Pfälzer Mksblatt
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
täglich mit Ausnahme der Sonn« n.
^tage. AbouvemeutSprei» mit dem wöchent-
.» Unterhaltunasblatt »Der Sonntagsbote" für
"Mxrg monatlich 80 mit Trägerlohn, durch
Post bezogen Viertels. 1.60 franco.
Druck, Verlag u. Expedition:
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrstraße 7.
warfst auf mich rechnen."
fuhr Jessie fort: „Eines bedrückt
ir nicht verhehlen. Mein Vater
i sich zu sehen; wenn —
letzten Briefe — Walter
— - -- „ werde ich ihn in mein
Geschäft und in meine Familie aufmhmen und ihn wie
meinen eigenen Sohn behandeln. O, wie mich dies freute
und entzückte! Aber nun fürchte ich, daß William Bellenger
diese Freude trüben wird. Er wird, wie ich ihn kenne,
Deutsches Reich.
* Berlin, 21. Jan. Bei der heute im Herren-
haus? stattgehabten Präsidentenwahl erhielt Fürst zu
Wied 118, Herzog von Ratibor 94 Stimmen. 2 Zettel
waren unbeschrieben. Fürst zu Wied nahm die Wahl
dankend an.
* Bremerhaven, 21. Jan. Infolge des Aus-
bruches der Pest au der Westküste von Vorderindien
hat daS hiesige Quarantäne-Amt die gesundheitspoli-
zeiliche Controlle aller von dort und den persischen
Häfen ankommenden Schiffen angeordnet.
ich werde ihn finden. Ich werde seine Unschuld beweisen,
und bis mir das gelungen ist, wird eine Last auf meinem
Herzen ruhen, eine Oual, die mich vielleicht zuweilen un-
zufrieden macht und rauh gegen diejenigen, welche ich a«
meisten liebe
»Deswegen also sprichst Du manchmal so hart zu mir,
auch wenn ich es nicht verdiene?" srug Jessie, indem sie
ihre schneeigen Finger durch seine schlang.
Wie sehr verlangte cs Walter in diesem Augenblicke,
sie in seine Arme zu schließen, ihr zu sagen, wie theuer
sie ihm sei- Aber er bezwang sich; er wollte ihr seine Liebe
nicht verrathen; wußte er doch nicht, ob sie erwiedert wer-
den würde. Mit feiner Liebe wollte er nicht betteln und
noch weniger diejenige beunruhigen, die er liebte. Durfte
er es überhaupt je wagen, er, der mittellose Mann, zu dem
vermögenden, rerzenden Mädchen aufzuschauen? Er ge-
dachte des schrecklichen Schicksals seiner Eltern und der
Schmach, welche auf seinem Namen lastete. Aber so sehr
er sich auch zu beherrschen suchte, so bebte doch seine
Stimme, als er nun antwortete: »Bin ich hart gegen Dich
gewesen, Jessie? Verzeihe es mir. Jedenfalls wollte ich eS
nicht sein, urd nun, da Du Alles weißt, wirst Du auch
nicht mehr an mir zweifeln. Oder bist Du mir etwa we-
niger gut wegen meines Unglückes?"
„O nein, Walter," entgegnete sie warm und schaute
ibn mit ihren großen Augen an, »Dein und Deiner Eltern
Unglück rührt mich und macht Dich mir noch weither, als
Lu mir vorher schon warst. Ärmer Freund, wie schrecklich
muß es sein, mit einer solchen Last durchs Leben gehen.
Wenn ich, ein schwaches Mädchen, Dir je helfen kann, die
Last zu verringern, Du darfst auf mich rechnen."
