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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Januar 1897
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Nr. 25
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0101

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Pfcher Volksblatt.

Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- n.
KZertage. Abonnementspreis mit dem wöchent-
Men Unterhaltungsblatt „Der Sonntaasbote" für
Heidelberg monatlich 5V mit Trägerlohn, durch
dle Post bezogen viertelj. 1.60 franco.

Organ für Waßrlmt, FMeii L KeM.

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Sl. N. Mrlbm KMU, dm 31. I-imr 1897?'>

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Der Präsident, Frhr. v. Buol-Berenberg
pachte bei der KaiscrSgeburtStagSfeier imMeichstage den
Ewzigen Toast auf den Kaiser mit folgenden Worten
aus:
»So weit die deutsche Zunge klingt und deutsche
Herzen schlage«, allüberall herrscht heute Festekfeier!
Eins dem Continent und über Meeren, wo immer man
Neutsch fühlt, ruht heute die Arbeit, nut der Fever
Und mit dem Hammer, selbst das sonst nie müde, fried-
«che Waffen Handwerk ruht: Jung u. alr ist bei der An-
^acht u. beim Vergnügen vereint, um zu fei ern; alles ist
hkute in FesteSstimmung, u. mancher, Wenner auch nicht
stiert, empfindet doch mit unr! Was ist cS denn,
Aas die sich sonst so ferne stehenden, durch Berge u.
«teere getrennten Völker und Generationen in so ge-
oeimnißvoll unsichtbarer Weise mit einander ver-
vindet? Es ist das Gefühl der Zusammengehörig-
keit eines großen Volkes anläßlich eines Familienfestes
lw hehrsten Sinne des Wortes, das nicht nur Eltern
und Kinder, sondern stammverwandte Völker gleich-
sam magisch miteinander verbindet. Die Kaiserkrone
stt das Sinnbild, unter dem sich alle vereinigt fühlen!
Und wir haben in der That alle Ursache, uns des
.heutigen TageS aus vollem Herzen zu freuen. Wohl
'st auf manchen Gebiete für das gnädige Geschick
uoch Spielraum genug, um die Zufriedenheit zu
Usthren aber dos Erreichte ist doch so werthvoll, daß
dessen Werth verkennen hieße, wollten wir nicht
Aankbar und sreudig vertrauen, daß rastlos hingebende
Arbeit auch das Fehlende noch erreichen werde. Ge-
rade der Kaiser Tag dieses Jahres ist mehr als ein
anderer geeignet, die allgemeine Erkenntniß zu fördern,
daß dieses Jahr mit seinem Sücular-Tag und als

Gedächtnißjahr allen Anlaß gibt, sich zu vergeben
wärtigen, was der Himmel aus der Fülle seiner Ga-
ben uns Deutschen bescheert hat. Das im März d.
I. ablaufende Jahrhundert hat uns den großen Herr-
scher und Schöpfer des Ruches gebracht, über dessen
Großthaten es keiner ruhmredigen Worte bedarf, da
heißt es vielmehr: »kaeta, logurmtur". So groß, wie
der Vater vor unS steht, in dem, was er erreicht, so
groß zeigte sich der Sohn im Streben und im Dul
den! Im Enkel lebt der Geist der Väter fort; auch
in ihm überragt das Sinnen und Trachten, seinen
Pflichten gerecht zu werden gegen Gott und gegen
das Vaterland. Aber mit dem Erbe der Väter wach
sen die Ansprüche und wächst die Aufgabe. Wem
hallt da nicht der Appell im Ohre wieder, den wir
in feierlichster Stunde aus kaiserlichem Munde gehört
haben? „Helfen Sie mir!" Daß nach außen deS
Kaisers ganzes Streben auf Frieden und nur auf
Frieden gerichtet ist, dafür haben wenige Jahreseiner
Regierung bereits den Beweis erbracht; warum sollte
es ihm nicht auch gelingen, im Innern den vollen
Frieden herzustellen? Möge Gott ihm beistehen mit
seiner Kraft und mit weisem Rathe! WaS an unS
liegt, soll nicht fehlen, bei jedem nach seiner Kraft u.
feiner ehrliche» Ueberzeuguug. Geben Sie diesem
Entschlüsse erneuten und kräftigen Ausdruck, indem
Sie mit mir einstimm-n in den Ruf: Se. Majestät
unser allergnädigster, allverehrrer Kaiser Wilhelm II.
lebe hoch, hoch, hoch!"

