Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
leid verdient der frevelhaft leichtsinnige bankrotte
Spieler. Die Waffen haben jetzt das Wort u. dieser
wird vielleicht in Athen mebr Wirkung haben als alle
Warnungen und Vorstellungen seitens der Mächte.
daran war sie gewöhnt, daß er niemals ging, ohue sie vor-
her gebrandschatzt zu haben.
»Wie hat er sich nur so rasch entschlossen?" fragte sie
nach einigem Nachfinnen.
..Er habe Preni-bera schon lange satt, meinte er."
Die Mutter nickte. Plötzlich sah sie ängstlich auf. „Hat
er — hat er alles Geld mitgenommen, das im Hause war ?"
fragte sie leise.
„Nein, nicht alles! Nur zwanzig Gulden."
Erstaunt sah die Mutter in das Gesicht der Tochter;
ruhig hielt Anna den forschenden Blick aus. Sie fühlte sich
für ihr Opfer reich entschädigt, als sie sah, wie die Mutter
die Hände faltete, um Gott dafür zu danken, daß die
Angst, die um ihres Kindes willen täglich, stündlich sie
verzehrt hatte, von ihr genommen sei-
Ruhe und Frieden hatte Anna für die Mutter erkaufen
können; die Gesundheit hätten aber alle Schätze der Welt
der Leid-ndiN nicht wiederzuaeben vermocht. Langsam und
sicher ging es zu Ende und Anna, der es schien, als würde
alles Licht für sie erlöschen, sobald diese geliebte« Augen
sich geschloffen, wagte nicht mehr, Gott um die Verlänge-
rung des theuren Lebens anzuflehen. Zu hoffen, allen Ber-
nunftgründen zum Trotze, ist es, was bei der Pflege ge-
liebter Menschen un- aufrecht erhält. Man hofft auf eine
glückliche Eingebung des Arztes, auf ein Wunder der gött-
lichen Gnade; man hofft bis zum letzten Augenblick. Dieser
Trost blieb Anna versagt. WaS hätte aus ihnen werden
sollen, hätte Gott ein Wunder gewirkt und der Mutter
noch lahrelanaes Leben gewährt? Was sollte dann werden ?
Eine düstere Verzweiflung bemächtigte sich ihrer bei solchen
Gedanken. Kehrte fie dann aber zu der geduldigen, still
leidenden Mutter zurück, sab sie deren unerschütterliches
Gottvertrauen, so faßte auch sie wieder Muth. WaS nach
menschlichem Ermessen geschehen konnte, um das thcure
Leben der Mutter zu verlängern, hatte fie aethan; Gott,
der Niemand über seine Kräfte Prüft, würde sich auch ihrer
annehmen; seine Vaterband würde schützend auf ihr und
der Mutter ruhen.
Die Baronin selbst täuschte sich nicht über ihren Zu-
stand ; ihr Leben war nur mehr eine Vorbereitung auf
Druck, Berläg u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwinzrrftraßr 7.
Der griechisch-türkische Krieg.
. Nuu hat Griechenland, was rS gewollt; ein kleiner
hat den großen Schrecken, vor dem mächtige
Mker und starke Regierungen zittern ohne Noth her-
Mgerufen. Daß die Türkei derjenige Theil war,
den Krieg erklärte» ändert daran nichts, die
Fwrte hat lange genug gezögert, bis sie sich zum
Obersten entschloß. Als die griechische Regierung
w »5 Hand durch private Mordbrenner die Türkei
."»gerischem Vorgehen zu reizen suchte, erklärte
kjEIt, nachdem sie den Angriff zurückgeschlagen, daß
" »st zur Offensive übergehen werde, wenn ein noch-
Auger Angriff griechischer Freischätler bestätige, daß
.Mich reguläre griechische Truppen in deren Reihen
"Wten. Die Hoffnung der Griechen, daß die Türkei
."' ihr hinterlistiges Vorgehen hereinfallen werde,
Mte sich getäuscht und sie sahen keinen anderen Aus-
«ehr, als mit regulären Truppen vorzugehen.
