I 1 J«s«rate die 1-spaUige PeiUzeU^
U'W.Äi.Ä^ Mann «ir Wab'ki'U. Fmlmi L KM.
TLnterdaltunotzblatt .Der Sonntaosbote iur
!k»
elS
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in'Heidelberg.
Hand unter Litera D. M. zu empfangen/
Antwort.
„Al ' ". '
lein! .
anvertraut, eben erst habe ich wieder eine Dame abweisen
müssen."
„Dars ich um Ihren Namen bitten?"
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber m Herdelberg,
Lwingrrstraße 7.
L
K-
k
wthr da und durch die sanfte Senkung des breiten Weges
ersetzt. Seufzend ging sie weiter, bis ihre Aufmerksamkeit
durck ein eisernes Gitter zu ihrer Linken erregt wurde.
Sie näherte sich; durch das Gitter sah man in eine
viereckige Vertiefung, und darin entdeckte sie den Marmor-
stein, den ihr Vater cuf der Stelle errichtet hatte, wo Cä-
cilie vom Pferde gestürzt war. Adelbert hatte das Denkmal
geschont, sie faltete ihre Hände und verrichtete ein kurzes
Gebet für ihre geliebre Mutter und für den guten Erfolg
ihres Schrittes.
Emen Augenblick später stand sie vor der Kirche. Rechts
befand sich ein frisches gelbes Häuschen, durch einen kleinen
Garten von der Straße getrennt: ein Bild des guten Hir-
ten stand über der Thüre, und sie schloß daraus, daß es
die Pfarrerswvhrung sei. Sie klingelte; eine bejahrte Magd
öffnete und auf die Frage, ob der Herr Pfarrer zu Lause
sei, wurde sie in ein hinteres Zimmer verwiesen, da im
Sprechzimmer BesuL sei. Margo trat also in ein nettes
Gartcnzimmer; das breite Fenster ging bis auf den Boden
und gab Zutritt zu einem großen hübsch angelegten Garten.
Ein herrlicher Blumenduft erfüllte das einfach wöblirte
Gemach. Die Sonne spielte durch die Zweige des Obst-
gartens und vergoldete die Blumen des Teppichs. Es war
alles so fröhlich und lenzmäßig, ganz anders als in der
dunklen Amsterdamer Straße. Sie hatte Zeit genug, die
Bilder an der Wand in Augenschein zu nehmen, bis end-
lich die Thüre sich öffnete und der Pfarrer von Doornburg
eintrai.
Er war ein Mann von mittlerem Alter mit einem
freundlichen und Vertrauen erweckenden Gesicht. Nachdem
er sich entschuldigt, baßer sie so lange warten lassen mußte,
erkundigte er sich nach dem Grunde ihres Besuches.
»Ich hatte die Ehre, vorgestern einen Brief von Ihrer
gab sie zur
lh so! Sie lassen nicht auf sich warten, mein Fräu-
Herr von Doornburg Hat mir eine schwere Aufgabe
Vor ein paar Zähren wurden diese Dinge gelegent-
lich im Abgeordnetenhause gestreift. Der Abg. Dr.
Frhr. v. Heeremann verlangte damals, daß die Polizei
ihnen schärfer entgegen trete und bemerkte u. a.: „Ich
glaube, daß alle wohlgesinnten Theile der Bevölkerung
mit mir einverstanden sind, wenn ich sage, daß man
jetzt zu lax in dieser Beziehung ist. Man gestattet in
Utiannlen Stücken die Verhöhnung deS Glaubensund
der Religion, der Ehe und der Sitte in einer solchen
Wei'e, wie es bisher noch meiner Meinung in
Deutschland nicht zulässig gewesen ist. Unser Theater
ist herabgesunken von einer Stätte höherer Bildung oder
geistvoller Anregung zu einer Stätte der Darstellung
von Unsitte und Unfug, von GlaubenSverhshnuug und
Sinnenreiz und subversiver Tendenzen." Der Minister
des Innern, v. Köller, stimmte dem durchaus zu und
versprach, dem „Scandal" nach Krästen entgegen zu
wirken. Sichtbare Wirkungen haben seine Worte nicht
gehabt; eS ist vielmehr inzwischen eher schlimmer als
besser geworden. Wir wollen nicht untersuchen, wer
mehr Schuld hat an der sittlichen Versumpfung deS
Theater», Theaterdirekioren, die um deS Gelderwerbs
willen mit den niedrigsten Mitteln das Publikum an-
zulocken suchen, oder das Publikum, dar zu den an
die niedrigsten Triebe oppellirenden Schaustellungen
in Massen hiuströmt und damit die Theaterdirektoren
immer weiter auf dieser Bahn drängt. Der systema-
tischen Untergrabung der Moralität des deutschen Vol-
kes muß aber mit aller Entschiedenheit entgegengetreten
werden. Die Bestimmung der Gewerbeordnung, daß
die Erlaubniß zum Betriebe einer Schauspiel-Unter-
nehmens zu versagen ist, wenn der Nachsuchende nicht
die erforderliche Zuverlässigkeit in sittlicher Hinsicht
besitzt, ist hier praktisch ganz werthloS. Da kann nur
die Polizei helfen, indem sie ein bestimmtes Nein
auSspricht.
