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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
September 1897
DOI article:
Nr. 207
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0845

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Mlzer Volksblatt

1. JaW.

WM» WM, des U. Wmber 1897.

1s- und
euiend«

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Zur gkMigr« Brschlung!
Nuf das „Pfiilzcr VoLksdfatl" kann
Mtwühnnd hier in unserem Expeditione
^-°kalr, Zwingerstraße Nr. 7, auswärts bei
^kn Postämtern und Postloten abonnirt
tverden.

. Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lrsingerßraße 7.

Zum Schluß begründet Redner die Nothwendigkeit
katholischer Einheit und berührt sodann das Kapitel
„Katholizismus und Wissenschaft." Die Reforma-
toren hätten unsere Männer von den Stätten der
Wissenschaft vertrieben. Die Kirche habe zunächst
die geschlagenen Wunden heilen müssen. Jetzt heiße
es wieder vorangehen auf dem Gebiete der W sssnschaft.
Herr Legitationsrath v. Kehler dankte und ver-
sicherte, daß die deutsche CentrumSpartei in den von
Dr. Windthorst vorgezeichneten Bahnen wandeln
würde, und ersucht alle Anwesenden, treue Anhänger
und Förderer des CentrumS zu bleiben.
?. Scheid feiert CanisiuS als einen Verherrlichet
des katholischen Glaubens und seine Thätigkeit als
eine Stärkung des Papstthums. Wissenschaft, Heilig-
keit u. wahrhaft deutsche Gesinnung seien ihm Schwert
und Schild gewesen. Herr Generalpräses Forschner-
Mainz schildert CanisiuS in seinem Wirken als Vor-
bild zur Heranbildung der Jugend. Er ermahnt
Eltern, Lehrer und Priester, die Rechte der Kirche
auf die Schule unablässig zu reklamiren und Alles
zu thun, um in der Erziehung zu retten, was zu
reiten sei. Treffend schildert Redner die Gefahren
der konfessionslosen Schule u. die Nachtheile der mo-
dernen Schule. Herr Legitationsrath Dr. Kehler
dankt in dem Schlußwort dem lieben Gott für seinen
Schutz, dem Hochw. Weihbischof Dr. Knecht, de«
geistl. Behörden, dem Kantonspräfidenten, den Rednern,
und dem Comite. Sein Wunsch ist insbesondere, daß
wir auch einmal in Hessen, Baden, Mecklenburg oder
in einem anderen Staate solche Worte aus dem Munde
eines Regierungspräsidenten hören möchten, wie sie
heute der KantvnSpräsident gesprochen habe. Der
Hochwürdigste Weihbischof Dr. Knecht ertheilte sodann
der Versammlung den bischöflichen Segen. Dann
schloß sie der Präsident mit einem Hoch auf den hl.
Vater.
Um 8 Uhr sand eine Segensandacht am Trabe
des sel. CanisiuS statt. In der darauf folgenden
zwanglosen Versammlung nahm Herr Domprediger
Steigenberger-Augsburg das Wort. Er lenkte die
Aufmerksamkeit auf diejenigen, welche wir nach unseren
Anschauungen als irrende Brüder ansehk» müßten, u.
erinnert an die Encyklika des hl. Vaters zur Wieder-
vereinigung in der Einheit des Glaubens. Wir hätten
heute die Berechtigung und die Pflicht, dem hl. Vater
unsere Mitantheilnahme zu versichern, ihm zu sage»,
daß das, was sein Herz bewege, auch unser Herz in
Mitleidenschaft ziehe, daß wir den Schmerz mit dem
Vater der Christenheit theilen.

