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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juni 1897
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Nr. 130
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0537

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Verantwortlicher Redakteur:
JosephHuber in Heidelberg.

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Juni
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General-Versammlung des Kath. Lehrer-
Verbandes des Deutschen Reiches und
Enthüllung des Kellner-Denkmals.
Wie alljährlich so versammelten sich auch in diesem
^ahre Deutschlands katholische Lehrer zu Pfingsten
>x Heiligenstadt, um Heerschau zu halten, sich zu er-
muntern und zu stärken im Geisteskampfe der Zeit
für Gott, König und Vaterland. D e diesjährige
General Versammlung gewinnt aber um so größere
Bedeutung, als mit ihr die Feier zur Enthüllung des
Denkmals für Dr. Lorenz Kellner ver-
Milden ist. Der Verband will durch Errichtung
^UeS Denkmals einen Mann vor aller Welt ehren,
xer sein ganze- Leben im Dienste der katholischen
«chule fruchtbringend verbracht hat, als ein leuchten-
der Vorbild für alle, die der Erziehung unv dem
Merrichte deS Volkes dienen. DaS beste Denkmal
Mt sich dieser wahrhaft katholische Pädagoge selbst
gesetzt durch seine im Dienste der katholischen Wahr-
M stehenden pädagogischen Schriften, die noch dann
««ter wirken werden, wenn die Erinnerung an seine
Wehende Persönlichkeit längst vergessen ist. Dauernde
Ehrenmale aber hat ihm auch schon die dankbare
'»thotische Lehrerwelt gesetzt in Form von Stiftungen
in Form von Erz und Stein. A« der West.
Aknze des deutschen Vaterlandes, im Trierischen
Mnde, haben dankbare Verehrer des Verstorbenen
t?

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrstraße 7.

Leidvoll und srrudvoll.
Novelle von L-v. Neid egg.
In stet- wachsender Erregung hatte er gesprochen;
We Augen leuchteten, seine Stimme klang siegesbewußt.
-Milch schien er sich zu besinnen, fuhr sich mit der Hand
Uer die Stirne und sprach: .Doch ich werde declamato-
! Entschuldigt mich, meine Lieben, und seht darin nur
M Beweis, wie festgegründet mein Entschluß ist. Gräfin!
Me Cousine! Ich lese eS in Ihren Augen: was auch Al-
Ad denken möge. Sie geben mir Recht. Nun helfen Sie
Mr auch und sagen Sie mir, wo ich Anna finden kann."
„ .Freilich gebe ich Ihnen Recht, Recht gegen alle Welt,
§kcht sogar gegen Alfred,* sagte die Gräfin gerührt. „Wo
5»«a sich aufhält, kann ich Ihnen aber nicht sagen. Sie
starrte sich hartnäckig, mir auch nur anzudeuten, wohin
"r sich begeben wolle."
.Und Sie haben nicht darauf bestanden, es zu erfahren ?"
!. .Mein Gott, einem festen Willen habe ich mich noch
Mer unterworfen — in diesem Falle ist es Auna'S Wille
Mesen."
..Können Sie mir denn gar keinen Wink geben, keinen
Maltspunkt'? Können Sie mir nicht sagen, wo sie lebte,
sie zu Ihnen kam?"
»Leider kann ich auch da- nicht, Robert. Aengstlich
Mied sie, ihre Verhältnisse zu berühren, und da ich
"Ine, wie traurig diese gewesen, achtete ich ihr Schweigen."
k.,,.Wann ist sie abgereist ?" fragte Tiefenbach ungeduldig
Mer. „Sagten Sie nicht: vorgestern'? Weshalb bekam
den Brief so spät? Viel kostbare Zeit ging verloren l"
»Anna wollte den Brief mit nach der Bahnstation
»Men, wodurch er Ihnen viel später »ukommen mußie.
Miß lag da» mit in ihrem wohl durchdachten Pl ine,
Mrloz auS Ihrem Gesichtskreise zu entschwinden. Arme
Mal' Und wieder stahlen sich Helle Thränc» aus den
Me» der mitleidigen Gräfin.
Nachdenken verloren, stand Tiefendach da. Graf
Merbrunu, der wie geistesabwesend dagesessen und in
Zuschriften geblättert hatte, blickte plötzlich auf.