Die Novelle zur NnM-Verficherung
ist nach einer nahezu dreitägigen allgemeinen Besprech-
ung, die allerdings vielfach den Charakter einer
Einzelbrsprechung annahw, einem Ausschuß von 28
Mitgliedern zur Vorberathung überwiesen worden.
Die Aussichten der Vorlage erscheinen günstig, da
fast alle Redner mit der Tendenz und den Grundbe-
stimmungen derselben sich einverstandku erklärten und
nur in einzelnen Punkten Ausstellungen zu machen
hatten. Aevderungen im einzelnen dürfte es aller-
dings geben und recht lange AuSschußberathungen.
Streitpunkte bilden besonders dir Einschränkung des
RecursrechteS, die Herabsetzung der Carrenzzeit, die
Erhöhung der Rekten, der Antheil der Arbeiter an
der Verwaltung.
Man war übereingekommsn, die Diskussion über
die Vereinfachung (Verschmelzung) der gejammten Ar-
deiterversicherung und insbesondre« über die Aender-
uug der Jnvaliditäts- und Altersver-

sicherung, zu welcher ebenfalls eine Novelle ßin
Aussicht steht, dies Mal auszuschciden; aber daS war
nicht nach dem Geschmack deS Grafen Kanitz, der als
einen der Vertreter Ostpreußens über die Listen der
Jnvaliditäts- und Altersversicherung laute Klagen
erhob und sich zu der Behauptung verflieg, die Land-
wirthe des Ostens wünschten nichts sehnlicheres, als
daß die ganze ArbeitervecsicherungS-Gesetzgebung sobald
als möglich wieder aus der Welt geschafft oder min-
destens eine Liquidation nach der Richtung eingeleitet
werde, daß die Versicherung durch eine einzige Reichs-
anstalt erfolgt und daß die Kosten von allen Steuerzahlern
nach dem Vermögen getragen werden. Abg. Dr.
Hitze fühlte dem Herrn Grafen sofort zu Gemüthe,
daß eS lediglich die Schuld der Conservativen sei,
wenn s. Z. die Jnvaliditäts- und Altersversicherung
auf die Land wirthschaft ausgedehnt worden sei. Wes-
halb habe man den Antrag des Centrums, diese Ver-
sicherung zunächst auf die Industriearbeiter auSzu-
dehnen und den BcrufSgenoffenschaften die Verwaltung
zu übertragen, nicht angenommen? Jetzt sei es mit
den Klagen zu spät. Der Direktor im Reichsamt des
Innern, v. Woedtke, suchte den Grasen Kanitz zu
beschwichtigen. Zwar sei die Zeit für eine Revision
der Arbeiterversicherung im großen Stile noch nicht
gekommen, aber der Reichs tag habe eine Novelle zum
Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgesetz zu erwarten,
die das an Vereinfachung z. Z. Erreichbare in Vor-
schlag bringen und zugleich bestimmen werde, daß drei
Viertel der Renten durch die Gesammtheit der Ver-
sicherungsanstalten getragen werden, wodurch die
Landwirthschaft in den östlichen Provinzen entlastet
werde. Unzweifelhaft sei eine „Prägravation" der
östlichen Provinzen eingetreten. Ov freilich der über-
lastete Reichstag auch diese Novelle noch wird erledigen
können, muß dahingestellt bleiben.
Die Novelle zur Unfallversicherung schlägt bekannt-
lich auch vor, der See-Unfall-BerufSgenossenschastdas
Recht der Jnvaliditäts- und Allersversicherung mit
dir Wittwen- und Waisenversicherung zu ertheilen.
Dieser Vorschlag wurde vom Abg. Dr. Hitze sreudig
begrüßt, da er ganz dem Programm des CrntrumS:
Uebertragung der Jnvaliditäts-, Alters und W itwen«
und Waisenversicherung auf die Berufsgenossenschaften
entspricht. Herr Dr. Hitze sprach demgemäß den
Wunsch aus, es möchte auch den andern Bsrufsge-
nossenscbaften auf Antrag dieses Recht ertheilt werden.
Er sprach zugleich sein Bedauern aus, daß den Be«
rufsgenosfenschaften nicht auch die Arbeitsoermittelung
und die ArbritSlosen-Verstcherung, sowie die Regelung