Lischt Wrllfshtt z«m Grabe des sel.
Miliz Csmfius in Freiburg (Schweiz)
Schluß an die 44. Gercralversammlung derKa-
rhlliken Dkvtschlards.
Freiburg (Schweiz), 9. Sept.
tz.Ar letzte Sonntag war ter Glanzpunkt der
tzMrt. HrSnst. Weihbischof Dr.
^Freiburg las, wie wir in Nr. 205 des
LsWr Voiksblatt" meldeten, nm 7 Uhr in der St.
i>i,e?bMirche die Pilgernilsse vnd reichte den Pilgern
Kommunion. Tag Pontificalamt
Hochwst. Bischof Derüoz von Freiburg.
W«,, unter Assistenz der hochw. Herren Do«
r, Dr. Gutmann, Dr. Werthwan», Präsekt
F.k,' Professor Laib und Priester Bosselt. Die
predigt hatte der Hochwst. Weihbischof Dr.
twernomuikv. Hrchderselde betrachtete, ans-
ßk» , ^vn dem Grundsätze, daß nur die Liebe Gro-
z, A Listen >w Stande sei, Canisivs in seiner Liebe
TsksVur, zu der hl. Kirche, zu der Jugend v. zur
de, Uichaft. Recht bemerkenswerlh ist folgender Satz
Kar, ^t.vdung: die kath. Kirche, mit ihr die Jesuiten,
iW^'st die größte Freundin der Wissenschaft. Sie
Wissenschaft und fürchtet die wahre Wissen-
weil diese zu Gott führt. Herrliche Worte
Hochwst. Herr auch über die Pflicht des
^briükV^ hl. Kirche, die geistliche u. weltliche
Hochderselbe nahm dann allgemein das
der hl. Kirche stets treu zu bleiben.
itz AeI cstversammlung um HM 5 Nh?
Hj>.^..^arnsiuS Festhalte statt. Sie wurde von dem
TisO^^ten des ConifiuSvereinS, Herrn Inspektor
Frankfurt, eröffnet. Derselbe führte ein.
°2 ' — >.»» --> ——

Juferate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rau«
Organ für «aßckeit, Freiheit L KM. .
Expedition: Zwingerstratze 7

täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
VlboimemevtSpreis mit dem wöcheut-
ZMMterhaltunasblatt „Der Sonntagsbotc" für
^^er^monatlich KV H mit.Trägerlvhn. durch
kro?.

leitend aus, daß, wie in den Kreuzzügen ein Ziel,
das Grab dcS Erlösers, die Pilger aller Nationen
vereinte, so auch die deutschen Katholiken, auspilgernd
von verschiedenen Punkten, ein Ziel vereint Hobe: das
Grab des sel. Petrus CanisiuS. Die Pilgerfahrt sei
em öffentliches Bekenntniß der GlaubenSfestigkeit und
GlaubeuSbeharrlichkeit. Diese zu bekunden, fuhr Red-
ner fort, ist nothwendig. Leider sieht eS in Deutsch,
land in dieser Hinsicht nicht gut aus. Zunächst müssen
wir, um Abhilfe zu schaffen, die Unterrichtsfreiheit
wieder haben. Man sagt, wir hätten noch sechs stif-
tungSgemätze katholische Hochschulen.
Man wirft uns Katholiken eineu Rückstand auf
dem Gebiete der Wissenschaft vor. Wir können es
nicht leugnen, aber die Schuld liegt nicht ganz bei
ms, jedenfalls ist eine der Ursachen, daß die Katho-
liken im Gelehrtenfach sich keines gleichen Wettbewerb
bes erfreuen. Am Grabe deS CanisiuS wollen wir
eine Fackel auzünden, sie schwinge», gesetzmäßig, aber
ernstlich und für Andere begeisternd, wir wollen käm-
pfen für Gott, Kirche und Vaterland!
Kantonsprüsident und Mitglied des StaatSratheS
Python nahm hierauf das Wort und sagte etwa Fol-
gendes: Wir haben viele Gründe, stolz zu sein, daß
die deutschen Pilger zu uns gekommen sind. Bis
Anfang dieses Jahrhunderts war die deutsche Sprache
hier die Amtssprache. Wir haben die Ruhe der
Deutschen, nur nicht ihre Arbeitskraft, wie wir
den Leichtsinn der Franzosen ohne ihre Weitherzigkeit
besitzen, so daß man sogt, wir hätten nicht die höchsten
Eigenschaften der beiden Raceu. Unser Freiburg soll
nach der Sage der Teufel gegründet habe» in der
Weise, daß er eine deutsche Stadt mitnahm und ein
Stück davon hier in der Gegend fallen ließ. Ob nun
die Geschichte oder Soge Richt hat, wir sind deutschen
Stammes. Sie sind also hier in der Familie. Wir
sind nicht nur stammesverwandt, sondern auch Glau-
benkbrüder. Wir haben Respekt vor den deutschen
Katholiken. Sie haben eine katholische politische Partei,
das Centrum. Wir habe» von Ihnen gelernt, wie
Katholiken auf katholisch-politischem Boden kämpfen
müssen. Der Staat mischt sich gern in kath. Kirchen-
sache«, also müssen sich die Katholiken auch in Staats-
sachen mischen. Das aber geht nicht ohne Politik,
darum muß Politik zur Verteidigung der Religion
getrieben werden. Wir haben die Katholiken Deutsch-
lands auch deßhalb lieb, weil wir an ihnen die größte
Stütze für unsere kathol. Universität hatten. Diese
Dankesschuld zahlen wir, indem wir sie durch unsere
Univirsität abtragen, die deutsche Studenten besuchen.


