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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Januar 1897
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Nr. 12
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0049

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Pfälzer Mksblatt.

AMberg, ZmstU de» 16. Mmm IM.

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Druck, Verlag u. Expedition:
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrftraßr 7.

scheint tiiglich mit Ausnahme der Sonn- n.
Mertage. Abonnemeutsprei» mit dem wöchent-
Achen Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" sür
Heidelberg monatlich SV H mit Trägerlohn, durch
die Post bezogen viertelj. 1.60 franco.

i Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
1 Organ für «Mckeit, Fretkeii L KeM.
h " ' Rabattbewilligung.
Expeditton: Zwiugerftratze 7.

Stolz und Liebe. L«
Dem Amerikanischen nach erzählt.
ft. Zum ersten Male hatte eine einschmeichelnde Männer-
wwrne süß und bestrickend an das Ohr Ellens angeschla-
N und tief in ihrem Herzen schlummernde Gefühle aus-
zweckt. Ez war dem uuschuldsvollen Mädchen so anders
un vergongeneu Togen uud fie wußte nicht wie. Sie
Wüte zu dem Sternenhimmel auf uud ihre Gedanken
Muren sich in das Unerdlichc. Sie träumte von Sebn-
Wt nach einem Etwas, was sie noch nicht kannte. Es
tüPe Schwermuth, was il,re Augen mit Thränen
.Ganz andere Gedarken beschäftigten Jessie. Gestern
W.hatte ste in ungetrübtem Glück an Walter gedacht
ruf seine He msthr gefreut und jetzt lag es wie
öü o"belsLlcikr über ihrem Ideal; es war ihr, als wäre
8" kalter Hauch über ihre Herzcvsblüthe hinweagezogen.
Mwer aufs Neue zogen die Mittheiluagen Williams an
Mm geistigen Auge vorüber. S e reflektirte und stellte
vergleiche an und ein Keim des Zweifels war in ihr
W .belegt. Sie fühlte sich unbehaglich. Zum ersten Male
UfMmlichten die beiden Mädchen sich gegenseitig ihre
U oonken; sie wären auch nicht in der Lage gewesen, die-
üÄk", vuszutaufchen, weil cs Gedanken waren, welche sich
«lcht in Worte Neiden lassen.
«n William gefiel es in Deerwood so wohl, daß er eine
Mche dort verweilte; täglich unternahm er mit den bei-
»UMüechen erößere Ausflüge und verstand es so einzu-
^chten, daß er bald mit Jesfie, bald mit Ellen allein war.
A Mlner seltenen Unterhal uugsgabe ausgeftattet, wußte
Mik Tomen zu fesseln, zu zerstreuen und ihnen zuzu-
Lk» .wes sich schmeichelnd in das Herz junger Mäd-
-ven schle cht uud dort äugen, hmes Empfinden erweckt.
^bsch stossen so die Stunden dahin und William ge-
Diädchen mit jedem Tage besser. Insbesondere
s bei Ellen der Fall, bei welcher eine große Ver-
«rerurig wchrzuuel mcn war. Nie zuvor hatte fie so glück-

