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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Februar 1897
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Nr. 41
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0165

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Pscher Volksblatt.

HMdrrs, KiilMg, dm 20. Mr« 1897.

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

^scheint täglich mit ^Ausnahme der Sonn- u.
b?idelb "^^ EllUlUkll, Äklltkll är ÄktÜl
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zum Theil schon in den Bedingungen der National-
liberalen genannt. Wir erinnern ferner an die For-
derung des warmen AbendbrodeS für die Militär-
mannschaften. Die Wünsche sind bisher nicht berück-
sichtigt worden, besonders mit der Begründung, daß
man kein Geld habe. Im Centrum ist nuu stark die
Ansicht vertreten, daß man zunächst die Beachtung
dieser Wünsche verlangen kann, ehe man sich zur Auf-
besserung der immer noch erträglichen Offiziersgehälter
herbeiläßt.
Die Herren auf der Rechten, deren Söhne die
meisten Stellen in der Armee besetzt haben, werden ja
für die Ausbesserung sein; auf der Linken aber wird
man sich dagegen noch bestimmter ablehnend verhalten,
als bei den Nationalliberalea und im Centrum. Heute
kommt dieJ Frage in der Budg-tkommiffion zur
Verhandlung. Wenn die Regierung nicht ein uner-
wartetes Entgegenkommen zeigt, dürfte eine Mehrheit
für sie nicht aufzubringen sein.
In der Budget Comm ssion hat die Berathung
bisher einen Verlauf genommen, der für die Vorlage
nicht.? Gutes erwarten läßt. Die Rechte zählt 13
Stimmen, die übrigen Parteien 15. Da aber der
Vorsitzende der Commission, Frhr. v. Huene, regel-
mäßig anders stimmt, als die übrigen Mitglieder der
CkNtrumSfraktion, so ist bei den entscheidenden Ab«
stimmungen das Stimmverhältniß nicht 15 zu 13,
sondern, wenn kein Mitglied fehlt, 14 zu 14, und
entspricht nicht dem Stärkeverhältniß der dahinter
stehenden Parteien. Als über die Aufbesserung der
RegierungSräthe abgestimmt wurde, fehlte der frei-
sinnige Abgeordnete Gothein. In Folge dessen wurde
die Aufbesserung durch die Stimme des Vorsitzenden
mit 14 gegen 13 Stimmen angenommen. Frhr. v.
Huene selbst bemerkte, daß dies Ergebmß nicht der
wahren Meinung der Commissicn entspreche, eben
weil auf der Gegenseite eine Stimme ffhlte. In der
nächsten Sitzung war der Abg. Gothein wieder da.
Nun aber meinte der Vorsitzende, man möge, um keine
Jnconslquenz in die Beschlüsse zu bringen, bei den
weiteren Abstimmungen die Consequenzen des Be-
schlusses vom vorigen Tage ziehen. Darauf ging man
jedoch nicht ein, vielmehr wurden nun mit 14 gegen
14 Stimmen die Aufbesserungen abgelrhnt, die iu
Consequenz der Aufbesserung der RegierungSräthe
hätten bewilligt werden müssen. Man wollte sich
eben vorsichtiger Weise auf keine vorläufigen Bewillig-
ungen einlassen, um gleich sestzulegen, daß der erste
Beschluß nicht der Meinung der Commissions-Mehr-
heit entspreche. Bei der Abstimmung über die Ge-


