Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
November 1897
DOI article:
Nr. 251
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1025

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Pfälzer Volksblatt

Weiberg, Mmtz de« 3.KMMder 1897.

Druck, Verlag u. Expeditton
G eb r. Huber in Heidelberg,
Lwingrrstraße 7.

tLglich mit Ausnahme der Sonn- u. __ Jnferatr die 1°spalttge Petttzeile oder deren Rau«
sLLW Oman für Wallckrit, FMei-i L KM.
onatlich 50 H mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung..
t bezogen viertelt. 1.60 franco. Expedition: Zwtugerstraße 7,
Verantwortlicher Redakteur c
Joseph Huber in Heidelberg.


jdruck
>oten.

Bestellungen
die Monate
November «ud Dezember
^hmrn immer noch alle Postämter aus die täglich er-
lcheinende Zeitung
.Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der CosntagS-
?*Ee"), sowie unsere Expedition Heidelberg, Zwirrger-
^ße 7, entgegen.
Expedition des „Pfälzer Volksblatt".
Heidelberg Zwingerstraße 7

Hir Generaldisculsion über den Militär-
Etat im bayr. Landtag
Ende; sie bat nach dreifacher Richtung eine
>.!,rung gebracht: 1. Es steht unzweifelhaft fest, daß
«taatSregierung die Erhaltung des Obersten Mili-
wMchtr Hofes als Reservatrecht betrachtet und mit
,-Mruck geltend macht, daß sie auch an dem gründ-
E'chen Standpunkt festhält, ein Reservatrecht könne
2 Zustimmung des Landtages nicht preisgegeben
k^deu. 2. Die weit überwiegende Mehrheit der
bestehend auS Centrum, Bauernbündlern,
daz^ Links liberalen und den Socialde mokraten, will
3 lkrvatrecht unter allen Umständen beibehalten.
" Theil der Liberalen wäre bereit, auf das
^Natrecht zu verzichten, also einem Militär-Reichs
zuzustimmen, wenn auf anderem Wege die ge
d.,?iau,e deutsche Militärprozeßordnung nicht erreicht
ha« Eanu. Zwar hat nur der Abg. Dr. Cassel-
tz»" diesen letzteren Standpunkt offen und ohne
bertreten. Dr. Aub wand sich an einer klaren
-»iHngnahme vorbei, berief sich auf die Erklärung
hab, "HerS und meinte: Lieber behalten, was wir
dies»' etwas Schlechteres eivtauschen. Auch der
* Wagner hat bie Zumuthung CasielmannS,
st^'DufallS im Interesse der Reichseinheit den Ober-
^«»»chtShof doch noch preiszugeben, nicht mit klaren
ab gewiesen. Man hat daS Gefühl, daß sowohl
«H^^en natioualliberalen Mitgliedern der Fraktion
I Melisnr.
"htung von Melativ Iva. Aus dem Holländischen von
L- v. Heemftede-
beelvK Dich vielleicht, für mich nicht! Ich halte es für
rr M^üeit, die ich diesen Parvenüs widme. Ich hätte
»sanen müssen."
!k« E Mili! so weit find wir noch nicht, um uns die-
gestatten zu können. Soll ich mittlerweile das
"LMchen lassen?"
"M bast Du heute?"
"nWeidebohnen mit Wurst."
»i? wHts weiter?"
Citronenpudding mit Rumsauce."
«udU'E.Du denn die Schneidebohnen und gib mir den
. Miliane, davon kannst Du doch nicht leben."
ki, h^Labe genug am Gerüche des Sauerkrautes bei
Krade " Emdens, aber ein frischer Pudding kann mich jetzt
k«»!,'!? klingelte und eine Miniaturmagd, die gerade zu
der Möbeln und dem kleinen Zimmer patzte, trat
^dampfenden Schüssel Bohnen ein.
Ehrend den Pudding auch, Leuchen," sagte Nette, und
stacht, Ich mit gutem Appetit über das Hauptgericht
fast Miliane, ohne ihre bequeme Lage zu verlas-
I °as ganze Gebäck.
das erfrischt I Trinkst Du Bier, Nette? Gib
kl ei« " Mngerhut voll Portwein. So, nun bin ich wie-
, ^anderer Mensch und will ein Schläfchen halten."
U uU leinks Geficht schmiegte fich in die Kissen veS Ses.
NM, blieb eine gute Weile mit geschlossenen Augen
M^Wrend Nette die Gläier umspülte, mit Hilfe des
, ÄÄktzkn Disch abdeckte und die Vorbereitungen zum
k tzpjI, «af. Als Miliane die Bugen öffnete, brannte
'^Mu unter dem Tbeetopfe und das Wasser
.hgl,, j^atones, aber doch so anheimelndes Liedchen.
° 'N lauge geschlaseu?" frug sie lächelnd.

