Pscher Volksblatt
Kl. 111.
Welderg, WMg, dm 18. W1897.
Verantwortlicher Redakteur .:
Jo sie pH Huber in Heidelberg.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwtngerftraßr 7.
Organ für Aalirlmt, Freiliät L KM. ULLMMR2ZLL
tÄ
g.
EkMrumspartei in Baden.
Die Herren Vertrauensmänner der Centrums-
Kartei werden hiermit zu einer
Delegirtenversammlrrng
Mittwoch, den iS. Mai, Nachmittags 2 Uhr,
dos „Kath. Vereins hauS- in Freiburg
Gründlichst eingeladrn.
Gegenstände der Verhandlung sind: B richt über
Ar Parteikasse; Besprechung der politischen Lage;
Errichte aus den einzelnen Wahlbezirken; Wahl des
'MtialkomitäS; Verschiedenes.
Wir bitten um möglichst zahlreiche Betheiligung.
Namens -es Central-ConMs:
Der Borfitzende:
Wilh. Fischer, Abgeordneter.
Im Anschluß an die Verhandlungen des
ArlegirtentageS der C-ntrumSpartei findet auch eine
Arsprechung über wirksame Verbreirung des kathol.
MkrvereinS statt; rS sind deshalb die Freunde und
Merigeu Förderer dieses Vereins zur Theilnahme
Mrulit freundlichst eiugeladen.
^egrn den Papst und die päpstliche Un-
fehlbarkeit
Acht jetzt Tag für Tag der Berliner Reichsbote den
<^ughan-Schwindel auSzubeuten. DaS Blatt hat
Mei anscheinend allerhand von besonderem antirömischen
MatiSmuS getriebene Zuträger und Helfer. Neuer.
MgS reitet der Reichsbote namentlich darauf herum,
M mehrere in der Rolle als kirchentreue Bekämpfer
A Freimaurerei aufgetretene, jetzt als Schwindler u.
Mscher schlimmster Sorte entlarvte Persönlichke ten
M päpstlichen Segen oder eine sonstige päpstliche
Vu-zeichnung erhalten haben.
. Die Thatsache ist ja richtig. In der Person der
M ihm erfundenen Diana Vaughan wurde dem
^zgauner Toxil durch den Cardinalvikar Parocchi
päpstliche Segen übermittelt, der Fuwist Marge.
M erhielt einen päpstlichen Orden und der Fälscher
Ml Rosen empfing ein päpstlicher Breve, mit wel-
er auf der ersten Seite seines Schwindelbuches
»Mneini social" renommirt. Die Thatsachen sind
aus der Welt zu schaffen. Aber mit der per-
Michkn Autorität der Papstes und erst recht mit
lehramtlichen Unfehlbarkeit der Papstes haben
Leidvoll unk freudvoll. »«L* *
Novelle von L- v. Neid egg.
Biel ist über den Wald und seine Schönheit geschrie-
und geschwärmt worden; so verschieden aber auch die
Machen in Geschmack und Ansichten sonst find: es gicbt
uicht ein Menschenkind auf dem «eiten Erdenrund,
U. Micher Poesie, jeglichen Schönheitssinne« derart bar
der/-.um nicht von Bewunderung erfüllt zu werden, wenn
U.Aaldesivncre, zumal das Innere eines Laubwaldes,
U'M erschließt. Alles spricht dort zum Gemüthe und zur
»Mtafie; das geheimnisvolle Halbdunkel sowohl, in de«
»ch befindet, wie die goldenen Lichter, welche die
hMe ab und zu wie eine fröhliche Verheißung herein.
um sie dann eben so schnell wieder zurückzuziehe».
dir. M Tiesenbach's Gäste erlagen dem Zauber des Wal-
das Entzücken äußerte sich laut, die Bewunderung
k allgemeine und erreichte de» Höhepunkt, als man
dk».^ ulten Buchen auf einer Anhöhe gelangte, zwischen
M Karer Bach sich dahinschlängelte. Dort wurde
, "b diu Imbiß eingenommen. Unter Scherzen und
sammelten die jungen Leute Holz zu einem Feuer,
tz.Men eine Mahlzeit, während das reifere Alter die
dkriM'äung hatte. Dank der weisen Fürsorge des Haus«
dieser einfachen Erzeugnisse der Kochkunst nicht zu
d Selbst das wisanthropische Gemüth des Herrn
M Merhold erhellte sich beim Anblick der von St- Trud-
herbeigeschafften Leckerbiffen.
