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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
Dezember 1897
DOI article:
Nr. 284
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1163

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Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Der heutigen Nummer liegt „Der Sonntags-
bote- Nr. 50 bei.

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
LwtngrrSraßr 7.

^hmen immer noch alle Postämter aus die täglich er«
Einende Zeitung
.Pfälzer Bottsblatt"
vit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Conntagjß-
b'te*), sowie unsere Expedition Heidelberg, Zwinger-
katze 7, entgegen.
Expedition des „PMxer Volksblatt".
Heidelberg Zwingerstraße 7

Gestellungen
sör hfn Monat

hänzung der Begründung handelt. Gegenüber den
früheren Plänen stellt die Vorlage einen unbestreit-
baren Fortschritt dar. Die Marineverwallung glaubt,
daß nach 30jährigen Schwankungen endlich Klärung
geschaffen ist, so daß eine gesitzliche Festlegung er-
folgen kann. Meine Freunde halten es für röthig,
darüber, namentlich nach technischer S-ite hin, eine
gründliche Untersuchung anzustellen. Die Vorlage
verlangt eine gesetzliche Regelung nur im Bezug auf
die Linienschiffe und Kreuzer, aber die TvrpedosloÜe
ist nicht inbegriffen, und wir wissen nicht, was die
Regierung für diefe jährlich mehr fordern wird. ES
handelt sich um em Aetervat, dar innerhalb sieben
Jahren fertig gestellt sein soll. Durch
Gesetze bindet man jeden späteren Reichs-
tag, z. B. durch BesoldungSfestsetzungen, aber auf
dem Gebiete des öffentlichen Rechtes gibt eS keine
Bindung. Wenn trotz eines ablehnenden Votums
des Reichstages der Reichskanzler ein auf dem Ge-
setze beruhendes Schiff bauen sollte, würde die Ober«
rechnungSkammer daS dem Herrn Reichskanzler zur
Last legen. Die verbündeten Regierungen Werren
durch die Vorlage am stärksten gebunden, denn nach-
dem sie acht Schiffe als Einheit verlangt, können sie
nicht mit Einzelforderungen kommen. Wenn der
Reichstag sich sichern will, daß auch die Regierung
gebunden wird, so muß eine gesetzliche Festlegung der
jährlichen Aufwendungen erfolgen, natürlich nur in
gewissen Moximalgrenzen. DaS würde dem Reichs-
tage erleichtern, sich selbst zu binden. In der
Bindung auf7Jahre liegt daS schwerste
Bedenken. Einzelne meiner Freunde fühlen
sich in ihrem Gewissen außer Stande, in der letzten
Tagung des Reichstages eine solche Bindung zu ge-
nehmigen. Für den gegenwärtigen Reichstag,
der kein Kartellreichstag ist, ist es ein glänzendes
Zeugniß, daß die verbündete» Regierungen ihm
das Bürgerliche Gesetzbuch und diese Vorlage von
so großer nationaler Bedeutung gemacht haben.
(Lachen rechts.) Man könnte die Bindung be«
schränken auf die Schlachiflotle, und die Kreuzer der
jährlichen Bewilligung Vorbehalten. Doch das sind
meine persönlichen Ansichten; jedenfalls wird die Ent-
scheidung davon abhängen, ob die Verb. Regierungen
auf der Festlegung auf 7 Jahre unter allen Umständen
bestehen oder nicht. Erfreulich ist es, daß in Bezug
auf die Deklassirungsfrage unseren Anschauungen
Rechnung getragen worden ist. Wie steht es denn
außer den Neubauten mit den sonstigen Ausgaben?
Man will dafür mit 8 Millionen Mark auskommen;
Schritt für Schritt und wies die Anderen an, immer in
seine Spur zu treten, bis er an die weite Oeffnunz kam.
worin Hilverda verschwunden sein muhte. Er kniete auf
einem Eisblatt nieder und rief laut: „Lebt Ihr noch?"
„Ja/ antwortete eine Stimme ans der Tiefe: „ich
bin auf eine Schneemafse gefallen, die mir aber unter den
stützen wankt; ich kann eS nur noch ein Paar Minute»
aushalten."
Leo, näher gekommen, beugte sich über den Abgrund
und mit seiner herzlichen, freundlichen Stimme sagte er
„Erich! halt' aus, so lange es möglich! Wir werden Dir
schon helfen!"
„Du hier... Leo ...!' hörte er leise.
Man lietz die Stricke nieder, aber das Eis bot einen
schlechten Stützpunkt für die stütze und Hilverda war lang
und schwer; seine Hände waren erstarrt und er konnte den
Strick nicht um seinen Leib befestigen, selbst nicht einmal
die Finger herumschlagen. „Ich kann nicht," stöhnte er.
„Es mutz Jemand zu ihm Hinabstetgen," sagte der
Führer, „aber ich waae cs nicht, ich habe Frau und Kinder."
„Ich auch," versicherte der Wirth.
Der Engländer klagte, aber rührte keinen Finger.
„Wollt Ihr es nicht versuchen, selbst nicht um den
Preis eines Vermögens?" frug Leo-
Sie schüttelten den Kopk. „Nein, für kein Geld!"
„Nun, so bindet mir den Strick um den Leib und laßt
mich nieder."
„Es geht nicht, Herr, Sie selbst . .'
„Ihr seht doch stvohl ein, datz ich meinem Blutsver-
wandten da nicht vor meinen Augen im Eise versinken
lasten darf, wenn etwas für seine Rettung geschehen kann."
Und er band sich selbst den Strick unter die Arme, schlug
die Augen zum Himmel, um Gottes Hilfe anzurufen, und
lietz sich in den Abgrund uiedergletten. Todtenstille herrschte
einige Augenblicke.
(Fortsetzung folgt.)

