Pfälzer Volksblatt
WeUM WMg, dm 1. ZM1897
,e
>d
e'
Verantwortlicher Redakteur >:
Joseph Huber in Heidelberg.
R«ch»ruck
Veristen.
Druck, Verlag u. Expedition
Geb r. Huber in Heidelberg,
Lwingrrftraße 7.
auf 3000 M.) nicht «»nehmen sollte. Der Schatz-
sekretär meinte, daß der BundeSratb vielleicht nach-
träglich den Beschluß der Hauses gmheißen werde.
Einstimmig wurde hierauf der Beschluß der Com-
mission gutgeheißen. Erhöht wurde im Gegensatz
zum CommissionS-Beschluß auf Befürwortung der
Abgg. Graf Roon und Dr. Lieber und des preußischen
KriegSministerS das Höchstgehalt der Division»- und
Garnison-'Pfarrer auf 4200 M., während die Com-
mission nur 3900 M. bewilligt hatte. Ueber die von
der Commission vorgeschlagenen Resolutionen
soll erst bei der dritten Lesung abgestimmt werden.
Einer Resolution des Abg. Singer, im nächsten Etat
auch die Bezüge der Postschaffner und Land-
briefträger zn erhöhen, stimmten trotz der Wi-
derspruchS teS SchatzsrcretairS auch die Abgg. Dr.
Lieber, Werner, Beckh und Bennoit zu. Die beiden
andern Nachtrags Etats wurden ohne erhebliche De-
batte unverändert nach den Commission^ Beschlüssen
angenommen. Bei den zur Ergänzung de- Artil-
lerie-Materials geforderten 44V» Millionen
Mark kam Richter auf die „vaterlaadSlosen Ge-
sellen" zurück. Die Abstriche bei deu Marine-
Forderungen hätten scharfen Tadel erfahren. Seine
Partei betrachte diese Forderungen nur als solche
secundairer Natur. Als „vaterlandslose Gesellen"
stimmten sie aber für die Artillerie Forderungen, da
sie die große Bedeutung der Feld-Atillerie würdigten
und bisher immer für Waffen-Ausrüstungen eine offene
Hand gehabt hätten. Nach Erledigung einiger Peti-
tionen proclamirte dann der Präsident widerspruchslos
die „ergiebige Pause" dir zum 22. Juni. Gar heiß
dürfte dann die Juni-Sonne auf die glänzende Kuppel
der ReichStagS-PalasteS niederbrennen.
kanzler, welcher ihn an Ebmaier wies. Er habe
Normann Schumann nicht genannt, sondern nur ge-
sagt, man solle den Verfasser unter den Angestellten
der politischen Polizei suchen. Ein Schreiben der
Zeugen an Ebmaier wurde ihm bald darauf von
Schumann gezeigt. Der Zeuge erfuhr erst nach zwei
Jahren, daß Tausch da» Schreiben zur Recherche er-
halten und dasselbe an den Verfasser der Artikel,
Normann-Schumann weitergegeben habe.
Ueber die Unterhaltung mit Harden sagt Zeuge
aus, Harden hätte in eine» heftigen Artikel behaup-
tet, Zeuge habe sich die Unterhaltung mit Ebmaier
bezahlen lassen. Zeuge verlangte eine Berichtigung.
Harden nannte Tausch als Gewährsmann. Brentano
sagt ferner an,, daß sich Tausch in letzter Zeit wet-
gerte, Normann Schuman» zu empfangen. Der
Präsident weist darauf hin, daß die Verhältnisse
Normann-Schumanus wohl genügend erörtert seien.
Der Oberstaatsanwalt stimmt dem Präsidenten bei
und erklärt, daß die Beziehungen Normann-SchumaunS
zu den einzelnen Zeitungen nicht auf die Thätigkeit
Tausch» zurückzuführen seien.
Der Vertreter der Münchener Neueste Nachrichten,
Rosse, sagt aus: Lützow habe sich bei ihm als Assessor
von Ackermann eingeführt und nach dem Artikel in
den Münch. Reuest. Nachr. gefragt. Lützow bestreitet
dies entschieden. Es müsse etne Personoerwechslung
vorliegen. Fortsetzung der Verhandlung morgen 9 Uhr.
