pfcher Wksblatt
A. 151.
DMdklg, WmerM, Kl 8. M1897.
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
scheint «S glich mit Ausnahme der Sonn- u. Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren'Raum
^,^ÄntechaltungMM E'kÜM ÄklÜl- P^'atanzeffen, sowie fürJahres-Anzeigen^e^^^^
beidelberg monatlich S» L mit Trägerlohn, durch » l
Druck, Verlag u. Expedition
Kebr. Huber in Heidelberg,
Zwtngrrstraße 7.
K
PvproikN avonnrrr weroen.
Tie bereits irschieneren Nummern werden
- nachgeliefert. M
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Zur gkMitzru Beachtung!
Auf dH .Pfälzer V-Nöblatt" kann
fortwährend hier in unserem Expedition».
Llkole, vurwärts bei ollen Postämtern und
Postboten abonnirt werden.
Windthmst als Katholik.
(Schluß.)
Ich will nur in aller Kürze daran erinnern, wie
fr.'s ^,m Bekenntniß seines katholischen GloubenS,
^t dieser Vertheidignng der Rechte und der Freiheit
^S katlolischen Gewissens in Reich und Staat auf
Parlamentarischem und politischem Gebiete richt hat
^werden Icffev, sondern eine kärgliche Ruhezeit noch
i Eingeschrüukt bat, um direkt und mittelbarermuthigend
das katholische Volk einzuwiiken; so hat er auf
°"n katholischen General-Versammlungen seit 1879
^wurteind, rach ollen Sei'en anregend und immer
wieder von reuem begeisternd zu seinen Freunden,
iu d,m versammelten katlolischen Deutschland und
mittelbar zu seinen Gegnern gesprochen. (Beifcll.)
Arr euch auf diese seine, mittelbar ihren gewidmeten
Aivrte, mit welcher Ausmerlsomkeit haben sie sich ge«
Achvt, ron Jahr zu Jahr gespannter zu lauschen!
A'an kann geradezu sogen: in dem, was auf den
Avßen Heerschauen, wie er sie nannte, in jedem
Herbste Windthvrst sprach, erkannte man für das
kavze folgende Jahr dos Wort und Feldgeschrei der
fischen Katholiken. Urd mit welcher Bescheidenheit
wus ex Ehren, außer einer einzigen zurück; die
über war ihm, wie die alte Fabel vom Riesen An-
haus erzählt, die Mutter Erde, von der er immer
wieder neue Kraft gewann 'M Ringkampfe mit dem
H^culeS: die Zustimmung, die begeisterte Anhäng-
'mkeit des katholischen Volkes. Sor st suchte er weder
^hren noch Gitter. Beinahe möchte man ihm das Letz-
in unserer materiellen Zeit noch erheblich höher
^hnchuen. Ich habe schon bei einer andern Gelegen-
bit aus seinem an Belegen hierfür reichen Leben
^kn, meiner Schätzung noch, überzeugenden ver-
öffentlicht, den zu veröffentlichen er wir bei Lebzeiten
streng verboten hatte. Ich trage kein Bedenken, das
auch hier mitzutheilen. Eines TageS erhielt
Windthvrst von dem gekrönten Vormund eines minder-
jähmgcn katholischen Fürsten das Anerbieten der
Hauptleitung der Vermögens-Verwaltung dieses seines
Mündels gegen ein Jahrgehalt von 100,000 Mark
und die entsprechende Sicherung für Frau und
Kinder im Falle seines Ablebens. Windthvrst
war nicht mit GlückSgütern gesegnet, und was er
außer seinem spärlichen hannoverschen Minister-Ruhe-
gehalt noch bedurfte, hatte er sich bis zu seinem
Lebensende als gewiegter praktischer Jurist mit seiner
Feder verdient. Dieser Mann nun in solcher Lage,
bochbetagt und angesichts der Thatsache, daß der
Kulturkampf sich zu Ende neigte, was that er? Er
schrieb an zwei verbannte Kirchevfürsten und bat sie
zu einer Besprechung in Privat-Nngelegenheiten nach
einem Grenzorte, er trug ihnen dort den Fall vor,
stellte ihnen alles dar, wie es sicy bei ihm zu House
verhielt, und richtete die schlichte Frage an sie:
„Halten Sie es für meine Pflicht als Katholik, dies
Anerbieten von der Hand zu weisen, oder glauben
Sie, daß ich eS mit meinem Gewissen als Katholik
vereinen kann, es anzunehmen?" Die beiden Kirchen-
fürsten zogen sich zur Berathung zurück u. kamen
wieder mit der Antwort: „Deine Pflicht als Katho-
lik ist, auSzuharren, wo du stehst!" Und Windthorst
pcckte sein Handköfferchen, fuhr nach Hannover und
schrieb dem gekrönten Vormund ab. (Lebhafter, an-
haltender Beisoll.) Fürwahr, ein ergreifendes Zeug-
niß dafür, wie er es mit seinem Katholizismus ernst
nahm u. daß es keine größere Schmähung geben kann,
als diesem Manne nochzureden, er sei nur aus Politik
Katholik gewesen.