Kein ernst denkender Mensch wird die Polizeibehörde
tadeln, wenn sie hier besondere Strenge walten läßt.
War man da an hochtrabenden Redensarten gegen sie
aufbieten mag, ist Wind. Wir sind die letzten, welche
die Polizeigewalt und Polizeiwillkür ohne Noth ver-
stärken, aber hier handelt es sich um den Kampf gegen
einen schweren Schaden, gegen Erscheinungen, die nicht
die mindeste Existenzberechtigung haben. Wir sagen
da wieder mit dem Abg. Frhrn. v. Heeremann: „Mag
dies auch einen Sturm der Entrüstung in einem ge-
wissen Theile der Bevölkerung geben, mag man sagen,
wir gingen in unserer Cultur und modernen Entwicke-
lung zurück, ich glaube, wir können dar ruhig auf
uns nehmen."
ag, Pofianfioltkn und unsere Ageuluren
.^llungen auf das „Pfälzer Volksblatt" für
"Morale (September) an. Der Preis ist
Pfennig vom Briefträger frei inS HauS
Macht.
' „Pfälzer Volksblatt" wird jeden SamS-
8 tzoz 8seitige UnterhaltungSblatt
b. Ter EonntagSbole
'gegeben, welcher besonders für die Familie
^wmt ist.
„Wenn Sie erlauben, möchte ich Ihnen denselben noch
einen Augenblick vorenthalten, Herr Pfarrer!"
„Das klingt aeheimnißvoü, aber wie Sie wollen. Sie
sind also geprüft?"
„Ja, ich habe das Diplom sogar bei mir, sowie einige
Empfehlungen von Familien, wo ich Unterricht gab, und
von einem Institut in Amsterdam "
„Wo haben Sie Ihre Erziehung erhalten?"
„In Brüssel, aber für mein Examen habe ich in Hol-
land studiert."
„Und leben Ihre Eltern noch?"
„Nur mein Vater; ich bin sein einziges Kind- Wir ha-
ben bessere Tage gekannt, doch nun ist er bei einer Musik-
schule in Amsterdam angestellt. Um ihn dieser Stellung zu
entheben, habe ich mich entschlossen, mich nach einer Stelle
umzusehtn, die für uns Beide hinreichenden Lebensunter-
halt einbrächte."
„Die Stelle hier ist sehr Vortheilhaft, sie ist noch nicht
vergeben und wenn Ihre Zeugnisse wirklich günstig find,
so glaube ich- daß Ihrs Aussichten die besten sind."
„Das möcht ich sehr bezweifeln, Herr Pfarrer. Es ist
ein sehr großes Hinderniß da, und das ist mein Name."
Sie hatte ein kleines Notizbuch hervorgezogen und
nahm daraus eine Karte, die sie dem Geistlichen überreichte.
Es war noch eine von den Hundert, die sie an ihrem fünf-
zehnten Geburtstage von ihrem Vater erhalten hatte. DaS
Wappen der Doornburg stand oben an und darunter:
Freifräulein von Doornburg.
Die Züge des Priesters drückten lebhaftes Erstaunen
aus. „Ist das Ihr Name?" frug er, sie betrachtend.