Als Walter schwieg, s ' '. " "
Mich und ich darf es Di.
wünscht, Dich in Znkurft stets um
so schrieb er mir ,n ein m feiner '
feine Studien vollendet hat, so v
schliche Norm zwischen den Finanzen deS Reiches u.
der Einzelstaaten möglich ist; sie sehen eine solche
in nächster Nähe. Für das Centrum bleibt aber Be-
dingung: ke'u Aufgeben der Schuldentilgungspolitik,
keine neuen indirekten Steuern, keine automatenhafte
Regelung, welche die Franckenstein'sche Klausel lahm-
legt. i. :
Der Reichsschatzamtssekretär hat eine neue Finanz-
reformvorlage in Aussicht gestellt. Welcher Art sie
sein wird, hat er nicht gesagt. Es ist darüber auch
anderweitig nichts bekannt geworden. ES soll uns
stellen, wenn sie endlich so ausfällt, daß daS Centrum
zustimmen kann, denn mustergiltig finden auch wir
den jetzigen Zustand nicht.
Das
Miilzer Bolksblatt"
schon jetzt für die zwei Monate
,, Jebrrrav unö März
c^dirt werden. Bestellungen nimmt jede Postaustalt
unsere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
Kgrn.
E^bermmutern werden auf Wunsch gerne Porto-
jedermann zugesandt.
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Orngil für Uaärfielt, Fmlmt <K KM.
« ' ' Rabattbewilligung.
Expedition: Zwingerftraße 7.
,, Stolz und Liebe. 7«
Dem Amerikanischen nachcrzählt.
Ve, wan daS Geld nicht wieder gesunden?" srug
»ie's^walz. obgleich Tonte Tebly behaupict, Hehwar
bald nach der Flucht meines VvterS durch be-
dik in ^kldousaoben bemerkbar gemacht. Später verließ
.lösend, und Niemand weiß, wo er sich ptzt aufhält."
tzzUd wie erging es Deiner Mutter?"
Thränen in die Augen LeS jungen Mannes
DGedanken an seine arme Mutter und schmerzbe-
^i,c»er fort: »Einige Tage wartete sie vergebens
i dbttiÄckkehr meines Vaters. Von ihrer Familie wurde
Ad wegen der Schande, die sie über sie gebracht
"dkn, e sie sich nieder, um nicht wieder aufzusiehen.
Tagen LeS Oltober legte man mich, den
iit°Men, in ihren Arm, und fünf Tage später lag
n Mgibohlt an jenem Fenster in der Ecke, wo
!„ Mcn fitzest. Damals ließ sich die stolze Groß-
weit erweichen, daß sie zudem Begräbnisse ihrer
,Kd ' seither aber hoben wir sie hier nie wieder-
N Kern Vater war ebenfalls zugegen, — er kaufte
Ebstein. Er weinte über wich und wünschte
i>. tzj, an wir vertreten zu können "
«Krählung Walters halte Jeffie aufs Tiefste ge-
N L^elt entfernt, nun noch an die Schuld des Vaters
zu glauben, beklagte sie vielmehr das grau-
welchem Gott die Eltern Walters geprüft
.Aji.Wsi vom ersten Augenblicke seiuesll Lebens an
hülle sein lasten. Uw so wehr fühlte sie sich
Mit wngen Manne heygezogen. Und als Walter
°^>k iw ,.s"nem Schmerzgefühl freien Lauf ließ, fragte
N>üL! ^urtlia.fien Tone, der innigstes Mitempfinden
; ^khört?*st Tu niemals wehr von Deinem lieben
-r>^ul," ;antwortete Walter. »Sechs Monate
Weiner Mutter schrieb er von Texas aus
^ahanr. Das war die letzte Nachricht. Aber Jeffie,
Dir Finanzpolitik des Centrams
„ K Reichstage einen ganz unerwarteten Anklang
bei den Parteien gefunden, die noch in den
Tagen im Bunde mit dem preußischen Finanz-
diese Politik heftig angegriffen haben. Wenn
s^Eben die Sache nicht ändern kann, so findet mau
Mch, daß eS „auch so geht". DaS Centrum
I,j hch die Zustimmung seiner, bisherigen Gegner
h^kegs durch einen Wechsel der Anschauungen er-
Im Gegentheil, eS hält, wie der Abgeord-
Tr. Lieber ausdrücklich betonte, fest an der
vtilgungSpolitik und der Ablehnung neuer in-
Steuern, sowie des automatenhafteu Ausgleichs
den Finanzen deS Reiches und der Emzel-
A Den Grundgedanken der Franckensteiu'schen
gibt eS nicht auf, und der ist: die Einzel
, sollen an den Reichsfiuanzen interessirt blei-
Hol» d°mit ihren Einfluß auf die Reichspolitik
Av- Daß sie andererseits auch nicht zu Gunsten
^^icheA überbürdet werden sollen, versteht sich
y Fwst; eg war aber nur ein Nebengedanke bei
itz^asfung der Klausel, daß daS Reich die Einzel-
jchj dvtiren solle; man war zufrieden, wenn sie
I Arhr herauszahlen mußten, als sie erhielten.