Die einzige Tochter. BL
Är cüe ^Western dort konnten die neue Krankenpflegerin
cr^illvkudcn; besonders für die Genesenden war
uZWi^Wnen er wünscht. Sie konnte trefflich mit den
Derlei ""^crn umgehen, indem sie ihnen erzählte und
UM ril r-?e aus Popierschnitzeln zu schneiden wußte,
NcNkldie Stunden verkürzte. So verging ein
M djx Krankheit war im Abnehmer,, aber damit
Karen Last aus Rika's Schultern. Die Schwestern
M tzchMreist. Doornburg trug sich mit dem Gedanken,
in e nA?"i den Nonnen anzuvertrauen, wenn seine
«sich "Ufa gelängen; dies war einer der vielen Ent-
kdskjx.im Kopfe hatte, und die er bald auszuführen
^ital^-^ttags ging Maroo von ihrer Wohnung zum
Mt aus, war ein mildes Wetter, und sie hatte keinen
^rnburg ' ^uf halbem Wege begegnete sie Herrn
, ^e mir Ihre Hand," fügte er plötzlich.
Uchte W °khorchte sie. Er umfaßte ihren Puls und
Augenblicke mit gespannter Aufmerksamkeit.
. L-, unmittelbar nach Hause, Sie find nicht wohl."
chriy, N^dorchte und begab sich auf ihr Zimmer, um
nicht?„r zu schreiben, aber es kam ihr vor, als wenn
Den Gl-''! but ginge, wie sonst. Es war ihr schwer in
Mse bnr ^r Geist schien umnebelt, und sie starrte
öligen. ' ohne einen Buchstaben auf's Papier zu
wrang aus und lachte.
Irlich '„"Mrisch, der empfindliche Herr könnte mich
Mtuigk» machen. Wenn ich still meines Weges
sAri war, „re>. würde ich nichts gemerkt haben. Aber
MljH Kleinigkeit achtet, wird man schließlich
Dd Vers«»,,'»Sie legte ihre Schreibutenfilien bei Seite
8?! w de» wlt einer Handarbeit. Eben wollte sie et-
L^wen «ÄEN legen, aber als sie aufftand, vermochte
N«, Hi, Ustl weiter t» gehen und sank auf den Boden
^rde gerufen gde brachten sie zu Bett, und der Doktor