„3a, Herr Pfarrer. Haben Sie nie gehört, daß Herr
Adelbert von Doornburg einen Bruder hat?"
„Gewiß. Und Sie sind dessen Tochter? DaS ist ja
merkwürdig! Nun, Sie wissen ia, gleich mir, daß Herr
von Doornburg sich ganz von seinem Bruder zurückgezogen
hat und nie von ihm spricht."
„Das ist gar traurig, Herr Pfarrer." — „Es ist sehr
zu beklagen. Ihr Vater hat seinem Bruder viel zu verdanken
gehabt, obwohl er sich . . . Dies und Jenes gegen ihn
zu Schulden kommen ließ." (Fortsetzung folgt.)
Melders, WM, den 24. AiW 1897.
doch zeitweilig ganz vergessen sieht. Für christlich
empfindende Zuhörer kann es doch kaum unanstößig
sein, den heil. Johannes mit diesem im äs Mels in
Verbindung gebracht zu sehen. Vielleicht hat der
Polizei Präsident daS ebenfalls gefunden, sich für
seine Entscheidung jedoch nicht auf den speciellen In
halt, die Tendenz oder die Form deS Stückes, sondern
auf den allgemeinen Ministerial-Erlaß berufen, um
sich nicht hinterher durch daS Oberverwaltungsgericht
conigirt zu sehen. Nicht s-lten dient ein polizeiliches
Verbot eiwm Stücke ja nur zur Reclome, da eS
durch die Gerichte wieder aufgehoben wird.
In dem vorliegenden Falle können wir kein Ur-
theil abgeben. Wir wünschen auch gar nicht, daß die
Polizei gegenüber der ernst zu nehmenden Dichtung
zu strenge vorgehe, selbst wenn diese Dichtung richt
für jedermann sich eignet Wir sind also keineswegs
geneigt, gleich nach der Cevsur zu rufen. Aber wir
müssen doch wiederholt unsere Verwunderung darüber
auSsprechen, daß die Polizei-Censur so ungleich gehand-
habt wird. Politischen Tendenzen sieht sie äußerst
scharf auf die Finger; religiösen gegenüber ist sie
schon weit nachsichtiger. Biblische Persönlichkeiten
austreten zu lassen, ist doch längst nicht so bedenklich,
aus Religion und Glauben verhöhnen und untergrabe»
zu lassen, wie eS nur zu häufig geschieht. Geradezu
unglaublich aber ist, waS die Polizei in sittlicher Be-
ziehung passiren läßt. Zahlose Dramen, Schaustellungen,
Lieder usw. sind von solcher Schamlosigkeit, daß man
meinen sollte, die Polizei wisse nichts davon. Und
doch hat alles das ihre Censur possirt, die bi» auf
daS obscurste Tingeltangel Local sich erstreckt. Die
gemeinsten Ehebruchs-Komödien werden alljährlich in
Frankreich zusammengesuckt und in Berlin und an-
dern deutschen Städten anstandslos aufgeführt. Im
vorigen Winter gastnte in Berlin längere Zeit eine
Theater-Gesellschoft aus Ungarn mit einer Posse,
die noch dem, waS man davon hört, eine einzige
grobe Obscönität war. In manchen Specialitäten-
Thealern überbieten die Kür stlerinnen einanderin „AuS-
kleide Ccenen." Alle möglichen „berühmten" französi-
schen und sonstigen ausländischen Tingeltangel-Sän-
gerinnen dürfen Abend für Abend unter dem brausen-
den Beifall einer zahlreichen Zuhörerschaft ihre sehr
unzweideutigen Lieder mit eben so unzweideutiger
Mimik Vorträgen. Selbst in den Sommerlokalen vor
den Thoren der Stadt ist man vor den „pikanten"
Vorträgen stimmloser und ehemals schöner Sängerinnen
nicht sicher. Zu allen diesen Dingen hat die Polizei
Ja und Amen gesagt.
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Trägst für WaßrktM, Fmlml L HM.
-die L-Wonatlich KV L mit Trögerlohn, durch l - Rabattbewrlligung.
bezogen Viertels. Ft 1.60 franco._,_Expedition: Zwingerftraße 7.
181.
Theater-Censur.