dir Klausel für das Centrum kein Petrefakt
schon früher ausgesprochen und durch den
M -^ilgungS-Antrag bewiesen. Keine verständige
hält bei veränderten Umständen unbedingt an
"^ivaS auf ganz andere Verhältnisse berechnet
Kas Reich hatte 1879 erst wenig Schulden,
Ktzt 2 Milliarden mehr hat. DemFrei-
Franckenstein wäre eS nie eingefallen, die
^^zum endlosen Schuldenmachen mißbrauchen zu
Deutscher Reichstag.
Berlin, 21. Januar.
Etat deS Reichsschatzamts, Titel „Besoldung deS
Staatssekretärs".
Zur Debatte stehen noch die Resolutionen Ham-
Macher, Lenzmann und Ullrich betr. die Errichtung
von AuSkunftSbehörden und Gerichten für Zollstreitig-
keiten.
Abg. Hitze (Centr.) bemerkt, die gestrigen Aus-
führungen deS Staatssekretärs über Quebrachozoll
hätten die Hoffnungen Tausender zerstört und würden
Erbitterung Hervorrufen.
Die Abgg. Gerstenberger (Centr.) und Hilpert
(fraktionslos) treten für die Interessen der kleinen und
mittleren Bauern in Franken ein, denen das geringe
Einkommen aus den Schälwaldungeu nicht geschmälert
werden dürfe.
Abg. Fischbeck (freis. VolkSp.) stimmt den gestrigen
Ausführungen PosadowskyS bei. Es sei unrichtig,
daß dar Quebrachoholz nur von der norddeutschen
Großindustrie benützt werde. Besonders die schlcswig.
nicht schweigen über das Schicksal Deines Vaters. Und nun
Kelle Dir die von Vorurtbeilen vollgepfropften Gesell-
schaftskreise vor, deren Verkehr wir nicht werden meiden
können; da werden uns manche trübe Stunden und harte
Kämpfe nicht erspart bleiben. Nicht meinetwegen schrecke
ich davor zurück, aber für Dich würde es mich unendlich
schmerzen- Verzeihe mir, Waller, daß ich das auch Dir
sagen mußte."
So rücksichtsvoll und zart auch Jessie ihrer Befürch-
tung Worte geliehen hatte, war Walter doch aufs Schmerz-
lichste berührt, gerade aus ihrem Munde zu vernehmen,
was er sich selbst hätte sagen müssen. Verletzter Stolz
mischte sich mit einem Gedanken der Eifersucht, ob Jessie
ihn nicht lieber fernhalten wollte, damit sie um so unge-
zwungener ihren Verkehr mit dem ihr gesellschaftlich eben-
bürtigen William Bellenger fortsetzen könne. Nicht ohne
einen Anflug von Bitterkeit antwortete er nach kurzem
Kampfe: » _u hast Recht, Jessie! Du bist ein erfahrenes,
klusus Mädchen. Die große Freude darüber, mit Dir in
Zukunft wieder täglich verkehren. Dich täglich sehen zu
dürfen, hat mich mein ererbtes Schicksal ganz vergessen
laßen. Ich danke Dir, daß Du Dir von der gleichen Freude
die Besonnenheit nicht hast nehmen lassen, mich noch recht-
zeitig daran zu erinnern. Wie konnte ich auch nur je den
tollkühnen Gedanken fassen, mich an Deiner Seite in Kreise
begeben zu wollen, in welchen man die auf mir lastende
Schmach Dich entgelten lassen könnte! Verzeihe mir, daß
mich meine Herzen-freude die schuldige Rücksicht auf Dich,
Jessie, übersehen ließ. Ich werde sofort die Schritte thun,
welche mein Gewissen mir in dieser Luge gebietet."