„Es war nichts von Bedeutung/' meinte er, „eine Er-
kältung." Am nächsten Tage war es jedoch nicht bester.
Das Fieber dauerte fort, Maroo phantafirte bisweilen und
rief nach ihrem Vater. Herr Doornburg erkundigte sich
täglich nach ihrem Befinden.
Als sie sich eines Tages etwas bester fühlte, schrieb sie
den angefangenen Brief an ihren Vater fertig, ohne jedoch
von ihrem Kranksein etwas zu melden. Fräulein Klipper
sand dies verkehrt; man könne nicht wissen, wie es gehen
werde. Schon in der folgenden Nacht schlief Rika gar nicht,
das Fieber kehrte wieder, und sie klagte über schweres
Kopfweh.
Der Pfarrer besuchte ebenfalls das kranke Mädchen.
„Wie geht es, Kind?" fragte er."
„Ziemlich gut, Herr Pfarrer!"
„Ja, das sagt sie immer," bemerkte Fräulein Klipper,
„aber man sieht es ihren Augen an, daß cs nicht so ist."
„Möchten Sie Ihren Vater nicht sehen, Rika?"
„Nein, Sie wissen ja Wohl, weshalb. Es ist nicht so
schlimm, es wird morgen bester sein."
Aber es trat keine Besserung ein. Der Pfarrer schrieb
daher an Fritz einen sehr vorsichtigen Brief und überlegte
noch, wie er sich Adelbert gegenüber verhalten solle. Es
war bester, wenn dieser Alles vor der Ankunft seines Bru-
ders erfuhr. Der Pfarrer berechnete jedoch, daß Fritz un-
möglich vor übermorgen in Doornburg eintreffe« könne,
und somit hatte er noch Zeit genug-
Den ganzen Mittag, sowie am nächsten Tag war der
Fabrikant durch Besuch abgehalten, so daß de« Pfarrer
die Gelegenheit zu einem Gespräch unter vier Augen fehlte.
Er ersuchte darum Herrn Doornburg mittelst eines Billetes
ihm am Abend ein Stündchen Gehör zu schenken. Dieser
aber brachte um 5 Uhr Nachmittags seinen Besuch zur
Bahn- Auf dem Perron nahm man Abschied, während die
mit dem Zuge Angekommenen die Wagen verließen- Nach-
dem die Wagenthüren geschlossen waren, winkte Adelbert
zum letzten Mal mit dem Lut und war gerade im Begriff,
in den Wartesaal zu treten, als ein Mann sich ihm hastig

näherte und in ängstlichem Tone rief: „O, Adelbert, Adel'
bert, wie geht es meinem Kinde?"
Der Fabrikant blickte verwundert um sich- Eis tobten-
blasser Mann, in dem er sofort seinen Bruder erkannte,
stand vor ihm-
„Was soll das heißen?" fragte er mit zusammen-
gezogenen Brauen, „was willst Du nur von mir?"
„O, sie ist todt, ich lese es in Deinen Augen. Meine
Margo, mein theures, mein einziges Kind!'
„Um des Himmels willen, was gibt es? Ich weiß nicht
was Du willst. Weiß ich etwas von Deinem Kinds? So
geh' doch und errege hier kein Aufsehen, man beobachtet
uns." — „O Adelbert, sei nicht fo grausam! Nur ein Wort,
lebt sie noch, oder . . ."
„Aber wer denn?"
„Meine Margo — oder weißt Du es noch nicht?"
„Was denn?"
„Rika Frederiksen ... sie ist meine Tochter."
„Sie — Deine — Tochter?" Ec ließ den unglückliche»
Vater stehen, ging rasch durch den Wartesaal, stieg draußen
in seinen Wagen und fuhr fort. Es schwirrte ihm vor den
Augen. Rika, feines Bruders Tochter, war ihm aufgedrängt
und von ihm so freundlich behandelt worden, daß er sie
hatte adoptiren wollen. Ein namenloses Empfinden, Zorn,
Scham, daß er sich so hatte betrügen lasten. Asrgsr über
die Frechheit jener Menschen, das Alles vermischte sich mit
dem alten Groll. «Zum Pfarrer! rief er dem Kutscher zu.
Ohne sich anmelden zu lassen, eilte er durch dis halb
geöffnete Thürs und den Hausgang zu dem Studirzimmer
der Geistlichen. Dieser war mit Lesen beschäftigt, aber ei-
gentlich dachte er darüber nach, auf welch: Weise er die
mißliche Sache bei «oornburg vorbringen sollte. Als die
Thüre so unsanst geöffnet wurde, sprang er auf, über die
unerwartete Störung erschrocken. Sein Schrecken ward nicht
geringer, als er Adelbert's in ungewohnter Gluth geröthe-
tes Angesicht vor sich sah.
(Fortfetz« g folgt.)
 
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