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Unterhaltungsblatt „Der Sonntag
«Adelberg monatlich SV H mit Träger»
d.86.
zMideig, Frewg, den 16. AM 1897.
(Fortsetzung folgt.)
Verantwortlicher Redakteur -:
Joseph Huber in Heidelberg.
v Des hl, Charfreitag wegen erscheint Morgen kein
^?rr Volksdlatt. Die nächste Nummer wird am
Mittag ausgegeben.
Druck. Berlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
_ Zwingerftraße 7._
Für das Weite Guartal 1897
^weu „ach immer alle Postämter Bestellungen auf
täglich erscheinende Zeitung
. Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
sowie unsere Expedition Heidelberg
^ivgrrstraße 7 entgegen.
Expedition des „Pfälzer Volksdlatt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Philipp Wasserburg f
Wie wir gestern kurz mittheilten, ist Philipp
Wasserburg nach langem, schwerem Leiden verschieden.
Wasserburg wurde am 12. Oktober 1827 in Mainz
geboren, wo seine Eltern in sehr bescheidenen Verhält-
nisten lebten. Nachdem er in Gießen Jurisprudenz
studirt hatte arbeitete er einige Jahre als Accessist
am Bezirksgerichte in Mainz. Dar Jahr 1848
brachte den von glühenden Freiheitsdrange beseelten
Jüngling in bedenkliche politische Bahnen. 1852
gründete er mit 15 Arbeitern einen Verein, gegen
den 1854 strafrechtlich ringeschritten wurde. Wasser-
burg erhielt unter den Angeklagten die höchste Strafe;
er wurde zu 14 Monaten Korrektionshaus der-
urtheilt und einschließlich der Untersuchungshaft 17
Monate lang seiner Freiheit beraubt. Während dieser
Zeit hatte er besonders durch Krankheit viel zu leiden.
Nach seiner Haft verheil athete er sich und über-
nahm beim „Mainzer Journal" eine Stelle als
Korrektor und Expedient. Mit der Uebernahme dieser
Stellung trat er in eine Umgebung ein, die den von
ihm bisher vertretenen Anschauungen und Grundsätzen
durchaus nicht entsprach. Doch er lernte die Gegner,
die er bis dahin mit der ihm eigenen Entschiedenheit
und Zähigkeit bekämpft hatte, jetzt anders beurtheilen
und wurde mit der Zeit selbst ein anderer. Freilich
währte eS ungefähr ein Jahrzehnt, bis er der hervor-
ragende Vertreter der katholischen Sache wurde, als
den ihn dar heutige Geschlecht kennt. 1872 übernahm
er aus kurze Zeit die Redaktion des „Mainzer Jour-
nals." 1874 wurde er wegen Veröffentlichung des
bekannten „Kaiser Briefe-" zu einer zweimonatlichen
Festungshaft verurtheilt. Bon da ab sind unter dem
Pseudonym Philipp LaicuS die meisten seiner
Werke entstanden, die zum Theil auch in katholischen
Zeitschriften veröffentlicht wurden, namentlich etwa 30
Romane. Bis zu seinem Lebensende war er Redakteur
der in Karlsruhe erscheinenden Unterhaltungsbeilage
„Sternen u. Blumen", dazu stand er mit einer Anzahl
politischer Organe in Verbindung. Wasserburg gehörte
dem Mainzer Stadtverordneten-Collegium seit dem 1.
Januar 1878 ununterbrochen an. Der feurige Volks-
redner, der über einen drastischen Humor verfügte,
vertrat auch seit Ende 1878 den Wahlkreis Offenbach-
Land zwölf Jahre in der hessischen Zweiten Kammer.
Bei den Wahlen von 1890 mußte er nach heftigem
Kampfe einem Sozialdemokraten weichen, wurde aber
bereits 1893 im Wahlkreis Bingen-Land gewählt. In
diesen Körperschaften ist er immer als wackerer, uner«
„Also!" triumphirte der Arzt.