Die Beamlen-Akfbesserung
bürd allem Anschein nach im Reichstage kein Glück
haben. Die Nationalliberalen haben einmüthig be-
ichlossen, der Vorlage nur zuzustiwmen, wenn gleich-
Zeitig die Wünsche der durch das Dienstaltersstufen -
System gesckädigten Untkibeamten und der Landbrief»
Kläger erfüllt und ferner mit dem System der Grati-
ncationen und Remunerationen völlig gebrochen werde.
Weiter wünschen sie eine möglichst beschleunigte Regel-
ung der Reisekosten und Tagegelder für die Reichs-
beamten, sowie eine einheitliche Regelung der Communal-
steuer Privilegien. DaS sind so viele Bedingungen,
baß auf ihre Erfüllung kaum zu rechnen ist.
Auch im Centrum ist man wenig geneigt, auf dir
Vorlage eivzugehen. Bekanntlich handelt es sich vor-
zugsweise um die Ausbesserung der Offiziersgehälter;
Uvn den Mehrerfordernissen von 9 330473 M. kom-
Usen nämlich allein auf die Offiziere und andere
Militärpersonen 6 027 128 M. Es ist schon früher
uochgewiesen worden, daß die Bezüge der Offiziere
Urwerhältnißmäßig hoch sind im Vergleich zu denen
ber Richter und anderer Beamter mit höherer Bil-
bung. Ein Lieutenant erhält ja nicht gerade viel
Gehalt, aber er erhält schon Gehalt in einem Alter,
bw Beamte, die einer ganz anderen Vorbildung be-
dürfen, in zehn und mehr Jahren noch auf keinen
Pfennig Gehalt rechnen könmn. Für die Ansprüche,
Welche' ein zwanzigjähriger Lieutenant macht, mag
sein Gehalt sehr niedrig sein, aber nach den Präten-
Konen kann man die Angestellten des Staates nicht
bezahlen. Nun gibt es ferner noch eine ganze Reihe
bon Wünschen, die der Reichstag seit Jahren in An-
lägen und Resolutionen ausgesprochen hat; sie sind

hälter der Amts- und Landrichter kam es fin Folge
der durch der Stellungnahme des Frhrn. von
Huene wiederum veranlaßten Stimmengleichheit
von 14 zu 14 Stimmen dahin, daß sowohl die von der
Regierung, wie die aus der Mitte der Comm ssion
beantragte Aufbesserung abgelehnt wurde. Bei Stimmen-
gleichheit gilt nämlich immer ein Antrag als abge--
lehnt.
In der vorigen Session haben bekanntlich die
National-Liberalen beim Assessoren-Paragraphen bis
zum Schluß sestgehalten. Wenn sie eS auch dies Mal
thun und sonst nichts dazwischen kommt, ist kaum
abzusehen, wie dieAufbesseruug noch durchgesetzt werden
soll. Ja, eS ist sogar nicht ausgeschlossen, daß selbst
ein Theil der Conservativen noch zurückzuckt, im
Hinblick nämlich auf die Wahlen. Die Subaltern-
Beamten sind bekanntlich wieder ein Mal nicht be-
rücksichtigt, und da fragen sich selbst Conservative, ob
es klug sei, den hohen Regierunzsbeamten eine Auf-
besserung zu verschaffen, die man wahrscheinlich bei
den Wahlen noch nicht vergessen haben dürfte.


Die Diner-Rede des Statthalters Hshenlohe
hat die Erbitterung über die Diktatur und die Preß-
knebel nur noch verschärft. Ziemlich auf der ganzen
Linie werden die entscheidenden Stellen als verfehlt
bezeichnet. Sogar die Straßb. Post erklärt: „Wir
wollen nicht verschweigen, daß wir den Hinweis auf
etwa nöthig werdende Maßregelungen am liebsten
vermißt hätten." Der Mülh. Expreß antwortet dem
Statthalteri „Keine oratorische Wendung vermag für
uns die Bitterkeit von dem abzuwenden, was da ist,
im Vergleich mit dem, was da sein könnte. Was da
ist, das ist die alte, reaktionäre französische Gesetzgeb-
ung, ist der Diktatur-Paragraph. Was da sein
sein müßte, das ist das allgemeine Recht, unsere
Gleichstellung mit den übrigen Reichsangehörigen ...
Selten ist eine Bevölkerung den guten Beihätigungen,
den Vertrauensbeweise» so zugänglich wie die unserige;
aber wenige haben ein so ausgeprägtes Selbstgefühl,
sind so empfindlich gegen unvermeidliche Ernied-
rigungen und Kränkungen, welche stets das Gefühl
einer minderwerthigen Stellung zur Folge haben."
Die „übelgesinnte" d. h. unabhängige Presse fühlt sich
vollends nichts weniger als zerknirscht. Frisch und
fest schreibt der Eisätzer: „Die Spitze der statthalte-
rischen Ausführungen richtet sich augenscheinlich gegen
die unabhängige Presse. Wir rechnen es uns zur
Ehre an, dieser Presse anzugehören, und nehmen des-