»Du bist hart, Walter, und Bitterkeit spricht aus Dir.
Ich verzeihe Dir gern das Unrecht, welches Du mir zu-
fügst. Du trägst schwer an Deinem Geschick und ich gelobte
Dir ja, cs Dir nach besten Kräften zu erleichtern. Darum
hielt ich mich verpflichtet, Dich, meinen Freund, auf un-
angenehme Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Glaube
mir, auch mir bat das Herz in reinster Freuds gezittert,
wenn ich der Vereinigung nn kommenden Winter nach
ahrelanger Trennung gedachte, und nichts würde mich,
mehr schmerzen, als wenn ich darauf verzichten müßte
Welbrrg, MMg, Lm 23. Im« 1897.
lassen, und dar Centrum hat bewiesen, daß eS dies
gleichfalls nicht will. Man braucht ihm also gar
nicht erst vorzuhalten, die Klausel habe zum guten
Theil die Schulden verursacht, da ohne sie die Neber-
schlisse, die die Sinzelstaaten erhielten, zur Deckung
der Ausgaben hätte verwendet werden können. Die
Klausel den heutigen Verhältnissen auzupassen, ist daS
Centrum bereit. Es will sie aber nicht einfach suspen-
diren, wie es daS Automatengesetz wollte. Die
Einzelstaaten müssen reellen Autheil an den Reichs
finanzen behalten.
Woher denn nun aber die Freude der National-
liberalen und Conservativen über die Finanzpolitik
deS CentrumS? Sie batten befürchtet, daS Centrum
werde den neuen Etat ohne Gnade und Barmherzig,
keit so gestalten, daß die Einzelstaaten bedeutend mehr
an Matrikularumlagen zahlen müßten, als der Ent-
wurf versieht. Wollte eS mit der positiven Schulden-
tilgung fortfahren und alle neuen Anleihen vermeiden,
so ging daS einfach nicht ohne Erhöhung der Matri-
kularumlagen. Durch die Erklärungen deS Abg. Dr.
Lieber wurde nun aber dargethan, daß eS zwar die
Einzelstaaten vor der vorgesehenen Erhöhung der
Matrikularumlagen nicht schützen, aber auch den Etat
so einrichten will, daß nicht noch weitere Erhöhungen
— der Abgeordnete Richter hatte diese schon auf 40
Millionen berechnet — nöthig werden. ES wünscht
bekanntlich auch, einen Theil deS ExtraordinariumS
auf daS Ordinarium zu nehmen, was nicht ohne
gründliche Streichungen in beiden möglich sein wird.
Wie die schonende Absicht im Einzelnen durchzuführen
sein wird, steht noch uicht fest; jedenfalls aber bleibt
es dabei: keine Erhöhung der Matrikularumlagen!
Dcßhaib wünschte Abg. Dr. Liebcr auch zu wissen,
wie es mit dem in der Budgetkommission von dem
Reichsschatzamtssekretär angekündigten Nachtragsetat
stehe. Dieser soll eben den Plan nicht stören; wenn
seine Forderungen unabweislich sind, muß entsprechend
mehr im Hauptetat gestrichen werden.
Diese Gewißheit nun, daß eS nicht beabsich-
tigt ist, mit rück sicht-losen Forderun-
gen gegen die Einzelstaaten aufzutreten, war er das
die Freunde des Herrn Dr. Miquel fo freute. Ihnen
fiel ein Stein vom Herzen, denn sie begrüßten darin
den Anfang des Planes, feste Normen zwischen den
Finanzen des Reicher und der Einzelstaaten zu schaf-
fen und gewisse Anforderungen an die Einzelstaaten
nicht zu überschreiten. Es kann uns ja sehr recht
sein, wenn sie dem Centrum so weit entgegenkommen
wollen, daß eine Verständigung über eine andere ge-
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
täglich mit Ausnahme der Sonn« n.
