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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juli 1897
DOI Artikel:
Nr. 158
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0649

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Melders, MU dm 16. Mi 1897.

1

MM

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Hube r.in Heidelb e'r'g.

Deutsches Reich.
* Berlin, 14. Juli. Das gestrige Schreiben des
Handelsministers an das Aeltestenkollegium lautet da-
hin, Sachverständige zu benennen, welche darüber ge-
hört werden sollen, wie die Notirungen für Getreide
am zweckmäßigsten geregelt werden können, um dem

Ginl'adung
44. GkmMksmMus der Katholiken Deutschlands

Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
MlMll A Uklül. Prfv'atMzägen^
Expedition: Zwi»gerftraße!7.

die Betrachtung all' der Reichthümer, die er dort sah, war
die Ursache, warum er Alles um sich vergessen und sich den
seltsamsten Gedanken hingegeben hatte.
Kaum einige Minuten hatte er so gesessen, als ein an-
derer Dachdecker, der jenem so ähnlich war, daß man sie
sofort als Brüder erkennen mußte, sich gerade rhm gegen-
über setzte, nämlich so, daß er in das Zimmer von Fräu-
lein von Loftranges sehen konnte, dessen Fenster ebenfalls
offen stand. Auch dieser war ganz in Gedanken versunken
und starrte in dieses Zimmer hinein, doch nur, weil er
darin seine Mutter, eine Näherin, erblickte, die für Fräu-
lein Senovefa arbeitete, während diese letztere abwesend
war. Die beiden waren also Brüder und zwar Zwillinge
und auffallend ähnlich. Eben so groß aber, wie ihre Aebn-
lichkeit dem Gesichte nach, war dir Verschiedenheit betreffs
ihrer Seele. Bei demjenigen, der durch das Fenster feine
Mutter betrachtete, und welcher Richard hieß, herrschte das
Herz vor, während der andere, mit Namen Valentin, der
durch das Fenster des Herrn Barons schaute, mehr Ver-
standesmensch war; Richard liebte herzlich, Valentin liebte
gar nicht; jener wäre eher Hungers gestorben, als daß er
eine Unredlichkeit begangen hätte, dieser dagegen verschlang
mit gierigen Augen die Schätze des BaronS.
Beide Brüder hatten viel Verstand und würden^ich
durch denselben haben geltend machen können, wenn sie mehr
Erziehung in dem niedrigen Stande, worin sie geboren
waren, hätten genießen können, allein die Armuth hatte bei
ihrer Geburt den Vorfitz geführt, die Armuth hatte an
ihrer Wiege gestanden und dieselbe Armuth hatte ihre
Mutter gezwungen, sie an die Arbeit zu thun, sobald ihre
Kräfte dazu ausretchten.
Sie saßen sich also gegenüber, aber sie sahen fick nicht.
Mit vorgestrecktem Halse, starren Augen und halbgeöffnetem
Munde sprach Valentin mit sich selbst:
.Wenn ich nur einen kleinen Theil von den Reichthü-
«ern hätte, die da überflüssig aufgehäuft liegen, so könnte
ich, wie mir scheint, mit den ehrgeizigen Plänen, die mir
i» Kopfe spuken, rS weit bringen. Nach Allem, was ich

