Unterhaltungsblatt „Ter Sonntagsbote" für
'°^berg monatlich S<t mit Trägerlohn, durch
da auf die schon in dieser Verhandlung und heute
von dem Abg. v. Putrkamer geäußerten Bedenken
beziehen.
Sie haben ihren Anttaz ausdrücklich auf die ge-
werblichen Arbeiter beschränk. Würde aber durch Gesetz
ein solcher Notmalürbe »tag eingeführt, -so würde
das eine durchaus beklagenSwertbe Rückwirkung auf
die ländwirthschaftlicheu Arbeiter haben müssen. (Zu
stimmung rechts.) Es würde dadurch die in der
Natur der Sache liegende Verschiedenheit zwischen ge
werblichen und ländwirthschaftlicheu Arbeitern in der
W-.ise verschärft, daß nur mehr zwei Kategorien von
Arbeitern beständen: Arbeiter, die das außerordent
lich große Privilegium der Verkürzung der Arbeits-
zeit hätten, und Arbeiter, die für immer von
dieser Vortheilhaften Stellung ausgeschlossen werden.
(Sehr richtig I) Und diese hier betätigte Inferiorität
der landwirthschafiliehen Arbeiter will ich meimsthcilS
nicht befürworten. Das würde auch die beklagenS-
werthe Folge baden, daß noch mehr als bisher die
landwirthschastlichen Arbeiter in die Cent! en der In-
dustrie strebten, um aus der Verkürzung der Arbeits-
zeit auch ihrerseits die großen Vortheile zu ziehen.
(Sehr richtig!) War die Durchführbarkeit deS An-
trags angeht, so werden auch hier die Verhältnisse
der versch ebenen Industriezweige sehr verschiede» liegen,
wie auch von den Abgg. Frhr. v. Stumm u. v. Hehl
auSgeführt worden ist. Man entkräftet Argumen-
tationen nicht dadurch, daß man sagt, sie stammten
aus den Kreisen der Unternehmer. Ich meine, daß
die Unternehmer sozusagen doch auch Menschen sind
und bei dieser Sache auch mitzureven haben. Wir
haben freilich gestern in anderem Zusammenhänge den
Satz gehört, daß eS iu Wahrheit nur noch zwei
Stände gebe, den der producirenden Handarbeiter und
den Stand derer, die die Arbeiter ausbeuteten. Wenn
man auf diesem Standpunkt steht, dann ist freilich
eine sachliche DiScussion überhaupt nicht mehr möglich.
(Sehr richtig!) Aber die Frage der Möglichkeit und
Durchführbarkeit ist für mich gar nicht die Hauptsache.
Wenn uachgewiesen wäre, daß die sämmtlichen ge-
werkiichen Betriebe ohne jede Schädigung eine solche
Verkürzung der Arbeitszeit ertragen könnten und daß
diese den Arbeitern nur zum Vortheile gereichte, gar
keine schädlichen Wirkungen für sie haben würde, so
wäre ich dennoch nicht der Meinung, daß wir dem
Antrag Auer zustimmen müßten. Es gibt sehr viele
Dinge, die wünschenSwerth, zweckmäßig und nützlich
sind, die wir uns selbst und denjenigen wünschen
möchten, die die Last der täglichen Arbeit tragen
müssen und für deren Durchführung wir dennoch nicht
berechtigt sind, sofort die ganze staatliche Gesetzgebung
und die Zwangsmittel des Staates in Anspruch zu
nehmen. Die Darlegungen der Gewerbeaufsichtsbeam-
ten haben uns gezeigt, daß schon jetzt die Tendenz
deutlich dahin gegangen ist, die Arbeitszeit zu ver-
kürzen. Diese Tendenz ist wirksam durch das Wohl-
wollen, ich sage noch lieber, durch die Gewissenhaftig-
leit dec Unternehmer. Sie ist wirksam auch durch
die richtige Einsicht der Unternehmer, daß sie sich in
gegebenen Fällen von der Verkürzung der Arbeits-
zeit Nutzen versprechen könnten. Ferner durch die
Coalitibnen der Arbeiter, die für Verkürzung der
Arbeitszeit eingetrelen find. Diese Fnctoreu werden
auch in Zukunft in der gleichen Tendenz w rken, und
eS ist meiner Ansicht nach durchaus berechtigt, daß
sie nach diesir Richmng wirken.