„Also wa»? lieber Doktor! Haben Sie Ihren Shake-
speare "eraessen? Wissen Sie nicht mehr, wie es Titania
erging? Comteß Josephine, damals ein schwärmerisches
Mädchen, hatte sich in den schönen Baron verliebt —
wohl gerade deshalb, weil ihre beiden Naturen so verschie-
den sind- Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Sün-
der zu bekehren, und blieb taub gegen alle Mahnungen."
„Da sehen Sie. wie viel besser man thut, ledig zu
bleiben," meinte der Arzt. „Man quält da wenigstens
Niemand al» sich selbst. Sagen Sie mir aber —Sie können
das wißen: Sre waren ja befreundet mit dem Bruder,
wahrend ich, der obscare Schützling des alten Grafe», da-
mal» in allen deutschen Spitälern herumprakticirte — wa»
bewog die Eltern, die Heirath zu gestatten?"
-- „Erinnern Sie sich denn nicht, daß der alte Herr von
Neuem geheirathet hatte? Josephine, seine jüngste, die ein-
zige noch unvermählte Tochter, und die Stiefmutter waren
einander nicht grün. Die Gräfin hatte darum nicht» gegen
die Heirath der Stieftochter und verstand es, den Wider-
stand ihre» Mannes zu besiegen. Josephinens Bruder frei-
lich war außer sich. Was fruchtet jedoch der Widerstand
des Bruders einem verliebten Mädchen gegenüber? Ec,
sowie seine Schwestern mußten sich zufrieden geben. Ein
Riß ging aber durch die ganze Familie, der später zur
völligen Entfremdung führte."
„Ich meine, ich habe die Baronin einmal als Neuver-
mählte in Salzbrunn bei ihrem Vater gesehen, und sie
habe mir damals den Eindruck einer glücklichen Frau ge-
macht," wandte der Arzt ein.
»Anfang» ging ja alles gut," bestätigte der Hofcath.
„AIS die Baromn aber entdeckte, wie gänzlich verschieden
der Baron von dem Idealbild- sei, da» in ihrer Phanta-
sie gelebt hatte, als ihr Götzenbild zertrümmert am Boden
lag — und da» geschah bald genug — da war das Glück
zu Ende.
Charfreitag.
. Der erhabene Ernst der hl. Charwoche hat mit
heutigen Tage seinen Höhepunkt erreicht. Von
Ichttniittwoch an versenkt sich die Kirche von Tag
H Tag tiefer in die ^Betrachtung der unergründlichen
Eheiwnisse des ErlösungSwerkeS, bis ihre Trauer am
Msteitag den höchsten Grad erreicht. Verstummt
zum Ausdruck ihres Schmerzes die Glocken, die
wx 'hrrS Schmuckes beraubt, und herzerschütternd
. "den in den abendlichen Trauermetten die ergrei-
d EN Klagelieder des Propheten JeremiaS. Ganz
blutigen Opfer auf Golgatha erfüllt, feiert die
Me heute nicht die unblutige Erneuerung desselben
" °kr hl. Messe.
Verhöhnt und verspottet verachtet, und verlassen
" aller Welt stirbt als ohnmächtiger Verbrecher
HN . Er gemeinen Richtstätte am Holze, dessen Name
All schon der Welt ein Schimpf war, derjenige,
hab * " Welt auf seinen Schultern trägt. Alle,
y EN sich von ihm gewandt, auch diejenigen, welche
. H vor wenigen Tagen Hosiannah gerufen, auch
hkhE ^trautesten Jünger, die noch gestern hoch und
versichert, sie würden bei ihm auSharreu, komme
Jeidvoll und freudvoll.
Novelle von L. v. Neid egg.
tzj,?Wa antwortete nicht; sie nickte bloß mit dem Kopfe.