b j. meße von der Türkei eine an Schwäche und Thor-
I" grenzende Selbstverleugnung verlangen, wenn
rvA.sie endlich tadeln wollte, daß sie jetzt dem that-
suchen Zustande endlich den Namen gab, und den
. s'kg, der ihr aufgenöthigt war, erklärte. Die Tür«
^ handelte in Nothwehr, alle Verantwortung trifft
r'kchenland, und die Heucheleien und Lügen, die
Ln? Ache" ersinnen wird, um dies zu bemänteln,
Tanichts. Nicht umsonst hat sich die
^kei lange besonnen, bevor sie den bedeutungsvollen
n t ihat. Für sie handelt es sich in diesem Kriege
tz^^ben oder Tod. Wenn sie vor den Griechen
das Sterben. Sie sah dem Tode gefaßt entgegen, und nur
der Gedanke an ihre Tochter, die sie schutzlos znrücklaffen
mußte, war es, der ihr das Scheide» erschwerte. Bo» Sohne
war sie durch Länder und Meere geschieden. Schmerzte
es fie auch, ihn auf Erden nicht mehr sehen zu sollen, so
durfte fie doch hoffen, daß er eiuer geficherten Existenz ent-
gegen gehe. Aber Anna! Anna! Gera hätte fie Alles auf
sich genommen, Alles ertragen, wenn fie der Tochter Zu-
kunft dadurch hätte sicher stellen können.
Daß Anna nicht versuchen solle, bei den Vettern oder
Cousinen ein Obdach zu finden, welche aus Brsorgniß, mit
dem verkommenen Oheim in Berührung zu kommen, die
Baronin, ihre Tante, als eine Fremde behandelt hatten —
das stand bei Mutter und Tochter fetz. Die Mutter rieth
Anna sich nach Amerika unter den Schutz des Bruders zu
begeben. „Du hast Dein kleines Vermögen," — sie wußte
nicht, wie sehr fie mit diesen Worten die Tochter in'S Herz
traf — „eine Last brst Du Deinem Bruder al>o nicht.
Hans kann vielleicht eine Beschäftigung finden, mittest de-
ren Du zu dem Wenigen, was Du haft, noch eine Kleinig-
keit erwirbst; vielleicht auch gewinnst Du dort die Liebe
eines braven Mannes . "
„Ich sollte heirathcn?" unterbrach Axxa die Mutter,
und wieder trat der harte Zug hervor, der zuweilen ihr
Antlitz verunzierte. Die feinen Lippen preßten sich fest auf-
einander, die Augen blickten finster. „Heiraten? Niemals!
Wie oft habe ich Dir gesagt, theuere Mutter, daß ich, auf
eigene Kraft vertrauend, allein durch das Leben gehen
will." „Auf eigene Kraft vertrauend!" wiederholte die
Mutter mitleidig, „Mein armes Kind! Wir Menschen be-
dürfen einander. Ganz aus sich selbst gestellt zu sein, ist
eine harte Prüfung; Gott gebe, daß sie Dir nicht beschicken
sei! Mein heißes Gebet geht dahin, daß Dir bald der
Schutz eines starken Armer werde, auf den Du vertrauend
und liebend Dich lehnen kannst."
(Fortsetzung folgt.)
^scheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
Vertage. «bovnemevispreis mit dem wöchent-
Men Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für
Heidelberg monatlich LV H mit Trägerlohn, durch
>-Lie Post bezogen viertelj. 1.60 franco.
