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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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September 1897
DOI Artikel:
Nr. 220
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0897

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die Sprengvorrrchtung
leerung des Ballons k-
oder mindestens den P

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Zur gefälligen Beschlung! Z
»uf das „Pfälzer VolkSbkatt" kann D
U svlitvührind hier in unserem CxpeditionS-
M Lekale, Zwinger stroße Nr. 7, auswärts bei

Verantwortlicher Redakteurc
Joseph Huber in Heidelberg.

^<n PrstLmiern und Pvsttoten obonnirt
dirrdev.

beid°,?"terhaltunasblatt '
^d-° rö monatlich K0 L-
o^-^Dost bezogen viertelt. 1.60 franco.

Druck, Berlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwingrrstraßr 7.

immer und immer wieder darauf hiugewisen werden,
was das Christen thum in diesem Betreff lehrt.
Nach christlicher Auffassung ist das gegenwärtige
Leben nicht Zweck, sondern Mittel zum Zweck.
Wir leben auf Erden, nicht um dieses Leben zu ge-
nießen, und in diesem Genuß unser einziges Ziel und
Ende zu erblicken, sondern wir leben, um uns für
ein höheres, ewig dauerndes Leben vorzubereiten.
Alle-, waS das gegenwärtige Lebe» au Genuß und
Freude, an Arbeit und Leiden mit sich bringt, müssen
wir so gebrauchen, daß wir das ewige Leben nicht
verlieren. Wir müssen so durch die irdischen Güter
hindurchgehen, daß wir die ewigen nicht verlieren.
Wie ganz anders wird das irdische Lebe» sich ge-
stalten, wenn diese Auffassung der gegenwärtigen
Weltordnung stets im Auge behalten wird. Da wird
ein Jeder an seiner Stelle, in seinem Berufe und in
seinen Verhältnissen seine Pfl cht erfüllen und in der
angenehmen Hoffnung, am Abend des gegenwärtigen
Lebens vom himmlischen Hausvater den versprochenen
Lohn zu erhalten, jetzt schon für all' seine Mühen
und Entbehrungeu sich entschädigt halten.
Wie über dar gegenwärtige Leben, so urtheilt das
Christenthum auch über die Arbeit ganz anders
als der Liberalismus. Ist die Arbeit nach liberaler
Anschauung nur ein Mittel, um die Besitzenden noch
mehr zu bereichern, ist sie eine Beschäftigung, die sich
nur für niedere Klassen der Bevölkerung geziemt, so
hat das Christenthum die Arbeit wieder zu Ehren ge-
bracht; denn nach christlicher Auffassung ist die Arbeit
eine sittliche Pflicht für alle Menschen
ohne Unterschied. Ein Jeder soll in seinem Stande
arbeiten, der König wie der Bettler, der Geistliche
wie der Laie. So sehr ist die Arbeit Pflicht Aller,
daß, „wer nicht arbeiten will, auch nicht essen soll".
„Im Schweiße des Angesichtes sollst Du Dein Brod
essen", d. h. durch müheselige geistige oder körperliche
Arbeit sollst Du daS zum Leben Nothwendigr Dir
erwerben ; so lautet das Gesetz Gottes für alle AdamS-
kinder.
Nach christlicher Auffassung ist die Arbeit nicht
entehrend, sondern den Menschen adelnd, da
der Sohn Gottes selbst die mühselige Arbeit nicht ver-
schmähte, sondern während der größten Zeit seines
irdischen Wandels persönlich ausübte. Wer aber im
Geiste Jesu Christi die Arbeit verrichtet, der adelt und
ehrt sich selbst, büßt für seine Sünden und erwirbt
sich unendliche Verdienste für den Himmel. Wenn
diese christliche Anschauung in Betreff der Arbeit wie-
der allgemein Platz greisen würde, wie ganz anders