ES ist lange Zeit mein Ideal gewesen, daß ein
gedeihliches Zusammenwirken der Unternehmer und
Arbeiter in einer berufSgenossenschasilichen Gliederung
möglich sei. Ich gebe auch heute noch nicht die Hoff-
nung auf, aber allerdings bin ich zweifelhaft geworden,
ob man diese Hoffnung festhaltcn kann. DaS Miß-
trauen der Arbeiter gegen die Unternehmer und der
demokratische Zug, der durch unsere ganze Gesellschafts-
ordnung geht, wird, fürchte ich, mehr und mehr dahin
führen, daß dir Arbeiter nur ausschließlich für sich
sich zusammenthun wollen und nur ausschließlich in
Arbeliercoaliüonen ihren Zw cken nachgehen wollen.
Man kann das vielleicht beklagen, und ich begreife,
daß wohlwollende Unternehmer, die mit eigenen Opfern
für die Förderung der Wohlfahrt ihcer Arbeiter be-
müht gewesen sind, eS schmerzlich empfinden, wen«
ihnen gleichsam eine feindliche Arbeitermacht gegen-
übertritt. Trotzdem fürchte ich, daß man diesem Zug
der Zeit sich nicht wird entgegenstellen können. Jeden-
falls meine ich, daß die Verkürzung der Arbeitszeit
zu den berechtigten Zielen der Arbeitereoalitioneu ge-
hört, und ich w-ll hoffen, daß die Arbeiter, die sich
eine Verkürzung erkämpft haben, auch den besten Ge-
brauch davon machen. Dem Vorschläge, den die
Herren hier gemacht haben, stelle ich grundsätzlichen
Widerstand entgegen. Die Herren Antragsteller, denen
unsere heutige auf dem Boden der Freiheit und deS
PrivateigemhumS erwachsene Gesellschaftsordnung feind
ist, sehen vor sich das Ideal einer GesellschaftS- und
Wirthschaftsordnung, in der die bisherige Anarchie
der Produktion, wie sie ernennen, durch eine völlig ge-
regelte Produktion ersetzt ist. Sie müssen also die staat-
lichen Obrigkeiten, die auch Sie nicht werden ent-
rä? t-ivaltiae Petitzeile oder deren Raum
tügttch mit iAusnahme der Sonn- u. ist 'c 't v 10H Reklame25 Für hiesige Geschäfts-und
Organ fnr Alaßrlrest, Fmlmt L MM.
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. . Prhbrrmmmeru werden auf Wunsch grrne Porto-
Jedermann zugesavdt.
-eg Abg. Irhrn. v. HeMng über den
Normalardritslag.
(ReichStagSsitzung vom 11. Februar.)
Der Antrag Auer will einen gesetzlichen Normal-
.weltrtüg von 8 Stunden sür alle gewerblichen Ar-
einführen. Der Redner, der den Antrag be-
Mndete, hat auSgeführt, daß die Errichtung einer
erartizen NormalarbeitSzeit nützlich und durchsühr-
- Ich kann diesen Ausführungen bis zu einem
^wissen Grade bcistimmen. Gewiß wäre eine der-
. "He Verkürzung der Arbeitzeit nützlich u. wünschens-
Ach, wie das schon mein verehrter Freund Dr.
Me vortrefflich dargelegt hat. Ich will eS dahinge-
sein lassen, ob die Majorität der Arbeiterschaft
Mlich schon allgemein äuf der Höhe steht, die ec-
^chrrlich wäre, um von einem solchen NormalarbeitS-
A wirklich die ersprießlichen Forderungen zu ziehen,
oric? auch daS zutrifft, so habe ich doch die
Wkten Bedenken gegen den Antrag Auer und Gen.
