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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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April 1897
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Nr. 80
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0333

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Welkers, MW, km 9. AM 1897,

Druck,"Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heioelbei

lberg,
Zwingerftraße 7.

Verantwortlicher Redakteur:
I off ep h Huber in"H eidelberg.

tSglich mit Ausnahme der Sonn- u. _ Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
^^onvemevttzprets mit dem wrchent. 10^, Reklame25.^>. Für hiesige Geschäfts-und
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^lvelberg monatlich KV H mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung.
Post bezogen viertelj. ^l> 1.60 franco_ Expedition: Zwingerftraße 7.


den ersten Tagen des neuen öster-
reichischen Reichsraths.
Es sei uns verstattet, aus den ersten Tagen des
, »en ReichSratheS eine Reihe von einzelnen Zügen
..v^zuheben, welche für nie künftige Entwickelung
Ht bedeutsam werden dürften.
b Daz erste Ereigniß in Bezug auf Partcigruppirung
Uebertritt der Reste der ehemaligen
Ä^vativen Partei, soweit sie aus Volksvertretern
^"Ht, in die katholische Volkspartei,
ieigt sich in diesem Vorgänge klar, wie recht die-
Aen hatten, welche — im Gegensatz zum feudal-
M'^bativen „Vaterland" — die meisten Abgeordneten
^'Katholischen Wahlbezirke in den Alpenländern als
kickt Zugehörige der katholischen VolkSpartei, und
der ehemaligen conservativen Partei, zähllen.
braucht sich nur zu erinnern, daß im letzten
!e»k - katholische VolkSpartei aus dem con-
- ."atwen Club sich abzweigte, um der Regierung->
8e durch D.ck und Dünn (infolge des ClubdruckeS
b/. konservativen Feudalen) sich zu entziehen, —
ri», ö" denken, wie d^r ganze diesmalige Wahlkampf
^Wirkliche Volksbewegung war, um das Endresultat
Entwickelurg zu begreifen. Zwar versuchte eine
L.,, rheit den Uebertritt zu verhindern, aber Graf
^tihayn konnte gegen diese naturgemäße Strömung
avfkommen. Die katholische VolkSpartei zählt
oz Zo Mitglieder, eS scheinen einzelne Verschieb

Für das Weite Guartal 1897
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'e täglich erscheinende Zeitung
Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Tountags-
sowie unsere Expedition Heidelberg
"^iagerstraße 7 entgegen.
Expedition des „Pfslxrr Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.

Nach langen Jahren.
(Schluß.)
Hie,, 7^ «och immer war ich zu keinem Entschlüsse gekom-
«r 4„"le ich die Sache anfangen sollte, ohne ihr durch die
der j""eräug zu schaden; denn ihr Anblick brachte mir wie-
tzj- -'.Aunnerung, wie wenig sie werde ertragen können,
brach endlich da- Schweigen:
Win, Hannah, erzählen Sie mir doch von ihrer Reise."
dk„ W wate, ich sei abgerufen worden, um mit Jewan-
kiike-.."menzukommen, den wiederzusehen ich schon nicht
ftvk k»dvfft habe. Die Freude und tleberraschung sei so
'R n,'"bsen, und daran knüpfte ich die Bemerkung, daß
«»lb „Mwartete, selbst wenn es noch so erwüischt sei, doch
M «v. r^cke und daß es viel b ss r sein würde, wenn
l^.mchen Alles vorbereitet träfe- Sie antwortete da
Mit^ .^tcher Ruhe, daß ich wohl sah, sie legte meinen
KG ^.keinerlei Beziehung bei, und das beunruhigte mich
Mer kn» versuchte ich es auf anderem Wege. Auch
vir, "ne kleine angenehme Ucberraschung, sagte ich,
Ne Mrmgton werde roch diesen Abend eintreffen. Ich
>k M London getroffen und von »hm gehört, daß er
flick »Mtsangelegenhelten mit Mylady spreche« müsse,
iikliea entgegnete sie wieder ganz ruhig, daß sie sich
Äge»«."de, ihn zu sehen, er sei immer gut und liebevoll
"e gewesen.
duz ZA. das ist er," sagte ich, und mußte mich anstrengen
«ich rjUen meiner Stimme zu unterdrücken; „und er hat
st s°! gegrämt um Ihretwillen. Noch gestern meinte er,
H-r seltsam, daß sich keinerlei Spur gefunden habe.
D ihm immer wieder die Hoffnung an."
legte sie die Hand auf meinen Arm und sagte:
Krn Ni' w«e können Sie von Hoffnung sprechen! Ver-
.M Ein schweres Leed, weil ich es schweigend
v"uen Sie nur so grausam sein?"
Win begrub den gesenkten Kopf in ihren Händen.
..ikllikn « ück auf die UH-; es war um sieben, m zehn
klhig »5 ^"«len sie zur Stelle sein. Ich wollte weiter-
oer Vorbereitung, aber wieder sprach sie zuerst.