Der Reichstag
M sich am letzten Mittwoch vis zum 22. Juni ohne
Widerspruch vertagt, nachdem er vorher in einer
Ichwach besuchten fünfstündigen Sitzung den Ergänz-
^gS-Etat betr. die BesoldungS-Verdesse-
ng der Offiziere und Beamte«, sowie die beiden
?»dern NachtragSetatS in zweiter Lesung erledigt
Ate. Der Etat batte an DiensteinkommenS-Ber-
Merungen 10,150,000 M. vorgesehen, welche die
Mget Commission auf 9.228,658 M. ermäßigt hat.
Aie Abstriche, rund l'/i Mill. M., betreffen meist
A Mehrforderungen der Offiziere. Anderseits hat
"ss Commission 862,700 M. neu eingesetzt, von denen
Mn 560,000 M. auf die Post- und Telegraphen-
Assistenten fallen. Außerdem haben an der Auf-
Aserung auch die uniern Beamten der Reichs-Eisen-
^hnen Theil. W e schon im preußischen Abgeord-
Aenhause regte Rickert heute auch im Reichstage die
Aittkgelung deS Beamtenkautionswesens an, worauf der
Mchsschatzsekretär erwiderte, daß er mit der preußisch e
Agierung sich verständigen und eventuell dem nächsten
"nchstage eine Vorlage machen werde. Die Besold-
öS-Verbesserungen der Beamten und Offiziere wur-
mit den von der Commission beschlossenen Ab-
Achen nach unerheblicher Debatte bewilligt. Die
M der Commission beschlossene Erhöhung der Ge-
Mter der Post- und T ele gr a p h en - A s si sie n-
> e n wurden vom Schatzsekretär und von Dr. Fischer
M der Reichrpostverwaltung bekämpft, von Dr.
Wer und Werner (Anti-Semit) aber entschieden be-
^Ovortet. Beide erklärten, sie würden m der dritten
^ung gegen die ganze BesoldungS Verbesserungen
lummen, falls die Regierung die Erhöhung von 1500
äs
Für den Monat
Juni
Hhmeu jetzt schon alle Postämter Bestellungen auf die
Hglich erscheinende Zeitung
..PfiUzer Bottsblatt"
(mit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
*»te",) sowie unsere Expedition Heidelberg
Gvingerftraße 7 entgegen.
Expedition -es „PMer Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Lridvoll und freudvoll.
Novelle von L- v- Neid egg.
. .Erlassen Sie mir die Schilderung meiner Gefühle und
W Kampfes, der in mir vorging. Genug, mein Vater
M Sieger. Ich bat ihn flehend, Ihre Mutter zu be-
Mn und ihr schonend den wahren Grund meines Rück-
Mr 1» offenbaren; er versprach dies auch. Sein Versprechen
M er nicht gehalten: eS war wohl das erste Mal, das
A alte Edelmann sei« gegebene» Wort brach. Doch dies
Erfuhr ich erst später. Al» er von seiner Zusammenkunft
Alt Ihre» Baler »urückkehrte, sagte er mir nur kurt, die
Gelegenheit sei geordnet: an mir sei e» nun, mein ihm
^ebenes Wort rininlösen. Er befahl mir, mich sogleich
Ms Reifen zu begeben, damit ich mir die unmöglich ge-
Mdene Heiraih an» de« Sinne schlage. Ich ging auf
Urse». Die Erinnerung an Eie, Anna, begleitete mich
Mall hin; je «ehr die Zeit verging, desto mehr wuch»
ö Mir der Zweifel daran, ob e» nicht Thorheit, kindische
?4wäche gewesen fei. Ihnen r« entsagen, ob die Schmach
M die Schande, vor ter ich Sie batte retten wollen, nicht
W doch über Sie gekommen sei. Klarer wurde e» mir
M da» wenigstens da» meine Pflicht gewesen wäre, vor
M bintutreten und das, was über un» verhängt worden.
Men selbst mitrutheilrn. Was der Jüngling gefehlt und
.Mang bereut hat, Anna, können Sie c» dem Manne
Ut vergeihen? Ich kehrte rurück; ein stiller, verschlossener
Mn. Len Vater hatte ein Schlaganfall getroffen; er
Mschte, ich solle nun bei ihm bleiben. Da» that ich auch.
