem Sozialisten-Bunde mehr
anarchistische Tendenzen vertritt, Wahlen höchsten- als
Agitation- Werkzeug betrachtet und in dem Verbands-
organ Recht voor Allen besonders die deutsche Sozial-
Demokratie heftig befehdet. Die sozial-demokratische
Arbeiterpartei dagegen steht auf dem Boden der
marxistischen internationalen Sozial-Dsmokratie. Die
Presse der Partei besteht aus einer Monatsschrift De
Nieuwe Tijd, in welcher theoretische Fragen behan-
delt werden, dem Parteiorgan De Soziaaldemokraat,
welches der Organisation und der politischen Tätig-
keit der Partei dient, und der Volkstribüne, einem lo-
kalen AgitatioaSblatt für den katholischen Süden.
Die beiden letztgenannten Organe sind Wochenblätter.
DaS Recht^voor Allen erscheint wöchentlich drei Mal.
Während die belgische Arbeiterpartei nahezu ausschließ-
lich aus den städtischen Arbeitern, welche die Groß-
industrie zusammendrängt, sich recrutirt, zählt die
sozial-demokratische Partei in Holland unter den Land-
arbeitern und Kleinbauern im Norden vielfach An-
hänger, die auf ziemlich weite Gebiete zerstreut find.
Bekanntlich hat der social-demokratische Reichstag--
Abgeordnete Liebknecht unlängst auf eine Einladung
hin in den holländischen Universitätsstädten Delft,
Amsterdam, Utrecht, Leiden und Groningen akademische
Vorträge über den SocialiSmuS und die social-demo-
kratische Bewegung in Deutschland in deutscher Sprache
gehalten. Wie Liebkr echt jüngst in der Neuen Zeit
berichtet, bildeten fast ausnahmslos Studenten, Stu-
dentinnen und Professoren die Zuhörerschaft. Einige
befreundete Arbeiter seien gewissermaßen nur als
Hospitanten anwesend gewesen. Dem Takt und der
Aufmerksamkeit seiner Zuhörer spendet Liebknecht leb
hasten Beifall. Da sei nichts von der „hysterischen
Intoleranz" zu merken gewesen, auf die man in der
Hk Karlamentswahlen in Holland und
die Social-Demokratie.
ja social-demokratische Arbeiterpartei Hollands
F eifrig bei der Arbeit, um bei den bevorstehenden
^Mahlen zum Parlament einige Sitze zrr erobern,
w? dadurch zugleich dem Socialistenbund von Domela-
. »eiuveohui», welcher den Parlamentarismus verwirft,
»Gnadenstoß" zu geben. In Utrecht, Allmeloo,
jZftu, Groningen, Hartem, Leuwardcn und andern
- ffkn sinh von der social-demokratischen Partei Ar-
^er-Wahlvereine gegründet. worden, welche die
Mafsungs-Revision zur Einführung deS allgemeinen
Wahlrechts als obersten Programwpuukt haben und
dem auch bürgerliche Elemente umfassenden Ber-
für das allgemeine Stimmrecht in Verbindung
Wen. Nach dem neuen Wahlgesetz ist die Zahl der
Zahler von 280,000 auf rund 6- bis 700,000 ge-
aber diese Ziffer umfaßt nur etwa 60 pCt.
"ärmlichen Bevölkerung über 25 Jahre, und
"««dem ist daS Wahlrecht an einen Censu» gebunden.
« Die sozial-demokratische Arbeiterpartei entfaltet be-
' Mrs im protestantischen Norden deS Lande-, we-
daw katholischen Süden, eine rege Thätigkeit,
aaientlich in den Provinzen Friesland und Gro-
Im Norden hofft sie auch ein paar Wahl-
erobern. In Rotterdam, der zweitgrößten
den Landes, haben die Gewerkschaften sich mit
Sozial-Demokraten zu einem gemeinsamen Vor-
Aem b" den Wahlen verbündet. Die holländischen
^iverkschaften, von denen die bedeutendsten die der
tz^antarbeiter, Cigarrenarbeiter, Buchdruckerarbeiter,
8)^
den Lächeln, und ein beinahe pathetischer Airsdruck lag in
seiner Stimme, al» er fortfuhr: „Wenn Dein Vater Dir
ein Papier vorlegt und Dich, seine Tochter, bittet, e» »u
unterfertigen, sollte er wahrhaftig erwarten dürfen, daß
Du seinen Wunsch erfülltest."