^tage. AbouvemeutSprei» mit dem wöchent-
.» Unterhaltunasblatt »Der Sonntagsbote" für
"Mxrg monatlich 80 mit Trägerlohn, durch
Post bezogen Viertels. 1.60 franco.
Druck, Verlag u. Expedition:
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrstraße 7.
warfst auf mich rechnen."
fuhr Jessie fort: „Eines bedrückt
ir nicht verhehlen. Mein Vater
i sich zu sehen; wenn —
letzten Briefe — Walter
— - -- „ werde ich ihn in mein
Geschäft und in meine Familie aufmhmen und ihn wie
meinen eigenen Sohn behandeln. O, wie mich dies freute
und entzückte! Aber nun fürchte ich, daß William Bellenger
diese Freude trüben wird. Er wird, wie ich ihn kenne,
Deutsches Reich.
* Berlin, 21. Jan. Bei der heute im Herren-
haus? stattgehabten Präsidentenwahl erhielt Fürst zu
Wied 118, Herzog von Ratibor 94 Stimmen. 2 Zettel
waren unbeschrieben. Fürst zu Wied nahm die Wahl
dankend an.
* Bremerhaven, 21. Jan. Infolge des Aus-
bruches der Pest au der Westküste von Vorderindien
hat daS hiesige Quarantäne-Amt die gesundheitspoli-
zeiliche Controlle aller von dort und den persischen
Häfen ankommenden Schiffen angeordnet.
ich werde ihn finden. Ich werde seine Unschuld beweisen,
und bis mir das gelungen ist, wird eine Last auf meinem
Herzen ruhen, eine Oual, die mich vielleicht zuweilen un-
zufrieden macht und rauh gegen diejenigen, welche ich a«
meisten liebe
»Deswegen also sprichst Du manchmal so hart zu mir,
auch wenn ich es nicht verdiene?" srug Jessie, indem sie
ihre schneeigen Finger durch seine schlang.
Wie sehr verlangte cs Walter in diesem Augenblicke,
sie in seine Arme zu schließen, ihr zu sagen, wie theuer
sie ihm sei- Aber er bezwang sich; er wollte ihr seine Liebe
nicht verrathen; wußte er doch nicht, ob sie erwiedert wer-
den würde. Mit feiner Liebe wollte er nicht betteln und
noch weniger diejenige beunruhigen, die er liebte. Durfte
er es überhaupt je wagen, er, der mittellose Mann, zu dem
vermögenden, rerzenden Mädchen aufzuschauen? Er ge-
dachte des schrecklichen Schicksals seiner Eltern und der
Schmach, welche auf seinem Namen lastete. Aber so sehr
er sich auch zu beherrschen suchte, so bebte doch seine
Stimme, als er nun antwortete: »Bin ich hart gegen Dich
gewesen, Jessie? Verzeihe es mir. Jedenfalls wollte ich eS
nicht sein, urd nun, da Du Alles weißt, wirst Du auch
nicht mehr an mir zweifeln. Oder bist Du mir etwa we-
niger gut wegen meines Unglückes?"
„O nein, Walter," entgegnete sie warm und schaute
ibn mit ihren großen Augen an, »Dein und Deiner Eltern
Unglück rührt mich und macht Dich mir noch weither, als
Lu mir vorher schon warst. Ärmer Freund, wie schrecklich
muß es sein, mit einer solchen Last durchs Leben gehen.
Wenn ich, ein schwaches Mädchen, Dir je helfen kann, die
Last zu verringern, Du darfst auf mich rechnen."
