Mtzer Wksblatt.
MA« mit Ausnahme der Sonn- u. — Suserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren
Vram für MMMt, FMM L KM. WÄLLlKiLALWiSW
Meldkig, MMch, dm ß.GWdrr 1897.
stellungen
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg
Zwingrrsttaße 7.
daß ich. unterrichtet bin, aber während sie willig meine
Umarmung, meine Küsse hinnahm, getraute sie sich doch
nicht, die Augen aufzuschlagtn und mich «Nzuschauen.
Ich suchte, sie auf alle Weise aufturichten und es schien
einen besonders starken Eindruck auf ihr zerknirschtes Herr
zu machen, als ich ihr versicherte, daß mich immer ein
wunderbar geheimer Zug zu ihr hingeführt, wie wenn mein
Herz geahnet hätte, wie nahe ich ihr stehe. Meine wahren,
mmgen Gesuhle der Liebe öffneten mir die Lippen und ga-
ben mir Worte der herzlichsten Theilnahme und Ehrfurcht,
wie fte nur fühlenden Kindern möglich find und nur eine
Mutter zu ergründen vermag.
Natürlich bestrebte ich mich vor Allem, sic lebendig zu
überzeugen, daß Gottes Barmherzigkeit unerschöpflich sei
und sie durch ihre aufrichtige Reue, ihre Buße und durch
den Empfang des allerheiligsten Sakramentes und durch
ihr frommes, opferbereites Leben volle Verzeihung und dir
Gnade des hl. Geistes wieder erlangt habe. Der Umstand,
daß ich zugleich als Priester so bestimmte Zuficherungen
geben konnte, wirkte wohltbätig auf meine arme Mutter
Und sie betrachtete mich nun mit ihren schönen großen Au-
gen, aus denen alle Zärtlichkeit, deren ein Mutterherr fähig
ist, hervorstrahlte.
Nach wenigen Tagen gab sie sich vertrauensvoll hin,
ihr Herz war erleichtert und fie erzählte mir ihre Lebens-
schicksale so unumwunden, daß man deutlich erkennen konnte,
daß ihr Alles daran lag, mich zu überzeugen, daß sie durch
die vollste Wahrheit und Treue mein Vertrauen gewinnen
wollte.
Ich brachte den größten Theil des Tages bei meiner
Mutter, die im Bette lag, zu ; ich besuchte aber auch oft
meine lieben Mgeeltecn; bei ihnen gelang eS mir leichter
ihre Bedenklichkeiten wegen des mir gespielten Betrugs,
Wie fie ihre Verheimlichung des wahren Standes nannten,
zu beschwichtigen und fie glaubten mir gerne, als ich ihnen
die Versicherung gab, daß ich willig Alles verzeihe und
daß, wenn etwas Unrechtes in ihren Handlungen liege
dieser durch ihre jahrelang unvetdrvfien fortgesetzte Sorg',
- iV. Lnatrnl
s»,^" immer noch alle Postämter auf die täglich er-
"Elvrnde Zeitung
- Pfälzer Bottsblatt"
Wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
^7*"), sowie unsere Expedition Heidelberg, Zwirrger-
w» entgegen. Die bereits erschienenen Num-
werden nachgeliefert.
^kpMion des „MM VMsdlaU".
, Heidelberg, Zwingerstraße 7
Pidal'S; einstmal der Schrecken aller Ministerien der
Restauration, ist Mal heute ibr treuester Pfeiler.
Diese katholische Linke heißt „I,a Union Oatoliea," der
katholische Bund Darauf kam die Reihe an die
ckrlistische „Rechte". Sie brach in Aufsehen erregen-
der Weise mit dem Prätendenten und schaarte sich
um die Fahne, die der Journalist Ramon Nocedal
aufrichtete. Diese Rechte heißt „karticko integrista,*
ine reine, lautere Partei. Nachdem sie so die beiden
Flügel der CarliSmuS abgr schnitten hakten, manövrirten
CanovaS und Sagasta, um Var C-ntrüm zu paraly-
streu. Dazu war vor Allem uöthitz, die Bischöfe zu
gewinnen, die Bischöfe, die der goüvernementale Li-
beralismuS bis dahin auch nicht durch seine 60iährige
Herrschaft halte beugen können. Durch unsägliche An-
strengungen, durch Geduld und fortwährende Zuge-
ständnisse brachten es die beiden Strategen desAlphon-
siSmvs dahin, die hohe Geistlichkeit auf ihre Seite zu
ziehen. Nach den in Lago, Madrid und Zaragoza
abgehaltenen Katholiken-Congressen erlangte die Re-
gierung von den Bischöfen eine Collecliv-KUNdgebung,
in der sie, wenn nicht direkt der Regierung, so doch
wenigstens der Person AlphonS Xiii. u. seiner Muster,
der Regentin, öffentliche Anhänglichkeit und Gehorsam
versprachen. Dieser große, für unmöglich gehaltene
Erfolg der spanischen Regierung machte die carlistischen
Reihen schwanken und brachte Verwirrung in die-
selben. Das carlistische Gespenst schien gebannt und
dadurch gewann die gegenwärtige Dynastie so an
Stärke, daß Niemand eS wagte, sie ernstlich im Lande
selber anzugreifen.