Hede -es Abg. Dr. Lieber in -er Reichs-
tags fitzung sm 7. Dezember über die
Msrinevorlage.
Meine politischen Freunde sind nicht mit einem
Artigen Volum in die erste Lesung gekommen; wir
Men, wie wohl das gesammte deutsche Volk, unter
Eindrvck, daß der Reichstag in seiner letzten Ta-
gung vor einem der bedeutsamsten Gesetzgebungsakte
Mt. Dieser Eindruck ist gestern durch die Staats-
sekcetäre und Minister, die hier erschienen sind, und
^srch den Aufwand von Aufklärungen der öffentlichen
Meinung verschärft worden. Soweit die kurze Zeit
E zuließ, haben meine politischen Freunde sich der
"krathung hingegeben, aber sie sind zu dem Beschlüsse
Momme», daß es unmöglich sei, jetzt schon ein ab-
Mießendks Urtheil zu finden. Weder von der Re-
iterung, noch von die em Haufe wird eine andere
Mtung von unserer Partei erwartet worden sein.
allgemeine politische Lage ist die denkbar u n -
künftigste für dir Vorlage. ES ist von anderer
Melisnr. »7/
*tzählu»g von Melativ Iva. Aus dem Holländischen von
L- v. Heemstede.
22.
-, Leo hatte in Chamounix einen Tag auf die Ankunft
Nes Vetters gewartet; er wollte den Montblanc in der
Mstjgen Jahreszeit in der Nähe sehen und erlaubte sich
Uder dreien Umweg, besonders auch, um da für sich und
Me zukünftige Frau Zimmer zu bestellen. Der Tag wurde
'von bald Mittag und noch sah er Hilverda nicht erschei-
M, als die Post von Martignh ankommt mit Erich's
Metasche und Plaid, doch ohne ihn.
„ „Em Herr Ollandcse," sagte der Kondukteur, habe beim
Muz von La Elegere den Wagen verlassen, um mit einem
Megenosten von Montauvert zu Futz nach Chamounix zu
Uudern. Er könne jedoch unmöglich hier sein; vielleicht
Mnge er die Nacht »n der ländliche» Herberge, die zunächst
"kge, z».
» . »Immer etwas Apartes, der Erich," dachte Leo, im
Umen sich ärgernd, „er wußte, datz ich gern bald zu Hause
M möchte, und nun hält er mich hier auf. Ich hätte ihm
Mts von Chamounix sagen sollen. Dow ich bin noch nicht
j? Montauvert gewesen; es wird am besten sein, wenn rch
M entgegen reise, dann brauche ich nicht bis morgen zu
Zarten."
n Er nahm einen Führer und stieg zu Pferde, um nach
K Elegere zu reite». Erst ging es am Arveflützchen vorbei,
man an einen Weg kam, der im Zickzack nach Mon-
Mvert hinführte. Bäume, Felsen und Gesträuch benahmen
<kv die Aussicht auf das Eisfeld, bis sie an eine kleine
Urberge kamen, von wo sich ein prächtiges Panorama des
Uaciers entfaltete, der mit fernen erstarrten Wellen wirk-
einem Eismeer glich.
Hilverda war noch nicht in der Herberge angelangt.
k. „Wollen der Herr nicht über den Maupas gehen?"
"Ug der Führer, „cs ist durchaus keine Gefahr dabei."
„Nein," entgegnete Leo, „ich werde hier warten, bis
Herr kommt" Er bedachte, datz er sein Leben, das nicht
Mr »hm, sondern Mrliane gehöre, nicht unnöthig in Be-