AEr Abg. Fischer hat weiter auSgeführt, daß der
Mstuudemag auch nützlich und zweckmäßig sei im
Meresse der Industrie. Auch nach dieser Seite
N will ich vorläufig gar keine Einwendungen machen,
Mion von sehr sachkundiger Seite sehr ernstliche
AAsil «hoben worden sind, ob die Folgen überall
"d für alle Industriezweige und sämmtliche Arbeiter
Mklirh die gleich günstigen sein würden. Aber wenn
wgar erwiesen wäre, würde für mich dennoch die
AOkk Frage übrig bleiben, ob für die allgemeine
^?utgkjrtzgebung, die die Interessen alsir Stände
Aichmäßig erwägen hat, eine derartige Verkürz.
Arbeitszeit nützlich wäre. Ich muß mich
Verantwortlicher Redakteur:
Josieph Huber in Heidelberg.
AeMkU MmM iMl8. Kdmr 1897.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Hchberin Heidelberg,
Lwin-erstraße 7.
1. WS.
und
Dem Amerikanischen nacherzählt.
-Wie konnte ich, da ich nichts von seiner Reise wußte?
W Bries, den Waller zur Besorgung an mich übergeben,
Ue ich nicht erhallen. ES wird sich ,a ausklaren, wen
Schuld daran trifft.- Wolter worüber den Schuldigen
M im Zwnfel; cs war für ihn Gewißheit, das William
halte sekoidemn Antrag absichtlich nicht auSgeführt
.. Ellen dagegen dachte daran nicht im, Entferntesten;
° i'hr stand .S fest, daß das Versäumniß nicht beabstchtrgt
S Wkßn ,ei und in ihrer Freude, Jessie bei sich ru haben,
Neaß ß? ihre vorige Betrüdniß. Sie bückte die
xUuvdm liebevoll an, st.ich ihr die schwarzen Locken auS
°,'w Gtficht zurück und flüsterte: „Liebste Jesste, ich freue
»ich, daß Du so schön und gut bist.-
. Jessie schau'e die Leidende bei diesen seltsamen Wor-
Ä Mit innigster Theilnohme an: sie ahnte nicht, welche
M selbstlose Liebe dieseiben eingegcben hatte War
Messie schtzu und gut, so wurde Williams Leben glücklicher,
W wenn es andeis gewesen wäre. Dies war der einzige
Wunsch, den Ellen auf Erden noch hegte.
di» Ln einer Schreibmappe, die Jssie ehedem ihrer Freun-
M geschenkt, lag ein Brief verborgen, den Ellen in den
Tagen, wenn die schwindelnden Kräfte es gestatteten,
Mritben hatte. Er enthielt ihr Lebewohl für William,
"nd Niemanden anders wollte sie denselben anvertrauen-
?AJisfie. Sie hatte ihrem Gelieh en verziehen von gan-
H<r»in. Sehen wollte sie ihn nicht mehr, aber ihre
Ezeihung sollte ihm zur Beruhigung für die Zukunft
Archen, damit er mit I ssie glücklich sei. DaS war ihr
"vier Wrue.
.Am Nachmittag bat die Kranke, sie mit Jessie allem
Aussen. „Wir wollen noch einmal allein zusammen sein,
w cs früher schon oft der Fall war.
iv,--Sehe ^ich zu mir, Jessie, und lege Deinen Arm um
Du sollst hören, wie lieb ich Dich habe-
«°vst wor es meine Gewohnheit nicht, viel zu sprechen,
lvenn auch mein Herz voll Liebe für Dich war. Weine
nicht, Jtssie! Was machst Du? Bist Du betrübt, daß ich
sterben muß?"
Ein leidenschaftliches Schluchzen war Jeffies Antwort,
und Ellen fuhr fort: „Es ist gut, daß ich gehe; denn keine
von uns hätte ganz glücklich sein können, wenn die andere
ihr die Liebe nahm, die jede von uns zu haben wünschte.
Vergieb mir, Jiffie, — ich wollte ihn Dir nicht rauben
und wenn ich todt bin, mußt Du ihm verzeihen, daß er
auch mich ein wenig liebte."
Jessie schaute verwundert in das eigenthümlich glän-
zende Auge der Kranken und meinte, diese rede irre.
„Ich verstehe Dich nicht, meine liebe Ellen, von wem
redest Du; wem toll ich verzeihen?"