Sie erwiderte nichts und sah ihn nur traurig an. Er
mutzte die Augen senken vor dem vorwurfrvollen Blick.
Dann näherte sie sich hastig dem Tisch, nahm da« Papier
auf, und eh« er sie daran hindern konnte, hatte sic dessen
Inhalt durchflogen. Mit einem Ausrufe de» Schrecken»
Uetz sie e» aus der Hand fallen: „Großer Gott!' rief sie
aus. „Bis auf eine Kleinigkeit soll ich Alle», wa» ich habe,
an Dich abtrcten! Wovon sollen wir denn leben, die kranke
Mutter und ich?"
„Nein! nein I" betheuerte er eifrig. .Abtreten sollst
Du nichts l Du sollst nur hasten für den Betrag! Haften
und Abtreten ist Zweierlei "
„Nun gut, Vater! Dann erlaube mir, datz ich in die-
ser Angelegenheit Hofrath Roß befrage. Stellt sich'» heran»,
datz ich Dir helfen kann, ohne die Zukunft der Mutter zu
gefährden, so soll es geschehen."
„Wie?" schrie er auf, „ein Fremder sollte »wischen
Vater und Tochter treten? Ihm schenkst Du größere» Ver-
trauen al« dem eigenen Vater?
Fast hätte sie dies »»gegeben; sie unterdrückte aber
den Gedanken und erwiderte ruhig: „Er ist Recht»gelehrter,
Du bist e» nicht. Wenn Du e» noch so gut mit un» meinst"
— da» Wort kam nicht leicht über ihre an keine Verstell-
ung gewohntin Lippen — „Du kannst in Geldsachen leich-
ter getäuscht «erden wie er. Sieb mir da» Papier, lieber
Vater; ich gehe damit sogleich »um Hofrath und frage ihn
um Rath, «re Dir geholfen werden kann, ohne datz die
Mutter »ur Bettlerin wird."
„Und ich verbiete Dir, irgend Jemand um Rath »u
fragen I" donnerte der Baron- „Ich befehle Dir, sofort die»
Papier zu unterfertigen. Mündig oder nicht. Du bist mein
Kind; at» solches hast Du mir »u gehorchen!'
, „Und ich weigere mich, eS zu thun!" erklärte sie rut-
sch,even.
„Du weigerst Dich, obwohl ich Dich darum bitte? —
Die Stimmung im Volke.
Bei den Verhandlungen über die Marinevorlage
war eines der in Aussicht gestellten PressionSmittel
die Drohung mit Reichstagsauflösung und Neuwahl
gewesen. ES gab wirklich so naive staatsmännische
Gemüther, welche glaubten, da- Volk würde sich für
die Marine in Begeisterung setzen lassen,- möglicher-
weise rechneten sie auch mit der bei der Centenarfeier
neu entflammten patriotischen Stimmung, besonders in
Preußen. Die Herren, welche nicht bald genug
„diesen" Reichstag zu den Begrabenen legen können,
haben in den letzten Tagen Gelegenheit gehabt, ein-
recht gründliche Probe auf die vorzüglichen Aussichten,
von denen sie träumen, zu machen bei der Reichstags-
nachwahl in Torgau Liebenwerd». Solche Wahlen
reden doch wohl laut von der Stimmung des Volke-
gegenüber der Marinevorlage, nicht minder aber auch
von dem Einflüsse des Bundes der Landwirthe dort,
wo man vor allem daran glauben sollte. Nimmt man
dazu die N a ch w a h l im Wahlkreis Schwetz, wo
diesmal statt des freiconservativen Rittergutsbesitzer-
Holtz, dessen Wahl für ungiltig war erklärt worden,
der Pole von Saß-JaworSki mit 1000 Stimmen
Mehrheit gewählt wurde, bedenkt man ferner, daß seit
1893 die Freikonservativen nunmehr bereits 3 Wahl-
kreise, die Conservativen 6 Wahlkreise (Plauen, Sol-
berg, Halle-Herford, Löwenberg, Schlettstadt, MörS-
Rees) verloren haben ohne jeglichen Gewinn, daß fer-
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
i Organ für Waßckeff, Fmlmi L KM.