Wie im Bekenntniß seines Glaubens, der Verthei-
digung der Rechte und Freiheiten katholischer Gewissen
und unserer h. Kirche, so war er aber auch zu gleicher
Zeit und eben darum auch ein Muster in allen übri-
gen sittlichen Tugenden, die iu seiner hohen katholi-
schen Tugend ihre Vollendung empfingen. Vor allem
war er ausgezeichnet durch Treue, die erste der sitt-
lichen Tugenden, durch Klugheit, Gerechtigkeit, Pietät,
Ehrerbietung gegen Höhere, insbesondere gegen kirch-
liche und weltliche Autoritäten, Wahrhaftigkeit, Dank-
barkeit, Bestrafung der Ungerechtigkeit und richt zu-
letzt durch die Freundschaft. Wir olle, die mit ihm
gelitten und gestritten, wissen eS: ES gab im ganzen
Centrum nie einen bessern Freund eines jeden von
uns. (Bravo!) Endlich war er ausgezeichnet durch
seinen Starkmuth, seine Entschlossenheit im Kampfe,
Geduld im Leiden und Beharrlichkeit in der Ver-
tretung seiner Grundsätze, in denen er als unerreich-
tes Muster vor uns steht. Und wohl gemerkt, wir
dürfen zu seinem Ruhme sagen, das war bei ihm
nicht überall menschliche Tugend. Wer in gekannt,
wird sich erinnern, wie ängstlich er sehr häufig
vor einer großen Entscheidung, vor einem entschei-
denden Treffen war. Es waren wirklich katholische
Tugenden, die dieser starkmüthige Mann im Augen-
blick der Entschließung, mitten im Getümmel des
Kampfes bewährt. Seine Unverzagtheit, Entschlossen-
heit und Beharrlichkeit begeisterten da alle Mitstreiter,
daS gesammte katholische Volk, die er trotz aller
Hindernisse im unaufhaltsamen Siegeslauf mit fortriß.
(Großer Beifall.)
Wir müssen heute besonders rühmen jene Gerech-
tigkeit, die er auch gegen Nichikatholiken in alle«
seinem Thun und Denken, vor allem aber auf parla-
mentarischem Boden bethätigte. Nicht einen Einzigen
von ihnen, keinen Protestanten, keinen Juden, keinen
Ungläubigen hat er jemals nicht nur nicht persönlich
angegriffen, nein von irgend jemanden auch nur daS
kleinste Haar krümmen lassen. Wie für die eigene
Freiheit, so trat er Tag für Tag auch für das Recht
und für alle berechtigten Forderungen aller Volks-
genossen ein.