Ver Streik der Prodnktendörsen.
. Die streikenden Produktenbörsianer scheinen sich
BH nicht so ganz wohl und sicher zu fühlen, wie eS
An stolzen Worte, die sie uud ihre Freunde in der
Msse machen, entsprechen würde. Der amtliche Bör-
Mommissar hat noch nirgends an den Anschlagsäulen
A Aufforderung veröffentlicht: Liebe Cohn und
Vwkuz, kehrt zurück in den Produktensaal; eS ist
?uch alles verziehen; die Agrarier sind entfernt wor
An." Auch die Landwirthe haben bis jetzt keinerlei
T^fregung darüber bekundet, daß keine amtlichen Pro-
Aktenpreise mehr notirt w rden. ES scheint ihnen
^rkljch der nichtamtliche Preis der „Freien Bereinig
Bge»" zu genügen, zumal, da dieser sich seit Neujahr
k ganz gut gehalten hat. Wenn nun Niemand An
Aalten macht, den Streikenden gute Worte zu geben,
iv müssen diese sich, schon der viclgerühmten und em
Bildlichen „Ehre" halber, doch wohl entschließen, sich
fA dem neuen Bau h imisch einzurichten, denn es wäre
gar zu blamabel, wenn sie jetzt ungebeten in den
"wen Bau zurückkehrten.
Eine Börse soll ihre jetzige Einrichtung bekanntlich
Acht sein. Aber sie haben doch große Sorge, die
Mierung möchte eS anders auffasfen. Zur Berathung
„djx Lage" waren daher am Samstag und
Aanntag (a!so am jüdischen und christlichen Ruhetage)
^rtreter der Freien „Vereinigungen" oder „Drlegirte
A" fast allen preußischen Handelsplätzen" in Berlin
Mammelt. Nach einer „offiziösen" Mrttheilung an
Ak Presse wurde beschlossen: 1. Die Gründung einer
Organisation für den deutschen Getreide- und Pro
Menhandel mit dem Sitze in Berlin, 2. Seitens dec
Atheiljgten Vereinigungen keinerlei Preisermittelungen
»A veranstalten und w der direkt noch indirekt zu vrr»
Wirtlichen; Zweck der Organisation soll sein „die
Wahrung der Ehre uud des Ansehens ihrer 'Mitglis-
A^s und die Förderung der wirthschaftlichen Interessen
Leider wird über die Verhandlungen Näheres nicht
AAgetheilt; auch finden wir in den Blättern keinen
^mmentar zu den Beschlüssen. Die Hauptsache ist
Uenbar der Beschluß Nr. 2. Man fürchtet, für eine
^vrse erklärt zu werden, wenn man PreiSermittelungen
Aranstaltet und veröffentlicht. Darum hat heute auch
Ak seit dem 2. Januar rings führte wohlverklausulirte
vrersnonrung aufgehört! Die Presse ist fortan auf
»private PreiSermittelungen angewiesen. Zum Glück
^nn die „Nat.-Ztg." constatiren, daß eS „nicht schwer"
UNvessn sei, das Nöchige „festzustellen". Also „pri-