'Expeditisri: Awingerftratze 7.
LeidvoU und freudvoll.
Novelle von L. v- Ne i d egg-
in «,, ? Baron» Gesicht war noch röihcr al» gewöhnlich,
Augen flimmerte cs unheimlich; doch gab er sich
»enschrmlich Mühe, unbefangen »u scheinen.
«in-Dich herein," erklärte er, „weil ich Dich «m
Keine Gefälligkeit ersuchen mutz."
Ti- ist es, Vater?" fragte sie mit möglichster Ruhe.
„ tte Ück> in dem Zimmer umgesehen und bemerkt,
in» W Tische ein Papier anSgcbreitet lag. Mit bei-
,i„.dden stützte sie sich auf eine Stuhllehne. Ihr Athen«
Kurzer, und ihr Her» begann unruhig »u pochen.
* v Ncudingen sah seine Tochter scharf und for-
- g^ch er war befangen.
Ly,, »Bücke doch nicht so verstört!" sagte er mit einem
Leb-» scherrhaft klingen sollte. „Es geht ja nicht an'»
«s handelt sich um eme blotze Formalität. Hier
iäDu Deinen Namen hinsetzen.. . hierher . . . damit
alle» abgethan."
du n Erwartung eine» Unglückes ist oft schwerer al»
jch-nsWuck selber; für kraftvolle Naturen ist der Kampf
leichter al» da» Dulden. Angesicht» der Gefahr
«»na ihre Ruhe wieder.
delt- müßte ich aber wissen, um wa» e» sich han-
' sie mit großer Entschiedenheit.
tu E bandelt sich darum, Deinem Vater einen Gefallen
mein Kind!" sagte der Baron beinahe schmeichelnd.
Su«, sollte Dir genügen. Du bist Deiner Mutter eine so
Tochter. Anna! Sei es auch mir."
Kell-» te*! antwortete sie traurig, „ich will mich nicht
iubrun» "IS verstände ich Dich nicht. Leider habe ich Er-
d>ill» ^nug, um errathen zu können, wa» Du von mir
kis> her armen lieben Mutter willen, die ein»ig auf
Ug» "Mwiejen ist, muß ich, bevor ich unterschreibe, ge-
tzich ^pAch waS ich damit auf mich nehme, »u wa» ich
D-ng!" brauste er auf. Aber selbst der
Eise». N "fisch versteht sich »u bemeistern, wenn es der
-Lorthril erheischt. Er »wang sich »u einem grinsen-
„Polizeistube" Deutschland stetig stoße. Liebknecht
wirft die Frage auf, war wohl in Deutschland ge-
schehen würde, wenn er an einer deutschen Universität
eine Vorlesung über Soc'aliSmuS ankündigte, und be-
antwortet sie also: „Erstens würde die Polizei den
Vortrag verbieten. Ereignete sich das Wunder, daß
die Polizei ihn nicht verböte, so würde der Rektor
den Vortrag oder, was dasselbe ist, dessen Besuch
verbieten. Ereignete sich daS Wunder, daß auch da-
unterbliebe, so geschähe ein- von zweien: entweder
eS käme kein Professor und bloß ein halbe- Dutzend
Studenten, die ohnehin auf den schwarzen Listen sind
u. nichts mehr zu fürchten haben, oder e- käme ein Haufen
biergerötheter Corpsburschen, die „Ulk machen wollten."