cäslich mit Ausnahme der Sonn- >u. , Inserate die 1°spaltige Petitzeile oder deren Rau«
Mertaoe. mit dem wöchent- A O10^, Reklame2S Für hiesige Geschäfts-und
Men llnterholkmasblatt „Der Sonmagsbote" für ÄbLlttrlI tz» Pnvatanzeigen, sowie jur Jahres-Anzeigen bedeutende
Heidelberg monatlich St» Ls mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung.
die Post bezogen viertel). 1.Ä) franco. Expedition: Awingerstratze 7.

Melder», MM Sei IZHeMu 1897.
Seite schon darauf hingewiesen, wie wenig Entgegen-
kommen der Reichstag bei des verbündeten Regierungen
gefunden hat. Nach langem Hängen und Würgen ist
die Militärstrafprozeßordnung endlich an uoS gekom-
men, wir werden sie mit allem Wohlwollen, aber auch
mit schärfster Kritik prüfen. In Bezug aus
daS VereinSyesetz hat der hohe BundeSrath sich sogar
vom Königreich Sachsen in der Einlösung deS Kauz
lerworreS beschämen lassen. Die vom Reichstage be«
schlosskne Aushebung des Jesuitengesetzes hat den
Bundesrath weder in seiner Somme»ruhe gestört, noch
in seinem Arbeitseifer «»gespornt. Ich unterdrücke
beinahe gewaltsam die Ausdrücke der Erbit-
terung, d>e im Volke vorhanden sind. Unsere Par-
tei bat niemals Rachepolitik gegenüber den verbünde-
ten Regierungen getrieben. Wir haben unsere Ent-
schließung über daS Bürgerliche Gesetzbuch nicht
abhängig gewacht von der Annahme deS Jesuitenan-
trageS i iteuS des BundeSratheS ; wir sind auch gegen-
wäitig fist entschlossen, die Vorlage mit voller Ob-
jektivitä! zu prüfen. Der Bundesrath wird also über-
legen müssen, was er in Zukunft thun wird. Und
wenn es nicht ein Catilina gewesen wäre, an oen
Cicero seine Worte richtete, so könnte ich den Bundes-
rath s agen: (juvusguk tunciew? (Zustimmung im
Centrum; Heiterkeit links.) Redner verweist auf die
Steigerung der Ausgabe» der Marineverwallung und
der Schulden, die für dieselbe gemocht sind. Die
Vorlage muthet uns eine große neue Ausgabe zu und
deshalb sind die Bedenken nicht von der Hand zu
weisen, die in finanzieller Beziehung vorliegen. Wer
längere Zeit in der Budgetkommission gearbeitet hat,
der Hot nur ein Augurenlächeln, daß heute der Himmel
der Finanzen blau ist, während morgen, um neue
Steuern zu motiviren, alles grau in grau gemalt
wird, als wenn wir schon vor dem ReichSbankerott
stehen. Jetzt verlangt man für die Flotte eine gefitz.
liche Regelung, weil eS nicht mehr anders geht, wäh-
rend uns noch in die Ohren gellen die Ausführungen
von denselben Plätzen, die allerdings von anderen