ZEnfjerlich einander nahe, innerlich entfremdet, lebten wir
Mre im selben Hanse. Ich sollte heirathen war des Vater»
Mzenswunsch; diese« zu erfüllen, weigerte ich mich ent-
Aleden. «t» er immer wieder in mich drang, seine» Bitte«
»» fügen, erklärteich ihm: eSsei mein fester Entschluß,
Mttmählt »u bleiben, nachdem ich meiner ersten Liebe
M entsagen müssen. Er sah mich finster an, und von
Mathen «ar keine Rede «ehr zwischen «ns. Als er aber
Aden, Sterbebette lag, da wurde sein starrer Sinn er-
„Du warst rin guter Sohn," sagte er; „möge Gott
W segnen. Wen« ... wen« also Lei« Herz «och an der
Nchetnt tstgttch mit Ausnahme der Sonn- u. _ - - . Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Organ für Malickett, Fmlmt L KM.
Heidelberg monatlich SS H mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung.
^die Post bezogen Viertels, 1.60 franco. Expedition: Awiugerstraße 7.
Deutsches Reich.
* Berlin, 28. Mai. Wie dar Central-Comite
der Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz mittheilt,
hat sich die nach Griechenland entsandte Expedition
nicht in Volo, das von den Einwohnern verlassen
wurde, sondern auf Wunsch des Kronprinzen in dem
Hafenorte Hagia Marina, in der Nähe von Styli-,
am 9. Mai eingerichtet und bereits am Tage darauf
wurden 10 Schwerverwundete in das Lazareth ausge-
nommen. Am 15. Mai betrug der Kraukenbestand
40. Daß die Thätigkeit der deutschen Expedition
Anerkennung finde, gehe aus dem Schlußsatz oeS letz-
ten Berichtes des Oberstabsarztes Korsch vo« 10. d.
M. hervor, indem er schreibt, „daß ihre Anwesenheit
in der Nähe des Kriegsschauplatzes sowohl beruhigend
auf die Bevölkerung wirkt, als auch dem Deutschen
Reiche Sympathie und Achtung erwirbt. So war
außer fremdländischen Offizieren und Kriegsberichter-
stattern auch die Vorsitzende der Damen-ComiteS de-
Rothen Kreuzes in Athen, Frau Palis, in Hagia
auch ich glücklich machen kann. Sie habe« nun mein Be-
kenntniß; Sie wissen, wa» Sie in de« acht langen Jahre«
mir immer gewejen find. Lasten Sie u«t den Trau« un-
serer Jugend erfüllen: geben Sie mir Ihr Jawort! Sagen
Sie mir, daß Sie mein sein w-llcn; — «ein für die» Le-
den, mei« für Zeit und Ewigkeit! Ich erwarte Ihre Ant-
wort mit brennender Ungeduld hier in St. Trudpert. Ruft
«ich ei«e Zeile von Ihrer liebe« Hanv, so eile ich nach
EberSburg und fordere meine Braut von Gräfin Holler-
brunn-
Und nun segne Sie Gott, «eine Anna!
Robert Graf Tiefenbach."
Der Brief war aus Anna's Hand geglitten: er lag vor
ihr auf dem Tische, und mit weit geöffneten, glückstrahlen-
den Augen sah sie ihn an. Sie hatte ihr Ideal wieder,e-
funden. So war Robert doch das gewesen, wa» sie an ihm
geliebt hatte, treu, ritterlich und edel. Ob sie ihn liebte?"
Wie konnte er nur fragen! Ob sie die Seinewerdeu wollte ?
Die Aufgabe ihres Lebens würde eS sei«, feine Treue,
seine Hingebung zu lohnen. Fromm faltete sie die Hände
„O, wie gut ist Gott, wie gut!" flüsterte sie vor sich hin
Ihre Bewegung war Martha nicht entgangen, die in
einer Ecke mit der Puppe spielte; neugierig lief sie auf die
Erziehe«, zu-
„Was ist Ihnen denn, Fräulein?" fragte sie. „Sie
sehen ja so ganz anders au», wie sonst."