Als Walter schwieg, s ' '. " "
Mich und ich darf es Di.
wünscht, Dich in Znkurft stets um
so schrieb er mir ,n ein m feiner '
feine Studien vollendet hat, so v
schliche Norm zwischen den Finanzen deS Reiches u.
der Einzelstaaten möglich ist; sie sehen eine solche
in nächster Nähe. Für das Centrum bleibt aber Be-
dingung: ke'u Aufgeben der Schuldentilgungspolitik,
keine neuen indirekten Steuern, keine automatenhafte
Regelung, welche die Franckenstein'sche Klausel lahm-
legt. i. :
Der Reichsschatzamtssekretär hat eine neue Finanz-
reformvorlage in Aussicht gestellt. Welcher Art sie
sein wird, hat er nicht gesagt. Es ist darüber auch
anderweitig nichts bekannt geworden. ES soll uns
stellen, wenn sie endlich so ausfällt, daß daS Centrum
zustimmen kann, denn mustergiltig finden auch wir
den jetzigen Zustand nicht.
Das
Miilzer Bolksblatt"
schon jetzt für die zwei Monate
,, Jebrrrav unö März
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Kgrn.
E^bermmutern werden auf Wunsch gerne Porto-
jedermann zugesandt.
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Orngil für Uaärfielt, Fmlmt <K KM.
« ' ' Rabattbewilligung.
Expedition: Zwingerftraße 7.
,, Stolz und Liebe. 7«
Dem Amerikanischen nachcrzählt.
Ve, wan daS Geld nicht wieder gesunden?" srug
»ie's^walz. obgleich Tonte Tebly behaupict, Hehwar
bald nach der Flucht meines VvterS durch be-
dik in ^kldousaoben bemerkbar gemacht. Später verließ
.lösend, und Niemand weiß, wo er sich ptzt aufhält."
tzzUd wie erging es Deiner Mutter?"
Thränen in die Augen LeS jungen Mannes
DGedanken an seine arme Mutter und schmerzbe-
^i,c»er fort: »Einige Tage wartete sie vergebens
i dbttiÄckkehr meines Vaters. Von ihrer Familie wurde
Ad wegen der Schande, die sie über sie gebracht
"dkn, e sie sich nieder, um nicht wieder aufzusiehen.
Tagen LeS Oltober legte man mich, den
iit°Men, in ihren Arm, und fünf Tage später lag
n Mgibohlt an jenem Fenster in der Ecke, wo
!„ Mcn fitzest. Damals ließ sich die stolze Groß-
weit erweichen, daß sie zudem Begräbnisse ihrer
,Kd ' seither aber hoben wir sie hier nie wieder-
N Kern Vater war ebenfalls zugegen, — er kaufte
Ebstein. Er weinte über wich und wünschte
i>. tzj, an wir vertreten zu können "
«Krählung Walters halte Jeffie aufs Tiefste ge-
N L^elt entfernt, nun noch an die Schuld des Vaters
zu glauben, beklagte sie vielmehr das grau-
welchem Gott die Eltern Walters geprüft
.Aji.Wsi vom ersten Augenblicke seiuesll Lebens an
hülle sein lasten. Uw so wehr fühlte sie sich
Mit wngen Manne heygezogen. Und als Walter
°^>k iw ,.s"nem Schmerzgefühl freien Lauf ließ, fragte
N>üL! ^urtlia.fien Tone, der innigstes Mitempfinden
; ^khört?*st Tu niemals wehr von Deinem lieben
-r>^ul," ;antwortete Walter. »Sechs Monate
Weiner Mutter schrieb er von Texas aus
^ahanr. Das war die letzte Nachricht. Aber Jeffie,
Dir Finanzpolitik des Centrams
„ K Reichstage einen ganz unerwarteten Anklang
bei den Parteien gefunden, die noch in den
Tagen im Bunde mit dem preußischen Finanz-
diese Politik heftig angegriffen haben. Wenn
s^Eben die Sache nicht ändern kann, so findet mau
Mch, daß eS „auch so geht". DaS Centrum
I,j hch die Zustimmung seiner, bisherigen Gegner
h^kegs durch einen Wechsel der Anschauungen er-
Im Gegentheil, eS hält, wie der Abgeord-
Tr. Lieber ausdrücklich betonte, fest an der
vtilgungSpolitik und der Ablehnung neuer in-
Steuern, sowie des automatenhafteu Ausgleichs
den Finanzen deS Reiches und der Emzel-
A Den Grundgedanken der Franckensteiu'schen
gibt eS nicht auf, und der ist: die Einzel
, sollen an den Reichsfiuanzen interessirt blei-
Hol» d°mit ihren Einfluß auf die Reichspolitik
Av- Daß sie andererseits auch nicht zu Gunsten
^^icheA überbürdet werden sollen, versteht sich
y Fwst; eg war aber nur ein Nebengedanke bei
itz^asfung der Klausel, daß daS Reich die Einzel-
jchj dvtiren solle; man war zufrieden, wenn sie
I Arhr herauszahlen mußten, als sie erhielten.