d'n M s""e Gäste bemüht, verließ der Gutsherr öfter
Wi.Mtz, den Wahl oder Zufall ihm zwischen Lori und
kk»WH angewiesen hatte; er bewegte sich, mit Jedem ei»
> ktz.WcheS Wort wechselnd, Jedem seine Fürsorge an-
h laffend, von Gruppe zu Gruppe. Umsonst batte
tybMrend des ganzen Tages sich bemüht, mit Anna ei»
dm,Achtes Wort zu sprechen. Martha bei sich sestzuhalten
W Mse beim Eintritt :n den Wald ausgeben müssen.
Irrlicht huschte daS Kind hin und her, suchte
und Beeren, neckte sich mit diesem und Jene« und
M wie ein ungebändigtes Füllen- Die Erzieherin
! "ch daher eine« Paar alter Stiftsdamen angeschlos-
sie nichts zu thun. Auch für jede» ehrlichen Gegner
deS Papstes und des PapstthumeS muß daS einleuchten.
Ein belobigende- Breve an irgend eine kirchliche
Gesinnung bethätigende rder heuchelnde Persönlictkeit ist
keine an die gesammte Kirche sich lichtende Kathedral-
Entscheidung in Sachen des Glaubens oder der Moral;
das bedarf für den Halbwegs Urtheilsfähigen keiner
weiteren Ausführung. Wenn der Reichsbole dar
Gegentheil glauben machen will, so stellt er sich
zweifellos dummer, als er ist. Auch die persönliche
Autorität der Papste» ist hier nicht engagirt. Der
Papst, daS Oberhaupt der mehr als zweihundert
Millionen Anhänger zählenden Weltkirche, kann un-
möglich jeder Gesuch um eine Gunstdezeugung der
in Rede stehenden Art selbst prüfen, eben so wenig
oder vielmehr noch viel weniger als daS Staats-
oderhaupt in irgend einem größern Staate für jede
einzelne Ordensverleihung oder sonstige Auszeichnung
verantwortlich zu machen ist. Auch darüber wird
unter vernünftigen Leuten keine Meinungsverschieden-
heit sein. Oder wäre der Reichsbote etwa geneigt,
über Ordensverleihungen an v. Tausch und verwandte
Individuen ähnliche Betrachtungen über Einbuße an
Autorität seitens der Krone anzustellen, wie er sie
gegenüber dem Papste für zulässig erachtet?
Bedauerlich bleiben aber die von der romhassenden
Presse so eifrig auSgenutzten Gunstbezcugungen an
Unwürdige trotzdem. Sie scheinen zu beweisen, daß
an denjenigen Stellen, denen die Vorprüfung der in
großer Zahl an dieselbe gelangenden Gesuche der
fraglichen Art obliegt, und welche die moralische Ver-
antwortung für deren sachgemäße Erledigung haben,
daS Maß von Vorsicht und Umsicht, welcher im Hin-
blick auf die hohe Stellung deS hl. Stuhle- geboten
ist, nicht entfernt in dem wünschenSwerthen Maße
vorhanden, daß den Schwindlern und Betrügern die
Speculation auf unverdiente Auszeichnungen doch gar
zu leicht gemacht war.
ES kann daher nicht auSbleiben, daß die im Zu-
sammenhang mit dem Vaughan-Schwindel gemachten
sehr unerfreulichen Erfahrungen eine heilsame Rück-
wirkung auf die Erledigung dieser Curialgeschäste
haben werden. So wenig der Papst und die lehr-
amtliche Unfehlbarkeit des Papstes durch die gedachten
Vorkommnisse compromittirt erscheinen, so wenig gleich-
gültig ist er, daß durch den Mangel an Klugheit und
Sorgfalt, welcher in diesen wie in anderen Fällen an
den betheiligten Stellen in Rom hervorgetreten, der
hl. Vater und die Stellung der hl. Vaters im Or-
ganismus der katholische» Kirche in Erörterungen
sen, welche man a«S Mitleid mit rhrer Vereinsamung auf-
gefordert hatte, ander Partie Theilzu nehme»; die Wenig-
sten aber waren mitleidig genug, um die Beiden zu unter-
halten. Die guten Seelen waren um so mehr entzückt, an
Anna eine nicht nur geduldige, sondern eine wahrhaft lie-
benswürdige Zuhörerin zu finden.