: die Mutter hatte Recht, wenn auch ihre Ju-
ihrem «'nie, rin Anrecht auf Glück zu besitzen. ES fiel
M^.arengen Rechtlichkeitsgefühl schwer, Milderungs-
KME iur den Vater zu finden. Blickte sie in sei» wein-
Avo.« 8 Gesicht, so empfand sie fast unbezwingliche Re-
«a» " des Widerwillens. Seit einigen Tagen verfolgte sie
Wr r, r ^ie Angst, er müsse bei diese« Besuche einen
. Ä>A".^rcn Zweck im Auge haben.
!>ar Hatten, wenn sie ihm den gefüllten Bierkrug auf
!ei brachte, k-nnte er sie forschend ansehen, als
Htan»». .a*an gelegen, ibre Stimmung zu ergründen,
habe .auch hielt er sie fest mit der Bemerkung, er
"och etwa» mitzutheilen. Der angefangene Satz
"brr auf den Lippen, und er entließ sie dann
ltvg°,.s?,Me, wa» er zu sagen habe, sei seinem Gedächtniß
entfallen- Was konnte es nur sein» da» er
.sagen sich scheute? Was war e», das ihn so un-
Mftvvttch lange in Prennberg sesthielt? Der kleine Ort,
er ° "ine Umgebung konnte ihn nicht anziehen. Die
Wez m"' »ber in wahnwitziger Genußsucht sein ansehn-
«ein o^Zwöge» vergeudet hatte, war der Letzte, der in
KjAküven Städtchen sich hätte behaglich fühlen können.
ZM- UEHn Tage — eine ungewöhnlich lange Zeit —
Mvlai-ns Mv" bei den Seinen geweilt haben, als eines
«en, WMofrath Roß dem Doktor begegnete, al» er aus
M K-jW »at, in dem Frau v. Neudingen wohnte. Dvk-
m Loburg Wh nachdenklich und verstimmt aus, so daß
^NUeii .?b 'bn sesthielt und fragte: ob es denn heute da
.«^twas ganz Besonderes gäbe.
Huie »As gab der Arzt zur Antwort; „mich dauert die
Ne noch mehr das beklagenswerthe Mädchen.
Htzwr ^Anna bleibt ganz verlassen, wenn Gott ihre
^Eaen'r^'"Ef ber Hofrath erschrocken. „Ist Frau v.
ichwer erkrankt?"
wem rhr Mann hier ist," antwortete Doktor Heim
scheint tüalich mit Ausnahme der Sonn- u. Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
stütze. vbonnementSpreitz mit dem wöchent- A 10^!, ReklameW ^.^ür hiesige Geschäfis-kund
Mn Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für WkuM fUl WMtllkll, Ätktllkll OL StlMt- Privatanzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutend
Kelberg monatlich 8V H mit Trägerlohn, durch » l Rabattbewilllgung.
--ü^die Poft bezogen Viertels. 1.60 franco. _.Expedition: Zwinaerftraß- 7_
waS da wolle. Nur die schmerzdurchbohrte Mutter,
mit dem LieblingSjünger und einigen frommen Frauen
harren aus unter dem Kreuze.
Oonsumiliutum «st: Vollbracht ist das Werk un-
endlicher Liebe und Versöhnung zwischen Himmel und
Erde durch dem menschgewordenen Gottessohn, der sich
selbst dahingibt am Kreuze. Darum jubelt die Kirche
auf inmitten ihres Schmerzes und ruft ihren Kindern
zu: Lc66 liguum erueis, in xuo suIus muuäi xsx6u-
äit. V suite aäoremus! (Sehet daS Holz des Kreu-
zes, an dem das Heil der Welt gehangen. Kommet,
lasset uns anbeten), lasset uns anbeten den, der durch
seinen Tod die Welt erlöset hat. Nicht mehr ein
Symbol der Verachtung und Schmach ist von heute
ab daS Kreuz, sondern ein Zeichen höchsten Trium-
phes, innigster Verehrung, da» als schönster Schmuck
prankt auf dem Altäre und an den Kronen der Für-
sten, die kostbarste Zierde bildet in Palast und.Hütte.