Die Generalversammlung des katholischen Lehrer-
BerbandeS begann am 7. d. Nachmittag mit der ersten
Sitzung des Vorstandes und der Delegirten des kath.
Lehrerverbandes im RathhauSsaale. Der zweite Vor«
sitzende (JasinSki-Neufahrwasser) begrüßte die erschie-
nenen Delegirten mit herzlichen Worten. Hr. Seminar-
lehrer Breitenstein bewillkommnet die anwesenden
Lehrer im Namen der Stadt Heiligenstadt. Der Bor«
sitzende gibt sodann Kenntniß von den ringegangene«
Schreiben. Der Oberpräsident der Provinz Sachsen
und der Regierungspräsident von Trier lassen ihr
Fernbleiben entschuldigen. Der Herr RegierungS-
Präsident in Erfurt hat Hrn. Seminardirektor Schul-
rath Dr. Weiß Hierselbst zu seinem Vertreter bestellt.
Begrüßungsschreiben liegen vor vom Provinzialverein
Posen und vom katholischen Lehrerverein Bayern. An
den Kaiser wurde folgende- Ergebenheitstelegramm
gesandt : „Ew. kaiserlichen und königlichen Majestät
legen die zur Feier der Enthüllung de- von de»
deutschen katholischen Lehrervereinen errichteten Kellner-
Denkmals und zur Abhaltung der siebenien General-
Versammlung de- Katholischen Lehrerverbandes deS
Deutschen Reiche- in Heiligenstadt versammelten Leh-
rern und Schulfreunde da- unterthänigste Gelöbniß
unwandelbarer Treue und Hingebung an die erhabene
Person und da- angestammte Herrscherhaus ehrfurchts-
voll zu Füßen mit der Versicherung, die Pflege dieser
Gesinnung in den Herzen der Jugend allezeit und
unentwegt al- heilige Pflicht ihre- Berufes betrachten
zu wollen." An den CultuSminister wurde folgende
Depesche abgesandt: „Die heute und morgen in
Heiligenstadt zur Abhaltung der siebenten General-
Versammlung des Katholischen Lehrerverbandes des
Deutschen Reiche- und zur Enthüllung de- Kellner-
Denkmals versammelten Lehrer und Schulfreunde
entbieten Ew. Excellenz ehrfurchtsvollen Gruß mit
gleichzeitigem Ausdruck pflichtschuldiger Ergebenheit,
freudiger Dankbarkeit und vollsten Vertrauens." Wei-
tere Telegramme wurden gerichtet an den hochw. Hrn.
Bischof Hubertus in Paderborn, den Oberpräsidenten
der Provinz Sachsen und den Regierungspräsidenten
in Erfurt.
DaS von dem Herrn Lehrer Görgen und Kreis«
schulinspektor Leineweber verfaßte Werk Dr. Lorenz
Kellner nebst einem ErinuerungSblatt an die 7. Ge-
neral-Versammlung des Katholischen Lehrerverbandes
der Deutschen Reicher gelangte zur Vertheilung. Bei
der Berathung der auf der Tagesordnung stehenden
Anträge wird zunächst über einen Antrag des Ver-
eines Hildesheim betreffend Gründung einer täglich