die große Mehrzahl im Innern ihres Herzens den
Standpunkt Casselmanns theilt und äußersten Falles
zu einer Preisgabe deS Reservatrechts bereit wäre.
Daß eS unter den Nationalliberalen auch einige Männer
gibt, die über den Punkt genau so denken, wie die Ver-
treter der Rechten, glauben wir aus gewissen Privat-
äußerungen schließen zn können. Von den Freisinnigen
sprach sich Seyboth mit erfreulicher Entschiedenheit für
ein unbedingtes Festhalten am Oberste« Gerichtshof
auS. Ob das nur seine Privatmeinung oder eine
Kundgebung im Namen seiner näheren Freunde war,
ließ sich nicht erkennen. Einzelne Freisinnige scheinen
in dem Punkt nicht ganz stichfest zu sein. Jedenfalls
hat sich die liberale Fraction als solche der Situation
in keiner Weise gewachsen gezeigt. Der frisch fröhliche
HurrahpatriotiSmuS CasielmannS imponirt uns gewiß
nicht im Mindesten, aber er macht immerhin noch
einen besseren Eindruck, als der mattherzige, weder
kalte noch warme, lavirende, unverbindliche Ton des
Fractionsredners Dr. Aub. Casselmann weiß wenig-
stens, was er will, und geht forsch auf sein Ziel los,
Aub sagt nur so viel, wie ihm „opportun" erscheint,
und ist ängstlich besorgt, daß das vorsichtig in Watte
verpackte nationalliberale Parteiinteresse keines Schaden
nehme, weder nach der einen noch nach der andern
Seite. Wir werden uns aber die Ausführungen
CasielmannS, denen von keinem nationalliberalen
Redner widersprochen worden ist, gut merken und sie
bei Gelegenheit anS Licht stellen. Der morsche,
altersschwache Liberalismus profitirt augenblicklich
von der Entzweiung der von Hause aus conservativen-
Elemente des Bauernstandes, von der Bauernbündelei
und sucht diese bedenkliche Bewegung möglichst mit
liberalen Nebenzwecken zu verquicken. Während
Bauernbund und Centrum, Socialdemokratie und
Centrum einander im Kampf gegenüberstehen, hat der
Liberalismus als der lachende Dritte Schon
zeit. Daraus entsteht für die politische Zukunft
Bayerns eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Wir
wollen das heute nicht weiter auSführen. Von diesem
Gesichtspunkte aus betrachtet, war eS vielleicht nicht „klug"
von Cosselmann, daß er das bayerische Volk wieder
einmal daran erinnerte, daß der Liberalismus im
Grunde seiner Seele auch heute noch im deut-
schen EinheitSstaale sein „Ideal" erblickt und
ein geschworener Feind alles dessen ist, was man
„PartikularismuS" nennt, was aber nur treues
Festhalten an der angestammten Dynastie, an
der Vertrags- und verfassungSgemäß garantirten
bayerischen Selbständigkeit ist. Der Abgeordnete Lerno

.Das geht noch so, eine gute halbe Stunde."
„Ich war auch so müde!"
„Arme Mili, bleibe nur ruhig sitzen! Nach gethaner
Arbeit ist gut ruhen- Ein Täßchen Thee?"
„Sehr gerne! Weißt Du, von wem ich träumte?"
„Bon Deinen Parvenüs?"
„Gott sei Dank, nein! Erst sah ich nichts als ihre
großen, dicken Köpfe, dann wurde Alles ganz verschwom-
men, und ich träumte, daß wir auf dem Boote fuhren
zwischen Maastricht und Lüttich und daß ich Prinz Hektor
porträtirte."
„Das war angenehmer als die Wirklichkeit, nicht wahr?"
„Wenigstens nicht so geistlos. Es ist doch schade. Nette,
daß wir nicht wissen und nie erfahren, wer er ist."
„Deine eigene Schuld, Mili, mit Deinem Inkognito!"
„Ich sand es auch so langweilig, ihm unsere Namen
zu nennen."
„Der ihm vielleicht nicht unbekannt war."
„Das weiß ich wohl besser, aber ich fand eS so reizend,
daß er sich alles Mögliche von uns denken konnte, und daß
er darnach rathen mutzte, ob wir Putzmacherinnen, Blau-
strümpfe oder sonst was waren."
„Oder Prinzessinnen vom nämlichen Geblüts wie er."
„Etwas Besonderes war er doch gewiß. Ich sah noch
selten einen Mann, der so sicher und nobel auszutreten
wußte."

„Und ich sah Dich noch nie so lange mit Jemandes
beschäftigt, den Du nur eben gesehen und gesprochen hast."
„Darnach kannst Du urtheilen, wie sehr er andere
Mensche» an Werth übertrifft."
„Doch wohl nur an äußerem Werth!"
„Ja, aber darnach läßt sich oft der innere feststellen,
das stehst Du zum Beispiel an den van EmdenS."