Im Kreuze allein ist Heil, daS ist die große trost-
reiche Wahrheit, w lche uns der heil. Charfreitag
predigt. Die Erlösung vom Kreuze herab ist der
Inbegriff, die Summe der großen Weltdramas. Wer
diese Wahrheit nicht erkennt und erfaßt, der tappt
und irrt umher im Dunkeln, mag er auch aller mensch-
lichen Weisheit voll sein. Er baut und baut, aber
daS Fundament fehlt, welches allein dem Bauwerk
sicheren Halt zu geben im Stande ist: JesuS Christus,
der menschgewordene und am Kreuze für uns gestorbene
Sohn Gottes. WaS auch die Weltweisen und mo-
dernen Weltverbesserer sinnen und trachten, um nach
einigen Plänen ein Bauwerk zu errichten, in welchem
der Menschheit Glück und Heil erblühen soll, es wird
ein Babelthurm mit dem alten Erfolge. RathloS
stehen schließlich die Baumeister da und wie ihren
Vorgängern bleibt ihnen schließlich nur der Verzweif-
lungsruf: „Wir haben vergebens gebaut! ES gibt
eben keinen anderen Weg zum Heil und zum wahren
Glück, als den dornenvollen und doch so beseligenden
Pfad des Kreuzes, in ihm allein ist Heil, u. darum
ruft heute die gläubige Christenheit: O, hl. Kreuz,
sei uns gegrüßt, Du unsre einzige
Hoffnung!_
bürg, „welkt sie an ihrem Herzleiden nur so dahin. Sie
klagt nicht, sie murrt nicht; die schwache Lebenskraft wird
j-dsch durch die stete Erregung bald aufgebraucht sein.
WaS den Mann nur bestimmen mag, so lange zu bleiben?"
„Dm Grund seiner Anwesenheit ahne ich," antwortete
der Hofrath und wiegte bedenklich da» Haupt. Er stand
in regerem Verkehr mit der Außenwelt, al» der Arzt, der
ganz in seiner Praxis aufging. „Mir ist Mancherlei zu
Ohren gekommen über die letzten Streiche des edlen Frei-
herrn. Ich bin gerade auf dem Wege, um Fräulein Anna
ein warnendes Wort zu sagen. Vorher möchte ich aber
wissen, ob ihr Vater zu Hause ist oder nicht "
„Eben ist er ausgegangen. Doch ehe Sie hinaufgehen,
beantworten Sie mir, der Sie der Familie so viel näher
stehen, wie ich, eine Frage, die ich längst an Sie stellen
woll e. Wa» hat diese Frau, diese durchaus vornehme Na-
tur. dazu bringen können, sich an den gemeinen Tauge-
nichts wegzuwersen?"
„Was?... die Liebe! Blinde Liebe; die sich durch
die Vorstellungen der Familie nicht überzeugen wollte-'
„Liebe?" wiederholte der Arzt ungläubig.
Der Hofrath lachte. „Sie alter Junggeselle scheinen
von Liebe überhaupt keinen Begriff zu haben. Sic ahnen
nicht, mit welcher Blindheit Gott Amor —selbst ein Blin-
der — durch die Berührung feines Pfeile» Andere zu schla-
gen vermag."
Der Hofrath seufzte leise. Alle Welt hatte gesagt, und
er selbst gestand es sich auch jetzt zu, daß damals, als er
seine Ehe einging, auch er nicht ganz hellsehend gewesen sei.
„Der Baron war ein sehr schöner Mann, lieber Dok-
tor, fuhr er fort. „In seiner Jugend batte er angenehme
Formen, viel Mutterwitz. Er war ein kühner Reiter, in
allen ritterlichen Künsten gewandt und verstand es, weib-
liche Herzen zu berücken. Allerdings ging dem jungen Herrn
neben diesen Eigenschaften ein ziemlicher Ruf deS Leicht-
sinns voran. Manche wollten sogar wiffcn, es verberge sich
Rohheit unter der einnehmenden Hülle seiner feinen Ma-
nieren. Die Katkdorff's, die Sie als gediegene, echt vor-
nehme Menschen kennen, erklärten sich auch von vornherein
gegen diese Heirath."