Deutsche Katholiken!
. Das ganze katholische Deutschland begeht Heuer in dankbarer Erinnerung das 300jährige Jubi-
heg seligen Petrus CanisiuS und rüstet sich, an seinem Grabe da- hehre Vermächtviß des
Aigen pietätvoll zu feiern.
. In Niederbayerns schöner Herzogsstadt, im altehrwürdigen Landshut, wirkte dieser große Schüler
Ignatius durch seine Predigten mit außerordentlichem Erfolge. Gerade aus diesem Grunde ist eS
Aufnahme des diesjährigen deutschen Katholikentages berufen. Unter dem Zeichen deS zweiten Apostels
Deutschen werden wir m diesem Jahre tagen.
Mit gnädigster Zustimmung der beiden Oberhirten, deS hochwürdigsten Herrn Erzbischofs Anto-
ns von München-Freising und des hochwürdigsten Herrn Bischofs Ignatius von Regensburg, im
. "vernehmen mit Seiner Durchlaucht Fürst Karl von Löwenstern, dem Kommissär der Geueralver-
Füllungen, und unter regster Mitwirkung aller Kreise der Bevölkerung hat das unterzeichnete Komitö die
"rberritung zur 44. General-Versammlung der Katholiken Deutschlands übernommen, welche mit Gottes
"ade und unter dem besonderen Schutze der Patron« Bavariae und der Stadtpatrone in der Zeit vom
August bis 2. September ds. IS. in Landshut Berathung pflegen wird.
» Laut werden dort die herrlichen Monumente einer großen Vergangenheit zu Ihnen sprechen.
Hon von ferne rüst St. Martin'S kühner Bau, des Bayernlandes höchfltragende Warte, festliches
.^kommen entgegen und einladend winken die Zinnen der Trausnitz, dieser hochberühmten Wittrls-
°ch"veste.
. Aufrichtigsten Bürgergruß entbietet Ihnen die altehrwürdige Dreihelmenstadt, allbewährt durch
Malische Treue und biedere Gastlichkeit.
So mögen denn die Katholiken aus allen deutschen Gauen sich recht zahlreich in unserer Mitte
. ianimenschaaren, um, entsprechend der weisen Intention deS gemeinsamen Vaters der Christenheit, mitzu-
kiten an der Regenerierung der menschlichen Gesellschaft und dem großen
^krke der katholischen Einheit!
LaudShut, den 2. Juli 1897.
Lokal-Kountv zur Vorbereitung der 44. Generalversammlung der
Katholiken Deutschlands.

Der Unfall des Kaisers.
Am Sonntag, den 11. Juli, begab sich der Kaiser
kurze Zeit nach dem Gottesdienst, den er an Bord
der bei O»de ankernden „Hohenzollern" abgehalte»
hatte und der um 11 Uhr beendet war, auf dar Brü-
cken deck, wo er in dem dort befindlichen kleinen Salo»
einen Vortrag entgegenehmen wollte. Ehe sich der
Kaiser in den Salon begab, ging er nach dem Odde
zugekehrten Hintertheil deS Schiffes, um sich die Aus-
sicht anzusehen. Während dieser Zeit waren einige
Matrosen unter Aufsicht einer Unteroffiziers damit
beschäftigt, die Rauchsegel abzunehmen, um sie durch
frische zu ersetzen. (Unter Rauchsegel werden große
Stücke Segelleinwand verstanden, die um die Masten
gelegt werden, um sie vor Rauch aus den Schorn-
steinen zu schützen.) Bei der Abnahme deS letzten
Stückes Leinwand vom Großmast ging dieses zu rasch
los und anstatt daß es, wie vorgesehen war, langsam
niedergeführt werden konnte, fiel es aus beträchtlicher
Höhe und mit großer Gewalt auf Deck herab. Der
von vorn wehende Wind trieb das fallende Segel nach
dem Hintertheil deS Schiffes bis zu der ziemlich ent-
fernt davon befindlichen Stelle, wo der Kaiser stand.
Das schwere Segel fiel mit dem Rande gerade auf
den nur durch eine leichte Seeoffiziermütze aus weißer
Leinwand geschützten Kopf, während gleichzeitig ei»
kurzer, am Rande des Segels angebrachter Strick,
der zum Befestigen des Segels dient, peitschenartig
den Kaiser in das linke Auge schlug. Der Kaiser be-
gab sich zunächst in den kleinen Salon am Brückendcck,
um in dem dort befindlichen Spiegel das verletzte
Auge zu betrachten. Der Kaiser, welcher anfänglich
einen heftigen Schmerz verspürte, begab sich hierauf
in seine Kammer im Wohndeck und ließ sich dort einen
Verband anlegen. Auf Anrathen deS Leibarztes begab
er sich zu Bett, um durch Ruhe der Gefahr einer
Nachblutung im Auge möglichst vorzubeugen. Ueber
die Form und den Verlauf der Verletzung wird auf
die bisherigen telegraphischen Mittheilungen mit dem
Bemerken verwiesen, daß nach dem gegenwärtigen Be-
fund ein normaler Verlauf zu erwarten ist.