Zwischen der katholischen Volkspartei (Vertreter:
Baron Dipauli und Dr. Ebenhoch) und den Christ-
lich socialen (Vertreter: Dr. Lueger, Fürst Al. Liechten-
stein, Dr. Geßmann) haben Besprechungen stattge-
sunden, welche, wie vorauszuseh»n war, ein gemein-
sames Vorgehen in einer Reihe von Fragen ergaben,
Die Christlichsozialen, welche ihre Plätze
auf der äußersten Linken festgehalten haben, zählen
aus den eigenen Reihen 30 bis 32 Abgeordnete. Ein
für sie hochbedeutsames Ereigniß hat sich soeben voll
zogen. Es mußte allen denen, welche in den Wochen
vorher immer und immer wieder die Gerüchte von dem
Anschluß der in Galizien g-wählteu Anhänger Stoja-
lowski's, sowie der Alldorten gewählten drei Mit-
glieder der polnischen Volkspartei an die Sozialdemo,
kraten gelesen hatten, schon auffallen, daß bei dem
ersten Zusammentritt des Reichsraths der bekannte
christlich-sociale Führer Dr. Geßmann diese polnischen
Abgeordneten in den Saal geleitete. Nun konnte
derselbe christlich-soziale Führer am 31. März seinem
Club die Mittheilung machen, daß die Gruppe der
unabhängig»» galizischen Abgeordneten, bestehend aus
drn Mitgliedern der polnischen Volkspartei, den An-
hängern StojalowskiS und den unabhängigen Ru-
thenen, die Absicht habe, mit der „Christlich-sozialen
Bereinigung" in einen so engen Contrakt zu treten,
daß beide Gruppen im Parlament als ein Club er-
scheinen, der dann, 40 Mitglieder stark, in allen Aus-
schüssen eine Vertretung erhielte. Dieser Plan ist nun
in der Weise zur Thatsache geworden, daß die unab-
hängigen Abgeordneten aus Galizien sich als eigener
christlichsccialer Club constituirt haben, dabei aber das
Zusammengehen mit den deutschen Christlichsociälen
nach der Versicherung der „R ichSpost" in weiteren
Kreisen gesichert ist. Besonders erbost über diesen
Zusammenschluß sind die Sozialdemokraten, denen die
F.lle flußabwärts getrieben sind, und der eigentliche
Polenclub, weil derselbe sür seine Herrschaft fürchtet.
Man sieht sofort, wie bedeutungsvoll solch' ein Zu-
sammengehen für die Thätigkeit im Parlament sein
wird. Aber hinter einer solchen Fühlungnahme stehen
noch ganz andere aussichtsvolle Erwartungen. Durch
den Anschluß an die christlich-sozrale Partei erhalten
diese kleinen Gruppen eine feste Stütze, aber auch