Ein deutscher Irrnungs- und Allgemeiner
Hsndwerkertag
wird in Köln am 27. d., also gleichzeitig mit dem Reichs ¬
tage, zusammentreten, um der Handiverkerkommission
des Reichstage- die Wünsche der organisirten Hand-
werker zu unterbreiten. Den einzigen Gegenstand der
Tagesordnung des Handwerkertages bildet die Stellung,
nähme zu der Vorlage über die Reorganisation de»
Handwerks. Ursprünglich soll der Congreß in Leip
zig stattfinden. Bon dieser Stadt mußte aber Abstand'
genommen werden, weil dort die Ostermesse stattfindet
und ein BerathungSlokal nicht zu haben ist. Beach-
tung verdient eine aus Baden datirte Correspondenz
der Münchener Allg. Ztg., welche den von der Hand-
werker Commission des Reichstages angenommenen
Antrag Gamp für eine Gefährdung deS CompromisseS
der verschiedenen Regierungen hält. Bon diesem An-
trag sei zu befürchten, daß er den Bestand der freien
gewerblichen Bereinigungen in Süd und Südwest-
Deutschland und die von diesen in'S Leben gerufenen
Veranstaltungen zur Pflege der gewerblichen Interessen
gefährde, was unter allen Umständen verhindert wer-
den müsse. ES dürfe mit aller Bestimmtheit ange-
nommen werden, daß nicht nur die süddeutschen Re-
gierungen, deren Bemühung die Umgestaltung deS
preußischen Entwurfs vornehmlich zu verdanken sei
zum mindesten auf eine entsprechende Ergänzung deS
Antrages Gamp dringen, sondern daß auch die inn-
UngSfreundlichern unter den verbündeten Regierungen
Bedenken tragen würden, den nach langen und schwie-
rigen Verhandlungen im BundeSrath erzielten Com-
promiß zu gefährde«. Im Reichsbotm tritt der con-
servative Abg. und Schneidermeister Jakobskötter noch-
mals entschieden für die Regierungsvorlage uud gegen
die „kurzsichtigen Freunde der Handwerker" aus,
welche die Losung: „Alles oder nichts!" ausgeben.
Er besorgt, daß der bevorstehende Handwerkertaa nicht
ein Bild der Eintracht, sondern der denkbar schärfsten
Zwietracht darstellen werde und mahnt deshalb zum
Frieden. Er tadelt auch die Haltung einiger Hand-
werkerzeitungen. In der Deutschen wirtschaftlichen
Correspondenz, welche die Stumm'sche Richtung ver-
tritt, wird der seltsame Vorschlag gemacht, die Reichs-
tags-Kommission möge ihre Arbeit eiustellen und die
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Mai unö Juni
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Erpeditian: Zwi««rrftraße 7.
Leidvoll und freudvoll.
Novelle von L. v. Ne t d egg.
dorrte einen Augenblick. Die Erinnerung an alle»'
kn gcopfert hatte, kam über ihn. Er fühlte nicht
vkaii" tt>, ihr utzt in da» Gesicht z« sehen. „Nein I" ent-
der A er rauh. „Sage ihr, in einiger Zeit käme ich wie-
viiüe ..tvud genügen. Sie wird sich über meine Abreise
»ramen, und ich liebe zum Abschiede keine Ecenen."
tz..- ^lbc wohl, Vater!" sagte die Tochter mit gepreßter
Er war ein gewissenloser, schlechter Mann — er
«ich? ? . immerhin ihr Vater. Sie konnte das Gefühl
Ärk,.? ..rdrücken, als dränge fie ihn gewissermaßen vom
be» ? «?tte der Mutier fort. „Wohin sollen wir Dir schrei-
Wohin Dir tclegropbiren?"
theile ich Euch später mit. Heute kann ich Euch
DsOEmmtcs sagen. Adieu, Anna! grüße die Mutter."
in Gangthüre hinter ihm ab und kehrte
lirii A">mer zurück, das er eben verlassen hatte. Dort
in 'Ä °uf eine» Stuhl sinken, verbarg da» Gesicht
Hände und fin, bitterlich cm zu weinen. „Mutter!
tzrtz/Er ! flüsterte sie vor sich hin. „Es geschah zu Deinem
Deine letzten Tage sollen nicht ei» fortgesetztes
tziÜ Mlim sxjn. Für Dich wollte ich den Frieden erkaufen,
wir genommen — o, dann ist ja alle» einerlei!"