Vermischtes.
Ueber jenen Ballon, der vor kurzem in Sibirien
gesehen und für Andree's Luftschiff gehalten wurde, läßt
sich jetzt das meteorologische Institut in Kopenhagen folgen-
dermaßen aus: „Schon als vor mehreren Wochen der my-
stische Ballon an der norwegischen Küste bemerkt wurde,
von dem man noch bis heutigen Tages keine Spur gefun-
den bat, wurde von manchen Fachleuten bezweifelt, daß
selbst der bloße Ballon, ohne Gondel, so lange geschwebt
haben könne. Die Schwebefähigkeit des Andree'schcn Bal-
lons mit Gondel und Ausrüstung war von Dr. Ekholm
unter Zugrundelegung der günstigsten Verhältnisse auf 24
bis 30 Tage berechnet worden. Will man auch selbst an-
nehmen, daß es Andree geglückt sei, in so leichter Weise zu
landen, daß er noch einen Theil Gas im Ballon hatte und
er den Ballon zum Zwecke der Üeberbringung von Nach-
richten nach Lösung der Gondel wieder aufsteizen ließ, so
kann das Fahrzeug,wohl keinesfalls mehr solche Tragfähig-
keit gehabt haben, daß es noch lange zu fliegen im Stande
war. Es ist viel wahrscheinlicher, daß Andree beim Landen
die Sprengvorrichtung benutzt hat, um eine schnelle Ent-
leerung des Ballons hsrbeizuführen und seine Ausrüstung
oder mindestens den Proviant zu bergen. Selbst das Aus-
werfen der Ausrüstung, sowie das Lösen der Gondel, wo-
nach die Luftschiffer auf dem großen Rmge, an dem die
Gondel befestigt war, Platz nehmen konnten, war sicher
nicht geeignet, die Fahrt des Ballons auf so lange Zett zu
verlängern, abgesehen davon, daß die Trennung von der
Ausrüstung, von Booten und Schlitten, doch geradezu eine
Verzweiflungsthat wäre. Also wird der vor drei Tagen im
Herzen von Sibirien angeblich gesehene Ballon schwerlich
das Andree'sche Luftschiff gewesen sein."
Ein gequältes Menschenkind macht sich
in folgender Anzeige der Münch. N. Nachr. Luft: „Seis-
mograph (Erdbebenmesser) gesucht. Um die Wirkungen der
Erderschütterung m Folge des großen Verkehrs auf dem
holperigen Granitpflafter im Färbergraben wissenschaftlich
zu messen, wird ein Erdbebenmesser zu leihen gesucht.
Offerte« unter „Nervenfolter."