Polizei.Präsident von Berlin hat die Ge-
k zur öffentlichen Aufführung der Tragödie
Sudermann versagt, weil öffentliche
M ^Sen aus der biblischen Geschichte — daS
- undelt Johannes den Täufer — bestimwungS-
Sitz?. lü-lechthin unzulässig seien. Die Verfügung
i sich uns einen Ministrrial Erlaß vom 8. Ok-
iitz^'5 Darach müssen Darstellungen aus der
^'" Geschichte, namentlich aus der Lebens- und
Geschichte Jesu, um deswillen für unzulässig
Werden, weil solche Darstellungen in einem
«ie " .T.hnl der Bevölkerung Anstoß erregen und
M "bMen Gefühle verletzen würden. Liberale
sitz mit dem Verbot natürlich sehr unzufrieden
Ds>kl "un eine ganze Reihe von Dramen und
ist, „ deren Stoff der heil. Schrift entnommen
^ril überall, insbesondere auch in den kömg-
Skg>b Katern in Berlin, gegeben worden sind und
'itz Kirben. In so fern scheint hier in der That
>tzHt,>s?°rifiquenz vorzuliegen. UnS ist daS Suder-
hst .1^ Slück nicht näher bekannt. Der Verfasser
dtz Mittwoch im engern Kreise vvrgelefen,
tztz.» Presse bestätigt ihm, daß daS Verbot ganz
sei sei. Nichts Frivoles, nichts Blasphemische»
^tsck, ! ^"sichert z. B. die Voss. Ztg., vielmehr
^ott k'bm ein starker sittlicher Ernst. Dasselbe
« Hl" aber, daß es in de» HerodeS Familie
V I,- Mels" zugehe. WaS eS weiter hier-
hier "Heilt, berechtigt zu der Vrrmuthung, daß
andern Stücken Sudermann'S Scencn vor-
Die einzige Tochter. ^^7-
eine Zeit lang links weiter, bis sie an eine
Mr kam, erkundigte fick, dann abermals nach dem
Utsavd sich, nachdem sie dies noch einige Male
. «lücklich auf dlw Markt. Nun war viel ge-
Atze" "iS sie auf einer Tafel las: „Doornburgcr-
ei»?„^"lt sie sich für geborgen. ES war eigenthümlich,
? iitzk»n Namen als den Namen einer Straße wieder
pichen lA'"kr sah sie eine Pumpe, darauf las sie mit
M rw," «uchstabln: „Adelbert-punpe." Etwas weiter
«tzri, w"'Kuchenbäckerladen fielen ihr die großen Buch-
in die Augen. Sogar ber einem Buchhändler
U Wvtogrophesche Porträt ihres Onkels. — „Ich
, si darauf werden, die Nichte eines fo großen
Elüi L 1""-' dachte sie lächelnd.
...Ein sAwar sie am Thor angelangt.
8"ia«r Fahrweg streckte sich vor ihr auS, und tn
sie ein paar Thürme und hohe
Me« . Ihr Herz Pochte; dort war sie geboren, dort
N Rn , Elrern in Reichtbum gelebt, und dorthin kam
M eine Stelle zu suchen- Aber dort war auch
«estorben; Margo sollte die Stelle sehen, wo
U sie ^b Todte vom Pferde gestürzt war. Kein Wunder,
war und eine Thiäre abtrocknen mußte.
Mg L^sber und sah bald, daß sie in einem iunkelnagel-
U der »si'„war. An beiden Seiten des Weges, der einst
NchxrkÄüa Aorente zum Schloß führte, standen nette
^„"Hungen, durch Gärtchen von einander getrennt,
Uge Ui,"'! Villa gestanden hatte, erhob sich eine weit-
Wiche Auf beinahe halbem Wege streckte eine sehr
"'d rm.ssf'Ne krrche die Spitze eben empor, und ein we-
Üand da» Schloß, das nicht verändert schien.
Aelles ber hier früher bekannt gewesen war, mußte
We i.^oanz fremd vorkommen. Margo kannte diese
Me. »Nb "ach dem, was ihr Vater darüber erzählt
D s° bV^ollte bös werden auf Onkel Adelbert, der
Mtzz hadert hatte. Sie ging dem Wege nach und
h,- Archlein im Auge. Sie blieb aber stehen und
"nlen Abhang des Hügel», aber dieser «ar nicht
U'W.Äi.Ä^ Mann «ir Wab'ki'U. Fmlmi L KM.