Darauf thateu aber Sagasta und CanovaS des
Guten zu viel. Um ihrer Regierung noch mehr Glanz
pnd Beständigkeit zu verleihen, prooocrrten fie den
Krieg in Melilla und später den auf Cuba und den
Philippinen, die, mit einigt« guten Willen, ganz gut
hätten vermieden werden, können. Di- Zahl der Un-
zufriedenen wuchs in demseldät Maße, als infolge
dieser unglückseligen Kriege und einer elenden Finanz-
wirthschaft dem Bolle immer größere Opfer an Gut
und Blut aufeklegt wurden, und Nsth Und Elend im
Lande ihren traurigen Einzug hielte». Als «un gar
die Reg erung, um der bedrohlichen Ebbe im Staats-
schätze abzuhelfen, ihre kirchen freundliche Maske fallen
ließ und unter Preisgabe der bis dahin beobachteten
politischen Rücksichtnahme ein förmliches Raubsystem
gegen die Kirche inaugurirte, in welchem die Beraub-
ung des HeiligthumS von Auch uur eine vereinzelte
Episode bildet, da gingen dem Klerus ».dem katholischen
Volke die Augen vollständig auf, und sie erkannten.
Welche CanovaS um sich geschaart hatte, waren, wie
dieser selbst, Freimaurer, welche auf Anweisung ihre-
Chefr eS für gut fanden, ihren wahren, erzliberaleu
Gesinnungen ein conservatjves Mäntelchen umzuhävgtn,
weil eben dje gebotene Rücksichtnahme aus die Gesinn-
ungen und Anschauungen des katholischen Volkes die-
älS politisch Vortheilhaft erscheinen, ließ. CanovaS
wußte nur zu gut, daß er angesichts der immer be-
drohlicher sich gestaltenden, republikanischen und anar-
chistischen Strömung im Lande zur Befestigung feiner
Herrschaft auf die Unterstützung der allein »och wirk-
lich „conservativen", katholischen Volkskreise angewiesen
war, und um dieser Unterstützung theilhaftig zu
Werden, mußte er vor allen Dingen den CleruS und
den Episkopat, wenn nicht für sich zu gewinnen, so
doch zu einer versöhnlichen Haltung gegenüber der
Regierung zu bestimmen suchen. ES mußte ihm daran
ümsomehr gelegen sein, als ja die carlistische Idee,
diese beständige Gefahr für dqs bestehende Regime,
gerade im katholischen Volk und in der katholischen
Geistlichkeit ihre eifrigsten und thatkräftigsten Ber-
tteter fand. Gelang eS CanovaS, den CleruS und
den Episkopat für sich zu gewinnen oder wenigstens
zu einer passiven Haltung zu veranlassen, dann traf
er zwei Fliegen mit einem Schlage, indem er nicht
nur in der Mäffc NS kachMMn'WMS 'ein wirk-
sanier Gegengewicht gegen die jeder monarchischen
Regierung gefährlichen, subversiven Elemente gewann,
sondern auch gleichzeitig da- noch immer drohende
Gespenst der CarliSmuS bannte.
Von diesem Gesichtspunkte aus ist das ganze Ver«
halten CanovaS sowohl, wie auch SagastaS'S gegen-
über der katholischen Kirchs und ihren Vertretern zu
beurtheileu. ES war die Schlauheit des alten Fuchses,
der eine "heuchlerische Larve aufsetzt, um dem gefähr-
lichen Gegner Btttrauen einzuflößen und ihn für seine
Zwecke auSzubeuten oder, wenn die Umstände eS er-
fordern sollten, ihm'den Garaus zu machen. Die klug
berechneten, äußerlichen Zugeständnisse, welche CanovaS
beurtheileu. ES war die Schlauheit des alten Fuchs
der eine heuchlerische Larve aufietzt, um dem grfäl
lichen Gegner Vertrauen einzuflößen und ihn für sei
fordern sollten, ihm den GarauS zu machen. Die klug
berechneten, äußerlichen Zugeständnisse, welche CanovaS
Und Sagasta nach und nach der Kirche gewacht haben,
waren der Köder, mit welchew sie deren Organe in
Sicherheit lullten, während sie auf der änderen Seite
alles aufboten, um den Carlisten das Banner des Ka-
tholizismus zu entreißen. In der That gelang es ihnen,
dem Don Carlos zuerst die Linke seiner Partei ab-
spenstig zu machen und zu sich herüberzuziehen: die
Gemäßigten, die weniger zUm bewaffneten Widerstand
Geneigten, die Vorsichtigen, die Politiker. CanovaS
begünstigte ihre selbständige Gruppirung unter der
Führung eines seiner vertrauten Mitarbeiter, Alexander
stehung der St. An na Kapelle am zuverlässige Weise
zu erfahren. Du darfst Dich fest darauf verlassen, daß ich
Dir die reine Wahrheit mitthelle.