So kam es, daß Tiefenbach, ohne auffällig zu werde»'
sich ihr bis jetzt nickt hatte nähern können- Er nahm nun
bei dem Imbiß die Gelegenheit wahr, um auch jener Gruppe
seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Geehrt? über die ritter-
liche Aufmerksamkeit ihres Gastgebers hielten die beiden
Damen ihn in eifrigem Gespräch über nichtssagende Gegen-
stände fest, — die Stimme aber, die er vor allen gern ge-
hört hätte, betheiligte sich mit keinem Wort an dem Gespräch.
Als Tiefenbach endlich sich erhob, um weiterlzu gehe»,
und vorher nach den allenfallsigen Befehle» der Damen
fragte, wünschte die Eine der Stiftsdamen ihr Umschlagtuch,
die Andere verlangte nach ihrem Schirm. „Und Sie, Fräu-
lein Srashoff, haben Sie keine Wünsche? Soll man Ihne»
nichts bringen?' fragte Tiefenbach nnd suchte ihrem Blick
zu begegnen. Obre aufzusehen, erwiderte sie ruhig und
kühl: .Danke bestens Herr Graf; für mich ist schon ge-
sorgt." Sein längeres Verweilen bei jener Gruppe war
nicht unbeachtet geblieben. Als er seinen alten Platz ein-
nahm, empfing Lori ihn mit einer Fluth von Neckereien.
In ihrer burschikosen Weise sagte sie: .Sie sind wirklich
das Muster eines aufopfernden ritterlichen Hausherrn,
Vetter Robert! Blinde und Lahme, alte Weiber und Gou-
vernanten, Alle umfassen Sie mit gleicher Fürsorge."
Er lächelte. .Auch alte Damen und Gouvernanten find
dem Hunger und Durst unterworfen, Coufinchen."
„Alte Jungfern und Gouvernanten sind cs aber ge-
wöhnt, für sich selber zu sorgen," warf Elisabeth in ihrer
trockenen Weise ein.
»Meinen Sie denn nicht, Gräfin, daß ihnen ein freund-
liches Wort, eine Aufmerksamkeit gerade deshalb wohl thut,
weil sie so oft dergleichen entbehren müssen?"
.Ich dächte," entgegnete sie, »man verwöhnt sie nur
durch übertriebene Rücksichten. Vielleicht erweist man ihnen
hineingezogen worden ist, welche die kircheutreuenjKa«
tholiken peinlich berühren, die Unklaren und Schwa«
chen verwirren nnd bei den Andersgläubigen mit grö-
ßerm oder geringerm Erfolge zur Verhetzung gegen
den hl. Stuhl ausgenutzt werden können.
Die Reife des KatserpaareS.
* Metz, 15. Mai. Die Kaiserin übersandte
heute früh vor der Abreise einen Kranz von Cypresien
und Maiglöckchen an den Bahnmeister und früheren
Bürgermeister Dahlitein in Kürzel, dessen zehnjährige-
Söhnchen heute begraben wurde.
* Kürzel, 15. Mai. Der Kaiser und die
Kaiserin sind heute früh halb 8 Uhr nach Straß-
bürg abgereist. Die 3 kaiserlichen Prinzen und die
Prinzessin, die bi- Montag hier bleiben, waren nicht
nach dem Bahnhof gefahren. Die Majestäten verab-
fchiedeten sich nach allen Seiten auf daS Herzlichste.
Bei der Abfahrt des Zuger brachen die Anwesenden
in begeisterte Hochrufe aus.