„O Jessie, Du thuest mir wehe. Solltest Du nicht
wissen, wen ich meine? Es mag vielleicht Unrecht sein,
daß ich davon rede, aber i tzt, wo alles zu Ende geht, darf
ich Dir doch sagen, wie gern und willig ich William Dir
zur Liebe aufgegeben habe."
„William?" ruf Jessie mit größtem Staunen aus.
Niemals habe ich William Bellenger geliebt, u. ich könnte
ihn niemals lieben. WaS willst Du eigentlich sagen?"
Ellen war bestürzt; sie zitterte mitleiderregend und
ihre Stimme wollte versagen, als sie hervorstieß: „Du
willst mich doch nicht Hintergehen, — jetzt da ich sterbe?"
„Nein, mein Herz, nein!" Jessie umschlang das kranke
Mädchen, richtet cs km Bette auf und fuhr fort: „Erkläre
mir Alles- Willst du? Ich kann dich nicht verstehen."
Ellen raffte ihre letzte Kraft zusammen und erzähle
so kurz wie möglich, aber wenn auch ruhig, so doch er-
greifend der aufhorchenden Freundin die traurige Geschichte
ihrer Liebe und wie William sie versichert, Jcffie stehe
zwischen ihnen, sie habe ein älteres R?cht an ihm. Die
Kranke sah die flammende Röthe der Entrüstung in Jesflcs
Antlitz steigen.
„Wenn es nicht so ist, flehte sie, wie um eine letzte
Gnade, „wenn er mich getäuscht Hst, so sage cs mir nicht.
Ich könnte es nicht ertragen, den Glauben an ihn zu ver-
lieren. Nein, thue es nicht, thue cs nicht," fuhr sie fast
leidenschaftlich fort, als Jessie die nicht mehr Herr ihrer
selbst war, entrüstet rief:
„Wehe diesem Elenden, diesem Falschen! welch ein
verruchter Betrug, schwarz wie sein eigenes Herz! Zwi-
lchen unseren Eltern hat niemals eine Verabrevung be-
standen. N emals habe ich daran gedacht, ihn zu lieben.
Aber ich fühle jetzt, wie ich ihn verachte! das Ungeheuers
Und Du stirbst für mich- Ellen! Er hat dich getödtet,
der Elende!"
Jessie schwieg, denn in Ellens Antlitz erschien ein Zug,
der sie erschreckte. Nach einer Weile flüsterte das getäuschte
Mädchen, das auch jetzt noch keine Klage gegen ihren Mör-
der hatte: „Bring mir meine Mappe!"
Jefsie that so. Ellen entnahm der Mappe den Brief
an William, das letzte Zeugniß ihrer Liebe. „Nimm dies,
Jessie, und wirf es m die Flammen dort!'
Ellen sah, wie die Flammen das Schriftstück ergriffen
und wie bald nur luftige Asche, vom leichtesten Luftzug
gehoben, übrig blieb. Ein bitteres Lächeln umspielte ihre
Erblosen Lippen, während Jessie heiße Thränen über die
Wangen rollten. Zärtlich und innig umfaßte Jessie dar
bleiche Mädchen und schaute ihr tief in das seelenvolle
Auge. Jetzt lächelte Ellen milde, wie verklärt lehnte ihr
müdes Haupt an der Freundin Schulter und lispelte:
„So, nun ist's out; der Schmerz ist vorüber; ich hab'S
überwunden O, Gott ist gut! Er hat gewollt, daß ich
auch daS Letzte, was mich noch an diese Vergänglichkeit
fesselte, abstreifte, bevor ich scheide. Möge er mir ein gnä-
diger Richter sein. Noch eine Bitte, Jessie; Sage William,
daß ich ihm von Herzen verziehen habe!"
Die Kranke sank erschöpft auf ihr Lager zurück. Jessie
war zu ergriffen, um ein Wort hervorbringen zu können;
m t thräncnumflorten Blicken schaute sie auf die fromme
Dulderin, auf die htnwelkende Blume, die zu edel für die-
ses Jammerthal, des Himmels Engel bald in den ewigen
Gotte sgarl en verpflanzen würden.
„Jeffie, decke mich fester zu, mich friert", flehte Ellen
nach einer Pause, „und lasse die übrigen Lieben sich um
mich sammeln."
(Fortsetzung folgt).