vatim wird ganz gerne Auskunft ertheilt. Offenbar
handelt eS sich bei dem neuen Vorgehen darum, dem
Börsengesetze unter allen Umständen auSzuweichen.
Selbstverständlich erfahren aber alle Brtheiligten ganz
genau, wie eS mit den Preisen steht.
Die Landwirthschaft wird sich ob der Neuordnung
wohl auch nicht zu sehr grämen. Die Preise erfährt
sie ja auch so. Ihr kommt eS nur darauf an, daß
mit dem Getreide nicht lediglich geipielt und unredlich
spekulirt, sondern reell gehandelt wird. Sie kann u.
will es nicht hindern, daß die Preise sich nach Angebot
und Nachfrage richten, aber sie kann auch nicht zu-
frieden sein, daß ein bloß papierenes Angebot die
Preise drückt. Soweit wäre ja alles ganz gut. Nur
werden viele Leute nicht glauben, daß die Getreide-
Händler es lange aushalten ohne die frühere Praxis
wenigstens die Leut- vom Schlage der Cohn und
Rosenberg. Sie werden sich bei dem langweiligen
Lieferungsgeschäft nicht behaglich fühlen. Dennoch
ist zu vermachen, daß in den Freien Vereinigungen
sehr bald die alten Methoden wieder einreißen; man
wird eS genau so machen wie früher, nur nicht „börsen-
mäßig". DaS hat allerdings seine Gefahren, denn
wenn der Verlierer nicht zahlen will, kann man ihm
nichts anhaben. Große Erbitterung soll am Samstag
über Cohn und Rosenberg, „die rühmlichst bekannte"
Getreide Speculantew Firma geherrscht haben, weil
sie in einem Proceß den Einwand des Differenz-
spieles gemacht haben. Mit dergleichen zweifelhaften
Leuten wird man in Zukunft wohl vorsichtiger fein,
allein bei noch so viel „Treu und Glauben" ist man
doch nie sicher, daß ein.Verlierer schließlich die Zahlung
verweigert.
Die Regierung hat sich bisher anscheinend um den
Streik der Produkten Börsen keine grauen Haare wach-
sen lassen. Andererseits dürften die Streikenden aber
auch bedeutend irren, wenn sie glauben, man werde
sie ungestört lassen, wenn sie sich nur vor formellen
und öffentlichen Verstößen gegen dar Gesetz hüten.
Der „Poft" zufolge ist dcm Bnndesrathe ein Nach-
tragsavtrag Preußens zu den AuSfübrungSbestimmun-
gen zum Börsengcsetzs vom Juni v. I. zugegangen.
Vielleicht richtet sich der schon gegen die Manöver der
Pcodukten-Börsianer. Jedenfalls wird man nicht ru-
hig zusihen, wenn unter der Form von Freien Ver-
einigungen das alte Getreide-Spekulations- u. Termin-
geschäft fortgesetzt und das Gesetz umgangen wird.
In der Berliner Volkswirthschaftlichen Gesellschaft,
wo am Samstag gegen die culturwidrigen Bestimmun-
gen des BölsengesetzeS und der Börsenordnungen ge-
lich, so fröhlich, so lebknsmuthig ausgesehen, wie gerade
fitzt, und Tante Tebiy meinte, die Arttflüge mit Mr.
Bellenger wären eine Medizin sür sie. William hatte die
beabsichtigte Untersuchung eifrig ins Werk gesetzt; aber
die Folge davon war, daß er sich in unerwarteter und
ungeahnter Stärke zu Ellen hingezogen fühlte. Wäre sie
so reich, wie liebenswürdig gewesen, er würde sie sofort
gebet.n haben, die Seine zu werden. Jedoch seine Braut
müßte eine „Erbin" sein, und er wußte deshalb genau,
daß Ellen ihm nicht mehr als eine Freundin werden könne.
Trotzdem ließ er von seinem Beginnen nicht ab, bis sie
endlich nur dos sah, was er sah, — nur das hörte, was
er sprach. Zwar fühlte er zuweilen Gewissem bisse wegen
seiner Grausamkeit; aber dann suchte er sich zu beschwich-
tigen, indem er meinte, er begehe ja kein Unrecht gegen
sie. Sie kenne den weiten Abstand der beiderseitigen Ver-
hältnisse, und könne gewiß nicht erwarten, das Weib eines
Mannes zu werden, dem in Newyork Aller Herzen ent-
gegenflogen. Nur höflich wolle er gegen sie sein, nur eine
kleine A! Wechselung in ihr eintöniges Leben bringen, wenn
er fort sei, möge sie ihn nur wieder vergessen. — Und
doch fühlte er wieder ein seltsam bitteres Gefühl bei dem
Gedanken, von ihr vergessen zu werden.
„Wir werden uns wohl nicht Wiedersehen," sagte er,
als er am Abend vor seiner Abreise allein mit Ellen im
Garten promenirte.
O, Sie kommen doch wieder, Wlliam, sagte sie, mit
ihren großen Augen zu ihm aufblickend. „Jessie wird noch
hier bleiben und Sie werden meine Freundin besuchen,"
und eine Thräne zitterte an ihren langen Wimpern, wenn
sie an das nahe Scheiden dachte-
„Jesfie wegen brauche ich nicht mehr nach Deerwood
zu kommen, fie kann ich im nächsten Winter in der Stadt
ost genug sehen; wenn ich Wiederkehre, dann sind fie es,
welche mich zurücksührt. Wünschen Sie, Ellen, daß ich Sie
bald besuche?" frug er mtt weichem Tone, und sein dunk-
les, schönes Gesicht neigte sich tief zu dem armen, unschul-
digen Mädchen, bas flüsternd antwortete:
„Ja, ich wünsche, daß Sie kommen."