* Straßburg, 15. Mai. Das Kaiserpaar
ist heute Vormittag 10 rin Viertel Uhr unter dem
Geläute der Glocken und dem Donner der Geschütze
der Außenforts eiugetroffen und auf dem Bahnhof
von dem Fürsten Statthalter und seiner Gemahlin
empfangen worden. Die Kaiserin verließ zuerst den
Salonwagen und begrüßte die Gemahlin des Statt-
Halters. Der Kaiser trug Garde-Kürassieruniform u.
begrüßte den Statthalter in huldvollster Weise. Die
hohen Herrschaften begaben sich dann nach den oberen
Gemächern, wo Erfrischungen angeboten wurden. Die
Majestäten verblieben in sehr zwangloser familiärer
Unterhaltung, bis die rasch vorgerückte Zeit zum Auf-
bruch mahnte. Der Fürst Statthalter geleitete die
Kaiserin am Arme zum Wagen. — Gegen 11 Uhr
erfolgte die Rückfahrt zum Bahnhof. Bei d.r An-
fahrt der Hofwagen mit Ihren Majestäten brachte die
Menge wie beim Einzug mit erneuter Gewalt begei-
sterte Kundgebungen. Die Majestäten dankten wieder-
holt in huldvollster Weise. Unter Kanonendonner u.
Glockengeläute langte der Zug 11 ein Viertel Uhr
auf dem Bahnhof an. Auf dem Bahnsteig nahmen
die Majestäten herzlichen Abschied von allen Anwesen-
den. Die letzten Augenblicke vor der Abfahrt ver-
brachten sie in angeregtem Gespräch mit Fürst und
Fürstin Hohenlohe. Um 11 Uhr 25 Min. setzte sich
der kaiserliche Sonderzug unter Hochrufen der Anwe-
senden in Bewegung.
* Mannheim, 15. Mai. Der Separatzug mit
dem Kaiserpaar nebst Gefolge lief heute Mittag präciS
aar keine Wohlthat damit; sie entbehren diese Aufmerksam-
keiten nachher um so schmerzlicher."
„Oh!" versetzte er mit einiger Bitterkeit. »Für die Ei-
nen also «ur Sonnenschein, für die Ander» nur Schatten !'
Elisabeth sah ein, daß sie wieder zu weit gegangen
war, und lenkte ein. Vorwurfsvoll heftete sie die dunkel-
blauen Augen auf den Grafen u»d bemühte sich zu lächeln:
»Sie «ißverstehen «ich, wie so oft. Sie übertreiben den
Din» «einer Worte und beurtheilen mich falsch. Ich wollte
nur sagen, daß im Allgemeinen man das nicht entbehrt,
was «an nicht kennt; »nd das ist doch die Regel: natür-
lich hat sie ihre Ausnahmen."
.Nur keine Erklärung über Regeln und Ausnahmen,
Wahrheiten und Rücksichten!" rief Lori und sprang auf.
»Vor allem keine Ermahnungen und Sittensprüche. Wir
haben lang genug gerastet; lassen Sie uns lieber ausbrechen."
Die Ansicht, als habe die Ruh« Pause genügend lange
gedauert, fand bei den jungen Leuten Anklang; sie wan-
derten weiter zur Ruine. Die älter» Leute zogen es vor,
noch ein wenig zu bleiben und sich daun langsam zu den
Wagen zurück zu begeben.
Der Weg zur Ruine war steil und beschwerlich, u»d
die Krümmungen wollten kein Ende nehmen. Als die jungen
Leute die Ruine endlich erreicht hatten, ging viel Zeit ver-
loren mit dem Herumirren zwischen den Trümmern, dem
Erforschen aller Schlupfwinkel. Die Zeit war deshalb schon
vorgerückt, als man sich auf den Rückweg begab, und eS
wurde die Besorgniß laut, man könne m die Dunkelheit
gerathen. Sogleich erbot sich Tiefenbach, auf näheren We-
gen die Gesellschaft zum Sammelplatz zurückzuführea, was
gern angenommen wurde. So ging er denn voran, von
Martha, der Unermüdlichen, umtanzt. Allein und schweigend
beschloß Anna den Zug.
(Fortsetzung folgt.)
