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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Mai 1897
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Nr. 108
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0447

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tr. 108.

AMVerg, MW, dm 14. Ml1887.


sie nicht zu beruhigen, daß Tiefenbach wieder den Platz
ihrer Sette eingenommen batte. DaS war nur da» Bi

Verantwortlicher Redakteur
Joseph Huber in Heidelberg.

^schrint tSglich mit
Miertage. tzibonneweniepret» nut den
Men Unterhaltungsblatt „Der Eomitaa
Heidelberg monatlich 5« L, mit Trägeru

Druck, Verlag u. Expedition
G eb r. Huber in Herdelberg,
Lwingerstraße 7.

Tenlrumspartei in Kaden.
Die Herren Vertrauensmänner der Centrums-
rNrtei w rden hiermit zu einer
Delegirtenversammlung
Mittwoch, den iS. Mai, Nachmittags 2 Uhr,
? das „Kath. VereiuShauS" in Freiburg
nkundlichst eingeladen.
.. Gegenstände der Verhandlung sind: Bericht über
Parteikasse; Besprechung der politischen Lage;
Gerichte aus den einzelnen Wahlbezirken; Wahl des
^NtralkomitSs; Verschiedenes.
Wir bitten um möglichst zahlreiche Betheiligung.
Namens des Centrsl-CoirMs:
Der Vorsitzende:
Wilh. Fischer, Abgeordneter.

Deutsches Reich.
* Berlin, 12. Mai. Aus Greiz erhält eine hie.
üge Börsenzeitung von zuverlässiger Seite die Näch-
st, daß der Fürst von Reuß ältere Linie
allernächster Zeit am Berliner Hof einen Besuch machen
?trde, wodurch auch äußerlich die Beilegung der in
Fahnenaffaire entstandenen Differenz be-
mgelt werden solle. Uebrigens sollen, wie man dem
Platte weiter versichert, im Laufe des Sommer- ei«
Ae Veränderungen in den Regierungskreisen des
WtstenthumS vor sich gehen, die als Annäherung au
Preußen aufgrfaßt werden können.
.. * Berlin, 12. Mai. DaS Staatsministerium
Alt im Reichstagsgebäude eine Sitzung unter dem
Vorsitz der Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe ab.
* Bingen, 12. Mai. Bei der Landtag--
Ersatzwahl wurde der Cen t rum S man n Bren-
Rechtsanwalt in Offenbach, mit 20 gegen 9
Kimmen gewählt.
. * München, 12. Mai. AuS Anlaß der Pariser
Katastrophe ordnete der Minister des Innern eine
^tersuchung der Theater, Ballsäle, Conzertsäle und
^ößeren Versammlungslokale rc. an; eS sollen
umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden.