Unterhaltungsblatt „Der Sonntag
«Adelberg monatlich SV H mit Träger»
d.86.
zMideig, Frewg, den 16. AM 1897.
(Fortsetzung folgt.)
Verantwortlicher Redakteur -:
Joseph Huber in Heidelberg.
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Mittag ausgegeben.
Druck. Berlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
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der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
sowie unsere Expedition Heidelberg
^ivgrrstraße 7 entgegen.
Expedition des „Pfälzer Volksdlatt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Philipp Wasserburg f
Wie wir gestern kurz mittheilten, ist Philipp
Wasserburg nach langem, schwerem Leiden verschieden.
Wasserburg wurde am 12. Oktober 1827 in Mainz
geboren, wo seine Eltern in sehr bescheidenen Verhält-
nisten lebten. Nachdem er in Gießen Jurisprudenz
studirt hatte arbeitete er einige Jahre als Accessist
am Bezirksgerichte in Mainz. Dar Jahr 1848
brachte den von glühenden Freiheitsdrange beseelten
Jüngling in bedenkliche politische Bahnen. 1852
gründete er mit 15 Arbeitern einen Verein, gegen
den 1854 strafrechtlich ringeschritten wurde. Wasser-
burg erhielt unter den Angeklagten die höchste Strafe;
er wurde zu 14 Monaten Korrektionshaus der-
urtheilt und einschließlich der Untersuchungshaft 17
Monate lang seiner Freiheit beraubt. Während dieser
Zeit hatte er besonders durch Krankheit viel zu leiden.
Nach seiner Haft verheil athete er sich und über-
nahm beim „Mainzer Journal" eine Stelle als
Korrektor und Expedient. Mit der Uebernahme dieser
Stellung trat er in eine Umgebung ein, die den von
ihm bisher vertretenen Anschauungen und Grundsätzen
durchaus nicht entsprach. Doch er lernte die Gegner,
die er bis dahin mit der ihm eigenen Entschiedenheit
und Zähigkeit bekämpft hatte, jetzt anders beurtheilen
und wurde mit der Zeit selbst ein anderer. Freilich
währte eS ungefähr ein Jahrzehnt, bis er der hervor-
ragende Vertreter der katholischen Sache wurde, als
den ihn dar heutige Geschlecht kennt. 1872 übernahm
er aus kurze Zeit die Redaktion des „Mainzer Jour-
nals." 1874 wurde er wegen Veröffentlichung des
bekannten „Kaiser Briefe-" zu einer zweimonatlichen
Festungshaft verurtheilt. Bon da ab sind unter dem
Pseudonym Philipp LaicuS die meisten seiner
Werke entstanden, die zum Theil auch in katholischen
Zeitschriften veröffentlicht wurden, namentlich etwa 30
Romane. Bis zu seinem Lebensende war er Redakteur
der in Karlsruhe erscheinenden Unterhaltungsbeilage
„Sternen u. Blumen", dazu stand er mit einer Anzahl
politischer Organe in Verbindung. Wasserburg gehörte
dem Mainzer Stadtverordneten-Collegium seit dem 1.
Januar 1878 ununterbrochen an. Der feurige Volks-
redner, der über einen drastischen Humor verfügte,
vertrat auch seit Ende 1878 den Wahlkreis Offenbach-
Land zwölf Jahre in der hessischen Zweiten Kammer.
Bei den Wahlen von 1890 mußte er nach heftigem
Kampfe einem Sozialdemokraten weichen, wurde aber
bereits 1893 im Wahlkreis Bingen-Land gewählt. In
diesen Körperschaften ist er immer als wackerer, uner«
„Also!" triumphirte der Arzt.
„Also wa»? lieber Doktor! Haben Sie Ihren Shake-
speare "eraessen? Wissen Sie nicht mehr, wie es Titania
erging? Comteß Josephine, damals ein schwärmerisches
Mädchen, hatte sich in den schönen Baron verliebt —
wohl gerade deshalb, weil ihre beiden Naturen so verschie-
den sind- Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, den Sün-
der zu bekehren, und blieb taub gegen alle Mahnungen."