eifert wurde, stellte Dr. L. Bamberger das Börsen-
gesetz auf eine Stufe mit den Zwangsmaßregeln, durch
welche zur franz. Schreckenszeit der Convent den Ge-
treidepreis niedrig und den Kurs der Assignaten hoch
halten wollte. Lächerlicher kann man nicht übertreibe».
Der Convent wollte künstlich die Preise beeinflusse».
Die Absicht des Börsengesetzes ist dagegen gerade um-
gekehrt, die künstlichen Preisbieinflnffungen zu hindern.
Nur arg in die Irre geführte Leute können geglaubt
haben, es werde fortan niedrige Getreidepreise unmög-
lich machen, die Vertreter der Landwi thschaft im Bör-
senvorstande hätten es in der Hand, stets hohe Preise
zu „notirsn."
Deutsches Reich.
* Berlin, 14. Jan. Das C-ntrum hat im Reichs-
tage nunmehr die ehemalige lex Heintze als besonde-
ren Antrag eingebracht und zwar in der ihr voir
der Commission s. Z. gegebenen Fassung mit einer in
der Commission ahgelehnten Bestimmung, die sich gegen
die Aufführung unsittlicher Theaterstücke usw. richtet.
* Berlin, 14. Dez. Wie verlautet, wird der
Erbgroßherzog von Baden demnächst das
Commando des 3. Armeekorps erhalten und der bis- '
hertge Commandeur desselben, General v. Liegnitz, dar
5. Armee CorpS übernehmen. General v. Seeckt soll,
wie weiter verlautet, als Nachfolger des General Oberst
von Loe als Oberbefehlshaber in den Marken auser--
sehe» sein. . ' . -'
* Berlin, 14. Jan. Der Nationalztg. zufolge
wird der Gesetzentwurf über Abänderung des Javali-
ditätS- und AltersverstcherungSgefetzeS in dem Aus-
schüsse des BundesratheS mannigfache Abänderungen
erfahren.
* Ttratzburg, 14. Ja». Wie die „Str. Post"
meldet, ist der Kreisdirektor Lengenwald in Grbweiler
gestorben. Derselbe war einer der ersten Eingebore-
nen, die nach dem Kriege in die deutsche Verwaltung
eintrateu.

Deutscher Reichstag.
Berlin, 13. Januar.
Etat des Reichsamts des Inner».
Abg. Frhr. v. Hehl (ntl.) bespricht die von der
Kommission für Arbeiterstatistik herausgegebene Zu-
sammenstellung der Ergebnisse der Ermittelungen des
Berliner Einigungsamtes, sowie der Ermittlungen über
die Arbeiterverhältnisse in der Kleider- und Wäsche-
konfektion. Die Lohn- uud WohnungSverhältniffs seien
einer Reform dringend bedürftig.
„Dann erbitte ich mir zum Unterpfands eines freund'
lichen Empfanges einen ersten Kuß, und wenn die Bäume,
aus dem Berge, wo wir so glücklich zusammen gewesen
find, ihre Blätter abwerfen, komme ich zurück."
Das Unterpfand war gegeben, und dann nahm
William dem Mädchen das Versprechen ab, Niemanden
von seiner Absicht bald wieder zu kommen, etwas zu sa-
gen. Noch ein Lebewohl und sie kehrten in das Farmhaus
zurück.
, Ellen war es so wunderlich wonniglich zu Muthe,
wre me m ihrem bis dahin so einförmigen stillen Leben.
, I ssie hatte bereits ihr Zimmer aufgesucht, da fie noch
emen Br;ef vollenden mußte, den der junge Bellenger am
andern Morgen mit in die Stadt zu nehmen versprochen
hatte. Nellie folgte ihr dorthin. „Nellie, bist Du es?" —
fragte Jesfie etwas befremdend auf das junge Mädchen
blickend, das leise, ungewöhnlich bleich und unter dem
Eindruck der noch nicht überwundenen Gemüthsbewsgung
in das Zimmer getreten war. „Wo warft Du so lange?
Wer schloß soeben die Gartenthür?"
„Die Gartertthüre?" — wiederholte Ellen gedehnt —
und sie fügte rasch hinzu: „Ich habe nichtsgehört!" als
fürchtete fie die Kraft zu verlieren, die erste Unwahrheit
auszusprcchkn, welche ihr Geheimniß wahren sollte. O hätte
sie nur bekannt und ihrer Freundin ihr Geheimniß ver-
traut! Wie manches Hsrzweh und wie mancher Fehltritt
Ware beiden erspart geblieben. Aber fie schwieg; fie hatte
es ihm ja versprochen, und als Jesfie ah-uugslos lachend
fragte: „Hat meine kluge Nell e eine verborgene Liebe?"
wandte fie sich verwirrt zur Seite und suchte ihr Lager
auf. Noch einmal durchlebte sie die Scene im Garten,
noch einmal kostete sie den süßen Zauber seiner Stimme
und ferner Liebkosungen. „Kleine Schneeflocke" hatte er sie
beim Abschiede genannt, und der Mond war schon längst
hinter den Bergen verschwunden, als fie noch dieses Na-
mens gedachte und der Zeit, da die Blätter fallen würden,
kehrte er doch dann wieder zu ihr zurück!
(Fortsetzung folgt.)
 
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