dir Klausel für das Centrum kein Petrefakt
schon früher ausgesprochen und durch den
M -^ilgungS-Antrag bewiesen. Keine verständige
hält bei veränderten Umständen unbedingt an
"^ivaS auf ganz andere Verhältnisse berechnet
Kas Reich hatte 1879 erst wenig Schulden,
Ktzt 2 Milliarden mehr hat. DemFrei-
Franckenstein wäre eS nie eingefallen, die
^^zum endlosen Schuldenmachen mißbrauchen zu
Deutscher Reichstag.
Berlin, 21. Januar.
Etat deS Reichsschatzamts, Titel „Besoldung deS
Staatssekretärs".
Zur Debatte stehen noch die Resolutionen Ham-
Macher, Lenzmann und Ullrich betr. die Errichtung
von AuSkunftSbehörden und Gerichten für Zollstreitig-
keiten.
Abg. Hitze (Centr.) bemerkt, die gestrigen Aus-
führungen deS Staatssekretärs über Quebrachozoll
hätten die Hoffnungen Tausender zerstört und würden
Erbitterung Hervorrufen.
Die Abgg. Gerstenberger (Centr.) und Hilpert
(fraktionslos) treten für die Interessen der kleinen und
mittleren Bauern in Franken ein, denen das geringe
Einkommen aus den Schälwaldungeu nicht geschmälert
werden dürfe.
Abg. Fischbeck (freis. VolkSp.) stimmt den gestrigen
Ausführungen PosadowskyS bei. Es sei unrichtig,
daß dar Quebrachoholz nur von der norddeutschen
Großindustrie benützt werde. Besonders die schlcswig.
nicht schweigen über das Schicksal Deines Vaters. Und nun
Kelle Dir die von Vorurtbeilen vollgepfropften Gesell-
schaftskreise vor, deren Verkehr wir nicht werden meiden
können; da werden uns manche trübe Stunden und harte
Kämpfe nicht erspart bleiben. Nicht meinetwegen schrecke
ich davor zurück, aber für Dich würde es mich unendlich
schmerzen- Verzeihe mir, Waller, daß ich das auch Dir
sagen mußte."
So rücksichtsvoll und zart auch Jessie ihrer Befürch-
tung Worte geliehen hatte, war Walter doch aufs Schmerz-
lichste berührt, gerade aus ihrem Munde zu vernehmen,
was er sich selbst hätte sagen müssen. Verletzter Stolz
mischte sich mit einem Gedanken der Eifersucht, ob Jessie
ihn nicht lieber fernhalten wollte, damit sie um so unge-
zwungener ihren Verkehr mit dem ihr gesellschaftlich eben-
bürtigen William Bellenger fortsetzen könne. Nicht ohne
einen Anflug von Bitterkeit antwortete er nach kurzem
Kampfe: » _u hast Recht, Jessie! Du bist ein erfahrenes,
klusus Mädchen. Die große Freude darüber, mit Dir in
Zukunft wieder täglich verkehren. Dich täglich sehen zu
dürfen, hat mich mein ererbtes Schicksal ganz vergessen
laßen. Ich danke Dir, daß Du Dir von der gleichen Freude
die Besonnenheit nicht hast nehmen lassen, mich noch recht-
zeitig daran zu erinnern. Wie konnte ich auch nur je den
tollkühnen Gedanken fassen, mich an Deiner Seite in Kreise
begeben zu wollen, in welchen man die auf mir lastende
Schmach Dich entgelten lassen könnte! Verzeihe mir, daß
mich meine Herzen-freude die schuldige Rücksicht auf Dich,
Jessie, übersehen ließ. Ich werde sofort die Schritte thun,
welche mein Gewissen mir in dieser Luge gebietet."