Arkrittrststze mid -er Merattrmus.
«k^Wn u. nichts als Froglv stehen wirheutzulage
We« c»' t ie alle der Lösm g noch bedürfen. Ul ter
nimmt die Arbeiterfrage unsere ganze
tzie "'sawkeit in Anspruch. Wir fragen mit Recht:
ich,, .d «S , rch gehen, wenn die Lage der Ar-
igiy Haid rire Vsseiung «rsührt? Dünn
.Kötzer wird das Heer der Unzufriedenen, immer
ist ihre Stellung gegenüber den Bisitzer.den. ES
W, diel beraihen und geschrieben worden, wie Ab-
^I^fsen werden könnte. Auch auf dem Wege
Mj^ntzgebung suchte man den Arbeitern zu helfen,
tzn," °as Alles genügt nicht, weil eS sich hier vor
dm die Religion und Sittlichkeit
hch i Ta reicht die moderre liberale KulturweiS-
kch hin, zumal diese dir Religion und Sittlich-
ist I^oseUg gegenüber steht. Man Hot derArbeit
i<yir Bedeutung genommen; denn sie soll doch
d,r ^''"en, de» Arbeiter zu errähren. Im Sinne
l>,r^°°"nen Kultur arbeitet man aber, nicht um zu
lyh,, "l und Auskommen zu finden, sondern man
um dem Arbeitgeber recht viele Waaien zu
len, ^ucht großen Verdienst in die Tasche zu spie-
"km e? anderen Worten: Die Arbeit ist von ei-
ßra H ruäh rnn g r m ittel einem blo
vduktionLmittel herabgesunken,
'st ober euch der Ar b eit er selbst zur
Maschine he, abgewürdigt Worten: Wie eine
h'Nnn s" weit geschätzt wird, als sie Ge-
sie i>;^?w"st, und dann hinauSgeworfen wird, wenn
«Nr ? Mehr laugt, so schätzt man auch den Arbeiter
^»li » k und so lange, als er Arbeit liefern
l'Nek , Q ^un er nicht» mehr leistet, wird er gleich
die Unbrauchbaren Maschine bei Seite gestellt. Nur
ejts kraft, aber nicht die Person des
Lrbxy schumgrn und sterbend vergeben.
d,Ai Spanischen Les Fernan Caballero.
E» » Schluß.
0» stauen stand sie auf, zündete ein Licht an, verbrannte
auf das^B tt ""sagende Papier und warf sich
Wt d^isse Minuten später kam ihr Gatte heim und fragte
">e Tk>i?^°h"ter Rohheit, was es zu bedeuten habe, daß
'hrez Schlafzimmers verschlossen sei,
M dkErÄ die Stimme des Mörders ihrer Mutter hörte,
h-tts'den nahe wußte, wurde die Unglückliche von ei
"kii >^Mkn Zittern ergriffen und antwortete mit klappera-
^ünen, daß sie krank s.i-
Ellbliat sing der Gatte fort; er räumte ihr nicht
Ackr ^cht ein, krank zu sein.
Anrid,,, Aage lang blieb Rosalie eingeschlvssen, ohne Je-
-fiSkri b.c.'ch iu lassen, selbst ihre Kinder nicht, angeblich
Miet? 'Mr Kopfschmerzen, in Wahrheit aber, weil sie
Miin "ß das entsetzliche Gehcimniß, welches sie in
>en ersticken wollte, ihr in einem verzweifelnden
Olsten-entschlüpfen möchte. Um ihr Schweigen zu sichern,
'MjjL'O durch gasten und Thränen ihre körperlichen Kräfte
und ihre geistigen durch Gebet stärken.
tzich e? . ."Mich das Bett verließ und ihr Gatte sie sah,
^ar der ilchtocken zurück und nicht ohne Grund. Das
Aw»--», l"Uen Frau war weiß geworden, auf ihren ab-
, ruhte die eigenthümliche Blässe der
'"> fieb„o„°t ""d die starren, eingesunkenen Augen funkel-
""«ast aus braunen Ringen hervor.
Bitten h^udt sthr krank mwesen sein," sagte er, „und viel
viel," erwiderte die Dulderin.
»'ffktzte w?EUalb haft du nicht einen Arzt rufen lassen?"
Utr, »jU Gälte wrdrießlich. „Du verstehst auch gar
kflttnal pflegen kannst du dich, wenn du krank
^ie Unglückliche lebte «ach dem entsetzlichen Schlage

Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rau«
Der Sonntagsbote"'für OlyM A Prwawnz^
, mit Träaerlokm durch " ' Rabattbewrllrgung.
_ Expedition: Zwirrgerftraße 7.