.... Ich werde
und «hm mein

Stolz und Liebe. »L'
41) Dem Amerikanischen nacherzählt.
. »Beruhige Dich, Walter; wir wollen nicht den Frie-
Ekn dusis Ortes stören: ick theile Deine Empfindungen
§aoz und gar. Und doch muß er etwas für sie gefühlt ha»
°kn, der Ur würdige; denn sonst hätten die Gespenster sei-
nes quälenden Gewissens ihn nicht so bald an duse Stätte
betrieben. Wir ist dieser Minsch in seinem Leichtsinn und
W seiner Flachheit ein Räthsel."
n . »Bist Du denn so gewiß, daß William der nächtige
Inerter war und daß er diesen heiligen Ort besucht hat?"
"vg Walter erstaunt.
Leiste wachte One Bewegung, indem sie ihre V»rmu-
Mug begründen wollte, als sic mit ihrem Fuße an einen-
Hegenstand stieß, welcher im Scheine des Mondes blinkte.
Die hob ihn auf; es war eine Brieftasche mit silbernem
rT-erschlt'ß. Sie öffnete sie und ihr Blick fiel aus den ge-
mckten Nemenszug: William Bellenger-
.„Siehe," sagte sie, die Bnettasche Walter hinreichend
»meine Ve'wuthung hat mich nicht getäuscht. Ich werde
>hm das Verlorene zur Zeit übergeben und ihm mein
ttrtheil nicht vonmhalten."
.Seltsam" — sprech Malter vor sich hin — „das
Mlnschenherz ist ein Räthsel. Ich hatte nicht geglaubt,
doß in der Brust eines solchen Schurken die totale Ber-
Mbiheit noch einm Kampf mit besseren Regungen zu be-
Nehen hätte."
g, Die Kühle des Abends machte sich geltend und die
«erden schlugen den Heimweg ein. In Walters Herz
wischte sich das Eesüb! der Freude und der Genuglhuung
M dim der Niue. Er fr-ulc sich, daß Jessie die Hand-
lungen des Mannes so tttf verachtete, den in letzter Zeit
UM ttferjüchtiger Blick für seinen Nebenbuhler gehalten
uud es reute ihn, daß er auch nur einen Augenblick hatte
«im Gedanken Roum geben können, das edle Herz des
von ihw geliebten Modcheis habe Zuneigung sür einen
wichen Mann gefaßt. Er war versucht, sich dem Mädchen
tu lfsendaren, so strumte es in seinem Innern; oberer
purste ja nicht, ein Verspricht», ein Gelöbniß schloß ihm