Nun noch in Kürze zu jener erstaunlichen Aufgabe,
die für die Katholiken in unserer Zeit von ganz be-
sonderer Wichtigkeit ist, und die ich schon kurz an-
deutete. Der liebe Gott verlangt von einem nicht
alles, sondern jeder soll seinen Glauben vertreten in
der ihm angewiesenen Stelle und mit den ihm gege-
benen Mitteln. Und m dieser Beziehung ist kaum
ein zweiter so Vorbild für uns geworden, wie Windt-
horst. Sein ganzes Leben lehrt, daß jeder an seinem
Platze genau dasselbe thun und wirken kann, was er
an dem seinen gethan. Weil einer zum Apostel be-
rufen, müssen wir darum alle Apostel sein? Weil
der einzelne zum Propheten erwählt ist, kann darum
jeder Prophet, weil der Einzelne zum Evangelisten
berufen, jeder Evangelist sein, wenn wir den Aposteln,
Propheten, Evangelisten als unsern Vorbildern nach-
folgen sollen? Windthorst ist ein Vorbild für alle
Katholiken darin geworden, daß er jedem gezeigt hat,
daß n an sein ganzes Kapital von Anlagen einsetzeu kann,
um an seinem Platz, in seinem Berufe ein ganzer Katholik
zu werden. (Beifall.) Ebenso hat der liebe Gott das
Maß der Glaubens nicht einem jeden zugetheilt in
gleichem Maße, und so fordert er, daß wir nicht
vii»*.-!" Mann hält jein Moll," sagte sie — „Du wirst
pk,.'"dten, wenn Du die Rctturg verschmähst. Ich über-
Wenn sie Dich in's Zuchthaus sühnen."
schliß* IMte seine Hand und zog ihn mit sich sort. Leise
die sw turch den Corridor, die Treppe hinab, durch
Tir i-"^?^ — die Thüre stand offen. „Nun Gott mit
stj.L üusterte sie, preßie seine Hand an ihre Lippen und
Diäi,«.!' binaus. Droußrn fühlte sich Rudolf von träftigin
verarmen gesagt — eS war Adolf, der lhn erwartete,
Blind und doch schon-.
——(Schluß.)
ib- - " Leiter mit Clelia musizircn durste, flüsterte sie
! w einem unbevbcchteten Augenblick zu: „Versprechen
zwischen beute und morsen blindlings Aller zu
war ich von Ihnen verlause." Er wunderte sich, sab
^'ar gesorderte Versprechen, und die Musik nahm ihren
Er spielte und sang sich wieder Muth und Hvsf-
Herz, und mehr noch that dies Clelia's Gesang
..„.^eitere Stimmung. Getröstet kehrte er in seine Zelle
"6 vrd streckte fick auf sein Lager.
»achte etwa Milternccht sein, da weckte den leise
^Muumernden ein leichns Geräusch. Seine Thür ging
Elelia mit einem Lichte verselen, unter einem Arm
ffkn Pog tragend, kcm herein. — „Clelia, meine Clelia!"
"f er aufspringend.
er !" flüsterte sie — „hier zieh' diese Sachen an —
jn.fft.'we Gendarmen-Uniform — säume nicht! Ich will
'"'MU an der Treppe lauschen, ob der Vater Mäst."
Ȁb" Clelia!" -
lin^» ein Aber — Du gabst mir Dein Wort, heute blind-
li, , thun, was ich von Dir verlangen würde." Und
rvg stch zurück.
Er legte die Gendarmenkleidung an. Auch der Pallasch
vue nicht dabei. Als er sertig war, kehrte Clelia zurück.
Ri,, «t>efel mußt Tu ausziehen" — sagte sie, an seinem
unv r v"nd, daß er sie ungezogen. „Nimm sie in die Hand
lvlge mir!"
D,-»3ch soll fliehen?" sagte er zaudernd — und Dich und
""rn braven Vater in's Unglück stürzen? Nein!"
und, indrß Clelia die Hautthür irnen verriegelte, den
Freund mit sich fvrtriß. Das Hvsthor war auf Clelia's
Veranstaltung nur ongelihnt — ohne Gefährdung erreich-
ten die Beiden den Hafen.
Am frühen Morgen wunderte sich Jedermann in der
Nähe des Hafens, daß das Dompstoot „Norman" ver-
schwunden war.