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
Zwinger-raße 7.

gelesen habe, bringt man es in Paris mit Geschicklichkeit
und Muth zu großem Reichthum, aber man muß etwas
" innen, und ich armer
--— ... ..ist schrecklich, mehr
Verstand ru haben, als so viele Reiche und Emporkömm-
linge, so viele guten Keime für eine glückliche Zukunft, für
Reichthum und Ehre in sich zu fühlen, — und so im
Schlamme zu stecken! . . . Sogleich ist die Frühstückszeit
verstrichen und dann muß ich wieder für die Dummköpfe,
die noch im WirthShause fitzen, Handlangerdienste thun —
und da vor meinen Augen liegen tausend Schätze ausge-
bäuft, Gemälde, Edelsteine, Gold! . . . Wenn ich den Herrn
Lostranges mal besuchte, ihm einmal versuchte zu schildern
Alles was ich vorhabe. Alle-, wozu ich mich für berufen
halte! . . . aber, was würde eS nützen? Er würde mich
gar nicht empfangen oder auslachen und für einen Narren
halten. Und dennoch! wenn ich wollte, würde es mir leicht
fein, durch diese Rinne in das Zimmer zu gelangen und
soviel daraus zu nehmen, als ich nötbi« hätte, um in Paris
mein Glück zu versuchen, ja gewiß, aber man würde das
einen Diebstahl, ein Verbrechen nennen und mich verfolgen.
Doch eS giebt tausend Wege, um durchzubrennen, ich könnte
rasch nach Paris eilen und meinen Namen ändern! O,
wenn ich nur wollte! Von hier aus sehe ich dorr auf dem
Kamine einen glänzenden Gegenstand, vielleicht einen Dia-
manten, der muß von großem Werthe sein! O, schreckliche
Versuchung!"
Solcher Art waren die Gedanken Valentins, des Hand-
langer-, und daß dieselben schon seit langer Zeit in seinem
Geiste ausgetaucht und er schon daran gewohnt war. auch
war es nicht das erste Mal, daß er diese« Fenster des
Barons gegenüber saß.
^Fortsetzung solgt.)

Schuld und Sühne.
h. An einem freundlichen Septembertag des Jahres 181 —
W" Mehrere Dachdecker damit beschäftigt, das schadhafte
-U Krieg alterthümlichen Hauses in der Königstrabe zu
auszubkfsern. Das große Wappenschild, welches
sihr hohen EingangSthore prangte, die vor dem
itkdk angebrachten steinernen Sitzbänke, die beiden Frei-
Es"- Ivklche zum Innern führten, kurz Alles bis zu den
i>f,""kn Einzelheiten des Baustils, gaben diesem Gebäude
^MnehmeS, aristokratisches Aussehen; indeffen die Zeit,
nHtS verschont, war darüber hinweggegangen, nicht
i« k-Steine loszulösen, dort die Mauern mit Riffen
d^.kehen, öd» Dachschiefer zu brechen, — und vielleicht
es eben diese leichten Schäden, welche aus diesem
" Hause ein Sinnbild der Aristokratie machten.
dem auch sein möge, der Boron von Lostranges
kt . z auf diesen seinen Palast und nur mit Mühe hatte
gewilligt, daß die Dachdecker einige Tage kämen,
^chrn Dächer auszubessern und das Haus schmutzig zu
isi »w Augenblicke, mit dem unsere Geschichte beginnt,
N». lunger Dachdecker oder "ielmebr ein Dachdecker-
am Rande des Daches, mit den Füßen in der Dach-
die sich unter seinem Gewichte bog und ihn jeden
li2°lick der Gefahr aus setzte, auf daS Pflaster deS Hofes
Sörzen. Seine Gedanken hatten ihn zu sehr mit
W, Men, als daß er an das Gefährliche seiner Lage
" denke» können,
Derweilen wir etwas bei der Ursache seines tiefen
""enkens aus dem Dache.
Dach, auf dem der Arbeiter saß, bedeckte den
dv,AAügel der Gebäudes, der von Fräulein Genovefa
die lMtranges bewohnt wurde. Im linken Flügel lagen
8».. des Barons und das gerade offenftehende
der M ieines Schlafzimmer- lag dem Fenster, über welche«
saß, gegenüber. So konnte er von seinem Sitze
Innere diese- Zimmers überschauen und gerade

Pfcher Volksblatt
scheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
vertage. NbonnementSprei» mit dem wöchent-
fkl Unterhaltungsblatt „Der Sonntaasbote" für
Albera monatlich 5V H mit Trägerlohn, durch
-die Post bezogen viertel,. 1.60 franco.

und Muth zu großem Reichthum, aber man muß
für den Anfang haben, etwas riskiren können, und ich
Teufel habe gar nichts .... LX es ist schrecklich,
Verstand zu haben, als I, .'.1_...
linge, so viele guten Keime für eine glückst
Reichthum und Ehre in sich zu fühlen.

Estrichen und dann muß ich wieder für die Dummköpfe,
e noch im WirthShause fitzen, Handlangerdienste thun —
 
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