TLnterdaltunotzblatt .Der Sonntaosbote iur
!k»
elS
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in'Heidelberg.
Hand unter Litera D. M. zu empfangen/
Antwort.
„Al ' ". '
lein! .
anvertraut, eben erst habe ich wieder eine Dame abweisen
müssen."
„Dars ich um Ihren Namen bitten?"
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber m Herdelberg,
Lwingrrstraße 7.
L
K-
k
wthr da und durch die sanfte Senkung des breiten Weges
ersetzt. Seufzend ging sie weiter, bis ihre Aufmerksamkeit
durck ein eisernes Gitter zu ihrer Linken erregt wurde.
Sie näherte sich; durch das Gitter sah man in eine
viereckige Vertiefung, und darin entdeckte sie den Marmor-
stein, den ihr Vater cuf der Stelle errichtet hatte, wo Cä-
cilie vom Pferde gestürzt war. Adelbert hatte das Denkmal
geschont, sie faltete ihre Hände und verrichtete ein kurzes
Gebet für ihre geliebre Mutter und für den guten Erfolg
ihres Schrittes.
Emen Augenblick später stand sie vor der Kirche. Rechts
befand sich ein frisches gelbes Häuschen, durch einen kleinen
Garten von der Straße getrennt: ein Bild des guten Hir-
ten stand über der Thüre, und sie schloß daraus, daß es
die Pfarrerswvhrung sei. Sie klingelte; eine bejahrte Magd
öffnete und auf die Frage, ob der Herr Pfarrer zu Lause
sei, wurde sie in ein hinteres Zimmer verwiesen, da im
Sprechzimmer BesuL sei. Margo trat also in ein nettes
Gartcnzimmer; das breite Fenster ging bis auf den Boden
und gab Zutritt zu einem großen hübsch angelegten Garten.
Ein herrlicher Blumenduft erfüllte das einfach wöblirte
Gemach. Die Sonne spielte durch die Zweige des Obst-
gartens und vergoldete die Blumen des Teppichs. Es war
alles so fröhlich und lenzmäßig, ganz anders als in der
dunklen Amsterdamer Straße. Sie hatte Zeit genug, die
Bilder an der Wand in Augenschein zu nehmen, bis end-
lich die Thüre sich öffnete und der Pfarrer von Doornburg
eintrai.
Er war ein Mann von mittlerem Alter mit einem
freundlichen und Vertrauen erweckenden Gesicht. Nachdem
er sich entschuldigt, baßer sie so lange warten lassen mußte,
erkundigte er sich nach dem Grunde ihres Besuches.
»Ich hatte die Ehre, vorgestern einen Brief von Ihrer
gab sie zur
lh so! Sie lassen nicht auf sich warten, mein Fräu-
Herr von Doornburg Hat mir eine schwere Aufgabe
Vor ein paar Zähren wurden diese Dinge gelegent-
lich im Abgeordnetenhause gestreift. Der Abg. Dr.
Frhr. v. Heeremann verlangte damals, daß die Polizei
ihnen schärfer entgegen trete und bemerkte u. a.: „Ich
glaube, daß alle wohlgesinnten Theile der Bevölkerung
mit mir einverstanden sind, wenn ich sage, daß man
jetzt zu lax in dieser Beziehung ist. Man gestattet in
Utiannlen Stücken die Verhöhnung deS Glaubensund
der Religion, der Ehe und der Sitte in einer solchen
Wei'e, wie es bisher noch meiner Meinung in
Deutschland nicht zulässig gewesen ist. Unser Theater
ist herabgesunken von einer Stätte höherer Bildung oder
geistvoller Anregung zu einer Stätte der Darstellung
von Unsitte und Unfug, von GlaubenSverhshnuug und
Sinnenreiz und subversiver Tendenzen." Der Minister
des Innern, v. Köller, stimmte dem durchaus zu und
versprach, dem „Scandal" nach Krästen entgegen zu
wirken. Sichtbare Wirkungen haben seine Worte nicht
gehabt; eS ist vielmehr inzwischen eher schlimmer als
besser geworden. Wir wollen nicht untersuchen, wer
mehr Schuld hat an der sittlichen Versumpfung deS
Theater», Theaterdirekioren, die um deS Gelderwerbs
willen mit den niedrigsten Mitteln das Publikum an-
zulocken suchen, oder das Publikum, dar zu den an
die niedrigsten Triebe oppellirenden Schaustellungen
in Massen hiuströmt und damit die Theaterdirektoren
immer weiter auf dieser Bahn drängt. Der systema-
tischen Untergrabung der Moralität des deutschen Vol-
kes muß aber mit aller Entschiedenheit entgegengetreten
werden. Die Bestimmung der Gewerbeordnung, daß
die Erlaubniß zum Betriebe einer Schauspiel-Unter-
nehmens zu versagen ist, wenn der Nachsuchende nicht
die erforderliche Zuverlässigkeit in sittlicher Hinsicht
besitzt, ist hier praktisch ganz werthloS. Da kann nur
die Polizei helfen, indem sie ein bestimmtes Nein
auSspricht.