ihre bestimmte politische und, worauf Schreiber dieser
noch mehr Werth legt, ihre bestimmte Richtung in
den religiös-sittlichen Fragen des öffentlichen Lebens,
ein christliches Programm.
Was dies bedeutet, wird am besten klar, wenn
man den Gegensatz zwischen Anschluß an die sozial-
vergeben Sie mir, Hannah, aber Sie können nicht
ahnen, wir schwer ein solcher Schmerz ist- Ich habe ernst
gerungen, um zur Ergebung zu gelangen, aber noch kann
ich von Hoffnung nicht sprechen hören."
„Theuerste gnädige Frau," sagte ich, „ich würde auch
nickt davon sprechen, wenn kein Grund dazu vorläge- Aber
solche wunderbare Fügungen kommen vor. Verlorene kehren
zurück und Todte werden am Leben gefunden.
In dem Augenblick ließ sich das Rollen von Rädern
vernehmen und mein Herz hämmerte laut. Mylady sah
mich an und in ihren Augen leuchtete es unheimlich.
„Hannah," sagte sie in beinahe wildem Tone, „Tie
wissen etwas — Sie haben etwas von meinem Kinde ge-
hört . . ."
Das Rollen kam näher und näher — jetzt hielt es
inne. Ich beugte mich über sie und sagte sanft:
„Ich weiß in der That etwas, etwas Hocherfreuliches.
Der Knabe ist nicht ertrunken, er lebt und ist gesund."
Ich schaute auf, zwei Gestalten erschienen in der offe-
nen Thür-
„Da ist er, theuere Frau, nehmen Sie ihn wieder,
sprechen Sie zu ihm."
Mit einem durchdringenden Schrei sprang sie empor
und Mr. öarrmaton legte ihr den Knaben in die Arme.
Nun trat eine Sekunde liefen Schweigen« ein, und als
Mylady aufblickte, trug ihr G,sicht einen fast geisterhaften
Ausdruck. „Wo bin ich?" sra fte sie leise; lebt er ? lebe ich?
Sagt es mir noch einmal!" wiederholte sie.
Und dann warf sie sich über ihn mit leidenschaftlichen
Küssen und verzehrenden Blicken, die sich nicht losreißen
konnten von dem blühenden Kind:santlrtz Plötzlich rief sie:
„Wie ging das zu? Erzählt mir doch — o, ich sterbe."
Ich fing sie auf, fast leblos sank sie iu meine Arme.
Nachdem wir sie auf das Ruhebett gelegt und wieder
zum Bewußtsein gebracht hatten, flüsterte ich Mr. Har-
rington zu, es sei wohl das Beste, sie mit dem Kinde allein
zu lassen. Wir schlichen hinweg und warteten im oberen
Zimmer nicht ohne Angst. Nichts rührte sich. Nach einiger
Zeit ging rch wieder leise an die Thür und warf einen
Blick hinein. Die Mutter lag noch wie vorher da, aber