Kl. 111.
Welderg, WMg, dm 18. W1897.
Verantwortlicher Redakteur .:
Jo sie pH Huber in Heidelberg.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Lwtngerftraßr 7.
Organ für Aalirlmt, Freiliät L KM. ULLMMR2ZLL
tÄ
g.
EkMrumspartei in Baden.
Die Herren Vertrauensmänner der Centrums-
Kartei werden hiermit zu einer
Delegirtenversammlrrng
Mittwoch, den iS. Mai, Nachmittags 2 Uhr,
dos „Kath. Vereins hauS- in Freiburg
Gründlichst eingeladrn.
Gegenstände der Verhandlung sind: B richt über
Ar Parteikasse; Besprechung der politischen Lage;
Errichte aus den einzelnen Wahlbezirken; Wahl des
'MtialkomitäS; Verschiedenes.
Wir bitten um möglichst zahlreiche Betheiligung.
Namens -es Central-ConMs:
Der Borfitzende:
Wilh. Fischer, Abgeordneter.
Im Anschluß an die Verhandlungen des
ArlegirtentageS der C-ntrumSpartei findet auch eine
Arsprechung über wirksame Verbreirung des kathol.
MkrvereinS statt; rS sind deshalb die Freunde und
Merigeu Förderer dieses Vereins zur Theilnahme
Mrulit freundlichst eiugeladen.
^egrn den Papst und die päpstliche Un-
fehlbarkeit
Acht jetzt Tag für Tag der Berliner Reichsbote den
<^ughan-Schwindel auSzubeuten. DaS Blatt hat
Mei anscheinend allerhand von besonderem antirömischen
MatiSmuS getriebene Zuträger und Helfer. Neuer.
MgS reitet der Reichsbote namentlich darauf herum,
M mehrere in der Rolle als kirchentreue Bekämpfer
A Freimaurerei aufgetretene, jetzt als Schwindler u.
Mscher schlimmster Sorte entlarvte Persönlichke ten
M päpstlichen Segen oder eine sonstige päpstliche
Vu-zeichnung erhalten haben.
. Die Thatsache ist ja richtig. In der Person der
M ihm erfundenen Diana Vaughan wurde dem
^zgauner Toxil durch den Cardinalvikar Parocchi
päpstliche Segen übermittelt, der Fuwist Marge.
M erhielt einen päpstlichen Orden und der Fälscher
Ml Rosen empfing ein päpstlicher Breve, mit wel-
er auf der ersten Seite seines Schwindelbuches
»Mneini social" renommirt. Die Thatsachen sind
aus der Welt zu schaffen. Aber mit der per-
Michkn Autorität der Papstes und erst recht mit
lehramtlichen Unfehlbarkeit der Papstes haben
Leidvoll unk freudvoll. »«L* *
Novelle von L- v. Neid egg.
Biel ist über den Wald und seine Schönheit geschrie-
und geschwärmt worden; so verschieden aber auch die
Machen in Geschmack und Ansichten sonst find: es gicbt
uicht ein Menschenkind auf dem «eiten Erdenrund,
U. Micher Poesie, jeglichen Schönheitssinne« derart bar
der/-.um nicht von Bewunderung erfüllt zu werden, wenn
U.Aaldesivncre, zumal das Innere eines Laubwaldes,
U'M erschließt. Alles spricht dort zum Gemüthe und zur
»Mtafie; das geheimnisvolle Halbdunkel sowohl, in de«
»ch befindet, wie die goldenen Lichter, welche die
hMe ab und zu wie eine fröhliche Verheißung herein.
um sie dann eben so schnell wieder zurückzuziehe».
dir. M Tiesenbach's Gäste erlagen dem Zauber des Wal-
das Entzücken äußerte sich laut, die Bewunderung
k allgemeine und erreichte de» Höhepunkt, als man
dk».^ ulten Buchen auf einer Anhöhe gelangte, zwischen
M Karer Bach sich dahinschlängelte. Dort wurde
, "b diu Imbiß eingenommen. Unter Scherzen und
sammelten die jungen Leute Holz zu einem Feuer,
tz.Men eine Mahlzeit, während das reifere Alter die
dkriM'äung hatte. Dank der weisen Fürsorge des Haus«
dieser einfachen Erzeugnisse der Kochkunst nicht zu
d Selbst das wisanthropische Gemüth des Herrn
M Merhold erhellte sich beim Anblick der von St- Trud-
herbeigeschafften Leckerbiffen.