Als ich in Ferien nach Haus zurückkehrte, war mein
erster Schritt in das elterliche Haus gerichtet; ich traf meine
widm Eltern in einem Zustand der Altersschwäche, doch
bewahrte die Mutter noch immer die Festigkeit ihres Wil-
lens ; fie eröffmten mir soaleich, daß nicht ihr Zustand sie
bestimmt habe, mich nach Haus zu r, fen, sondern die Lage
Meiner Base Anna, die körperlich sehr leidend sei und sich
von der Last eines-Geheimnisses, das auf ihre Seele drücke,
befreien wolle, eines Geheimnisses, vas mich zudem ganz
Nahe berühre.
Der Vater, ein gar bedenklicher Mann, wollte mich
durch eine lange Einleilung einsühren, meine Mutter aber
Machte kürzen Prozeß und äußerte: zu was die langen
Firlefänzen. Du mußt eS nun doch erfahren und ich will
Dir das ganze Geheimniß enthüllen, indem ich Dir füge,
daß Du nicht unser Kind, sondern der Sohn Deiner sog.
Base Anna bist!
Ich war wie vrm Himmel heruntergefallen und im
höchsten Grad bestürzt, weil Anna, die ich wie eine Heilige
geehrt hatte, auf einmal, als meine uneheliche Mutter und
große Sünderin vor mir stand und ich als uneheliches Kind
nicht als Priester geweiht werden konnte, ohne besondere
Düpensation; von der Ertheilung einer solchen wußte ich
über nichts.
Meine Mutter begriff Meine Lage am besten, fie errieth
meine Gedanken, wie wenn fie in meine Seele hineinsehen
könnte und fing an, mich ouszurichten und zu trösten, in-
dem sie mich versicherte, daß Anna, wenn sie auch schwer
gesündigt habe, doch aüch schwer gelitten, und ihre Sünde
durch Opfer aller Art, durch tiefe Reue üüd ei« wirlltch
frommes Leben geführt habe und daß dje Gefahr, welche
Meine uneheliche Geburt mit sich bringe, beseitigt sei.
ES bedurfte nun weniger Aufklärung, mein Herz zeigte
Mir die Bahn, die Religion forderte mich auf, «eine Mut-
ter zu ehren und ich stürzte alsbald fort und eilte in die
Prme «einer armen unglücklichen Mutter. Sie las, als ich
zu ihr «intrat, in «eine« Gesicht, in meine« Benehmen,
Die Krisis in Spanien.
Ljäu den großen Schwierigkeiten, mit welchen
8>in ohnehin schon im Inlandes sowohl als nach
hin zu kämpfen hatte, hat sich Ptzt auch die
. MMkrisiz gestellt. Das Ministrtium Azcürkaga
A wie wir schon kurz gemeldet, seine Entlassung
^"Wmen, zur Bildüng eines neuen Eabinettes.
de» MinisierkrisiS war die unausbleibliche Folge
»j, Ermordung des Ministerpräsidenten CanovaS,
v." dessen Weggang von der politischen Bildfläche
tzl.Wg und allein durch die Macht seiner Per-
in l-?"t zusammengrhaltene, „konservative" Partei
jusammenstürzeu mußte, CänowaS war be-
bfilch wett mehr wie Ministerpräsident, er war
Diktator, deß' eiserner Wille die unter dem Namen
^wnservativen" — in Wirklichkeit „cauovistischen" —
al« - Zusammengewürfelten, heterogenen Elemente
scheinbar festgefügte- Ganzer zusammenzuhalten;
Wir sagen „scheinbar", denn so wenig wie
, n Sus verdorbenem Material ein feste- Gebäude
h. ^richten im Stande ist, ebensowenig vermochten
großen Theil sittlich faulen U. corrumpirten
hj.^udthtile dieser sogenannten conservativen Partei
«vz Undlage zu bilden für eine zuverlässige Regier-
sL' M deren Geschäftsführung däS Volk auch in
Li m d» Bedrängniß, wie sie gegenwärtig herrschen,
^^irtkaukn hätteemporblicken können. MeMänner^
Ein Frauenschicksal.