Kein ernst denkender Mensch wird die Polizeibehörde
tadeln, wenn sie hier besondere Strenge walten läßt.
War man da an hochtrabenden Redensarten gegen sie
aufbieten mag, ist Wind. Wir sind die letzten, welche
die Polizeigewalt und Polizeiwillkür ohne Noth ver-
stärken, aber hier handelt es sich um den Kampf gegen
einen schweren Schaden, gegen Erscheinungen, die nicht
die mindeste Existenzberechtigung haben. Wir sagen
da wieder mit dem Abg. Frhrn. v. Heeremann: „Mag
dies auch einen Sturm der Entrüstung in einem ge-
wissen Theile der Bevölkerung geben, mag man sagen,
wir gingen in unserer Cultur und modernen Entwicke-
lung zurück, ich glaube, wir können dar ruhig auf
uns nehmen."
ag, Pofianfioltkn und unsere Ageuluren
.^llungen auf das „Pfälzer Volksblatt" für
"Morale (September) an. Der Preis ist
Pfennig vom Briefträger frei inS HauS
Macht.
' „Pfälzer Volksblatt" wird jeden SamS-
8 tzoz 8seitige UnterhaltungSblatt
b. Ter EonntagSbole
'gegeben, welcher besonders für die Familie
^wmt ist.
„Wenn Sie erlauben, möchte ich Ihnen denselben noch
einen Augenblick vorenthalten, Herr Pfarrer!"
„Das klingt aeheimnißvoü, aber wie Sie wollen. Sie
sind also geprüft?"
„Ja, ich habe das Diplom sogar bei mir, sowie einige
Empfehlungen von Familien, wo ich Unterricht gab, und
von einem Institut in Amsterdam "
„Wo haben Sie Ihre Erziehung erhalten?"
„In Brüssel, aber für mein Examen habe ich in Hol-
land studiert."
„Und leben Ihre Eltern noch?"
„Nur mein Vater; ich bin sein einziges Kind- Wir ha-
ben bessere Tage gekannt, doch nun ist er bei einer Musik-
schule in Amsterdam angestellt. Um ihn dieser Stellung zu
entheben, habe ich mich entschlossen, mich nach einer Stelle
umzusehtn, die für uns Beide hinreichenden Lebensunter-
halt einbrächte."
„Die Stelle hier ist sehr Vortheilhaft, sie ist noch nicht
vergeben und wenn Ihre Zeugnisse wirklich günstig find,
so glaube ich- daß Ihrs Aussichten die besten sind."
„Das möcht ich sehr bezweifeln, Herr Pfarrer. Es ist
ein sehr großes Hinderniß da, und das ist mein Name."
Sie hatte ein kleines Notizbuch hervorgezogen und
nahm daraus eine Karte, die sie dem Geistlichen überreichte.
Es war noch eine von den Hundert, die sie an ihrem fünf-
zehnten Geburtstage von ihrem Vater erhalten hatte. DaS
Wappen der Doornburg stand oben an und darunter:
Freifräulein von Doornburg.
Die Züge des Priesters drückten lebhaftes Erstaunen
aus. „Ist das Ihr Name?" frug er, sie betrachtend.
„3a, Herr Pfarrer. Haben Sie nie gehört, daß Herr
Adelbert von Doornburg einen Bruder hat?"