demokratische oder an die christlichsoziale Partei inS
Auge faßt. Damit haben dann diese polnischen Volks-
bewegungen zur Beseitigung der polnischen Adelsherr-
schaft den christlichen Charakter gewonnen u. bewahrt
und es ist die Gefahr des Abdrängens der politisch-
radikaleren Richtung in einen Gegensatz auf religiösem
und kirchlichem Gebiet wenigstens bedeutend verringert.
Es hat letzterer Punkt insbesondere bei den Ruthenen
großen Werth. Mit diesem Anschluß an die Christlich-
sozialen hängt jedenfalls auch en Aufruf zusammen,
den der christlich soziale Pfarrer Eichhorn in Nußdorf
(bei Wien) zu Sammlungen für den srftpendirten
polnischen Priester Stojalowski erläßt, damit derselbe
mit Mitteln zu seiner Romreise für Führung seiner
Sache beim hl. Stuhle selbst versehen werden könne.
Die Aussichten der christlich-sozialen Partei stehen
somit recht günstig und wäre eiu Emleben dieses
Bündnisses und künftige Erfolge deSsilben in Galizien
sehr zu begrüßen.
Auch ein „Cent rum" hat sich im österreichischen
ReichSrath gebildet. Freilich sind es nur 6 Mann,
denen der Anschluß an die kathol. Volkspartei nicht
nach Geschmack war (den Grund geben schon die Stan-
deStitel), die aber auch dem conservativen Großgrund-
besitz sich nicht anschließen wollten. Es sind die
Herren Abgeordneten Abt Baumgartner, Erzabt Dungl,
Graf Julius Falkenhayn, Graf Haugwitz, Frhr. v.
Hayden und Abt Treuinsels. Abt Tieuinfels wird
freilich einer Neuwahl zum Haus sich unterziehen
müssen, da der Abt von GrieS, nachdem er schriftlich
seine Stimme eingeschickt hatte, noch vor dem
Wahltag starb. Böse Stimmen behaupten außer-
dem, daß der Abgeordnete sich selbst seine Stimme
zugewendet habe (er wurde mit 6 gegen 5 Slimmen)
gewählt.
Weiterhin recht wichtig für die künftige Entwick-
lung kann die Nachricht werden, daß am 31. März
die südslavischen Abgeordneten mit den drei katholischen
Ruthenen und den Czechen Sgramek und Stojan eine
Besprechung abhielten, die auf Vereinigung dieser ver-
schiedenen slavischen Elemente auf katholischem Boden
abzielte. In dem Statutenentwmf war eine große
Vereinigung, eine katholisch-slavische Volkspartei, in
Aussicht genommen. Die Gründung des Clubs darf
als gesichert betrachtet werden; es wird sich vor allem
noch um den Beitritt der kroatischen Abgeordneten
handeln; ihr Eintritt würde den Club auf ca. 40
Mitglieder stellen. Es entstünde dann eine weitere
Stütze der bisherigen Christlichsozialen und der kath.
deutschen Volkspartei.
ein strahlendes Lächeln lag auf ihren toften, blassen Zügen
und sie lauschte andächtig der leisen Erzählung des Knaben,
welcher neben ihr saß und dem sein Verwandter unterwegs
das Nothwendigste über seine Vechäl n fse und Schicksale
mitgetheilt hatte. Noch zweimal kehrte ich zurück- Da« eine
Mal lag der Knabe schlafend in ihren Armen und sie be-
trachtete ihn mit entzückten Blicken, das andere Mal war
auch ihr Haupt in die K ssen zurückgesunken, und sie ath«
mete ruhig.
So ließen wir sie die Nacht bei einander, und am an-
dern Morgen erwachte sie zwar bleich, aber mit einem
Lächeln auf den Lippen und einem Glanz in den Augen,
wie ich es seit Jahren nicht gesehen hatte. An demselben
Morgen wurde ein Brief für mich abgegeben. Ich las:
„Sie haben zuletzt triumphirt, aber ich genoß doch
lange Zeit Rache für alte Ungerechtigkeiten und Kränk-
ungen. Nach Ravensbourne kehre ich nicht zurück, Sie wer-
den nie mehr von mir hören- 3. R."
Als ich meiner Herrin diese Zeilen zeigte, sagte sie
nur, daß sie glücklich sei und ihm verzeih-, da ste ihren
Knaben wieder habe.
Einige Wachen nach diesen Vorgängen übersiedelten
wir alle wieder in das Herrenhaus. Um des Namen» der
Familie willen wünschte Mylady, daß ron all.« diesen
Dingen so wenig als möglich gesprochen werde. Und so
erfuhren die Leute im Dorfe nie ger au, was eigentlich ge-
schehen war. Vierzehn glückliche Jahre verlebten wir noch
mit einander, dann starb die hartgeprüfte Frau in ihrem
Besitzthume und ihr Sohn saß an ihrem Bette- Darauf
bezog ich das Wächterhäuschen, denn Herr Gerald meinte,
ich dürfte nicht mehr arbeiten. Wöchentlich einmal be-
suchte er mich, so oft >r in Ravensbourne ist. Sally We-
ston begleitete mich. Sie war von Mylady erzogen wor-
den und wir beide waren die erklärten Lieblinge der Herrin.
In ihrer Gegenwart durfte nie von vergangenen Zeiten
gesprochen werden.
Ich denke, es muß etwa acht Jahre nach unserer Rück-
kehr nach Ravensbourne gewesen sein, als ein Brief mit
fremder Handschrift aus Amerika einlief. Ein Hinterwäld-
ler berichtete darin, daß einer seiner Kameraden gestorbe
 
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