Liebknecht hat aus Holland, dessen Bewohner „deutschere
Deutsche" seien als wir, die besten Eindrücke mitge-
nommen, ist aber, wie erwähnt, durch seine Schilder-
ung der holländischen Arbeiter-Verhältnisse mit seinem
Partei-Genossen Schönlank in Conflikt gerathru.
Uchrtut täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
W«rtage. »0ou»e«e«1»prei» mit dem wöchent-
Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für
Heidelberg monatlich 5« H mit Trägerlohn, durch
Post bezogen viertelt, 1.60 franco.
K. 88.
haben in den letzten Tagen Gelegenheit gehabt,
recht gründliche Probe auf die vorzüglichen AuSs
von denen sie träumen, zu macht
Nachwahl in Torgau Liebenwerd
i " '
gegenüber der Marinevorlage, nicht minder aber auch
von dem Einflüsse des Bundes der Landwirthe dort,
wo man vor allem daran glauben sollte. Nimmt man
dazu die N a ch w a h l im Wahlkreis Schwetz, wo
diesmal statt des freiconservativen Rittergutsbesitzer-
Holtz, dessen Wahl für ungiltig war erklärt worden,
der Pole von Saß-JaworSki mit 1000 Stimmen
Mehrheit gewählt wurde, bedenkt man ferner, daß seit
1893 die Freikonservativen nunmehr bereits 3 Wahl-
kreise, die Conservativen 6 Wahlkreise (Plauen, Sol-
berg, Halle-Herford, Löwenberg, Schlettstadt, MörS-
Rees) verloren haben ohne jeglichen Gewinn, daß fer-
Ntt-die freisinnige Volkspartei drei von diesen Wahl-
ja, bitte, ich, der Vater, de« da» Recht »usteht, zu befehlen?
Du weigerst Dich, obwohl e» für mich eine Lebensfrage
ist, datz Du e» thuest."
„Vater, sei barmherzig!" flehte sie. „Denke an die
kranke Mutter. Für sie ist e» eine Lcbcn»frage, datz ich
mein Eigenthnm behalte."
„Die Mutter! die Mutter!" höhnte er. »Da» ist leere
Ausrede. Du willst mir nicht helfen, «eil Da mich hassest.
Du «einst, ich sei schuld daran, datz der thörichte Lasse
der Robert, Dich i« Stiche lietz."
- ?ie svmde todtcubleich. „Vater, erinnere mich nicht an
lene trostlose Zelt. Täglich flehe rch »u Gott, datz Er mir
Kraft schenke, »u vergeben und »u vergessen. Gewiß, ich
grolle Niemand, auch Dir nicht. Ich würde Dir gern hel-
fen, ließe es sich vereinen mit der Pflicht gegen die Mutter."
Sie hatte die Hände gefaltet und sah bittend »u ihm
auf. Er aber dachte nur daran, datz er Geld brauche, und
datz seine Tochter die Einrige sei, die e» ihm verschaffen
könne. Auf'» Höchste getriebene Selbstsucht steigert sich »um
Wahnsinn. — diesem war er jetzt verfallen.
„Latz die Reden-arten!" schrie er sie an. „Antworte -
unterschreibsi Du oder nicht?"
„Niemals!" antwortete sie mit fester Stimme
„So mutz ich Dich »wingen, e» »u thun!" zischte er
»wischen den »usammengebisienen Zähnen hervor. Er er-
griff die sich Sträubende, zerrte sie »um Tische und drückte
sie gewaltsam auf den Stuhl nieder. Dann legte er ihr
die Feder in die Hand, und über sie gebeugt, drohte er-
bleich unterschreibst Du, oder e« geht Dir schlimm
eisige Ruhe war über sie gekommen ; ei» verächt-
licher Zug lag um den stolren, feinen Mund. „Du kannst
mich rödten — zur Unterschrift zwingen kannst Du «ich
NlHt!
. D» Man» kannte sich nicht mehr vor Wuth; er schüt-
telte da» Mädchen an den Schultern, zerrte ihre Rechte,
i" welche er die Feder gedrückt hatte, und fing an, die
Wehrlose zu mißhandeln.
(Fortsetzung folgt.)