„Gewiß. Und Sie sind dessen Tochter? DaS ist ja
merkwürdig! Nun, Sie wissen ia, gleich mir, daß Herr
von Doornburg sich ganz von seinem Bruder zurückgezogen
hat und nie von ihm spricht."
„Das ist gar traurig, Herr Pfarrer." — „Es ist sehr
zu beklagen. Ihr Vater hat seinem Bruder viel zu verdanken
gehabt, obwohl er sich . . . Dies und Jenes gegen ihn
zu Schulden kommen ließ." (Fortsetzung folgt.)
Melders, WM, den 24. AiW 1897.
doch zeitweilig ganz vergessen sieht. Für christlich
empfindende Zuhörer kann es doch kaum unanstößig
sein, den heil. Johannes mit diesem im äs Mels in
Verbindung gebracht zu sehen. Vielleicht hat der
Polizei Präsident daS ebenfalls gefunden, sich für
seine Entscheidung jedoch nicht auf den speciellen In
halt, die Tendenz oder die Form deS Stückes, sondern
auf den allgemeinen Ministerial-Erlaß berufen, um
sich nicht hinterher durch daS Oberverwaltungsgericht
conigirt zu sehen. Nicht s-lten dient ein polizeiliches
Verbot eiwm Stücke ja nur zur Reclome, da eS
durch die Gerichte wieder aufgehoben wird.
In dem vorliegenden Falle können wir kein Ur-
theil abgeben. Wir wünschen auch gar nicht, daß die
Polizei gegenüber der ernst zu nehmenden Dichtung
zu strenge vorgehe, selbst wenn diese Dichtung richt
für jedermann sich eignet Wir sind also keineswegs
geneigt, gleich nach der Cevsur zu rufen. Aber wir
müssen doch wiederholt unsere Verwunderung darüber
auSsprechen, daß die Polizei-Censur so ungleich gehand-
habt wird. Politischen Tendenzen sieht sie äußerst
scharf auf die Finger; religiösen gegenüber ist sie
schon weit nachsichtiger. Biblische Persönlichkeiten
austreten zu lassen, ist doch längst nicht so bedenklich,
aus Religion und Glauben verhöhnen und untergrabe»
zu lassen, wie eS nur zu häufig geschieht. Geradezu
unglaublich aber ist, waS die Polizei in sittlicher Be-
ziehung passiren läßt. Zahlose Dramen, Schaustellungen,
Lieder usw. sind von solcher Schamlosigkeit, daß man
meinen sollte, die Polizei wisse nichts davon. Und
doch hat alles das ihre Censur possirt, die bi» auf
daS obscurste Tingeltangel Local sich erstreckt. Die
gemeinsten Ehebruchs-Komödien werden alljährlich in
Frankreich zusammengesuckt und in Berlin und an-
dern deutschen Städten anstandslos aufgeführt. Im
vorigen Winter gastnte in Berlin längere Zeit eine
Theater-Gesellschoft aus Ungarn mit einer Posse,
die noch dem, waS man davon hört, eine einzige
grobe Obscönität war. In manchen Specialitäten-
Thealern überbieten die Kür stlerinnen einanderin „AuS-
kleide Ccenen." Alle möglichen „berühmten" französi-
schen und sonstigen ausländischen Tingeltangel-Sän-
gerinnen dürfen Abend für Abend unter dem brausen-
den Beifall einer zahlreichen Zuhörerschaft ihre sehr
unzweideutigen Lieder mit eben so unzweideutiger
Mimik Vorträgen. Selbst in den Sommerlokalen vor
den Thoren der Stadt ist man vor den „pikanten"
Vorträgen stimmloser und ehemals schöner Sängerinnen
nicht sicher. Zu allen diesen Dingen hat die Polizei
Ja und Amen gesagt.
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Trägst für WaßrktM, Fmlml L HM.
-die L-Wonatlich KV L mit Trögerlohn, durch l - Rabattbewrlligung.
bezogen Viertels. Ft 1.60 franco._,_Expedition: Zwingerftraße 7.
181.
Theater-Censur.