Stolz und Liebe. AL"
Dem Amerikanischen nacherzählt.
. Die alte Dame stieß einen Seufzer der Erleichterung
MS, als sie soweit gekommen war, während der junge
Mnn nur eine stolze Verbeugung machte und dann kalten
"Res fragte: „Ued was weiter?"
- „Ich denke, Ihre eigene Vernunft sagt Ihnen, was
Mter. Es kann natürlich niemals etwas daraus »erden ;
Ann ständen Sie ihr selbst an Rana und R-ichthum
UM, so wissen Sie doch, daß auf Ihrem Namen ein
M'el ruht, mit dem die Grahams sich nie und nimmer
"tflkcken können."
a, „Madame," sagte Walter, „wollen Sie gütigst Ihre
Bemerkungen auf meine Person beschränken und nicht auf
«ernen Vater zurückgreifen."
„Nun gut." erwiderte die Dame, „so sage ich cs Ihnen
"kvn geradezu: Sie sind kein Paffender Gatte sür J.ssie."
,„r>abe ich jemals den Wunsch geäußert, ihr Gatte zu
«erden? fragte er ruhig.
.. ^„Jn Worten vielleicht nicht; aber Ihr Benehmen hat
Anderen und mir vcrrathen, und nur deswegen bin ich
Ar-Leiste ist jung und leicht zu beeinflussen. Wie leicht
vnnte fie in einem unbewachten Augenblick den Schritt
wun, den Ihre Mutter, Ellen Bellen aer, einst gethan hat."
k»i. G>danke, Jessie möchte wirklich nicht abgeneigt
N- A Schicksal an das seine zu ketten, erfüllte Walters
niU Ar Einen Augenblick mit Entzücken. Aber er hatte
»M «eit, dtestr Empfindung Raum zu gönnen, da Mrs.
«llltvws in ihrem Gespräch fortzufahren begann.
e,i «Gs würde ihrem Vater das Herz brech n — wenn
Kn« Achter sich in dieser Weise wegwürfe, und Jhrer-
ökn Es e»n Akt der empörendsten Undankbarkeit ge-
«en Ihren Wohlthäter."
A'E hatte es verstanden, Walter an der empfindsam-
in^°i te des beizens zu fassen; ein stolzer Blick flammte
r^Ewem Auge auf und sein ganzes Selbstgefühl väumte
«A «A! aber äußerlich bewahrte er einer Dame gegen-
über dre vornehme Ruhe.