Zur gewohnten Zeit weckte Clilia mit einem Kuß ihren
Vatir und meldete ihm, was sie getto«. Zugleich g>stand
sie ihm ihre erwiederte Lieke. Der biedere Greis sagte ernst
aber ruhig: „Was Gott thut, das ist wohlgethon! Freilich
streckt er nicht wie ein Fabelertt seine Hand aus den Wol-
ken, sondern gute Menschen find seine Finger, lieber mei-
nen grauen Kopf wird cs zwar nun hergehen — in Gottes
Namen! er ist mit Ehren grau geworden und Tu, mein
Kind, wirst nickt verlaßen sein "
„O, so hättest Tu wohl selbst die Hand zu Rudols's
Rettung ceboien und ich that Unrecht, mein Vorhaben
Dir zu verheimlichen."
„Nein, wein Kind — meinen Diensteid hätte ich nim-
mer verletzt — der barmherzige Gott gab Dir dieses selb-
ständige Handeln ein. Ich hätte cs muffen verhindern, hätte
ich davon gewußt. — Jetzt will ich gleich meine Meldung
wachen — möglich, daß man mich nun für den Entflohenen
einsperrt."
„Das werden sie nicht! dos dürfen sie nicht! Ich gehe
mit Dir, und wenn eins von uns einge'perrt werden soll,
müssen sie es mit mir thun!"
Und nun entstand ein Wettstreit zwilchen Vater und
Kind, wer die Schuld der Entweichtng Rudols's aus fich
nehmen dürfe — endlich verschaffte der Zusall Clelia den
Sieg. Ter Diener des Direktors vom Kriminalgericht hatte
in der Nacht einen Gendarmen mit einer Civilperson aus
wm Gefängnißhose kommen sehen und dies seinem aus dem
Casino Heimkehrenden Herrn miigetheilt. Dieser kam nun
in aller Frühe, fich zu erkundigen, wen der Gendarm mitten
in der Nacht fortgebracht habe. Ta trat Clelir rasch vor
und berichtete mit fester Stimme, was sie gethan, aber
ohne ihren Gehilfen zu nennen. Der Direktor war starr
vor Staunen Und der erhabene Muth, der au» dem gan-
zen Wesen der Blinden sprach, ihre wunderbare Schönheit
und ihre fast prophetenhaste Verkündigung, daß Gott die
Unschuld des Flüchtlings eines Tages an ras Licht bringen
werde, dies Alles wirkte so überwältigend auf den Mann
dis G» fitze s, daher kein Wort des Zornes oder der Strenge
über seine Lippen brachte, sondern nur eine Aeußerung
des Bedauerns, sofort die Untersuchung wider Vater und
Tochter einleiten zu müssen. Dann forderte er dem Greis
die Schlüssel ab und übergab sie einem herbeigerufene»
Osficianten. Vater Widerhold war bis auf Weitere- seiner
Amtsführung enthoben-
Zur Einkerkerung der beiden neuen Klagfäüigen kam
cs nicht; Vater Widercksld's Unschuld stellte fich bald her-
aus — und was wollte man dem blinden Kinde thun?
Man mochte wohl auch eine leise Ahnung davon haben,
daß dasselbe klarerund richtiger gesehen, als die zum Theil
durch vier Augen sehenden Richter. Dennoch wurde Vater
W.dertzold — hauptsächlich in Folge der Denunziation des
Dänen — in Ruhestand versetzt. Das war kein Schlag für
ihn — hätte er nur seine und seines Kindes Behaglichkeit
im Auge gihabt, so wäre er längst abgegangen und zu
seinem Sohns gezogen. Nur das höhere Pflichtgefühl, das
Mitleid für die armen Gefangenen hatten ihn so lange auf
seinem Posten festgehalten.
Von Rudolf wußte man bereits, daß er glücklich in
Drantheim angekommen sei und sich dort in einer Epidemie
durch aufopferndes und erfolgreiches Wirken schnell die
allgemeinste Bewunderung erworben habe. Clelia war
namenlos glücklich über diese Nachricht. „Zu ihm! zu ihm!"
das war fortan ihre Loosung, und ehe ein Monat nach der
Pensionirung ihres Vaters verstrichen war, lichtete das
Schiff das sie dem Ziele ihrer Sehnsucht entgegentrug,
die Anker.
Welch ein Wiederfinden war das im Hafen der nor-
wegischen Seestadt; und welche Tage der Wonne folgten!