Erste Lesung deS Antrages Auer u. Gen. betr.
Aufhebung der auf Mojestätsbelcidiguugen bezügl. Pa-
ragraphen deS Strafgesetzbuches.
Abg. Singer (Soz.): Mir ist bekannt geworden,
daß auf der Tribüne eine Anzahl Criminalbeamte
Platz genommen haben. Ich hoffe, daß dieselben nur
als Zuhörer erschienen sind, warne aber vor ihnen,
da dieselben die Gelegenheit zu Denunziationen be-
nutzen könnten.
Präsident v. Buol bittet um äußerste Ruhe auf
der Tribüne. Jede Störung würde streng geahndet
werden, event. mit Räumung der Tribüne.
Abg. Bebel (Soz.): Wir hätten uns mit dem An-
trag auf Abschaffung des 8 97 begnügen können, muß-
ten aber konsequent sein und haben daher auch auf
Abschaffung der ZZ 97, 99 und 101 gedrungen. Die
meisten Majestätsveleidigungkprozesse beruhen auf den
gemeinsten menschlichen Motiven, auf Denunziationen
und Rachsucht. Das ist bei dem Attentat auf Kaiser
Wilhelm I. von dem damaligen Minister Eulenberg
selbst anerkannt worden. Wenn Prozesse, welche auf
Denunziationen zwischen Familienmitgliedern und ehe-
maligen Freunden beruhen, nicht anhängig gemacht
würden, so würde dies der Majestät der betr. Fürsten
gar nichts verschlagen. Sie kann durch solche und
ähnliche Vorkommnisse nicht geschädigt werden. Leider
streben viele Staatsanwälte und ein Theil der Richter
danach, durch Jnscenirung von sog. politischen Pro-
zessen die Aufmerksamkeit der maßgebenden Stellen
auf sich zu lenken. Das Strafgesetzbuch gibt keinen
Anhalt dafür, daß Beleidigungen regierender Fürsten
im weiteren Umfange strafbar sind als die anderer
Personen. Die Praxis ist eine andere. Ehrverletz-
ungen u. indirekte Beleidigungen werden im weitesten
Umfange herangezogen, so eine Kritik der Beilegung
des Beinamens deS Großen für Kaiser Wilhelm I.
Präsident v. Buol: ES ist allgemein Sitte, das
Staatsoberhaupt nicht in die Debatte zu ziehen. Ich
Hobe den Kreis der Freiheit des Redners mit Rücksicht
aus die Eigenartigkeit des Gegenstandes möglichst weit
gezogen, muß aber daran festhalten, daß das Staats-
oberhaupt nicht in unehrerbietiger oder verletzender
Weise in die Debatte gezogen wird, das denke ich aber,
ist jetzt geschehen. Ich möchte den R?dner ersuchen,
ar der Sitte sestzuhalten, jedenfalls aber nicht ver-
letzend vorzugrhsu. (Beifall rechts).
Abg. Bebel fortfahrend: Ich meine direkt keine
Aeußerung erwähnt zu haben, (Heiterkeit) ich habe
keinen Namen genannt (Gelächter). Ich wollte, wir
hätten nur den zehnten Theil des Rechtes, den da-
blick nur, aber der Ausdruck seines Blickes hatte genügt,
um flammende Röthe in die Wangen des jungen Mädchens
zu jagen. Sogleich senkte sie jedoch die langen dunkeln Wim-
pern und wagte kaum mehr aufzuschauen. Ein Lächeln der
Befriedigung glitt über Tiefenbach's Züge, der nunmehr,
so einsilbig er vorher war, recht lebhaft wurde und seine
ganze Aufmerksamkeit Elisabeth zuzuwenden anfing.
Lächelnd hörte diese ihn an, obwohl es in ihrem Her-
zen kochte; denn sie hatte den zwischen ihm und der Gou-
vernante gewechselten Blick beobachtet. Nun mußte sie den
Kampf mit der Nebenbuhlerin offen aufnehmen und Alles
daran setzen, um Tiefenbach ihr zu entreißen.
Ihre Eitelkeit war im Spiel und ihre Liebe — soweit
sie einer solchen fähig war. Sie liebte des Grafen Rang,
seinen Reichthum, seine Schönheit, Vielleicht wäre fie auch
ohne Neigung bereit gewesen, die Seine zu Verden; denn
sie war eine durchaus weltliche Natur, aber ihr Herz hatte
für ihn gesprochen, und sie hätte ihm das Jawort gegeben,
wenn er selbst weniger zu bieten gehabt hätte. Unter diesen
Umständen, wo seine Person sowohl, als seine Verhältnisse
sie fesselten, wollte fie um keinen Preis ihn an eine Andere
hingeben, am wenigsten an diese Cousine.
Darum lächelte sie ihn an und Plauderte, that fröhlich
und unbefangen. Sie suchte nach Gesprächsgegenständen,
die ihn interessiren könnten — und dabei zermarterte sie
ihr Gehirn fortwährend mit dem Gedanken, ob e» den»
gar keine Möglichkeit gebe, die lästige Nebenbuhlerin aus
dem Hause zu bringen.
Man hatte sich nach dem Salon zurückbegeben. Längst
war die Erzieherin auf ihrem einsamen Zimmer; dennoch
konnte Elisabeth nicht froh werden. Selbst das vermochte
fie nicht zu beruhigen, daß Tiefenbach wieder den Platz an
ihrer Seite eingenommen batte. DaS war nur das Ver-
dienst der Anwesenden, die ihm denselben zugewiesen! Oder
hatte er wirklich selbst ihn ausgesucht? Alle glaubten, der
Triumph des jungen Maschen- sei bevorstehend; sie allein
sah die Hindernisse, die sich vor ihr aufthürmten. Sie ver-
mißte den leuchtenden Strahl in seinen Augen, jenen
Strahl, der von Herz zu Herz geht!