Männern ausgingen, die sich gegen jede gesetz-
liche Festlegung verwahrten. Ich selbst
habe Klarheit und Bestimmtheit in Bezug auf die
Flotte verlangt. Dieser Forderung genügt die Vorlage,
weil sie auf organisatorischer Grundlage aufgebaut ist.
Gegenüber dem Tadel, daß die Begründung zu dürf-
tig sei, bin ich der Meinung, daß dieselbe vielleicht
schon zu viel sagt. Deshalb muß die Verhandlung
in der der Oesfentlichkeit entzogenen KommissionSde-
rathung erfolge», namentlich soweit eS sich um Er-
fahr bringen dürfe. Er kaufte iu der Herberge einige
Merkwürdigkeiten für die Damen daheim, kleine Sträutze
aus Moos und Edelweiß, im „Jardin" gepflückt, einem
großen Felsen, der wie eine Insel ans dem Eismeer her-
vorraate.
Ein lautes Rusen klang plötzlich vom EiS herüber;
der Führer und der Wirth stiegen den Abhang hinunter,
der zum Glacier führte. Sie sahen in der Ferne einen
Mann, der mit seinen Armen und seinem Hut winkte, wie
um Hilfe herbeizurufen.
Leo war den Anderen rasch gefolgt.
„Es ist ein Mann unter dem Eis verschwunden! Hilfe,
Hilfe!" und man eilte zurück, um Stricke zu holen.
„Das ist gewiß mein Neffe!" sagte Leo, „rasch, lait
uns gehen, vielleicht können wir ihn noch retten. Rasch, ich
verspreche jedem von Ihnen 1000 Franken!"
„Wie konnten sie sich auch obne Führer auf das Eis-
meer wagen?' wurde gesagt.
„Es ist wieder ein Streick a la Erich!" dachte Leo,
„immer eiwas Besonderes. — Könnt ihr mich auch brau-
chen?" frug er laut, „ich stehe fist auf den Beinen und
komme auch aus einem Eislande."
„Je mehr Leute, je besser! Wir sind hier nur zu
zweie», die Anderen find im Thale."
Leo sah jedoch bald ein, datz es etwas ganz Anderes
war, auf dem Fiutz, welcher an Schönburg vorbeiströmte,
Schlittschuh zu laufen, als dieses Eisfeld mit den tiefen,
dunkelblauen Furchen, den spitzen Nadeln, Pitten und Py-
ramiden, und den Riffen, welche sich über unermeßlich tiefen
Abgründen öffneten, zu bewandeln. Alles ging jedoch gut
bis zur Stelle, wo der um Hilfe Rufende, der keinen Schritt
vorwärts oder rückwärts zu thun wagte, sie mit Angst er-
wartete. Da waren fürchterliche Spalten im Eis; es schien
keine einzige Stelle, um den Fuß ohne Gefahr aufzusetzeu-
„Verschwunden! rief der Engländer in gebrochenem
Französisch, schaut dort "
Leo wollte voraneilen. Die beiden Anderen hielte«
ihn zurück.
„Ich will es versuchen !" sagte der Führer, „die Masse
ist hier sehr spröde und unzuverlässig." Er ging behutsam
 
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