KwbT.. konnte sie nicht sogleich em Grauen' über-
»M A "l,s sie sich ihre Zukunft aurmalte, und erst all-
M 5^""kl es ihr, sich so weit zu fassen, um ruhig
^fangen erscheinen, als fie sich zu ihrer Mutter
v. Neudingen war ungewöhnlich erschöpft. Wie
fiten U"er Scene bei dem leisesten Geräusche, rich-
sieh°.,"A ihre Augen ängstlich nach der Thüre, durch welche
"«"talen Gemahl Polternd eintreten zu sehe» fürchtete,
«r wM * Vater ist abgereist!" sagte Anna. „Du schliesst,
Äfft uns deshalb nicht stören. Ec wird in einiger
2«» wieder besuchen und schickt Dir seine Grüße."
He» w Frau war daran gewöhnt, ihre« Mann
pwtzuch abreisen als kommen zu sehen; aber auch
HMberg, SmstT den 24. AM 1897.
zurückweichen muß und von ihnen besiegt wird, so ist
keine menschliche Kraft stark genug, um die Flammen
zu ersticken, die aus dem glühenden Boden deS türki-
schen Reiches hervorschlagen würden. Gelingt es ihr
dagegen, die Herausforderung der Griechen mit dem
Schwerte zurückzuweisen und den Frind zu Boden zu
Wersen, so wird diese Züchtigung ein warnendes Bei-
spiel sein für Alle, welche auf die Gelegenheit lauern,
um die Türkei in ihre Bestandtheile aufzulösen und
Stücke aus ihrem Leibe zu reißen. Der Krieg wird
daher für die Türkei eine Probe ihrer Lebenskraft sein
und ans dem Schlachtfelde muß sie zeigen, ob die
Tapferkeit ihrer Soldaten und das Talent ihrer Gene-
rale ein Reich vor dem Untergange bewahren können,
Welcher durch die Fäulniß seiner Verwaltung die Wur-
zeln seiner Existenz erschüttert hat. Mag die Sym-
pathie der öffentlichen Meinung sich den Griechen
oder den Türken oder keinem von Beiden zuwenden,
die politische Situtatton, welch- durch diesen Krieg ge-
schaffen ist, kann nicht nach Zuneigung oder Abneig-
ung, sondern nur nach den Rücksichten des allgemeinen
Friedens beurtheilt werden. Unbestreitbar wäre ein
rascher und durchgreifender Erfolg der türkischen Armee
die sicherste Bürgschaft für eine Jsolirung des Kampfes,
der, auf Griechenland und die Türkei beschränkt, ohne
ernste Gefahren für Europa vorüberziehen wird und
erst durch eine türkische Niederlage zu einer allgemeinen
Verwicklung im Orient führen könnte.
Die Sympathien der meisten Staaten Europas
sind in dem begonnenen Kriege entschieden auf der
Seite der Türken, so wenig man auch sonst die osmanische
Mißwirthschaft billigen mag, und wenn die Wünsche,
die man allenthalben und besonders in Deutschland
über den Ausgang des Krieges hegt, in Erfüllung
gehen, so wird Griechenland auf lange Jahre hinaus
der Krieg verleidet werden. Die Autorität der Groß-
mächte hat durch den Ausbruch des Krieges zwischen
den beiden Staaten gewiß nicht gewonnen; denn ge-
rade die Katastrophe, die sie verhüten wollten, ist ein-
getreten. Die „Köln. Ztg." bemerkt hiezu und nicht
ganz mit Unrecht: „Hätte man gleich am Anfänge
auf Deutschlands Rath gehört, so wäre eS nicht so
weit gekommen. In dem Altweiberpolitik treibenden
europäischen Concert wirkte nicht umsonst das „perfide
Albion" mit. Die Großmächte, die die Türkei be-
wogen, die für sie vortheilhafteste Zeit der KriegSer-
öffnung unbenutzt verstreichen zu lassen, haben bis jetzt
zum allermindesten die Pflicht, dem leichtsinnigen
Friedensstörer nicht offen oder insgeheim zu sccun-
diren. Wer nicht hören will, soll fühlen. Kein Mit-