lich und gesund es dadurch war, so brachte diese Abge-
schiedenheit für die geschäftige Hausfrau doch manche Un-
bequemlichkeit mit sich. Außerdem rief sie bei ihr stete Vi-
sionen von Räubern und Einbrechern hervor.
Am Ausgange des geräumigen Gartens befand sich ein
winziges einstöckiges Häuschen, ehemals eine Tärtnerwohn-
ung, welches der speculative Sinn der Hofräthin zu einer
möblirten Miethwshnung für Sommergäste hatte Herrichten
lasse». Die Spekulation hatte sich aber als verfehlt erwiesen,
und seitdem grollte Frau Roß ihrem Manne noch mehr
wegen seiner, wie sie eS nannte, wahnwitzig verschrobenen
Idee, außerhalb der Stadt sich niederzulaffen- Nur zwei
Zimmerchen, die Hälfte der kleinen Hauses, hatten eine»
Miether gefunden, eine Wiitwe, die bessere Tage gekannt
hatte. An dieser, von Melancholie geplagten schüchternen
Frau fand die Hofräthin weder Trost noch Stütze. Im
Gegentheil diente die Schwarzseherei der einen dazu, die
Aengstlichkeit der anderen zu erhöhen.
An stürmischen Tagen ganz besonders pflegte Frau Roß
in Aufregung zu gerathen. Sie sah im Geiste ihren Garte»
durch die Elemente verwüstet, die Bäume entwurzelt, sich
selbst und die ihrigen von Räubern geknebelt, ausgeraubt,
ermordet sogar, ohne daß eine Menschenseele sich ihrer an-
genommen hätte, da ja das Heulen des Sturmes alle
Hülferufe übertobte. Zn solche düstere Ahnungen versenkt,
saß sie auch an jenem Tage da, den Strickstrumpf in der
Hand.
Da ertönte plötzlich laut und schnell die Hausglocke.
Die Hofräthin fuhr förmlich in die Höhe.
»Halb elf Uhr beinahe!' schrie sie auf. „WaS kann da-
sei, ? Gewiß Diebe''
Der Hofrath sah von dem Buch auf, worin er la» und
lachte. »Aber Fanny." beruhigte er sie, „wo denkst Du hin?
Ein Dieb wird nicht an der Glocke ziehen und dadurch
alle» auf sein Kommen aufmerksam mache»; der steigt leise
durch irgend ein Fenster ein."
(Fortsetzung folgt.)