den Murd.( Aber ihre Verzeihung mußte er erlangen. —
Als sie den kleinen Friedhof verlassen und noch einmal
einen Blick auf die W'hr-stätte der lieben Todtin gewor-
fen, strickte Walter Jessie seine Hand entgegen.
„Versieb," bat er, „habe ich doch geglaubt, William
habe sich in letzter Zeit Deiner besonderen Gunst zu er-
freuen gehabt; das machte mich unglücklich, denn ich fühlte,
daß der Elende Deiner unwürdig sei."
„O, vergeben ist Dir schon; Tu thatest mir allerdings
unrecht. Aber war es das allein, Walter, was Dich so oft
gegen mich so zurückhaltend, so verstimmt — kurz, so ganz
anders als früher sein läßt?" fing Jessie mit liebend
forschendem Blick.
Diese Frage machte Walter verlegen. Den wahren Grund
angeben durste i r nicht u. die Unwahrheit sagen wollte er nicht.
„Jessie, Du weißt, was mich drückt. Du weißt, welche
Schmach an meinem Namen haftet, welche die Aussöhnung
mit meiner Großmutttr, Mrs. Bellenaer, nicht auszulöscheu
vermag- Ich fühle es, ich werde noch viel und schwer zu
tragen haben; _'ch aber möchte ich glücklich sehen; nach-
dem Ellen gestorben, bist Du ja die Einzige, welche von
den Genossen der Kindheit mir noch verblieben ist."
Es lag eine leise Wehmuth in dem Tone seiner
Stimme. Eine Throne schimmerte in Jessies Auge, als sie
innig zu ihm aussckoute und ihn tröstete; „Fasse Muth,
Walter! Ist nicht Tein Glück auch das meine? Äon nun
an soll nie wieder eine Wolke zwischen uns treten."
Als im kleinen Farmhause schon Alle längst der Ruhe
pflegten, stand Walter roch am rffenen Fenster und schaute
in die Helle Mondnacht hinaus. Er sühlte nicht die Kuhle
der Nachilust; Träume von einer glücklichen Zukunft hiel-
ten ihn gefangen- „Ist nicht Dein Glück auch das meine?"
— hatte Jessie gesagt und Muth hatte sie ihm zugeflüstert.
Das ließ ihn hoffen, daß sie ihm treu sei und treu bleiben
Werde. Aber welche Schwierigkeiten gabs noch zu über-
winden, welche Berge thürmten sich dazwischen! Er mußte
seinen armen unglücklichen Vaier anfsuchen, finden und
dissm Unschuld diweisen. Aber wie, wenn sich diese nie-
mals beweisen ließ? Konnte er sein Versprechen immer
halten? Er wagte nicht, sich diese Frage zu beantworten;

aber der Glaube verließ ihn auch jetzt nicht, oaß Seth
Marshall dereinst noch als unschuldiger Mann vor der
Welt erscheinen werde. Bis dahin wollte er warten, sagte
er sich, und dann ging auch er zur Ruhe, um in seinen
Träumen die Luftschlösser verwirklicht zu sehen, die er
vorhin aufgebaut hatte.

Die Vermuthung Jessies, daß William Bellenger der
Reiter war, welcher am Tage der Bestattung Ellen How-
lands die Straße daherkam und den kleinen Friedhof be-
suchte, war zutreffend. Im Hause Mr. Grahams hatte er
erfahren, daß Jessie in Folge eines Telegramms nach
Deerwood abgereist sei. So war also auch dieser sein Plan,
Jessie von dem Sterbebette Ellens fern zu halten, vereitelt.
Von diesem Augenblicke an hatte er Ruhs und Fassung
verloren; das bleiche Gesicht des von ihm betrogenen ster-
benden Mädchens vers '
hin- Und wie es den l

. .. cfolgte ihn letzt unaufhörlich überall
I. .. ..i. ' ! Verbrecher an die Stelle der That
hintreibt, so zwang ihn eine unsichtbare Gewalt in die
Nähe der Tobten. Er kam in Deerwood am Tage des
Begräbnisses gegen Abend an. Hier erfuhr er schon bald
den Tod Ellens und daß am Morgen ihre sterbliche Hülle
zur letzten Ruhe gebettet worden sei. Eine unnennbare
Ängst quälte ihn; er wollte das Grab jeden, er wollte die
Erde küssen, welche sie bedeckte. Als die Nacht hereingebro-
chen, miethete er sich ein Pferd und gelangte bald zu dem
kleinen Grabhügel. Lebhaft gedachte er jenes Augusttages,
da er sie an derselben Stelle schlafend gefunden, — da sie
von ihm geträumt hatte, als von dem Maone, der ihr
das Grob graben werde. Einst hatte sie vorahnend von
dieser S-unde zu ihm gesprochen und ihn gebeten, an ihrer
Gruft für sie zu beten. Aber er vermochte es nicht und
murmelte nur heftig bewegt: „Arme Ellen! sie hat ein
besseres Loos verdient. Ich wollte, niemals hätte ich ihren
Pfad durchkreuzt."
Er warf sich nieder auf das Grab, verbarg das Ge-
sicht in der feuchten Erde und rief wie ein Verzweifelnder:
«Ich wünsche, ich wäre todt und ebenso glücklich, wie Du,
kleine Schneeflocke." Dann richtete er sich auf, bestieg sein
Roß und sprengte in die Nacht hinaus. (Forts, f.)
 
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