„Da sehen Sie. wie viel besser man thut, ledig zu
bleiben," meinte der Arzt. „Man quält da wenigstens
Niemand al» sich selbst. Sagen Sie mir aber —Sie können
das wißen: Sre waren ja befreundet mit dem Bruder,
wahrend ich, der obscare Schützling des alten Grafe», da-
mal» in allen deutschen Spitälern herumprakticirte — wa»
bewog die Eltern, die Heirath zu gestatten?"
-- „Erinnern Sie sich denn nicht, daß der alte Herr von
Neuem geheirathet hatte? Josephine, seine jüngste, die ein-
zige noch unvermählte Tochter, und die Stiefmutter waren
einander nicht grün. Die Gräfin hatte darum nicht» gegen
die Heirath der Stieftochter und verstand es, den Wider-
stand ihre» Mannes zu besiegen. Josephinens Bruder frei-
lich war außer sich. Was fruchtet jedoch der Widerstand
des Bruders einem verliebten Mädchen gegenüber? Ec,
sowie seine Schwestern mußten sich zufrieden geben. Ein
Riß ging aber durch die ganze Familie, der später zur
völligen Entfremdung führte."
„Ich meine, ich habe die Baronin einmal als Neuver-
mählte in Salzbrunn bei ihrem Vater gesehen, und sie
habe mir damals den Eindruck einer glücklichen Frau ge-
macht," wandte der Arzt ein.
»Anfang» ging ja alles gut," bestätigte der Hofcath.
„AIS die Baromn aber entdeckte, wie gänzlich verschieden
der Baron von dem Idealbild- sei, da» in ihrer Phanta-
sie gelebt hatte, als ihr Götzenbild zertrümmert am Boden
lag — und da» geschah bald genug — da war das Glück
zu Ende.
Charfreitag.
. Der erhabene Ernst der hl. Charwoche hat mit
heutigen Tage seinen Höhepunkt erreicht. Von
Ichttniittwoch an versenkt sich die Kirche von Tag
H Tag tiefer in die ^Betrachtung der unergründlichen
Eheiwnisse des ErlösungSwerkeS, bis ihre Trauer am
Msteitag den höchsten Grad erreicht. Verstummt
zum Ausdruck ihres Schmerzes die Glocken, die
wx 'hrrS Schmuckes beraubt, und herzerschütternd
. "den in den abendlichen Trauermetten die ergrei-
d EN Klagelieder des Propheten JeremiaS. Ganz
blutigen Opfer auf Golgatha erfüllt, feiert die
Me heute nicht die unblutige Erneuerung desselben
" °kr hl. Messe.
Verhöhnt und verspottet verachtet, und verlassen
" aller Welt stirbt als ohnmächtiger Verbrecher
HN . Er gemeinen Richtstätte am Holze, dessen Name
All schon der Welt ein Schimpf war, derjenige,
hab * " Welt auf seinen Schultern trägt. Alle,
y EN sich von ihm gewandt, auch diejenigen, welche
. H vor wenigen Tagen Hosiannah gerufen, auch
hkhE ^trautesten Jünger, die noch gestern hoch und
versichert, sie würden bei ihm auSharreu, komme
Jeidvoll und freudvoll.
Novelle von L. v. Neid egg.
tzj,?Wa antwortete nicht; sie nickte bloß mit dem Kopfe.
: die Mutter hatte Recht, wenn auch ihre Ju-
ihrem «'nie, rin Anrecht auf Glück zu besitzen. ES fiel
M^.arengen Rechtlichkeitsgefühl schwer, Milderungs-
KME iur den Vater zu finden. Blickte sie in sei» wein-
Avo.« 8 Gesicht, so empfand sie fast unbezwingliche Re-
«a» " des Widerwillens. Seit einigen Tagen verfolgte sie
Wr r, r ^ie Angst, er müsse bei diese« Besuche einen
. Ä>A".^rcn Zweck im Auge haben.