Soll die Feder versuchen, nur einen einzigen solchen Tag
den Lesern zu schildern? Für den, welchen treue Liebe be-
glückt, rst es überflüssig, und den andern rathen wir besser -
Gehet und liebet! — Jetzt schaut Clelia, Dank der Hand
ihre» Satten, mit den leiblichen Augen so klar und hell
A. 151.
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fortwährend hier in unserem Expedition».
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Windthmst als Katholik.
(Schluß.)
Ich will nur in aller Kürze daran erinnern, wie
fr.'s ^,m Bekenntniß seines katholischen GloubenS,
^t dieser Vertheidignng der Rechte und der Freiheit
^S katlolischen Gewissens in Reich und Staat auf
Parlamentarischem und politischem Gebiete richt hat
^werden Icffev, sondern eine kärgliche Ruhezeit noch
i Eingeschrüukt bat, um direkt und mittelbarermuthigend
das katholische Volk einzuwiiken; so hat er auf
°"n katholischen General-Versammlungen seit 1879
^wurteind, rach ollen Sei'en anregend und immer
wieder von reuem begeisternd zu seinen Freunden,
iu d,m versammelten katlolischen Deutschland und
mittelbar zu seinen Gegnern gesprochen. (Beifcll.)
Arr euch auf diese seine, mittelbar ihren gewidmeten
Aivrte, mit welcher Ausmerlsomkeit haben sie sich ge«
Achvt, ron Jahr zu Jahr gespannter zu lauschen!
A'an kann geradezu sogen: in dem, was auf den
Avßen Heerschauen, wie er sie nannte, in jedem
Herbste Windthvrst sprach, erkannte man für das
kavze folgende Jahr dos Wort und Feldgeschrei der
fischen Katholiken. Urd mit welcher Bescheidenheit
wus ex Ehren, außer einer einzigen zurück; die
über war ihm, wie die alte Fabel vom Riesen An-
haus erzählt, die Mutter Erde, von der er immer
wieder neue Kraft gewann 'M Ringkampfe mit dem
H^culeS: die Zustimmung, die begeisterte Anhäng-
'mkeit des katholischen Volkes. Sor st suchte er weder
^hren noch Gitter. Beinahe möchte man ihm das Letz-
in unserer materiellen Zeit noch erheblich höher
^hnchuen. Ich habe schon bei einer andern Gelegen-
bit aus seinem an Belegen hierfür reichen Leben
^kn, meiner Schätzung noch, überzeugenden ver-
öffentlicht, den zu veröffentlichen er wir bei Lebzeiten
streng verboten hatte. Ich trage kein Bedenken, das
auch hier mitzutheilen. Eines TageS erhielt
Windthvrst von dem gekrönten Vormund eines minder-
jähmgcn katholischen Fürsten das Anerbieten der
Hauptleitung der Vermögens-Verwaltung dieses seines
Mündels gegen ein Jahrgehalt von 100,000 Mark
und die entsprechende Sicherung für Frau und
Kinder im Falle seines Ablebens. Windthvrst
war nicht mit GlückSgütern gesegnet, und was er
außer seinem spärlichen hannoverschen Minister-Ruhe-
gehalt noch bedurfte, hatte er sich bis zu seinem
Lebensende als gewiegter praktischer Jurist mit seiner
Feder verdient. Dieser Mann nun in solcher Lage,
bochbetagt und angesichts der Thatsache, daß der
Kulturkampf sich zu Ende neigte, was that er? Er
schrieb an zwei verbannte Kirchevfürsten und bat sie
zu einer Besprechung in Privat-Nngelegenheiten nach
einem Grenzorte, er trug ihnen dort den Fall vor,
stellte ihnen alles dar, wie es sicy bei ihm zu House
verhielt, und richtete die schlichte Frage an sie:
„Halten Sie es für meine Pflicht als Katholik, dies
Anerbieten von der Hand zu weisen, oder glauben
Sie, daß ich eS mit meinem Gewissen als Katholik
vereinen kann, es anzunehmen?" Die beiden Kirchen-
fürsten zogen sich zur Berathung zurück u. kamen
wieder mit der Antwort: „Deine Pflicht als Katho-
lik ist, auSzuharren, wo du stehst!" Und Windthorst
pcckte sein Handköfferchen, fuhr nach Hannover und
schrieb dem gekrönten Vormund ab. (Lebhafter, an-
haltender Beisoll.) Fürwahr, ein ergreifendes Zeug-
niß dafür, wie er es mit seinem Katholizismus ernst
nahm u. daß es keine größere Schmähung geben kann,
als diesem Manne nochzureden, er sei nur aus Politik
Katholik gewesen.