„Wa» «ir ist? O Kind, Gott hat m r ggnz außer-
ordentliches, unverdientes Glück geschickt. Kind, liebe» Kind!
möchtest Du dereinst auch solche Seligkeit kennen lernen!"
Ihr überströmende» Gefühl mußte sich Luft machen;
sie schloß Martha in ihre Arme und liebkosete sie mit inni-
ger Herzlichkeit.
(Fortsetzung folgt.)
Proceß Tausch- v. Lützow.
* Berlin, 28. Mai.
Vierter VerhandlungStag.
Bei dem nach der Pause beginnenden Zeugenverhör
werden zunächst eine Reihe Zeugen vernommen,
welche über den Leumund Tausch» und LützowS be-
stunden sollen. Der frühere Chefredakteur der Saale-
zeitung Brentano erzählt, die Saalezeituug habe einen
von Normann-Schumann scharf geschriebenen Artikel
gegen den neuen Kurs gebracht, dann weitere Artikel
über Caprivi und ein angebliche» Ohrenleiden des
Kaisers, die Geldaffäre des Staatssekretär» v. Bötti-
cher aber abgelehnt. Diese erschien dann in fran-
zösischen und österreichischen Blättern und machte den
Zeugen ängstlich. Er wandte sich an den Reichs-
Tochter des . . . hängt ... ich gebe Dir Dein Wort zu-
rück .. . nimm sie hm und sei glücklich." Da war e» auch,
wo er mir gestand, daß er nicht den Muth gefunden habe,
Ihre Mutter über den wahren Sachverhalt aufzuklärcn,
und die Befürchtung aussprach. Ihr Vater könnte e» unter-
lassen habe«, derselben die Wahrheit zu gestehen."
„Er starb und nun beschloß ich, Sie aufzusuchen, Anna.
Wohin ich mich aber wandte, um Auskunft zu erhalten über
Sie, überall blieb sie mir versagt. Vo« der Familie Ihrer
Mutter auf geradezu schroffe Weise abgewiesen, konnte ich
nur erfahren, Frau v. Neudingen sei in der Fremde ge-
storben, Ihr Vater irre ruhelos umher, sei vielleicht auch
schon todt; Ihr Bruder fei in Amerika verunglückt. Sie
selbst feie» verschollen, Sie würde» wohl auch in Amerika
sein, hieß es. Da führte mich der Zufall mit Elisabeth zu-
sammen- Deren Aebnlichkeit mit Ihnen zog sogleich meine
Aufmerksamkeit ans sich. Ich wähnte, Gott selbst schicke mir
in ihr Ersatz für meine verlorene Liebe. Ich näherte »ich
ihr, und meinte, da- alte Gefühl müsse wieder über mich
kommen. Bald aber erkannte ich, daß diese Hoffnung eitel
sei, — daß in dem schönen Körper kein Herz und keine hin-
gebende Seele wohne, wie die Ihre. Elisabeth'» Augen
fehlte da» schöne Licht, da» in de« Ihren erstrahlt; Elisa-
beth'- Mund zeigte niemals das liebliche Lächeln, da» Ihre
Lippen »«spielt. War ich fern vo» ihr, so fühlte ich mich
von Sehnsucht nach ihr erfüllt; ich meinte, das Bild meiner
tzlnnn winke mir zu, während mir nur die schöne Maske
vorschwebte, hinter der sie ihre Leerheit verbirgt. Dena
war ich in ihrer Nähe, so stieß ihre Herzen»kälte mich ab.
Ich wiederholte mir aber, unter zehn Ehen würden viel-
leicht neun aus Cvnvenienz geschlossen, und tröstete «ich
mit dem Gedanken, durch die äußere Aehnlichkeit würde ich
wenigsten» da» Schattenbild meine» Ideal» gewinnen. Eli-
sabeth war meiner Bewerbung offenbar nicht abgeneigt, und
ich gewöhnte mich allmählich daran, sie «ir al» meine
Lebenrgefährtin vorzustellen.
„Da traten Sie in «einen Weg, Anna! Nun erkannte
ich, daß Sie. — nur Sie allei« die Fra« find, die ich liebe,
«it der ich glücklich sei», ich spreche r» getrost au» — die
WeUM WMg, dm 1. ZM1897
,e
>d
e'
Verantwortlicher Redakteur >:
Joseph Huber in Heidelberg.
R«ch»ruck
Veristen.
Druck, Verlag u. Expedition
Geb r. Huber in Heidelberg,
Lwingrrftraße 7.
auf 3000 M.) nicht «»nehmen sollte. Der Schatz-
sekretär meinte, daß der BundeSratb vielleicht nach-
träglich den Beschluß der Hauses gmheißen werde.
Einstimmig wurde hierauf der Beschluß der Com-
mission gutgeheißen. Erhöht wurde im Gegensatz
zum CommissionS-Beschluß auf Befürwortung der
Abgg. Graf Roon und Dr. Lieber und des preußischen
KriegSministerS das Höchstgehalt der Division»- und
Garnison-'Pfarrer auf 4200 M., während die Com-
mission nur 3900 M. bewilligt hatte. Ueber die von
der Commission vorgeschlagenen Resolutionen
soll erst bei der dritten Lesung abgestimmt werden.
Einer Resolution des Abg. Singer, im nächsten Etat
auch die Bezüge der Postschaffner und Land-
briefträger zn erhöhen, stimmten trotz der Wi-
derspruchS teS SchatzsrcretairS auch die Abgg. Dr.
Lieber, Werner, Beckh und Bennoit zu. Die beiden
andern Nachtrags Etats wurden ohne erhebliche De-
batte unverändert nach den Commission^ Beschlüssen
angenommen. Bei den zur Ergänzung de- Artil-
lerie-Materials geforderten 44V» Millionen
Mark kam Richter auf die „vaterlaadSlosen Ge-
sellen" zurück. Die Abstriche bei deu Marine-
Forderungen hätten scharfen Tadel erfahren. Seine
Partei betrachte diese Forderungen nur als solche
secundairer Natur. Als „vaterlandslose Gesellen"
stimmten sie aber für die Artillerie Forderungen, da
sie die große Bedeutung der Feld-Atillerie würdigten
und bisher immer für Waffen-Ausrüstungen eine offene
Hand gehabt hätten. Nach Erledigung einiger Peti-
tionen proclamirte dann der Präsident widerspruchslos
die „ergiebige Pause" dir zum 22. Juni. Gar heiß
dürfte dann die Juni-Sonne auf die glänzende Kuppel
der ReichStagS-PalasteS niederbrennen.
kanzler, welcher ihn an Ebmaier wies. Er habe
Normann Schumann nicht genannt, sondern nur ge-
sagt, man solle den Verfasser unter den Angestellten
der politischen Polizei suchen. Ein Schreiben der
Zeugen an Ebmaier wurde ihm bald darauf von
Schumann gezeigt. Der Zeuge erfuhr erst nach zwei
Jahren, daß Tausch da» Schreiben zur Recherche er-
halten und dasselbe an den Verfasser der Artikel,
Normann-Schumann weitergegeben habe.
Ueber die Unterhaltung mit Harden sagt Zeuge
aus, Harden hätte in eine» heftigen Artikel behaup-
tet, Zeuge habe sich die Unterhaltung mit Ebmaier
bezahlen lassen. Zeuge verlangte eine Berichtigung.
Harden nannte Tausch als Gewährsmann. Brentano
sagt ferner an,, daß sich Tausch in letzter Zeit wet-
gerte, Normann Schuman» zu empfangen. Der
Präsident weist darauf hin, daß die Verhältnisse
Normann-Schumanus wohl genügend erörtert seien.
Der Oberstaatsanwalt stimmt dem Präsidenten bei
und erklärt, daß die Beziehungen Normann-SchumaunS
zu den einzelnen Zeitungen nicht auf die Thätigkeit
Tausch» zurückzuführen seien.
Der Vertreter der Münchener Neueste Nachrichten,
Rosse, sagt aus: Lützow habe sich bei ihm als Assessor
von Ackermann eingeführt und nach dem Artikel in
den Münch. Reuest. Nachr. gefragt. Lützow bestreitet
dies entschieden. Es müsse etne Personoerwechslung
vorliegen. Fortsetzung der Verhandlung morgen 9 Uhr.
Der Reichstag
M sich am letzten Mittwoch vis zum 22. Juni ohne
Widerspruch vertagt, nachdem er vorher in einer
Ichwach besuchten fünfstündigen Sitzung den Ergänz-
^gS-Etat betr. die BesoldungS-Verdesse-
ng der Offiziere und Beamte«, sowie die beiden
?»dern NachtragSetatS in zweiter Lesung erledigt
Ate. Der Etat batte an DiensteinkommenS-Ber-
Merungen 10,150,000 M. vorgesehen, welche die
Mget Commission auf 9.228,658 M. ermäßigt hat.
Aie Abstriche, rund l'/i Mill. M., betreffen meist
A Mehrforderungen der Offiziere. Anderseits hat
"ss Commission 862,700 M. neu eingesetzt, von denen
Mn 560,000 M. auf die Post- und Telegraphen-
Assistenten fallen. Außerdem haben an der Auf-
Aserung auch die uniern Beamten der Reichs-Eisen-
^hnen Theil. W e schon im preußischen Abgeord-
Aenhause regte Rickert heute auch im Reichstage die
Aittkgelung deS Beamtenkautionswesens an, worauf der
Mchsschatzsekretär erwiderte, daß er mit der preußisch e
Agierung sich verständigen und eventuell dem nächsten
"nchstage eine Vorlage machen werde. Die Besold-
öS-Verbesserungen der Beamten und Offiziere wur-
mit den von der Commission beschlossenen Ab-
Achen nach unerheblicher Debatte bewilligt. Die
M der Commission beschlossene Erhöhung der Ge-
Mter der Post- und T ele gr a p h en - A s si sie n-
> e n wurden vom Schatzsekretär und von Dr. Fischer
M der Reichrpostverwaltung bekämpft, von Dr.
Wer und Werner (Anti-Semit) aber entschieden be-
^Ovortet. Beide erklärten, sie würden m der dritten
^ung gegen die ganze BesoldungS Verbesserungen
lummen, falls die Regierung die Erhöhung von 1500
äs
Für den Monat
Juni
Hhmeu jetzt schon alle Postämter Bestellungen auf die
Hglich erscheinende Zeitung
..PfiUzer Bottsblatt"
(mit der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
*»te",) sowie unsere Expedition Heidelberg
Gvingerftraße 7 entgegen.
Expedition -es „PMer Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Lridvoll und freudvoll.
Novelle von L- v- Neid egg.
. .Erlassen Sie mir die Schilderung meiner Gefühle und
W Kampfes, der in mir vorging. Genug, mein Vater
M Sieger. Ich bat ihn flehend, Ihre Mutter zu be-
Mn und ihr schonend den wahren Grund meines Rück-
Mr 1» offenbaren; er versprach dies auch. Sein Versprechen
M er nicht gehalten: eS war wohl das erste Mal, das
A alte Edelmann sei« gegebene» Wort brach. Doch dies
Erfuhr ich erst später. Al» er von seiner Zusammenkunft
Alt Ihre» Baler »urückkehrte, sagte er mir nur kurt, die
Gelegenheit sei geordnet: an mir sei e» nun, mein ihm
^ebenes Wort rininlösen. Er befahl mir, mich sogleich
Ms Reifen zu begeben, damit ich mir die unmöglich ge-
Mdene Heiraih an» de« Sinne schlage. Ich ging auf
Urse». Die Erinnerung an Eie, Anna, begleitete mich
Mall hin; je «ehr die Zeit verging, desto mehr wuch»
ö Mir der Zweifel daran, ob e» nicht Thorheit, kindische
?4wäche gewesen fei. Ihnen r« entsagen, ob die Schmach
M die Schande, vor ter ich Sie batte retten wollen, nicht
W doch über Sie gekommen sei. Klarer wurde e» mir
M da» wenigstens da» meine Pflicht gewesen wäre, vor
M bintutreten und das, was über un» verhängt worden.
Men selbst mitrutheilrn. Was der Jüngling gefehlt und
.Mang bereut hat, Anna, können Sie c» dem Manne
Ut vergeihen? Ich kehrte rurück; ein stiller, verschlossener
Mn. Len Vater hatte ein Schlaganfall getroffen; er
Mschte, ich solle nun bei ihm bleiben. Da» that ich auch.
ZEnfjerlich einander nahe, innerlich entfremdet, lebten wir
Mre im selben Hanse. Ich sollte heirathen war des Vater»
Mzenswunsch; diese« zu erfüllen, weigerte ich mich ent-
Aleden. «t» er immer wieder in mich drang, seine» Bitte«
»» fügen, erklärteich ihm: eSsei mein fester Entschluß,
Mttmählt »u bleiben, nachdem ich meiner ersten Liebe
M entsagen müssen. Er sah mich finster an, und von
Mathen «ar keine Rede «ehr zwischen «ns. Als er aber
Aden, Sterbebette lag, da wurde sein starrer Sinn er-
„Du warst rin guter Sohn," sagte er; „möge Gott
W segnen. Wen« ... wen« also Lei« Herz «och an der
Nchetnt tstgttch mit Ausnahme der Sonn- u. _ - - . Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Organ für Malickett, Fmlmt L KM.
Heidelberg monatlich SS H mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung.
^die Post bezogen Viertels, 1.60 franco. Expedition: Awiugerstraße 7.
Deutsches Reich.
* Berlin, 28. Mai. Wie dar Central-Comite
der Deutschen Vereine vom Rothen Kreuz mittheilt,
hat sich die nach Griechenland entsandte Expedition
nicht in Volo, das von den Einwohnern verlassen
wurde, sondern auf Wunsch des Kronprinzen in dem
Hafenorte Hagia Marina, in der Nähe von Styli-,
am 9. Mai eingerichtet und bereits am Tage darauf
wurden 10 Schwerverwundete in das Lazareth ausge-
nommen. Am 15. Mai betrug der Kraukenbestand
40. Daß die Thätigkeit der deutschen Expedition
Anerkennung finde, gehe aus dem Schlußsatz oeS letz-
ten Berichtes des Oberstabsarztes Korsch vo« 10. d.
M. hervor, indem er schreibt, „daß ihre Anwesenheit
in der Nähe des Kriegsschauplatzes sowohl beruhigend
auf die Bevölkerung wirkt, als auch dem Deutschen
Reiche Sympathie und Achtung erwirbt. So war
außer fremdländischen Offizieren und Kriegsberichter-
stattern auch die Vorsitzende der Damen-ComiteS de-
Rothen Kreuzes in Athen, Frau Palis, in Hagia
auch ich glücklich machen kann. Sie habe« nun mein Be-
kenntniß; Sie wissen, wa» Sie in de« acht langen Jahre«
mir immer gewejen find. Lasten Sie u«t den Trau« un-
serer Jugend erfüllen: geben Sie mir Ihr Jawort! Sagen
Sie mir, daß Sie mein sein w-llcn; — «ein für die» Le-
den, mei« für Zeit und Ewigkeit! Ich erwarte Ihre Ant-
wort mit brennender Ungeduld hier in St. Trudpert. Ruft
«ich ei«e Zeile von Ihrer liebe« Hanv, so eile ich nach
EberSburg und fordere meine Braut von Gräfin Holler-
brunn-
Und nun segne Sie Gott, «eine Anna!
Robert Graf Tiefenbach."
Der Brief war aus Anna's Hand geglitten: er lag vor
ihr auf dem Tische, und mit weit geöffneten, glückstrahlen-
den Augen sah sie ihn an. Sie hatte ihr Ideal wieder,e-
funden. So war Robert doch das gewesen, wa» sie an ihm
geliebt hatte, treu, ritterlich und edel. Ob sie ihn liebte?"
Wie konnte er nur fragen! Ob sie die Seinewerdeu wollte ?
Die Aufgabe ihres Lebens würde eS sei«, feine Treue,
seine Hingebung zu lohnen. Fromm faltete sie die Hände
„O, wie gut ist Gott, wie gut!" flüsterte sie vor sich hin
Ihre Bewegung war Martha nicht entgangen, die in
einer Ecke mit der Puppe spielte; neugierig lief sie auf die
Erziehe«, zu-
„Was ist Ihnen denn, Fräulein?" fragte sie. „Sie
sehen ja so ganz anders au», wie sonst."
„Wa» «ir ist? O Kind, Gott hat m r ggnz außer-
ordentliches, unverdientes Glück geschickt. Kind, liebe» Kind!
möchtest Du dereinst auch solche Seligkeit kennen lernen!"
Ihr überströmende» Gefühl mußte sich Luft machen;
sie schloß Martha in ihre Arme und liebkosete sie mit inni-
ger Herzlichkeit.
(Fortsetzung folgt.)
Proceß Tausch- v. Lützow.
* Berlin, 28. Mai.
Vierter VerhandlungStag.
Bei dem nach der Pause beginnenden Zeugenverhör
werden zunächst eine Reihe Zeugen vernommen,
welche über den Leumund Tausch» und LützowS be-
stunden sollen. Der frühere Chefredakteur der Saale-
zeitung Brentano erzählt, die Saalezeituug habe einen
von Normann-Schumann scharf geschriebenen Artikel
gegen den neuen Kurs gebracht, dann weitere Artikel
über Caprivi und ein angebliche» Ohrenleiden des
Kaisers, die Geldaffäre des Staatssekretär» v. Bötti-
cher aber abgelehnt. Diese erschien dann in fran-
zösischen und österreichischen Blättern und machte den
Zeugen ängstlich. Er wandte sich an den Reichs-
Tochter des . . . hängt ... ich gebe Dir Dein Wort zu-
rück .. . nimm sie hm und sei glücklich." Da war e» auch,
wo er mir gestand, daß er nicht den Muth gefunden habe,
Ihre Mutter über den wahren Sachverhalt aufzuklärcn,
und die Befürchtung aussprach. Ihr Vater könnte e» unter-
lassen habe«, derselben die Wahrheit zu gestehen."
„Er starb und nun beschloß ich, Sie aufzusuchen, Anna.
Wohin ich mich aber wandte, um Auskunft zu erhalten über
Sie, überall blieb sie mir versagt. Vo« der Familie Ihrer
Mutter auf geradezu schroffe Weise abgewiesen, konnte ich
nur erfahren, Frau v. Neudingen sei in der Fremde ge-
storben, Ihr Vater irre ruhelos umher, sei vielleicht auch
schon todt; Ihr Bruder fei in Amerika verunglückt. Sie
selbst feie» verschollen, Sie würde» wohl auch in Amerika
sein, hieß es. Da führte mich der Zufall mit Elisabeth zu-
sammen- Deren Aebnlichkeit mit Ihnen zog sogleich meine
Aufmerksamkeit ans sich. Ich wähnte, Gott selbst schicke mir
in ihr Ersatz für meine verlorene Liebe. Ich näherte »ich
ihr, und meinte, da- alte Gefühl müsse wieder über mich
kommen. Bald aber erkannte ich, daß diese Hoffnung eitel
sei, — daß in dem schönen Körper kein Herz und keine hin-
gebende Seele wohne, wie die Ihre. Elisabeth'» Augen
fehlte da» schöne Licht, da» in de« Ihren erstrahlt; Elisa-
beth'- Mund zeigte niemals das liebliche Lächeln, da» Ihre
Lippen »«spielt. War ich fern vo» ihr, so fühlte ich mich
von Sehnsucht nach ihr erfüllt; ich meinte, das Bild meiner
tzlnnn winke mir zu, während mir nur die schöne Maske
vorschwebte, hinter der sie ihre Leerheit verbirgt. Dena
war ich in ihrer Nähe, so stieß ihre Herzen»kälte mich ab.
Ich wiederholte mir aber, unter zehn Ehen würden viel-
leicht neun aus Cvnvenienz geschlossen, und tröstete «ich
mit dem Gedanken, durch die äußere Aehnlichkeit würde ich
wenigsten» da» Schattenbild meine» Ideal» gewinnen. Eli-
sabeth war meiner Bewerbung offenbar nicht abgeneigt, und
ich gewöhnte mich allmählich daran, sie «ir al» meine
Lebenrgefährtin vorzustellen.
„Da traten Sie in «einen Weg, Anna! Nun erkannte
ich, daß Sie. — nur Sie allei« die Fra« find, die ich liebe,
«it der ich glücklich sei», ich spreche r» getrost au» — die