!>ar Hatten, wenn sie ihm den gefüllten Bierkrug auf
!ei brachte, k-nnte er sie forschend ansehen, als
Htan»». .a*an gelegen, ibre Stimmung zu ergründen,
habe .auch hielt er sie fest mit der Bemerkung, er
"och etwa» mitzutheilen. Der angefangene Satz
"brr auf den Lippen, und er entließ sie dann
ltvg°,.s?,Me, wa» er zu sagen habe, sei seinem Gedächtniß
entfallen- Was konnte es nur sein» da» er
.sagen sich scheute? Was war e», das ihn so un-
Mftvvttch lange in Prennberg sesthielt? Der kleine Ort,
er ° "ine Umgebung konnte ihn nicht anziehen. Die
Wez m"' »ber in wahnwitziger Genußsucht sein ansehn-
«ein o^Zwöge» vergeudet hatte, war der Letzte, der in
KjAküven Städtchen sich hätte behaglich fühlen können.
ZM- UEHn Tage — eine ungewöhnlich lange Zeit —
Mvlai-ns Mv" bei den Seinen geweilt haben, als eines
«en, WMofrath Roß dem Doktor begegnete, al» er aus
M K-jW »at, in dem Frau v. Neudingen wohnte. Dvk-
m Loburg Wh nachdenklich und verstimmt aus, so daß
^NUeii .?b 'bn sesthielt und fragte: ob es denn heute da
.«^twas ganz Besonderes gäbe.
Huie »As gab der Arzt zur Antwort; „mich dauert die
Ne noch mehr das beklagenswerthe Mädchen.
Htzwr ^Anna bleibt ganz verlassen, wenn Gott ihre
^Eaen'r^'"Ef ber Hofrath erschrocken. „Ist Frau v.
ichwer erkrankt?"
wem rhr Mann hier ist," antwortete Doktor Heim
scheint tüalich mit Ausnahme der Sonn- u. Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
stütze. vbonnementSpreitz mit dem wöchent- A 10^!, ReklameW ^.^ür hiesige Geschäfis-kund
Mn Unterhaltungsblatt „Der Sonntagsbote" für WkuM fUl WMtllkll, Ätktllkll OL StlMt- Privatanzeigen, sowie für Jahres-Anzeigen bedeutend
Kelberg monatlich 8V H mit Trägerlohn, durch » l Rabattbewilllgung.
--ü^die Poft bezogen Viertels. 1.60 franco. _.Expedition: Zwinaerftraß- 7_
waS da wolle. Nur die schmerzdurchbohrte Mutter,
mit dem LieblingSjünger und einigen frommen Frauen
harren aus unter dem Kreuze.
Oonsumiliutum «st: Vollbracht ist das Werk un-
endlicher Liebe und Versöhnung zwischen Himmel und
Erde durch dem menschgewordenen Gottessohn, der sich
selbst dahingibt am Kreuze. Darum jubelt die Kirche
auf inmitten ihres Schmerzes und ruft ihren Kindern
zu: Lc66 liguum erueis, in xuo suIus muuäi xsx6u-
äit. V suite aäoremus! (Sehet daS Holz des Kreu-
zes, an dem das Heil der Welt gehangen. Kommet,
lasset uns anbeten), lasset uns anbeten den, der durch
seinen Tod die Welt erlöset hat. Nicht mehr ein
Symbol der Verachtung und Schmach ist von heute
ab daS Kreuz, sondern ein Zeichen höchsten Trium-
phes, innigster Verehrung, da» als schönster Schmuck
prankt auf dem Altäre und an den Kronen der Für-
sten, die kostbarste Zierde bildet in Palast und.Hütte.