Wie im Bekenntniß seines Glaubens, der Verthei-
digung der Rechte und Freiheiten katholischer Gewissen
und unserer h. Kirche, so war er aber auch zu gleicher
Zeit und eben darum auch ein Muster in allen übri-
gen sittlichen Tugenden, die iu seiner hohen katholi-
schen Tugend ihre Vollendung empfingen. Vor allem
war er ausgezeichnet durch Treue, die erste der sitt-
lichen Tugenden, durch Klugheit, Gerechtigkeit, Pietät,
Ehrerbietung gegen Höhere, insbesondere gegen kirch-
liche und weltliche Autoritäten, Wahrhaftigkeit, Dank-
barkeit, Bestrafung der Ungerechtigkeit und richt zu-
letzt durch die Freundschaft. Wir olle, die mit ihm
gelitten und gestritten, wissen eS: ES gab im ganzen
Centrum nie einen bessern Freund eines jeden von
uns. (Bravo!) Endlich war er ausgezeichnet durch
seinen Starkmuth, seine Entschlossenheit im Kampfe,
Geduld im Leiden und Beharrlichkeit in der Ver-
tretung seiner Grundsätze, in denen er als unerreich-
tes Muster vor uns steht. Und wohl gemerkt, wir
dürfen zu seinem Ruhme sagen, das war bei ihm
nicht überall menschliche Tugend. Wer in gekannt,
wird sich erinnern, wie ängstlich er sehr häufig
vor einer großen Entscheidung, vor einem entschei-
denden Treffen war. Es waren wirklich katholische
Tugenden, die dieser starkmüthige Mann im Augen-
blick der Entschließung, mitten im Getümmel des
Kampfes bewährt. Seine Unverzagtheit, Entschlossen-
heit und Beharrlichkeit begeisterten da alle Mitstreiter,
daS gesammte katholische Volk, die er trotz aller
Hindernisse im unaufhaltsamen Siegeslauf mit fortriß.
(Großer Beifall.)
Wir müssen heute besonders rühmen jene Gerech-
tigkeit, die er auch gegen Nichikatholiken in alle«
seinem Thun und Denken, vor allem aber auf parla-
mentarischem Boden bethätigte. Nicht einen Einzigen
von ihnen, keinen Protestanten, keinen Juden, keinen
Ungläubigen hat er jemals nicht nur nicht persönlich
angegriffen, nein von irgend jemanden auch nur daS
kleinste Haar krümmen lassen. Wie für die eigene
Freiheit, so trat er Tag für Tag auch für das Recht
und für alle berechtigten Forderungen aller Volks-
genossen ein.
Nun noch in Kürze zu jener erstaunlichen Aufgabe,
die für die Katholiken in unserer Zeit von ganz be-
sonderer Wichtigkeit ist, und die ich schon kurz an-
deutete. Der liebe Gott verlangt von einem nicht
alles, sondern jeder soll seinen Glauben vertreten in
der ihm angewiesenen Stelle und mit den ihm gege-
benen Mitteln. Und m dieser Beziehung ist kaum
ein zweiter so Vorbild für uns geworden, wie Windt-
horst. Sein ganzes Leben lehrt, daß jeder an seinem
Platze genau dasselbe thun und wirken kann, was er
an dem seinen gethan. Weil einer zum Apostel be-
rufen, müssen wir darum alle Apostel sein? Weil
der einzelne zum Propheten erwählt ist, kann darum
jeder Prophet, weil der Einzelne zum Evangelisten
berufen, jeder Evangelist sein, wenn wir den Aposteln,
Propheten, Evangelisten als unsern Vorbildern nach-
folgen sollen? Windthorst ist ein Vorbild für alle
Katholiken darin geworden, daß er jedem gezeigt hat,
daß n an sein ganzes Kapital von Anlagen einsetzeu kann,
um an seinem Platz, in seinem Berufe ein ganzer Katholik
zu werden. (Beifall.) Ebenso hat der liebe Gott das
Maß der Glaubens nicht einem jeden zugetheilt in
gleichem Maße, und so fordert er, daß wir nicht
vii»*.-!" Mann hält jein Moll," sagte sie — „Du wirst
pk,.'"dten, wenn Du die Rctturg verschmähst. Ich über-
Wenn sie Dich in's Zuchthaus sühnen."
