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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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August 1897
DOI Artikel:
Nr. 175
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0717

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pfcher Volksblatt

I. Ms.

Welbrrg, WMWg, dm 5. AWkl 1897.

rg.

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Druck, Verlag u. Erp
Geb r. Huber in Herd
Zwingrrstraße 7.

dem 1. Autzust begann ein
zweimonatlicher Bezug
(August uvd September)
das täglich erscheinende
"Pfälzer Bolksblatt."
o drstellunge« nehmen alle Postanstalten und
«dbriesträgrr, sowie unsere Expedition Zwingrrstraße
entgegen.

war vor den Nischentragsteiuen, und diese wurden denn
auch gewählt unter Vernichtung der bereit- ausge-
führten schönen Schosch'schen Konsolen, deren Vorder-
seite abgeschlagen werden mußte. Zum Verarbeiten
der Verzierungen der alten Konsolen mit den neuen
Vorbei flächen hat man sich gar keine Zeit gelassen,
man hielt eS wohl nicht der Mühe werth u. begnügte
sich damit, die neuen, seitlich kaum bearbeiteten Stücke
mit Eisenklammern an die alten anzuflickeu.
DaS Vorsitzen eine- andersfarbigen Materials
vor die Schoch'schen rothen Tragsteine war wohl von
Götz nicht ohne Absicht gemacht. Zur Erhöhung der
Wirkung seiner Figuren war die Fortführung der
Materialfarbe derselben bei den Tragsteinen bezw.
Schrifttafeln günstig. Die verstümmelten, anders-
farbigen Reste der alten Tragsteine sind dabei von
unten kaum bemerkbar. Bei den Nischen der Zwerch-
häuser ist die pikante Anordnung des UeberschneidenS
der Figurenstandflächen und ihres Erhebens über die
Fensterbänke verlassen; jene stad tiefer als diese ge-
rückt, wobei dann die Figurenköpfe, ebenso wie im
untersten Geschosse, nur wenig über den Mittelpunkt
der Nischenhalbkugel sich erheben, während sie in den
beiden Hauptgeschossen über den Mittelpunkt hinaus-
gerückt sind.
Weitere Eingriffe in die Schosch'sche Architektur
erlaubte sich Götz, indem er die Ornamente u. Rund-
stücke aus den Giebelfeldern der Fenster beseitigte u.
durch weit hervorragende Köpfe ersetzte. Dasselbe
führte er auch beim Friese des DachgesimseS aus.
Mehr Leben und Relief ist dadurch wohl in die Fa-
cade gekommen, die Haltung der Fenster aber ist ge-
genüber denen der Nordseite aus dem Gleichgewicht
gebracht worden. Der vortretende Kopf wirkt etwas
brutal gegenüber der sonstigen Feinheit der Fenster-
umrahmung. Die großen Wappen rechts und links
der obersten Fenster der Zwerchhäuser sind ein nolh-
wendiger Schluß und ein AuSklingen der Ausschmück-
ung der unter« n Stockwerke. Sie waren wohl auch von
Meister Schoch g'Plant, da die großen leeren Flächen
in der Fscadenkiönung sich mit dem Reichthum der
unten liegenden Theile nicht vertragen hätten. Ihre
Foimsprache ist aber die des Meisters Götz.
Bei dem „Maßnehmen an Ort und Stelle" für
die Figuren und Köpfe scheinen die Bildhauer nicht
in allen Fällen besonders sorgfältig zu Werke gegan-
gen zu sein. Auch scheinen sie an den vorhandenen
Nischen nicht viel auSprodirt zu haben u. beim Auf-
stellen und Einsetzen haben sie dann lieber an der Ar-
chitektur so viel weggeschlagen, wie sie an ihren Wer-