Im Kreuze allein ist Heil, daS ist die große trost-
reiche Wahrheit, w lche uns der heil. Charfreitag
predigt. Die Erlösung vom Kreuze herab ist der
Inbegriff, die Summe der großen Weltdramas. Wer
diese Wahrheit nicht erkennt und erfaßt, der tappt
und irrt umher im Dunkeln, mag er auch aller mensch-
lichen Weisheit voll sein. Er baut und baut, aber
daS Fundament fehlt, welches allein dem Bauwerk
sicheren Halt zu geben im Stande ist: JesuS Christus,
der menschgewordene und am Kreuze für uns gestorbene
Sohn Gottes. WaS auch die Weltweisen und mo-
dernen Weltverbesserer sinnen und trachten, um nach
einigen Plänen ein Bauwerk zu errichten, in welchem
der Menschheit Glück und Heil erblühen soll, es wird
ein Babelthurm mit dem alten Erfolge. RathloS
stehen schließlich die Baumeister da und wie ihren
Vorgängern bleibt ihnen schließlich nur der Verzweif-
lungsruf: „Wir haben vergebens gebaut! ES gibt
eben keinen anderen Weg zum Heil und zum wahren
Glück, als den dornenvollen und doch so beseligenden
Pfad des Kreuzes, in ihm allein ist Heil, u. darum
ruft heute die gläubige Christenheit: O, hl. Kreuz,
sei uns gegrüßt, Du unsre einzige
Hoffnung!_
bürg, „welkt sie an ihrem Herzleiden nur so dahin. Sie
klagt nicht, sie murrt nicht; die schwache Lebenskraft wird
j-dsch durch die stete Erregung bald aufgebraucht sein.
WaS den Mann nur bestimmen mag, so lange zu bleiben?"
„Dm Grund seiner Anwesenheit ahne ich," antwortete
der Hofrath und wiegte bedenklich da» Haupt. Er stand
in regerem Verkehr mit der Außenwelt, al» der Arzt, der
ganz in seiner Praxis aufging. „Mir ist Mancherlei zu
Ohren gekommen über die letzten Streiche des edlen Frei-
herrn. Ich bin gerade auf dem Wege, um Fräulein Anna
ein warnendes Wort zu sagen. Vorher möchte ich aber
wissen, ob ihr Vater zu Hause ist oder nicht "
„Eben ist er ausgegangen. Doch ehe Sie hinaufgehen,
beantworten Sie mir, der Sie der Familie so viel näher
stehen, wie ich, eine Frage, die ich längst an Sie stellen
woll e. Wa» hat diese Frau, diese durchaus vornehme Na-
tur. dazu bringen können, sich an den gemeinen Tauge-
nichts wegzuwersen?"
„Was?... die Liebe! Blinde Liebe; die sich durch
die Vorstellungen der Familie nicht überzeugen wollte-'
„Liebe?" wiederholte der Arzt ungläubig.
Der Hofrath lachte. „Sie alter Junggeselle scheinen
von Liebe überhaupt keinen Begriff zu haben. Sic ahnen
nicht, mit welcher Blindheit Gott Amor —selbst ein Blin-
der — durch die Berührung feines Pfeile» Andere zu schla-
gen vermag."
Der Hofrath seufzte leise. Alle Welt hatte gesagt, und
er selbst gestand es sich auch jetzt zu, daß damals, als er
seine Ehe einging, auch er nicht ganz hellsehend gewesen sei.
„Der Baron war ein sehr schöner Mann, lieber Dok-
tor, fuhr er fort. „In seiner Jugend batte er angenehme
Formen, viel Mutterwitz. Er war ein kühner Reiter, in
allen ritterlichen Künsten gewandt und verstand es, weib-
liche Herzen zu berücken. Allerdings ging dem jungen Herrn
neben diesen Eigenschaften ein ziemlicher Ruf deS Leicht-
sinns voran. Manche wollten sogar wiffcn, es verberge sich
Rohheit unter der einnehmenden Hülle seiner feinen Ma-
nieren. Die Katkdorff's, die Sie als gediegene, echt vor-
nehme Menschen kennen, erklärten sich auch von vornherein
gegen diese Heirath."