schliß* IMte seine Hand und zog ihn mit sich sort. Leise
die sw turch den Corridor, die Treppe hinab, durch
Tir i-"^?^ — die Thüre stand offen. „Nun Gott mit
stj.L üusterte sie, preßie seine Hand an ihre Lippen und
Diäi,«.!' binaus. Droußrn fühlte sich Rudolf von träftigin
verarmen gesagt — eS war Adolf, der lhn erwartete,
Blind und doch schon-.
——(Schluß.)
ib- - " Leiter mit Clelia musizircn durste, flüsterte sie
! w einem unbevbcchteten Augenblick zu: „Versprechen
zwischen beute und morsen blindlings Aller zu
war ich von Ihnen verlause." Er wunderte sich, sab
^'ar gesorderte Versprechen, und die Musik nahm ihren
Er spielte und sang sich wieder Muth und Hvsf-
Herz, und mehr noch that dies Clelia's Gesang
..„.^eitere Stimmung. Getröstet kehrte er in seine Zelle
"6 vrd streckte fick auf sein Lager.
»achte etwa Milternccht sein, da weckte den leise
^Muumernden ein leichns Geräusch. Seine Thür ging
Elelia mit einem Lichte verselen, unter einem Arm
ffkn Pog tragend, kcm herein. — „Clelia, meine Clelia!"
"f er aufspringend.
er !" flüsterte sie — „hier zieh' diese Sachen an —
jn.fft.'we Gendarmen-Uniform — säume nicht! Ich will
'"'MU an der Treppe lauschen, ob der Vater Mäst."
Ȁb" Clelia!" -
lin^» ein Aber — Du gabst mir Dein Wort, heute blind-
li, , thun, was ich von Dir verlangen würde." Und
rvg stch zurück.
Er legte die Gendarmenkleidung an. Auch der Pallasch
vue nicht dabei. Als er sertig war, kehrte Clelia zurück.
Ri,, «t>efel mußt Tu ausziehen" — sagte sie, an seinem
unv r v"nd, daß er sie ungezogen. „Nimm sie in die Hand
lvlge mir!"
D,-»3ch soll fliehen?" sagte er zaudernd — und Dich und
""rn braven Vater in's Unglück stürzen? Nein!"
und, indrß Clelia die Hautthür irnen verriegelte, den
Freund mit sich fvrtriß. Das Hvsthor war auf Clelia's
Veranstaltung nur ongelihnt — ohne Gefährdung erreich-
ten die Beiden den Hafen.
Am frühen Morgen wunderte sich Jedermann in der
Nähe des Hafens, daß das Dompstoot „Norman" ver-
schwunden war.
Zur gewohnten Zeit weckte Clilia mit einem Kuß ihren
Vatir und meldete ihm, was sie getto«. Zugleich g>stand
sie ihm ihre erwiederte Lieke. Der biedere Greis sagte ernst
aber ruhig: „Was Gott thut, das ist wohlgethon! Freilich
streckt er nicht wie ein Fabelertt seine Hand aus den Wol-
ken, sondern gute Menschen find seine Finger, lieber mei-
nen grauen Kopf wird cs zwar nun hergehen — in Gottes
Namen! er ist mit Ehren grau geworden und Tu, mein
Kind, wirst nickt verlaßen sein "
„O, so hättest Tu wohl selbst die Hand zu Rudols's
Rettung ceboien und ich that Unrecht, mein Vorhaben
Dir zu verheimlichen."