Polizei.Präsident von Berlin hat die Ge-
k zur öffentlichen Aufführung der Tragödie
Sudermann versagt, weil öffentliche
M ^Sen aus der biblischen Geschichte — daS
- undelt Johannes den Täufer — bestimwungS-
Sitz?. lü-lechthin unzulässig seien. Die Verfügung
i sich uns einen Ministrrial Erlaß vom 8. Ok-
iitz^'5 Darach müssen Darstellungen aus der
^'" Geschichte, namentlich aus der Lebens- und
Geschichte Jesu, um deswillen für unzulässig
Werden, weil solche Darstellungen in einem
«ie " .T.hnl der Bevölkerung Anstoß erregen und
M "bMen Gefühle verletzen würden. Liberale
sitz mit dem Verbot natürlich sehr unzufrieden
Ds>kl "un eine ganze Reihe von Dramen und
ist, „ deren Stoff der heil. Schrift entnommen
^ril überall, insbesondere auch in den kömg-
Skg>b Katern in Berlin, gegeben worden sind und
'itz Kirben. In so fern scheint hier in der That
>tzHt,>s?°rifiquenz vorzuliegen. UnS ist daS Suder-
hst .1^ Slück nicht näher bekannt. Der Verfasser
dtz Mittwoch im engern Kreise vvrgelefen,
tztz.» Presse bestätigt ihm, daß daS Verbot ganz
sei sei. Nichts Frivoles, nichts Blasphemische»
^tsck, ! ^"sichert z. B. die Voss. Ztg., vielmehr
^ott k'bm ein starker sittlicher Ernst. Dasselbe
« Hl" aber, daß es in de» HerodeS Familie
V I,- Mels" zugehe. WaS eS weiter hier-
hier "Heilt, berechtigt zu der Vrrmuthung, daß
andern Stücken Sudermann'S Scencn vor-
Die einzige Tochter. ^^7-
eine Zeit lang links weiter, bis sie an eine
Mr kam, erkundigte fick, dann abermals nach dem
Utsavd sich, nachdem sie dies noch einige Male
. «lücklich auf dlw Markt. Nun war viel ge-
Atze" "iS sie auf einer Tafel las: „Doornburgcr-
ei»?„^"lt sie sich für geborgen. ES war eigenthümlich,
? iitzk»n Namen als den Namen einer Straße wieder
pichen lA'"kr sah sie eine Pumpe, darauf las sie mit
M rw," «uchstabln: „Adelbert-punpe." Etwas weiter
«tzri, w"'Kuchenbäckerladen fielen ihr die großen Buch-
in die Augen. Sogar ber einem Buchhändler
U Wvtogrophesche Porträt ihres Onkels. — „Ich
, si darauf werden, die Nichte eines fo großen
Elüi L 1""-' dachte sie lächelnd.
...Ein sAwar sie am Thor angelangt.
8"ia«r Fahrweg streckte sich vor ihr auS, und tn
sie ein paar Thürme und hohe
Me« . Ihr Herz Pochte; dort war sie geboren, dort
N Rn , Elrern in Reichtbum gelebt, und dorthin kam
M eine Stelle zu suchen- Aber dort war auch
«estorben; Margo sollte die Stelle sehen, wo
U sie ^b Todte vom Pferde gestürzt war. Kein Wunder,
war und eine Thiäre abtrocknen mußte.
Mg L^sber und sah bald, daß sie in einem iunkelnagel-
U der »si'„war. An beiden Seiten des Weges, der einst
NchxrkÄüa Aorente zum Schloß führte, standen nette
^„"Hungen, durch Gärtchen von einander getrennt,
Uge Ui,"'! Villa gestanden hatte, erhob sich eine weit-
Wiche Auf beinahe halbem Wege streckte eine sehr
"'d rm.ssf'Ne krrche die Spitze eben empor, und ein we-
Üand da» Schloß, das nicht verändert schien.
Aelles ber hier früher bekannt gewesen war, mußte
We i.^oanz fremd vorkommen. Margo kannte diese
Me. »Nb "ach dem, was ihr Vater darüber erzählt
D s° bV^ollte bös werden auf Onkel Adelbert, der
Mtzz hadert hatte. Sie ging dem Wege nach und
h,- Archlein im Auge. Sie blieb aber stehen und
"nlen Abhang des Hügel», aber dieser «ar nicht