Welvrrg, MU dm 11. Imi 1897.
einen Verein zur Gründung einer Dr. Lor. Kellner-
Stiftung behufs Unterstützung der Ausbildung von
Kindern katholischer Volksschullehrer zu irgend einem
Lebeusberufe in- Dasein gerufen und ein Kapital von
8500 Mark gesammelt, da- verzinslich angelegt ist
und hoffentlich noch durch manche Gabe vermehrt
werden wird; im Osten des Vaterlandes, in West-
preußen, gründete man eine Kellner-Stiftung deS
Verbände- der katholischen Lehrer Westpreußen- zur
Unterstützung von Lehrer-Wiitwen und -Waisen. DaS
Stammkapital beträgt gegenwärtig 2162 Mark. In
der Mitte de- preußischen Staates wird man nun
dem edlen Vaterlands- und Volk-freund, der .seinem
König" — trotz der verlockendsten Anerbietungen
„nicht untreu werden wollte", ein Denkmal aus Stein
und Erz setzen, um auch der Oeffentlichkeit zu zeigen,
wa- Kellner uns war und bleiben wird.
Wenn der bescheidene Mann die Begeisterung
dieser Tage schauen könnte, so würde er gewiß sagen:
„WaS h abe ich gethan, d aß Ihr mich so
ehrt? Ich that doch nur meine Pflicht
— und mir habe ich selbst nie genug ge-
than." Daß man ihm ein Denkmal setzen werde,
das wurde freilich schon zu Lebzeiten desselben ausge-
sprochen, und als er das zeitliche gesegnet hatte, da
hat der rühmlichst bekannte Ehrendomherr und
Seminar-Direktor Niegentiet in Metz in der Kölni-
schen Volkszeitung die deutsche Lehrerschaft aufgefor-
dert, das Gedächtniß ihre- „treue st en Freun-
des" in würdiger Weise zu ehren. Die Kathol.
Schulkunde und die Dürken'sche Katholische Lehrer-
zeitung regten denn auch sofort diesen Gedanken an
und Ende 1895 entschied der Vorstand der Katho-
lischen Lchrerverbandes: Kellner soll ein Denkmal haben.
DaS Jahr 1895 brachte keine wesentliche Förderung der
Denkmal-fache, aber am 22. u. 23. Februar 1896 ent-
schied der BerbandSvorstand in einer zu Berlin abge-
haltenen Sitzung: „Die Errichtung einer Kellner-
denkmal- in Heiligenstadt soll unverzüglich in Angriff
genommen werden. Die Enthüllung soll im Anschluß
an die Verband-Versammlung 1897 stattfinden." Die
Ausführung wurde dem Bildhauer Hrn. Arnold Künne
(Berlin) übertragen, und als Standort wurde der
freie Platz vor dem neuen Seminar in Heilizenstadt
bestimmt. ES steht nun vor uns, in jeder Beziehung
ein Kunstwerk. ES besteht aus einer Bronzebüste auf
grauitnem Sockel. Die Gesammthöhe beträgt 5 Meter,
wovon 1,»n Meter auf die Büste kommen. Am Dien-
stag ist die Hülle gefallen und die Betheiligung war
eine sehr große.
„Du bist ein Thor, Robert — ein edler Narr vielleicht,
aber doch ein Thor. Ich muß jedoch bekennen, daß ich Dich
nicht geringer achte um dieser Thorheit willen."
Gleichwohl sah sich Hollerbrunn nicht bemüßigt, den
Vetter an den Polizei-Commissar zu verweisen, von dem
vorauszusetzen war, daß er Anna's Spur nicht verloren.
Der Graf war eben ein Weltmann, und weltlich gesprochen,
blieb diese Heirath eine Art Selbstmord, ein unkluger
Streich wenigstens. Er wollte keinen Theil daran haben-
Mochte Tiefenbach sich zurechtfinden, wie er konnte; mit
der Zeit werd- er ihm noch danken für seine Zurückhaltung
dachte er bei sich.
Ein paar Minuten später fuhr Tiefenbach fort und so-
gleich zum Bahnhof, auf welchem Anna eingestiesen war.
Die Station war ein Kreuzungspunkt, der Verkehr daher
ein reger. Nach den verschiedensten Richtungen hatten am
vorgestrigen Abend junge Damen Billete gelöst; auf keine
jedoch wollte das Signalement paffen, das Tiefenbach den
Eisenbahnbedienfteten gab. Es schien ganz unmöglich, da»
Dunkel zu erhelle», in welches Anna sich freiwillig gehüllt
hatte. Entmuthigt kehrte der Graf nach seinem Heim zurück,
da» ihm nun ganz verödet schien.
14.
Hofrath Roß hatte mit den Seinen zu Abend gegessen
und die ganze Familie saß nun im Wohnzimmer um den
runden Tisch versammelt. Eine Hängelampe verbreitete
eine freundliche Helle in dem kleinen Bemach, das um so
behaglicher erschien, als die Elemente in wildem Aufruhr
das Hau» umtobten, die reizbaren Nerven der Frau Hof-
räthin bedenklich erschütternd. Der Tag war ausnehmend
heiß gewesen, am Nachmittage hatte dann ein Gewitter
die ersehnte Abkühlung gebracht. Seitdem aber stürzte der
Regen hernieder und schoß wie ein Wasserfall über das
Dach de» Hauses. Der Donnerschlag ließ die Hofräthin ihr
Strickzeug mit einer trostlosen Geberde in den Schoß sinken,
sie bekreuzigte sich und warf ihrem Manne einen so vor-
wurfsvollen Blick zu, al» habe er die Gefahr, in der sie zu
schweben glaubte, über sie herabbeschworen.
DaS HauS des, Hofraths lag etwas abseits der kleinen
Stadt, mitten zwischen Gärten und Weinberge«. Sr freund-
 
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