NestMriitiomirbeitm am HeidNdrrgrr
Schloß.
ix E Centralblatt der Bauverwaltung (Wilhelm
und Sohn, Berlin) veröffentlicht Dr. Josef
h "^'Karlsruhe einen Aufsatz über die Ausschmückung
L^.Hoffocide vom Friedrichsbau des Heidelberger
dem wir die folgenden interessanten AuS-
^nehmen, die sich auf die bekanntlich jetzt
„«^Nachahmungen zu ersetzenden Figuren deS Baus
Spehrn gegenwärtigen Stand der RestaurationSarbeiten
Juni 1601 wurde bekanntlich die Grundstein-
ö" Sebastian Schoch'S Meisterwerk vollzogen,
tz-«tvar es unter Dach gebracht und 1607 vollendet,
«lieb' r Nordfront wurde von dem Architekten auS-
d,M«r Figurevsrbmuck nicht vorgesehen, dieser
häut sich auf die beiden die Scheitel der Zwerch-
krönenden Putten und das zwischen ihnen über
jj'?.HavptgesimS aufgestellte Standbild der Gerech
M, ' E Schwert und Waage in den Händen.
weiterer Schmuck ist rein ornamental und besteht
Laubwerk, Kragsteinen, Friesen, Wappen und
H Laders bei der nach Süden gerichteten Hoffacade.
" sMx neben der Wiederholung deS angeführten
r^aackeS der Nordfront noch ein reicherer Figuren-
angebracht werden, für den Seb. Schoch 16
'^»vorgesehen hatte, die an Stelle der P läster
ve« v? Pfeilern zwischen den Fensteröffnungen angeord-
sick "^ren. Lediglich auf diesen Figurenschmuck sollte
"ach des Baumeisters Plan das Mehr des Reich-
^"i»iu der Ausschmückung beschränken, das wohl
....

Die einzige Tochter. AL
Niama nicht ganz wohl, so hielt die Kleine un-
am Bette die Wache und war überzeugt, daß
NUeS wieder in Ordnung sei.
der L^^ert konnte an ihrem Geburtstage noch nicht von
HMAWw wieder da sein, weil die Ferien später als ge-
Müsw? beginnen sollten; sie wußte noch nicht, ob sie sich
»iS »r. ar amen sollte, da nichts ihr so angenehm war,
a«d ^ckwünsche und Geschenke ihres Spielkameraden,
ae da, am Tage vor dem Feste war er auf der
Kind»'.. Aer Typhus war am Ort ausgcbrochen, und die
r wurden eiligst aus dem Pensionat entlassen.
fast, als wenn Alles sich um den kleinen
kibsck,» Et, um jenes Mädchen mit dem blonden Locken-
si<y den glänzenden Augen drehte, als wenn Alles
über waren hätte, jenes Kind in seliger Unwissenheit
Ei» wsN Lämmer und das Elend aus Erden zu lassen,
batte Ni es, daß sie eine allerliebste, sanfte Natur
stand'?, °^eme großen Anforderungen stellte, daß ihr Ver-
iene Rn., aus nicht außergewöhnlich schien, so daß alle
And, ""echte sie nicht zu einem verwöhnten, zänkischen
Wz?r?"Men. sondern ihre Seele ruhig und leidenschasts-
Hauch b„iten,^ einem Spiegel gleich, den kein schädlicher
kehrt?" Wsen die Jahre vorbei- Herr von Doornburg
^achkn. weilig auf sein Schloß zurück und stattete seinem
allerersten Besuch ab, um ihm zu danken für
dleiw »Wichast, die er Adelbert erzeigte, unv um sich zu-
iu berntn. über die Zukunft dieses seines ältesten Sohnes
idährem! » - ^«e saßen in dem heiteren Gartenzimmer,
siebkMs,?"k dem grünen Wicsenptaa Adelbert mit der
'"Mrrgen Cäcilie spielte.
Tuuf-r .bin nicht stolz auf meinen Adelstitel," sagte der
*aehr in Gegentheil! Ich weiß, daß unser heutiger Adel
^avvenk»«"" gut gefüllten Börse als in einem alten
b-sieht; daß man, nur zu oft einen armen
in k°i?E"chstellt mit dem spanrmchen Hidalgo, der sich
'Ewen schäbigen Mantel wickelt. Darum würde ich