»Du bist hart, Walter, und Bitterkeit spricht aus Dir.
Ich verzeihe Dir gern das Unrecht, welches Du mir zu-
fügst. Du trägst schwer an Deinem Geschick und ich gelobte
Dir ja, cs Dir nach besten Kräften zu erleichtern. Darum
hielt ich mich verpflichtet, Dich, meinen Freund, auf un-
angenehme Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Glaube
mir, auch mir bat das Herz in reinster Freuds gezittert,
wenn ich der Vereinigung nn kommenden Winter nach
ahrelanger Trennung gedachte, und nichts würde mich,
mehr schmerzen, als wenn ich darauf verzichten müßte
Welbrrg, MMg, Lm 23. Im« 1897.
lassen, und dar Centrum hat bewiesen, daß eS dies
gleichfalls nicht will. Man braucht ihm also gar
nicht erst vorzuhalten, die Klausel habe zum guten
Theil die Schulden verursacht, da ohne sie die Neber-
schlisse, die die Sinzelstaaten erhielten, zur Deckung
der Ausgaben hätte verwendet werden können. Die
Klausel den heutigen Verhältnissen auzupassen, ist daS
Centrum bereit. Es will sie aber nicht einfach suspen-
diren, wie es daS Automatengesetz wollte. Die
Einzelstaaten müssen reellen Autheil an den Reichs
finanzen behalten.
Woher denn nun aber die Freude der National-
liberalen und Conservativen über die Finanzpolitik
deS CentrumS? Sie batten befürchtet, daS Centrum
werde den neuen Etat ohne Gnade und Barmherzig,
keit so gestalten, daß die Einzelstaaten bedeutend mehr
an Matrikularumlagen zahlen müßten, als der Ent-
wurf versieht. Wollte eS mit der positiven Schulden-
tilgung fortfahren und alle neuen Anleihen vermeiden,
so ging daS einfach nicht ohne Erhöhung der Matri-
kularumlagen. Durch die Erklärungen deS Abg. Dr.
Lieber wurde nun aber dargethan, daß eS zwar die
Einzelstaaten vor der vorgesehenen Erhöhung der
Matrikularumlagen nicht schützen, aber auch den Etat
so einrichten will, daß nicht noch weitere Erhöhungen
— der Abgeordnete Richter hatte diese schon auf 40
Millionen berechnet — nöthig werden. ES wünscht
bekanntlich auch, einen Theil deS ExtraordinariumS
auf daS Ordinarium zu nehmen, was nicht ohne
gründliche Streichungen in beiden möglich sein wird.
Wie die schonende Absicht im Einzelnen durchzuführen
sein wird, steht noch uicht fest; jedenfalls aber bleibt
es dabei: keine Erhöhung der Matrikularumlagen!
Dcßhaib wünschte Abg. Dr. Liebcr auch zu wissen,
wie es mit dem in der Budgetkommission von dem
Reichsschatzamtssekretär angekündigten Nachtragsetat
stehe. Dieser soll eben den Plan nicht stören; wenn
seine Forderungen unabweislich sind, muß entsprechend
mehr im Hauptetat gestrichen werden.
Diese Gewißheit nun, daß eS nicht beabsich-
tigt ist, mit rück sicht-losen Forderun-
gen gegen die Einzelstaaten aufzutreten, war er das
die Freunde des Herrn Dr. Miquel fo freute. Ihnen
fiel ein Stein vom Herzen, denn sie begrüßten darin
den Anfang des Planes, feste Normen zwischen den
Finanzen des Reicher und der Einzelstaaten zu schaf-
fen und gewisse Anforderungen an die Einzelstaaten
nicht zu überschreiten. Es kann uns ja sehr recht
sein, wenn sie dem Centrum so weit entgegenkommen
wollen, daß eine Verständigung über eine andere ge-