d'n M s""e Gäste bemüht, verließ der Gutsherr öfter
Wi.Mtz, den Wahl oder Zufall ihm zwischen Lori und
kk»WH angewiesen hatte; er bewegte sich, mit Jedem ei»
> ktz.WcheS Wort wechselnd, Jedem seine Fürsorge an-
h laffend, von Gruppe zu Gruppe. Umsonst batte
tybMrend des ganzen Tages sich bemüht, mit Anna ei»
dm,Achtes Wort zu sprechen. Martha bei sich sestzuhalten
W Mse beim Eintritt :n den Wald ausgeben müssen.
Irrlicht huschte daS Kind hin und her, suchte
und Beeren, neckte sich mit diesem und Jene« und
M wie ein ungebändigtes Füllen- Die Erzieherin
! "ch daher eine« Paar alter Stiftsdamen angeschlos-
sie nichts zu thun. Auch für jede» ehrlichen Gegner
deS Papstes und des PapstthumeS muß daS einleuchten.
Ein belobigende- Breve an irgend eine kirchliche
Gesinnung bethätigende rder heuchelnde Persönlictkeit ist
keine an die gesammte Kirche sich lichtende Kathedral-
Entscheidung in Sachen des Glaubens oder der Moral;
das bedarf für den Halbwegs Urtheilsfähigen keiner
weiteren Ausführung. Wenn der Reichsbole dar
Gegentheil glauben machen will, so stellt er sich
zweifellos dummer, als er ist. Auch die persönliche
Autorität der Papste» ist hier nicht engagirt. Der
Papst, daS Oberhaupt der mehr als zweihundert
Millionen Anhänger zählenden Weltkirche, kann un-
möglich jeder Gesuch um eine Gunstdezeugung der
in Rede stehenden Art selbst prüfen, eben so wenig
oder vielmehr noch viel weniger als daS Staats-
oderhaupt in irgend einem größern Staate für jede
einzelne Ordensverleihung oder sonstige Auszeichnung
verantwortlich zu machen ist. Auch darüber wird
unter vernünftigen Leuten keine Meinungsverschieden-
heit sein. Oder wäre der Reichsbote etwa geneigt,
über Ordensverleihungen an v. Tausch und verwandte
Individuen ähnliche Betrachtungen über Einbuße an
Autorität seitens der Krone anzustellen, wie er sie
gegenüber dem Papste für zulässig erachtet?
Bedauerlich bleiben aber die von der romhassenden
Presse so eifrig auSgenutzten Gunstbezcugungen an
Unwürdige trotzdem. Sie scheinen zu beweisen, daß
an denjenigen Stellen, denen die Vorprüfung der in
großer Zahl an dieselbe gelangenden Gesuche der
fraglichen Art obliegt, und welche die moralische Ver-
antwortung für deren sachgemäße Erledigung haben,
daS Maß von Vorsicht und Umsicht, welcher im Hin-
blick auf die hohe Stellung deS hl. Stuhle- geboten
ist, nicht entfernt in dem wünschenSwerthen Maße
vorhanden, daß den Schwindlern und Betrügern die
Speculation auf unverdiente Auszeichnungen doch gar
zu leicht gemacht war.
ES kann daher nicht auSbleiben, daß die im Zu-
sammenhang mit dem Vaughan-Schwindel gemachten
sehr unerfreulichen Erfahrungen eine heilsame Rück-
wirkung auf die Erledigung dieser Curialgeschäste
haben werden. So wenig der Papst und die lehr-
amtliche Unfehlbarkeit des Papstes durch die gedachten
Vorkommnisse compromittirt erscheinen, so wenig gleich-
gültig ist er, daß durch den Mangel an Klugheit und
Sorgfalt, welcher in diesen wie in anderen Fällen an
den betheiligten Stellen in Rom hervorgetreten, der
hl. Vater und die Stellung der hl. Vaters im Or-
ganismus der katholische» Kirche in Erörterungen
sen, welche man a«S Mitleid mit rhrer Vereinsamung auf-
gefordert hatte, ander Partie Theilzu nehme»; die Wenig-
sten aber waren mitleidig genug, um die Beiden zu unter-
halten. Die guten Seelen waren um so mehr entzückt, an
Anna eine nicht nur geduldige, sondern eine wahrhaft lie-
benswürdige Zuhörerin zu finden.