durch die verwandte Anordnung am Otto Heinrichs-
Bau bedingt war. Für die Figuren war der Rahmen
vorgezeichnet und fertig, als der Bau unter Dach ge
bracht war, ihre Standflächen waren vom Baumeister
angegeben und vorbereitet. Hierauf mußte eine geeig-
uete Kraft für den Bildwerkschwuck gewonnen werden
und sie fand sich in der Person des jugendlichen
Bildhauers Sebastian Götz auS Chur, der zu Anfang
des Jahres 1604 mit 8 Gesellen „den Neckar herob-
zog und auf Vorschlag deS Baumeisters vom Chur-
fürsten in Dienst genommen wurde." Den Auftrag
für die 16 Figuren, über deren Werth oder Unwerth
und über deren mehr oder weniger glückliche Auswahl
hier kein Wort weiter verloren sei, hat Götz erhalten
und mit feinen Leuten ausgeführt. Er hat sich aber
nicht auf die Ausführung dieses Auftrages beschränkt,
sondern auch noch ein übriges gethan; darauf lassen
die Formen und das Material einzelner Bautheile
sowie die Einfügung derselben in den Bau schließen.
Ob und wie weit er dabei im Einverständniß mit
Schoch gehandelt hat, entzieht sich unserer Beurtheilung;
aber soviel läßt der vollendete Bau als feststehend
erkennen, daß er, der Bildhauer, dem Architekten das
Konzept ganz bedeutend korrigirt hat.
GötzenS Geschmack verlangte zunächst für die
glatten, etwas ungefügten Pfeileruntersätze eine Be-
lebung durch Cartouchen und die mächtigen, darüber
angebrachten Löwenköpfe. Er konnte hier seinem Em-
pfinden genügen, ohne in die Schochfche Architektur
einzugreifen ; allerdings hob er dabei die ruhig kräftige
Wirkung deS Sockels auf. Götz wollte seinen Figuren
erklärende Tafeln deigeben, deren Aufschriften weit-
hin sichtbar, dem Beschauer die Namen der
dargestellten Fürsten verkünden sollten. Ueber der
untersten Nischenreihe war vom Scheitel der Bogen-
nische bis zu dem Tragsteine unter dem ersten Archit-
rave ein quadratischer freier Platz, dorthin mußten
für die untersten vier Figuren naturgemäß die Schrift-
tafeln verwiesen werden. Sie füllten so die leere
Fläche und verhüteten eine Häufung des ZierratheS,
die ein getreten wäre, wenn, wie in den Obergeschossen,
die Schrifttafeln bei den Tragsteinen der Figuren an-
gebracht worden wären. Auch konnten die schönen
Nischenkonfolen Schochs unberührt bleiben, und ein
Eingriff in seine Architektur war nicht nothwendig.
Anders, wie schon angedeutet, bei den Nischen der
folgenden Stockwerke. Dort war kein Platz mehr
zwischen dem Nischenbogenscheitel und dem unmittel-
bar auf ihm aufsitzenden Tragsteine. Die einzig mög-
liche Stelle zur Aufnahme der Götz'schen Plokattafeln
nie auf Kosten meiner wirklichen Bedürfnisse meinen Stand
so hochhalten, wie meine Vorfahren dies gethan. Ich bin,
Gottlob nicht arm, aber dies wäre mir doch schwer gewor-
den, und ich habe es nicht versucht; doch möchte ich, daß
mein Sohn standesgemäß lebe. Thue ich aber, was er von
mir verlangt, so muß ich meinen Wünschen Lebewohl sagen."
„Hat er Ihnen denn bereits seine Pläne mitgetheilt?"
„Gewiß, Sie werden ja wohl schon davon gehört haben,
wißen daher auch, wie sie den meinigen zuwiderlaufen.
Hören Sie, bester Freund ! Nach dem Tode meiner lieben
Gertrud habe ich den Stand meines Vermögens genau er-
forscht : das Resultat war nicht sehr erfreulich, wie ich
Ihnen offen gestehen will. Noch mehr meiner Kinder als
meiner Zerstreuung wegen war ich in die Nothwendigkeit
versetzt, mich nach einem diplomatischen Posten umzusehen.
So war ich wenigstens geborgen. Für die Erziehung mei-
ner Kinder theile ich meine Habe in drei Theile, aber mein
genzes Besitzthum muß dazu verwendet werden. Nehmen
Sie einmal eine Stelle in der Welt ein, so habe ich meine
Pflicht erfüllt und die Ihrige beginnt. Adelbert, mein
Stammhalter, sollte Jura studiren. Und nun überrascht
mich der Junge mit seinem Wunsche, Ingenieur zu werden."
„Ja, dazu hat er außerordentliche Anlage."
„Anlage, bah! Was s"ll er denn schließlich werden?
Am Ende gar Fabrikant? Jedenfalls wirft er sich weg.
„Oho!" sagte Bloemertz, sich erhebend, «Sie denken
doch wohl ein wenig geringschätzend über einen sehr ehren-
werthen Stand."
„O nein, keineswegs! Ich achte jeden Stand, der ein
ehrliches Auskommen gibt; aber Sie werden doch selbst be-
kennen, ein Adeliger und Fabrikant oder Ingenieur, das
geht doch nicht gut zusammen."
„Warum nicht, wenn Ihr Kind glücklich ist?"
„Er wirst aber das Privileg seiner Geburt von sich."
„Von einem Wappenschild kann man eben nicht essen."
„Leider! Doch wenn er Advokat ist, hat er auch ein
gewinnbringendes Amt, das außerdem seinem Stande an-
gemessen ist."