„Mrs. Bartows," und Walters Rede klang fast fiier-
lich, „Sie hätten Ihrem Zwecke besser gedient, wenn Sie
in weniger verlesender Weise zu mir gesprochen hätten.
Was berechtigt Sie, meine theuern Eltern, was berechtigt
Sie, mich zu beleidigen? ES ist ja wahr, ich trage schwer
an dem Unglück- meiner armen Eltern, aber dar gibt Nie-
manden das Recht, mich wegwerfend zu behandeln, wie
Sie es in diesem Augenblicke thun. Gestatten Sie mir aber
einen Zweifel daran, ob Sie die Ansicht Mr. Grahams,
meines Wohlthäters und väterlichen Freundes, richtig
wiedergegeben haben. Seien Sie überzeugt, ich werde wis-
sen, was ich meinem Wohlthäter schuldig bin, ohne daß ich
daran gemahnt werde."
Die alte Dame hatte eine solche Antwort nicht erwar-
tet. Sie hatte geglaubt, Walter werde ihr gegenüber dis
Rolle eines Angeklagten spielcn, der sich verlegen zu ver-
theidigkn suche; aber statt besten trat der junge stattliche
Mann mit seinem ganzen Selbstgefühl a>s Ankläger gegen
sie auf. Sie empfand das Beschämende der Lage, in welche
sie sich selbst gebracht.
Als Walter schwieg, entstand eine sehr peinliche Pause.
3n diesem Augenblicke mußte Mis- Bartows zu einer
neuen Lüge greifen, wollte sie nicht ihren Plan als ge-
scheitert ansehcn.
„Es freut mich, daß Sie Ihre Dankesschuld gegenüber
Ihrem Wohlthäter anerkennen, wie ich das übrigens von
Ihrer Ehrenhaftigkeit auch gar nicht arders erwartet habe.
Wenn es aber nun der Wunsch. Mr. Grahams ist, daß
Sie den Verkehr mit Jessie meiden, damit nicht Gefühle
geweckt werden und wachsen, wilche ihn zu Befürchtungen
für die Zukunft Anlaß geben könnten? Gerade in dieser
Rücksicht hat mein Schwiegersohn mich gebeten, Jessie heim-
zuholen."
Mrs Bartows hatte i diese Sätze etwas zögernd ge-
sprochen, weil es ihr doch einigermaßen schwer fiel, die
Lüge über ihre Lippen zu bringen.
Walter war bleich geworden und ein Stöhnen rang
stch aus seiner Brust, in welcher der Kampf aufs Neue
begann. Sollte bei Mr. Graham eine Sinnesänderung sich
vollzogen haben? Doch dem mochte sein, wie ihm wolle.

er war ja mit seinem Entschlüsse fertig, den er nach heißem
Ringen mit Gott gefaßt. Der geldftolzen, herzlosen Frau
wollte er nichts von dem vcrrathen, was in seinem Innern
tobte. Noch einmal holte er tief Athem, dann sah er die
Großmutter des von ihm so heiß geliebten Mädchens fest
an, so daß sie die Äugen senken mußte.
„Mrs, Bariows, die Fortsetzung dieses Gesprächs,
welches ich nicht veranlaßt habe, rst mir peinlich. Ich will
demselben durch eine kurze Erklärung ein Ende machen,
welche ich Ihnen aus freiester Entschließung gebe, ohne
mich dazu irgendwie verpflichtet zu fühlen. Mein zukünfti-
ges Verhalten zu Ihrer von mir Hochverehrten Enkelin,
Mrs. Bartows, halte ich mir schon vor Ihrem Dazwi-
schentreten vocgezeichnrt. Ich gebe mein Ehrenwort, daß
ich nicht um Jessie Graham werben werde, bis auch die
Welt mich ebenbürtig hält, und indem ich dies verspreche,
Mrs. Bartows, versuche ich, das edelste und reinste Ge-
fühl au» meinem Herzen zu reißen, d»nn — ich liebe Jessie
Graham. Das weiß ich eben so sicher, wie rch weiß, dmß
ich meiner Liebe Schweigen gebieten muß. Nicht, Werl S e
es wünschen, Madame," fügte er in stolzem Tone hinzu,
sondern weil es der Wille der besten Freundes rst, den ich
in der Welt kennen gelernt habe. Er braucht nichts zu
fürchten, auch wenn ich in Newyork bin. Ich werde meinen
Posten ausfüllen, welcher es auch sein mag, und wenn ich
zuweilen, wie es nicht anders möglich sein kann, mit Jessie
zusammentreffen werde, so wird es ein Bruder sem, der
zu,hr redet, und nichts weiter. Sind S e mir dieser Er-
klärung zufrieden?"
.„Ja, ich bin es," erwiderte Mrs. Bartows, indem sie
erleichlert aufathmete und dem jungen Manne die Hand bot.
Dieser aber schien es nicht zu bemerken, denn er wandte
sich den beiden Mädchen zu, welche eben zurückkehrten
vcrter lachend warf Jessie dem Jugendfreunde einen
hübsch gewundenen Kranz um den Hut; sie ahme ja nicht
wir sehr sie bei dem eben geschlossenen Gespräch zwischen
Walter und ihrer Großmutter bstheiligt gewesen war. —
Walter verstand es, - sich zu beherrsch:!! und zugre ein
heitere Miene. Er wollte das Mädchen nicht betrüben, das
er in sein Herz geschlossen — er wollte sein Leid allein
 
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