So kam es, daß Tiefenbach, ohne auffällig zu werde»'
sich ihr bis jetzt nickt hatte nähern können- Er nahm nun
bei dem Imbiß die Gelegenheit wahr, um auch jener Gruppe
seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Geehrt? über die ritter-
liche Aufmerksamkeit ihres Gastgebers hielten die beiden
Damen ihn in eifrigem Gespräch über nichtssagende Gegen-
stände fest, — die Stimme aber, die er vor allen gern ge-
hört hätte, betheiligte sich mit keinem Wort an dem Gespräch.
Als Tiefenbach endlich sich erhob, um weiterlzu gehe»,
und vorher nach den allenfallsigen Befehle» der Damen
fragte, wünschte die Eine der Stiftsdamen ihr Umschlagtuch,
die Andere verlangte nach ihrem Schirm. „Und Sie, Fräu-
lein Srashoff, haben Sie keine Wünsche? Soll man Ihne»
nichts bringen?' fragte Tiefenbach nnd suchte ihrem Blick
zu begegnen. Obre aufzusehen, erwiderte sie ruhig und
kühl: .Danke bestens Herr Graf; für mich ist schon ge-
sorgt." Sein längeres Verweilen bei jener Gruppe war
nicht unbeachtet geblieben. Als er seinen alten Platz ein-
nahm, empfing Lori ihn mit einer Fluth von Neckereien.
In ihrer burschikosen Weise sagte sie: .Sie sind wirklich
das Muster eines aufopfernden ritterlichen Hausherrn,
Vetter Robert! Blinde und Lahme, alte Weiber und Gou-
vernanten, Alle umfassen Sie mit gleicher Fürsorge."
Er lächelte. .Auch alte Damen und Gouvernanten find
dem Hunger und Durst unterworfen, Coufinchen."
„Alte Jungfern und Gouvernanten sind cs aber ge-
wöhnt, für sich selber zu sorgen," warf Elisabeth in ihrer
trockenen Weise ein.
»Meinen Sie denn nicht, Gräfin, daß ihnen ein freund-
liches Wort, eine Aufmerksamkeit gerade deshalb wohl thut,
weil sie so oft dergleichen entbehren müssen?"
.Ich dächte," entgegnete sie, »man verwöhnt sie nur
durch übertriebene Rücksichten. Vielleicht erweist man ihnen
hineingezogen worden ist, welche die kircheutreuenjKa«
tholiken peinlich berühren, die Unklaren und Schwa«
chen verwirren nnd bei den Andersgläubigen mit grö-
ßerm oder geringerm Erfolge zur Verhetzung gegen
den hl. Stuhl ausgenutzt werden können.
Die Reife des KatserpaareS.
* Metz, 15. Mai. Die Kaiserin übersandte
heute früh vor der Abreise einen Kranz von Cypresien
und Maiglöckchen an den Bahnmeister und früheren
Bürgermeister Dahlitein in Kürzel, dessen zehnjährige-
Söhnchen heute begraben wurde.
* Kürzel, 15. Mai. Der Kaiser und die
Kaiserin sind heute früh halb 8 Uhr nach Straß-
bürg abgereist. Die 3 kaiserlichen Prinzen und die
Prinzessin, die bi- Montag hier bleiben, waren nicht
nach dem Bahnhof gefahren. Die Majestäten verab-
fchiedeten sich nach allen Seiten auf daS Herzlichste.
Bei der Abfahrt des Zuger brachen die Anwesenden
in begeisterte Hochrufe aus.