„Nein, wein Kind — meinen Diensteid hätte ich nim-
mer verletzt — der barmherzige Gott gab Dir dieses selb-
ständige Handeln ein. Ich hätte cs muffen verhindern, hätte
ich davon gewußt. — Jetzt will ich gleich meine Meldung
wachen — möglich, daß man mich nun für den Entflohenen
einsperrt."
„Das werden sie nicht! dos dürfen sie nicht! Ich gehe
mit Dir, und wenn eins von uns einge'perrt werden soll,
müssen sie es mit mir thun!"
Und nun entstand ein Wettstreit zwilchen Vater und
Kind, wer die Schuld der Entweichtng Rudols's aus fich
nehmen dürfe — endlich verschaffte der Zusall Clelia den
Sieg. Ter Diener des Direktors vom Kriminalgericht hatte
in der Nacht einen Gendarmen mit einer Civilperson aus
wm Gefängnißhose kommen sehen und dies seinem aus dem
Casino Heimkehrenden Herrn miigetheilt. Dieser kam nun
in aller Frühe, fich zu erkundigen, wen der Gendarm mitten
in der Nacht fortgebracht habe. Ta trat Clelir rasch vor
und berichtete mit fester Stimme, was sie gethan, aber
ohne ihren Gehilfen zu nennen. Der Direktor war starr
vor Staunen Und der erhabene Muth, der au» dem gan-
zen Wesen der Blinden sprach, ihre wunderbare Schönheit
und ihre fast prophetenhaste Verkündigung, daß Gott die
Unschuld des Flüchtlings eines Tages an ras Licht bringen
werde, dies Alles wirkte so überwältigend auf den Mann
dis G» fitze s, daher kein Wort des Zornes oder der Strenge
über seine Lippen brachte, sondern nur eine Aeußerung
des Bedauerns, sofort die Untersuchung wider Vater und
Tochter einleiten zu müssen. Dann forderte er dem Greis
die Schlüssel ab und übergab sie einem herbeigerufene»
Osficianten. Vater Widerhold war bis auf Weitere- seiner
Amtsführung enthoben-
Zur Einkerkerung der beiden neuen Klagfäüigen kam
cs nicht; Vater Widercksld's Unschuld stellte fich bald her-
aus — und was wollte man dem blinden Kinde thun?
Man mochte wohl auch eine leise Ahnung davon haben,
daß dasselbe klarerund richtiger gesehen, als die zum Theil
durch vier Augen sehenden Richter. Dennoch wurde Vater
W.dertzold — hauptsächlich in Folge der Denunziation des
Dänen — in Ruhestand versetzt. Das war kein Schlag für
ihn — hätte er nur seine und seines Kindes Behaglichkeit
im Auge gihabt, so wäre er längst abgegangen und zu
seinem Sohns gezogen. Nur das höhere Pflichtgefühl, das
Mitleid für die armen Gefangenen hatten ihn so lange auf
seinem Posten festgehalten.
Von Rudolf wußte man bereits, daß er glücklich in
Drantheim angekommen sei und sich dort in einer Epidemie
durch aufopferndes und erfolgreiches Wirken schnell die
allgemeinste Bewunderung erworben habe. Clelia war
namenlos glücklich über diese Nachricht. „Zu ihm! zu ihm!"
das war fortan ihre Loosung, und ehe ein Monat nach der
Pensionirung ihres Vaters verstrichen war, lichtete das
Schiff das sie dem Ziele ihrer Sehnsucht entgegentrug,
die Anker.
Welch ein Wiederfinden war das im Hafen der nor-
wegischen Seestadt; und welche Tage der Wonne folgten!
Soll die Feder versuchen, nur einen einzigen solchen Tag
den Lesern zu schildern? Für den, welchen treue Liebe be-
glückt, rst es überflüssig, und den andern rathen wir besser -
Gehet und liebet! — Jetzt schaut Clelia, Dank der Hand
ihre» Satten, mit den leiblichen Augen so klar und hell