Ausnahme der Sonn- u. Inserate dre i-spalnge Pentzeue oder deren Raum
d.w m«» Erna» für Walirlml, Freikkli L KM.

englische Parlament hat. Es soll aber nicht weiterhin
zweierlei Rechte für Beleidigungen geben. Man sollte
nicht denken, der Staat fei in Gefahr, wenn ein
Trunkenbold, ein verkommener Mensch, eine Frau ein
unbedachtes Wort sagt. Richtig wäre c-, wenn auch
hier der Beleidigte einen Strafantrag stellen müßte.
Abg. Lieber (Centr.) bemerkt: Meine politischen
Freunde erkennen an, daß die Materie der Besprech-
ung und der Verbesserung zugänglich ist. Die An-
hängigmachung des Prozesses von einem Strafantrag
resp. der Genehmigung dazu scheint nach den Vor-
gängen der letzten Jahre vielleicht Wünschenswerth.
DaS Verbrechen der Beleidigung der Majestät ist in
Deutschland immer strafbar gew-ssn. Man müßte
bessere Vorkehrungen dagegen treffen und nur wirklich
schwere Fälle anhängig machen. Man hat vorgeschla-
gen, die Genehmigung zum Strafantrage dem Reichs-
kanzler resp. dem Staatsministerium zu überweisen.
Der Aufhebung des Paragraphen ohne Weiteres kön-
nen wir nicht zustimmen. Alle Bemühungen unserer-
seits über die vom Abg. Bebel angeführten Zeitungs-
notizen haben ebenfalls zu keinem weiteren Resultat
geführt. Wenn eS die Sozialdemokraten schwer er-
tragen, als Baterlandsfeinde bezeichnet zu werden, so
sind wir dagegen schon völlig abgebrüht. Wir haben
uns jahrelang Reichs- und Vaterlands-
feinde von einem ersten Beamten nennen las-
sen müssen. Wir sind noch hier am Platze, jener
nicht mehr.
Abg. Werner (Antis.) führt ei» Beispiel an, daS
er selber erlebt have. Ein Artikel, der sich mit der
Schilderung gewisser Berliner Verhältnisse befaßte,
schloß mit den Worten: „Nun werden sie Viktoria
schießen." Darin wurde eine Bezugnahme auf die
Kaiserin Friedrich gefunden (Widerspruch rechts) und
der Staatsanwalt erhob die Anklage, die aber nicht
angenommen wurde. Solche Prozesse werden vielfach
eingeleitet und kosten dem Staat viel Geld. Wir
wollen auch den Schutz des Monarchen, halten aber
eine Genehmigung für solche Prozesse für nothwendigj
Das Schlußwort al- Antragsteller erhält
Abg. Liebknecht (Soz.), der dem Abg. Lieber be-
merklich macht, daß der Antrag nicht ad irato gestellt
sei, denn er sei schon anderthalb Jahre alt. Die Ma-
jestätsbeleidigung ist keine Einrichtung des deutschen,
sondern des römischen Rechts. Die Strafen wurden
immer mehr verschärft, je mehr das Ansehen deS
Kaiser- sank. Die parlamentarische Sitte, die Person
des Monarchen nicht in die Debatte zu ziehen, be-
steht allerdings in England, aber nur, weil der Mo-
Bo» den Reizen der Gegend und ihren Naturschön-
heiten war vielfach gesprochen woroen, und eine der an-
wesenden Damen, Baronin Karsberg, hatte Tiefenbach hin-
über gerufen, von allen Seiten werde ihr versichert, daß
die Schönheit der ihm gehörenden Buchen- und Eichen-
wälder alle Waldungen ringsum überstrahle. Zar allgemei-
nen Verwunderung erwiderte der Graf, nichts könne ihm
größeres Vergnügen bereiten, aiS wenn die Gesellschaft
sich durch den Augenschein überzeugen wolle, ob dieser Ruf
thatsächlich begründet sei.
Wie kam der als menschenscheu geltende Mann dazu,
eine solche Einladung zu machen? Sollte er etwa seiner
Auserwählten den Umfang ihres künftigen Reiches vor
Augen führen wollen? Er mußte wohl AehnlicheS im Sinn
haben; denn immer eifriger wurde er, er begeisterte sich
förmlich für seinen eigenen Vorschlag. Die ganze Gesell-
schaft solle hinfahren, setzte er auseinander; an einem be-
stimmten Orte, dem Fuße des Buchberges, wollte er sie er-
warten, fie sodann herumführen und im Freien bewirthen;
kurz, ein ländliches Fest sollte es sein.
Martha, die vor dem Schlafengehen in der Regel ein
halbes Stündchen im Salon sein durfte, hatte mit offenem
Munde zugehört. Ein vergnügter Nachmittag ohne Lehr-
stunden war unbeschreiblich verlockend für sie. Als der Vet-
ter inne hielt mit der Auszählung der versprochenen Ge-
nüsse, sprang sie auf ihn zu, legte die Hand auf seinen Arm
und fragte leise: „Darf ich mitkommen, Vetter Robert?"
„Freilich darf Martha mit dabei sei». Ohne Martha
giebt e- überhaupt kein Fest!" erwiderte er mit solcher Ent-
schiedenheit, als handele es sich hauptsächlich darum, dem
Kinde eine Unterhaltung zu bereiten.
Jubelnd lief Martha zu ihrem Vater, um ihm den
Ausspruch des Vetter» zu berichte», von dem eS »ach ihrer
Ansicht keine Appellation gab.
(Fortsetzung folgt)