* Straßburg, 15. Mai. Das Kaiserpaar
ist heute Vormittag 10 rin Viertel Uhr unter dem
Geläute der Glocken und dem Donner der Geschütze
der Außenforts eiugetroffen und auf dem Bahnhof
von dem Fürsten Statthalter und seiner Gemahlin
empfangen worden. Die Kaiserin verließ zuerst den
Salonwagen und begrüßte die Gemahlin des Statt-
Halters. Der Kaiser trug Garde-Kürassieruniform u.
begrüßte den Statthalter in huldvollster Weise. Die
hohen Herrschaften begaben sich dann nach den oberen
Gemächern, wo Erfrischungen angeboten wurden. Die
Majestäten verblieben in sehr zwangloser familiärer
Unterhaltung, bis die rasch vorgerückte Zeit zum Auf-
bruch mahnte. Der Fürst Statthalter geleitete die
Kaiserin am Arme zum Wagen. — Gegen 11 Uhr
erfolgte die Rückfahrt zum Bahnhof. Bei d.r An-
fahrt der Hofwagen mit Ihren Majestäten brachte die
Menge wie beim Einzug mit erneuter Gewalt begei-
sterte Kundgebungen. Die Majestäten dankten wieder-
holt in huldvollster Weise. Unter Kanonendonner u.
Glockengeläute langte der Zug 11 ein Viertel Uhr
auf dem Bahnhof an. Auf dem Bahnsteig nahmen
die Majestäten herzlichen Abschied von allen Anwesen-
den. Die letzten Augenblicke vor der Abfahrt ver-
brachten sie in angeregtem Gespräch mit Fürst und
Fürstin Hohenlohe. Um 11 Uhr 25 Min. setzte sich
der kaiserliche Sonderzug unter Hochrufen der Anwe-
senden in Bewegung.
* Mannheim, 15. Mai. Der Separatzug mit
dem Kaiserpaar nebst Gefolge lief heute Mittag präciS
aar keine Wohlthat damit; sie entbehren diese Aufmerksam-
keiten nachher um so schmerzlicher."
„Oh!" versetzte er mit einiger Bitterkeit. »Für die Ei-
nen also «ur Sonnenschein, für die Ander» nur Schatten !'
Elisabeth sah ein, daß sie wieder zu weit gegangen
war, und lenkte ein. Vorwurfsvoll heftete sie die dunkel-
blauen Augen auf den Grafen u»d bemühte sich zu lächeln:
»Sie «ißverstehen «ich, wie so oft. Sie übertreiben den
Din» «einer Worte und beurtheilen mich falsch. Ich wollte
nur sagen, daß im Allgemeinen man das nicht entbehrt,
was «an nicht kennt; »nd das ist doch die Regel: natür-
lich hat sie ihre Ausnahmen."
.Nur keine Erklärung über Regeln und Ausnahmen,
Wahrheiten und Rücksichten!" rief Lori und sprang auf.
»Vor allem keine Ermahnungen und Sittensprüche. Wir
haben lang genug gerastet; lassen Sie uns lieber ausbrechen."
Die Ansicht, als habe die Ruh« Pause genügend lange
gedauert, fand bei den jungen Leuten Anklang; sie wan-
derten weiter zur Ruine. Die älter» Leute zogen es vor,
noch ein wenig zu bleiben und sich daun langsam zu den
Wagen zurück zu begeben.
Der Weg zur Ruine war steil und beschwerlich, u»d
die Krümmungen wollten kein Ende nehmen. Als die jungen
Leute die Ruine endlich erreicht hatten, ging viel Zeit ver-
loren mit dem Herumirren zwischen den Trümmern, dem
Erforschen aller Schlupfwinkel. Die Zeit war deshalb schon
vorgerückt, als man sich auf den Rückweg begab, und eS
wurde die Besorgniß laut, man könne m die Dunkelheit
gerathen. Sogleich erbot sich Tiefenbach, auf näheren We-
gen die Gesellschaft zum Sammelplatz zurückzuführea, was
gern angenommen wurde. So ging er denn voran, von
Martha, der Unermüdlichen, umtanzt. Allein und schweigend
beschloß Anna den Zug.
(Fortsetzung folgt.)