WÄklg, MLS, dm ZK.MÄer 1897.
Arbeiters wird für Etwas gehalten. Um die Arbeit
kümmert sich die hiutige gottentsremdete Kultur, der
Arbeiter selbst kommt gar nicht oder höchstens an
zweiter Stelle in Betracht.
Wie ist daS Alles so gekommen? Wer hat die
Arbeit und den Arbeiter so erniedrigt? Antwort: Die
maleralistische Zeitrichtung bezw. der Liberalismus hat
dies verschuldet. Die sittliche Weltordnung, welche vom
Christenthum gelehrt und virtheidigt wird, hat der
Liberalismus über den Hausen geworfen und als
Aller weltSweiSheit Verkünder, wonach daS gegenwärtige
Lebe» das einzige Ziel des menschlichen Strebens sei.
Hiniedrn sein Glück im Genüsse der Welt und ihrer
Güter suche», da ein Jenseits doch ungewiß oder min-
destenS höchst zweifelhaft sei: dar ist das mue Evan-
gklinrv des Liberalismus. Und wer will leugnen,
daß dieser mue Evangelium riesige Fortschritte ge-
macht und unzählige Anhänger gefunden habe? Von
den Vertretern der modernen Wissenschaft bis herab
zu den Fabrikarbeitern werden diese Lehren des Liber-
alismus verkündet und treu befolgt. Und die Folge
davon ist, daß die arbeitende Klosse der Bevölkerung
nur mehr als Sklaven angesehen werden, die dazu
bestimmt sind, den Versitzenden, den Geldprotzen Maa-
ren und Genußmiitel zu liefern, damit letztere um so
behaglicher das gegenwärtige Leben genießen und den
Himmel aus dieser Welt haben. Trotz allen liberalen
Phrasen von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit"
haben wir jetzt ein weit grsählichereS Sklaventlum als
im alten Heidenthum; denn die alten heidnischen
Sklaven wußten wenigstens nichts von einer besseren
Loge, während die modernen Sklaven, welche der
Liberalismus uns gebracht hat, die Fleischtöpfe Aegyp
tens bereits kennen und diese sich nicht rauben lassen
wollen. Sie sagen als gelehrige Schüler: Ist die
gegenwärtige Welt das einzige Ziel des Menschen, so
wollen auch wir wie ihr dos gegenwärtige Leben ge-
nießen und uns wohl sein lassen.
Wie der Liberalismus die persönliche Würde und
Freiheit deS Arbeiters geschädigt und erniedrigt hat,
so ist ihm auch die Entwürdigung der Arbeit selbst
zur Lost zu bgev. Wie die Arbeit im alten Heiden-
thum als entehrend galt und darum nur von Frauen
und Sklaven geübt wurde, so hat das vom Liberalismus
geförderte moderne Heidenthum es verstanden, der
Arbeit die höhere Weihe zu rauben und dieselbe ver-
haßt zu machen.
Gegenüber diesen falschen Anschauungen, welche
der Liberalismus bezüglich der Weltordnung, der
Arbeit und der Person des Arbeiters hegt, muß
der ihr Herz getroffen hatte, noch ein ganzes Jahr, mit
keinem andern Tröste, als der gewissen Ueberzeugung, daß
der Tod bald kommen müsse.
„Aber was fehlt denn Ihrer Frau?" sagten Penalta's
zahlreiche Freunde zu ihm.
„Es ist eine tiefe Schwermuth, die ihren Körper und
ihren Geist verzehrt," Pflegte letzterer darauf zu antworten'
„Die Aerzte verschreiben alle möglichen Mittel, doch keines
will helfen."
Wenn er aber mit seiner Frau allein war, sagte er
zu ihr: „Der Arzt versichert, daß es ihm nicht möglich sei,
die Ursache deines Lechens zu entdecken, und daß du sie ihm
nicht angeben wollest. Du verstehst auch gar nichts, nicht
einmal sagen kannst du, was dir fehlt."
Endlich erlag auch dieses Opfer des Verbrechens. Die
Stunde der ewigen Ruhe kam und der Beichtvater saß am
Lager der Sterbenden, um ihr die letzten Tröstungen der
Religion zu reichen. Bereit, vor dem Richtcrstuhle Gottes
zu erscheinen und fühlend, daß ihr nur noch wenige Augen-
blicke blieben, gab sie den Umstehenden ein Zeichen, sich zu
entfernen und rief ihren Galten zu sich.
„Vater meiner Kinder," sagte sie mit feierlicher Stimme,
„ich habe in diesem Leben zwei Dinge zu thun verstanden."
„Du?" sagte der erstaunte Gatte.
„Ja."
„Und welche?" fügte er schuldbewußt und von Schrecken
ergriffen hinzu, während seine Augen sie anstarrten und auS
den Höhlen hcrvorzudringen schienen.
„Ich habe im Leben schweigen können, weil ich
Mutter war, und sterbend vergeben, weil ich eine
Christin bin!"
Nach diesen Worten schloß die Dulderin ihre Augen,
um sie nie wieder zu öffnen.
 
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