Leidvoll und freudvoll. ALL
Novelle von L- v- Neid egg.
.Ist fie schon lange hier im Hause?"
»Wer? Ad, daS Fräulein. Nächstens wird eS ein Jahr.
MU vorigen Sommer haben wir in Badeorten und auf
Men zugebracht; in der Schweiz, also im vergangenen
"dst vorigen Jahres, ist sie zu uns gestoßen."
. „Sie wissen wohl, bei wem fie vorher gewesen, aber
'"»hl kaum, wo ihre Heimath ist?"
„ Mein Gott! dachte die Gräfin, ist der gute Robert
M gekommen, um mich über die Erzieherin auSzuforschen?
Aas Gespräch begann ihr Peinlich zu werden; sie antwor-
Arm" sehr ernst: „Ich kann Ihnen nur Eines sagen,
»U^äulein Grashoff eine vorzügliche, mir sehr warm
iMohlene Person, die Tochter höchstachtbarer Eltern ist,
N daß ich große Stücke auf fie halte." Nachdem sie dies
^ktnisch von Wahrheit und Dichtung mit aller Würde
Webracht hatte, stand fie auf, sehr zufrieden über die Ab-
i)ngung, die sie ertheilt hatte. Sie setzte sich zu einem an-
Gaste und ließ Tiefenbach verwirrt und nachdenklich
Man ging spazieren. Martha erschien nicht. Tiefen-
«eß sich gern bereden, zum Abendessen in EberSburg
in L eiben. Als ein paar Minuten vor demselben Martha
E Salon gesprungen kam, war seine Sehnsucht nach
.-„Kleinen verschwunden, wenigstens wechselte er kaum
>!?,paar Worte mit ihr. Ebenso Plötzlich, als es erloschen,
rn Interesse an ihr aber wieder auf, als man sich
N Trsche gefitzt hatte. Fortwährend blickte er durch sein
«ugenglas nach ihr, die neben ihrer schweigsamen Erzieh?-
Louden Platz am Ende der Tafel inne hatte. Ihm selbst
M man den Platz neben Elisabeth angewiesen. Eifrig
>Ahte sich diese, den Nachbar zu unterhalten; seine Ge-
waren aber nicht bei der schönen Tischgefährtin,
-nnlblg waren die Antworte», tue er auf ihre Fragen gab,
»Wen wechselte er über den Tisch hinüber Scherzworte
"U dem «inde.
zv„La geschah e», daß die Erzieherin, al» er gerade mit
Kok unterhielt, ihre bl» jetzt gesenkten Augen er-
' und ihr Bück dem seinen begegnete, — einen Äugen-

Deutscher Reichstag.
Berlin, 12. Mai.
y Präsident v. Buol eröffnet die Sitzung um 2 Uhr
 
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