„Uad wenn er kein Talent hat, so w'rd cs ihm an
der Pn xis fehlen, und waS dann? Lieber ein Ingenieur
oder Fabrikant, der gut durch die Welt kommt, als ein
Junker-Advokat!"
Doornburg sann ein wenig nach. „So hartnäckig hänge
ich nicht an meinem Adel," fuhr er nach einer Pause fort;
„ich sagte Ihnen schon, daß ich um seines Titels willen
meinen Jungen nicht unglücklich machen wollte. Seine Mut-
ter war allerdings ein Freifräulein; wenn aber über zehn
oder mehr Jahre Adelbert zu mir kommt und mich um Ec-
laubniß bittet, Ihre Cäcilie zur Baronin von Doornburg
zu machen, so werde ich nicht nein sagen."
Das glaube ich gern," hatte Bloemertz schon auf den
Lippen, doch der hielt an sich und sagte nur mit einem ler-
sen Anflug von Spott: „Sehr viel Ehre für Fräulein
Bloemertz, sieben Jahre unv drei Monate alt! Hör, mal,
Mama, wandte er sich zu seiner Frau, die gerade eintrat,
wir find daran, Deine Tochter zu versorgen."
„Du lieber Himmel, jetzt schon?"
„Es wird hohe Zeit, nicht wahr? Und was soll Dein
Liebling werden? Baronesse, Gräfin, oder Königin?"
„Eine glückliche Frau," sagte die Mutter ernst.
„Glücklich!" rief der Bacon nicht ohne Bitterkeit;
„Ihr Reichen meint, mit Eurem Gelde Alles kaufen zu
können, was die Erde bietet, das Glück eingeschlvssen."
„O nein!" protestirie Frau Bloemertz feierlich.
„Gewiß nicht," stimmte ihr Gatte bei uad Beider
Blicke wendeten sich dem lieben Kinde zu, auf dessen glän-
zendem Lockenhäuptchen alle Bedingungen ihres Glückes
ruhten. — „Und doch, was ist das Glück anders," fuhr
von Doornburg fort, „als das Licht einer Kerze, die man
durch Wind und Luftzug brennend hindurchtragen muß,
die icden Augenblick zu erlöschen droht, und einmal erlo-
schen, nicht wieder angezündet werden kann- Sie suchen Ihr
Kind in völliger Schmerz- nnd Sorglosigkeit zu erziehen.
Sie wollen alle Trübsal fern halten."
„So lange es in unserer Macht ist!"
(Fortsetzung folgt.)

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Post bezogen Viertels. -E 1.
K 175."
 
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