Nette, immer in Thätigkeit, hatte ihr Arbeitskörbchen
vom Schornfieinmantel genommen, und «ährend sie darin
suchte, rief sie plötzlich: „Wie vergeßlich ich doch bin, Mili!
ES ist heute Vormittag ein Herr da gewesen, um mit Dir
zu spreche», und als er körte, daß Du nicht zu Hause
warst, hat er dies Kärtchen zurückgelaffeu."

hat in seiner ausgezeichneten Erwiderung auf die
KriegervereinS- und Hurrah Rede Casselmann'S den
nationalliberalen Schwärmern für den Einheitsstaat
gründlich den Staar gestochen und ihrem Hurrah.
Patriotismus die echt bajuwarische Reichstreue gegen,
übergestellt, die auf dem festen Boden der Verträge
und der Verfassung fußt und im Interesse der Er<
Haltung der Reiches und seines bundesstaatlichen
Charakters gegen CäsariSmuS und Imperialismus
entschieden Front macht. Ja, trotz Casselmann und
seinen ungerechten Angriffen hält auch das bayerische
C-ntrum am Reiche fest „mit eisernen Klammern",
aber nur an dem Reiche, wie eS 1871 gegründet u-
eingerichtet wurde, mit dem Kaiser als BundeSprä.
stdenten als erstem unter dem gleichberechtigten und
selbständigen Bundesfürsten, nicht aber an einem
„deutschen Kaiserthum" und „Kaiserreiche", ja even-
tuell gar an einem „evangelischen Kaiserthum", wie
die nationalliberale Phantasie es sich auSmalt und
gerne ummodeln und sich „entwickeln" lassen möchte.
Lerno hat unstreitig eine der besten, wenn nicht die
beste Rede in der dreitägigen Debatte gehalten. Nicht
ohne einen hämischen Beigeschmack meinte der liberale
Fraktionsredner, Lerno sei mit dieser Rede „in die
Reihe der waschechtesten Parteiführer" getreten. WaS
Lerno gegen die Sybel'sche Geschichtsbaumeisterei vor«
brachte, um Bismarck's „Verdienste" um Bayern
(1866) ins rechte Licht zu stellen, war freilich nicht
nach liberalem Geschmack. Wenn wir recht gehört
haben, spielte Aub sogar auf eine se t 1866 da und
dort herumspukende Fabel an, welche bestimmt er.
scheint, die Protestanten in Bayern gegen die Kaiho-
liken aufzuhetzen. Thatsachen vermochte Aub natürlich
nicht vorzubringen. Auch Dr. Heim leuchtete den
Liberalen gehörig heim und zeigte ihnen ihre politi-
tischen Wandlungen von 1848, als sie „im Tyrannen,
blut" wateten, bis zur heutigen Bismarckschwärmerei.
Dr. Heim's ureigenstes Gebiet, der freihändige An«
kauf für den Militärbedarf in Verbindung mit den
landwirthschaftlichen Verkaufsgenossenschaften wird
jedenfalls noch weiter die Kammer beschäftigen. Die
ausweichende Auskunft deS Ministers bezüglich der
Militärschlächtereien genügt Niemanden. Dr. Sigl
qaalifizirte sich auch diesmal wieder als Spaßmacher
deS HauseS. Was er Ernsthaftes vorbrachte, hatten
theils andere schon vor ihm besser gesagt, ttzeilS war
es im höchsten Grade bedenklich, so bedenklich, daß der
liberale Dr. Aub dem Dr. Sigl zu seiner neuestes
Abneigung gegen den geistlichen Rock gratulirte. Dr
Sigl hat sich über den Kirchenbesuch der Soldate-

-. n
„Und so was Wichtiges sagst Du mir jetzt erst? Laß
mal sehen! Ich bin gerade in einem Zustande, begierig,
etwas Neues, Anregendes zu erfahren."
Es stand auf der Karte: „Frhr. Leo von Alkeraede"
und darunter mit Bleistift geschrieben: „bedauert sehr, Fräu-
lein Wolson nicht zu Hause gefunden zu haben und hofft
die Ehre zu haben, am Sonntag Nachmittag zwischen zwei
und drei Uhr ihr seine Aufwartung machen zu dürfen."
„Hast Du ihn gesehen?" fragte Miliane
. „Nein, Lenchen hat die Karte an ver Treppe in Em-
pfang genommen. Weißt Du, wer es ist ?"
„Ich erinnere mich deS Namens kaum. Liegt nicht in
der Gegend von Hoendrecht ein Landgut, das Schönort,
Schönheim oder Schönthal heißt, — irgend ein so schön-
klingender Nam e ist es?"
. „3a, wir hörten ja noch darüber sprechen, daß da so
viel gebaut wird."

„Ich meine, daß es den Alkeraedes gehört."
„Dann wirst Du vielleicht adelige Porträts machen
müssen!"

„Wir wollen wenigstens hoffen, daß sie dann auch ein
wenig aristokratisch aussehen."
„Wie „Prinz Sektor" etwa?"
„Das ist zu viel verlangt; wenn sie nur halb so gut
aussehen, will ich schon zufrieden sein."

4.
Am Nachmittage des folgenden Sonntags zwischen 2
und 3 Uhr stand ein kräftiger, junger Mann mit gesunden,
frischen Wangen und klaren, fröhlichen Augen in dem klei-
nen Salon der Damen Wolson, und die Anwesenheit deS
männlichen Besuchers ließ das Miniaturmäßige d-r Möbel
und das Niedere und Enge der ganzen Behausung erst recht
hervortreten. Er getraute sich kaum, die Tragkraft eines
der zierlichen Sesselchen auf die Probe zu stellen.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen