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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Dezember 1897
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Nr. 275
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1123

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Grüße zu überbringen, und, während der Bediente Koffer
und Plaid in den Wagen legte, sah er sich nach Gesine um.
Sie stand am Haupteingange, noch bleicher als ge-
wöhnlich. .Gute Reise, Vetter Leo,* sagte sie tonlos.
.Ist das Dein einziger Abschiedsgruß?" srug er neckend,
.bedenke, daß ich eine große Reise mache in ein gefährliches
Land- Wer weiß, ob ich wohl zurückkomme?*
Ihre Augen füllten sich mit Thränen. ,O, rede nicht
so!' bat sie flehend, .solche Dinge darf man selbst nicht
scherzend sagen.*
„Nun gib mir einen Kuß! Das darf man wohl bei
einer langen Abwesenheit. Ha, welche schöne Nelke hast Du
da; gib sie mir als Talisman ins Knopfloch!*
.Was hast Du an meinen Blumen? Trage sie von
Miliane!* sagte Gesine; aber Leo that, als wenn er es
nicht hörte; er steckte die Nelke zu sich, drückte einen Kuß
auf Gefinens bleiche Wangen und sprang fröhlich, ein Bild
deS Glückes und der Lebenslust, die Treppen hinunter und
in den Wagen. Sein lachendes Gesicht erschien noch ein
Mal am Fenster und seine Hand winkte dem alten Hanse
und seinen Bewohnern einen AbschiedSgruß zu. Die Grau-
schimmel setzten sich in Bewegung, und so verließ Leo das
Erbe seiner Väter, fröhlich, voller Hoffnung, ohne Angst
und Sorge wegen der Zukunft. Gerade wurde es wieder
dunkel und floß der Regen in Strömen nieder-
Gesine drückte die Hände an die Augeu und zog sich
in ihr Zimmerchen zurück, während ihre Tante noch am
Frühstück saß uud darüber nachdachte, wo .dar Kind doch
bleiben möchte.
In der Stadt hielt der Wagen vor der Wohnung der
Damen Wolson; beide Schwestern waren zu Hause, als
Leo eintrat; er hatte nur noch eine halbe Stunde Zeit
um von seiner Verlobte» Abschied zu nehmen.
Nette ging in die Küche und ließ das junge Paar allein
(Fortsetzung folgt.)


Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet,
den Glauben bewahrt (H Thimoth. 4. 7.), u. so weist
uns aus dem Dunkel unserer tiefen begründete« Trauer
die christliche Hoffnung hin auf die lichte Krone der
Gerechtigkeit, die der gerechte Richter allen gibt, dir
seine Wiederkunft geliebt haben (H, Timvth. 4 8.),
die er auch unserem Hochwürdigsten Oberhirten nicht
versagen wird. So möge er uns denn zum Tröste
sein, auf den segensvollen LedenSgang des Entschlafenen
kurz zurückblicken an diesem Trg, da sich die hohe
Metropole ins Trauergewand hüllt, da die Glocken
der Domkirche ihre Klagetöne dem obersten Hilten
in die Gruft senden, da der GesammtkleruS und
die Gläubigen der ganzen Erzdiöcese von tiefstem
Schmerze erfüllt sind.
Erzbischof AntoniuS v. Thoma erblickte das Licht
der Welt zu Nymphenburg am 1. März 1829. Früh
schon von dem Wunsche beseelt, dem priesterlichen Be-
ruf sich zu weihen und mit vorzüglichen GeisteSgaben
auSgestattet, betrat er die Studicnlaufbahn und sah
sich nach glänzenden Erfolgen im Jahre 1853 am
ersehnten Ziele, da er am 29. Juni dieses Jahres
von dem vochseligen Erzbischof v. Reisach die heilige
Priesterweihe empfing. Als Caplan nach Teisendorf
entsandt, gewann er sich die Herzen der Gläubige»
durch eine ebenso musterhafte als unermüdliche Be-
rufsthätigkeit, besonders unter der von ihm so sehr ge-
liebten Kiuderwelt. Nach kurzen Jahren berief ihn sein
Oberhirte wegen seiner ausgezeichneten Leistungen als
Cooperator an die Stadtpfarrkirche St. Ludwig in
München, von wo aus er später in gleicher Eigen-
schaft an die Pfarrei St. Peter berufen wurde. In
diesen großen, weit ausgedehnte« Parochien hatte er
so recht Gelegenheit, seine hingebende Liebe zur ei-
gentlichen Seelsorge auszubiloen und in hohem
Grade zu üben, und heute noch gibt es der dankbare»
Herzen genug, die sener ersprießlichen unermüdlichen
Thätigkeit im Beichtstuhl und am Krankenbette in je-
nen vergangenen Jahren gerührten Herzens gedenken.
Im Jahre 1867 wurde ihm die Pfarrei St. Zeno bei
Bad Reichenhall übertragen, und seine segensvolle
Wirksamkeit wird dort unvergeßlich bleiben, wie die-
selbe in der Stadtpfarrkirche zum Heil. Geist in Mün-
chen, wohin er im Jahre 1879 bestimmt ward, noch
in Aller Gedächtniß ist. Seiner Anregung und unab-
lässigen Sorge verdankt die heute so herrlich vergrö-
ßerte ehrwürdige Heil. Geistkirche ihre Erweiterung
und damit unsere Stadt eine unleugbar ausgezeichnete
Zierde.
Im Jahre 1883 wurde ec zum Domcapitular am

Nehmen jetzt schon alle Postämter aus dieItäglich er-
scheinende Zeitung
,Pf8lzer Bottsblatt"
Hst der wöchentlichen Gratisbeilage .Der EonntagS-
^te"), sowie unsere Expedition Heidelberg, Zwirrger-
K*aße 7, entgegen.
Expedition des „Pfaher Volksblatt".
Heidelberg Zwiugerftraße 7

HSestellrmgen
kr den Monat

Verantwortlicher Redakteur:
i Joseph Huber in Heidelberg.


Druck, Verlag u. Expedition
; Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingerftraße 7.

Rede des Dompfsrivicsr Dr. Lechner bei
der Beisetzung des Erzbischofs Antonius
von Thoms.
Hohe Trauerversammlung! Eine lieferschütternde
"unde durchdrang am vecgangenen Mittwoch zur Mit-
.'^stunde unsere Stadt und durcheilte bald die ge-
'^nunte Erzdiözese München und Freising, die namen-
ws betrübende Kunde von dem unerwartet erfolgten
Hinscheideu unsere- geliebtesten, allverehrtesten Ober-
Men, Sr. Excell. des Hochwürdigsten Herrn Erz-
hschofs AntoniuS v. Thoma.
Ungeahnt, wahrhaftig wie ein Blitzschlag aus
Uterin Himmel, trat das erschütternde Ecreigniß ein.
swohl hatte sich vor wenigen Wochen das Gerücht
^.rbreit-t, daß Erzbischof AntoniuS erkrankt sei und,
sofern ein an sich unbedeutendes Unwohlsein dem
"ue Zeit unermündlichen Oberhirten einige Tage Ruhe
Zerlegte und ihn von der Reise zum Feste des heil.
Korbinian nach Freising abzustehen nöchigte, bewahr-
miete es sich dadurch, aber die Nachricht eingetrete-
Besserung hob jeden Grund zu Befürchtungen
und gab der tröstlichen Hoffnung Raum, daß eine
Mch Ueberarbeitung veranlaßte Schwäche und Er-
hebung bald wieder we chen werde. Wer hätte auch
Men können, daß die hohe, würdevolle Gestalt des
"unmehr verewigten Kircheufürsten, die doch sehr stark
jU sein schien, so bald und so schnell ein Raub der
Melisne. WZ"
Krählung von Melativ Iva. Aus dem Holländischen vou
L- v. Heemftede-
. Er führte sie in wirbelndem Tanze mti sich fort, so
M sie ihren Kopf schwindelnd an seine Brust lehnen mußte.
» „O Miliane! jo durch das Leben zu schweben, ohne
zu scheiden, ohne nach Reichthum oder sonst etwas
iU fragen-*
v .Lass n Sie mich los, ich kann nicht mehr!* flüsterte
ö,- und wenn seine starke Hand sie nicht gestützt hätte, wäre
ru Boden gefallen.
Sie standen still; sie bleich, wie eine zerbrochene Lilie
Ud aus seine Linie gestützt; Tänzer kamen heran, auch
W, der Gesine ohne Weiteres stehen ließ und zu seiner
Mut eilte. .Du hast zu wild getanzt,* sagte er verwei-
M »u Hilverda, .ich habe wohl gesehen, wie ungestüm
Au dahersubreft. Ueberall, wo eS sich um mich handelt,
staubst Du keine Rücksicht nehmen zu brauchen.*
b, »Laß »ich zufrieden und walte Deine« Amtes! Ich
uichts mehr zu schaffen,* entgegnete er von oben her-
Ur, überließ Miliane den Sorgen ihres Bräutigams
ihrer Schwester und entfernte sich in der Haltung ei-
U beleidigten Prinzen von der Gruppe, die sich um die
uutb Ohnmächtige versammelt hatte.
Zwei Tage nach dem Balle, als Leo sich vollkommen
äAteugt hatte, daß Milianen's Unwohlsein keine schltm-
N Folgen haben würde, beschloß er nach Italien zu
,raen. Tags vorher war er seinem Vetter mit ausgestreck-
r vand entgegen gekommen. «Verzeihe mir, Erich!* sagte
-daß ich »ir auf dem Balle einen so groben Borwurf
> r» aber eS regte mich auf, Miliane in dem Zustande
Ikhen." .
... »Und darum mußte irgend Jemand es büßen,* ent--
> Hilverda, die dargebotene Hand zögernd hinuehmeud,
E anderes Mal, hoffe ich, davon verschont zu bleibe».
> Du mit Deiner Verliebtheit groß thun, meinetwegen,
"°rr laß «ich gefälligst auS dem Spiele!'
Leo blickte einen Augenblick zornig auf, dann zuckte er

Todes sein könnte! Wer hätte auch nur ahnen können, !
daß der Mann mit dem immer klaren Auge, mit der l
ungehemmten Geistessrische, mit der ungeschwächten >
Kraft, welche ihn auch in den anstrengendsten Funk- !
tionen seines bischöflichen Amtes keine Ermüdung
verspüren lieh, so bald und so schnell zur Gruft sinken
würde!
Doch, hohe Trauervrrsammlung, mit tiefem Weh'
im Herzen, mit schmerzlicher Klage auf den Lippen,
mit Thränen im Auge stehen wir vor der erschüttern-
den Thatsache: Erzbischof AntoniuS ist nicht mehr!
Nachdem er am 24. November wie täglich in seiner
HauScapelle früh 7 Uhr das heilige Meßopfer dar-
gebracht hatte, erlag er wenige Stunden nachher
einer plötzlich eintretenden Herzschwäche, noch gestärkt
durch das heilige Sakrament der letztenOelung. Gott,
der Herr über Leben und Tod, halte seinem Wirken
ein Ende gesetzt und ihn nach seinem stets anbetungs-
würdigen Willen von dem altehrwürdigen Bischofs-
stuhle des heiligen Korbinian abbcrufen. Wir stehen
tief erschüttert ob dieses plötzlichen Todesfalles, und
dec Geda ke ar der Wort der göttlichen Heilan-
des : „Ihr wißt weder den Tag noch die Stunde*
muß angesichts des schmerzlichen Ereignisses mit seiner
ganzen Macht ergreifen und durchdringen. Ja, wie
in den Niederungen deS gesellschaftlichen Lebens, so
auch auf den Höhen desselben greift der Tod nur zu
oft unerwartet nach seinen Opfern, und es ist kein
Mensch, dem nicht das Mahnwort aus dem göttlichen
Munde gilt: „Wachet, denn ihr wisset nicht, zu wel-
cher Stunde der Herr kommen wird.* (Math. 24,42.)
Wohl dem, der dieses Wort zum Kompaß seiner
LrbenSfahrt gemacht hat, wohl dem, der auf einen
guten Tod sich vorbereitet hat; ihm gilt das andere
Wort: „Der Herr wird zu euch komme» wie ein
Dieb, selig der da wachet und sein? Kleider bewahrt*
(Offenb. 16, 15). Wem dieses „selig" gilt, ob er
auch unerwartet rasch aus der Zeitlichkeit abberufen
wird, hat ja ewiges Leben gewonnen. „Die Seelen
der Gerechten sind in Gottes Hand" (WeiSh. 3, 1).
Und der Trost, der auS solchem GotteSworte fließt,
will auch uns sich anbielen am Sarge des hochseligeu
Erzbischofs AntoniuS. Denn wenn wir hier an seiner
Gruft zurückblicken auf sein Leben, zurückblicken auf
sein Wirken, und vergegenwärtigen sein ganzer Leben,
dann müssen wir sagen: Erbat gelebt, er hat gewirkt,
er hat sich gegeben und erwiesen als wachsamen
Diener Gottes, als verlässigen Verwalterder Geheim-
nisse Christi, als einen getreuen Hohenpriester, dem
wir das Wort deS Apostels in den Mund legen dürfen :
die Achseln und ging seiner Wege; Hilverda ließ sich an
dem Tage und dem folgenden nicht mehr sehen.
Es war ein regnerischer Morgen, als Leo alle Räume
von Kaprice nochmals wie zum Abschiede durchmusterte,
ehe er sich zur Stadt fahren ließ. Nach einem tüchtigen
Schauer schien die Sonne mit doppelter Kraft und ließ
all' die Herrlichkeiten in vollem Lichte und glänzender
Farbenpracht hervortrcten.
Leo ging von einem Saal zum andern und freute sich,
daß Alles so schön und trefflich gelungen war, und bei dem
Gedanken, daß in einigen Wochen Miliane hier als Herr-
scherin thronen würde, klopfte sein Herz vor erhöhter Freude.
Ein herrlicher Duft von Grün und Blumen drang durch
die offenen Fenster; der Park sah frisch auS mit seinem
feuchten Grase und den tropfenden Blumen, worüber die
Sonne ihr goldenes Füllhorn ergoß. Sein Gemüth war
übervoll und seine Seele erhob sich in einem Dankgebet zu
Ihm, der Alles, aber besonders sein Leben so hell und
schön gemacht hatte, das war der vorherrschende Gedanke,
der ihn stets erfüllte. .Mein Gott j sie nennen die Welt
ein Thränenthal, aber ich habe nie einen Schmerz, nie eine
Euttäuschung gekannt. Alles erfreut mich. Alles stimmt
mich zum Frohsinn. Warum bin ich so bevorzugt? Bin ich
eine Ausnahme bei meinen Mitbrüdern? Werde ich auch
einmal meinen Theil der unvermeidlichen Schmerzen und
Sorgen dieser Erde tragen müssen, oder gehöre ich zu de-
nen, die Dir dienen im Sonnenschein und nicht im Schat-
ten der Nacht? OI gib mir die Kraft, stark zu bleiben;
lasse wich in der Finsterniß Dich loben, wie ich Dich Preise
im Tageslichte!" Plötzlich schauderte er zusammen, eine
Wolke verdeckte die Sonne und der Park sah düster und
wie verweint aus, .Sie eritbehren, meine Miliane! Würde
ich das je verschmerzen?" fragte er sich selbst. Aber die
Sonne erschien wieder und Leo schüttelte seine Locken, und
lächelnd verließ er sein geliebtes Kaprice, das fröhliche
Sonntagskind, nur an den Augenblick denkend, wo er mit
feiner Braut hier seinen Einzug halten würde. Noch nahm
er Abschied von seinem Lieblingspferde, von Rix, seine«
schönen Hunde, und dann begab er sich zu seiner Tante,
ersuchte sie, ihrem Sohne, der noch unsichtbar war, seine

tKgljch mit Ausnahme der Sonn-- u.
GxgW für LMsjefl, FMM L KM V--L"
vewelberg monatlich LV H mit Trügerlohn, durch '
^-die Post bezogen viertelt. L 1.W franco. _._„ Expedition: ZwingerS-ake 7.
 
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