wurden die Besuche meiner Eltern und meiner
» seltener, obgleich sie häufig in die Klosterkirche,
ittD ihnen der hochwürdige Herr Prälat emett be-
N Platz angewiesen hatte.
ner KW ewigen Jahren wurde ich mit Zustimmung wer-
in's Kloster zu R. versitzt, um dort als Pro-
Men Grammatik zu wirken. Ich dachte ost an meine
und erinnerte mich an die ungetrübten Tage
Ödheit, aber ich mußte mir oft Vorwürfe darüber
sii wA daß die Erinnerung an die St. Anna-Kapelle und
WtMM Base Anna jene an meine nächsten Verwandten
NeL^?te, ohne daß ich im Stande war, mir dafür
Mast zu gebe«.
lktzt°7?"ne Eltern und meine Base waren indeffen alt, und
^ielt ^"Mentlich oft krank geworden und nur selten er-
Ales 4-Nachrichten und »och seltener Besuche von ihnen,
»iir ,i/ages, als eben die Ferien begonnen hatten, brachte
de» alte Frau, die auf ihrer Wallfahrt nach Ewsiedeln
°m Kloster R. vorbei eivgeschlagen hatte, einen
Wer „L .melnim Vater, den mir die Frau glücklicherweise
«»Maren konnte.
Ich» Mu Vater that mir zu wissen, daß meine Base Anna
krank geworden und den sehnlichsten Wunsch
mich noch einmal zu sehe«, fie wüste »nr etwas
kchjM-Mewe Eltern unterstützten diesen Wunsch und ich
chen «einen Obern die Erlaubniß, auf ewige Wo-
">th°i n^Eehren, ich wmde aberäNgewiesin, meinen Auf-
Du >m Kloster E. r» nehmen.
«iedtt"?r »nerst Dich wohl noch jener Tage, und wie
kie Ä?Wlagen, wie traurig ich ost in'S Kloster zurückkam,
^Nkä ausMeitri» suchtest und wie ich Dir versprach,
i- die Gründe meiner Trauer untzutherlen, d«
!«« tzN^ iorgsüItig in «einer Brust verschließen »U müs-
»iisl^MtZtle gestorben find,'welche in die Geschichte
Ä^Wren, so will ich nun rniin Versprechen lösen,
«t LZ-Wrch schp» brßwegen ve, Pflichtet hatte, wnl Dir
Esther »,n M. daran gelrg« kein muß, die Ent-
i- -- av -i- o a»serate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rau«
^"ter-altunasblatt .Der^Eonutagsbote^ für Priv'atanzeigen,sowiefür^ahres-Anzei^en^edeute^e
U monatlich SV mit-Trägerlohn, durch » r ' Rabattbewilligung.
«rpedittoi,: Awiugerftraße 7.
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Gebr. Huber in Heidelberg
Zwingrrsttaße 7.
daß ich. unterrichtet bin, aber während sie willig meine
Umarmung, meine Küsse hinnahm, getraute sie sich doch
nicht, die Augen aufzuschlagtn und mich «Nzuschauen.
Ich suchte, sie auf alle Weise aufturichten und es schien
einen besonders starken Eindruck auf ihr zerknirschtes Herr
zu machen, als ich ihr versicherte, daß mich immer ein
wunderbar geheimer Zug zu ihr hingeführt, wie wenn mein
Herz geahnet hätte, wie nahe ich ihr stehe. Meine wahren,
mmgen Gesuhle der Liebe öffneten mir die Lippen und ga-
ben mir Worte der herzlichsten Theilnahme und Ehrfurcht,
wie fte nur fühlenden Kindern möglich find und nur eine
Mutter zu ergründen vermag.
Natürlich bestrebte ich mich vor Allem, sic lebendig zu
überzeugen, daß Gottes Barmherzigkeit unerschöpflich sei
und sie durch ihre aufrichtige Reue, ihre Buße und durch
den Empfang des allerheiligsten Sakramentes und durch
ihr frommes, opferbereites Leben volle Verzeihung und dir
Gnade des hl. Geistes wieder erlangt habe. Der Umstand,
daß ich zugleich als Priester so bestimmte Zuficherungen
geben konnte, wirkte wohltbätig auf meine arme Mutter
Und sie betrachtete mich nun mit ihren schönen großen Au-
gen, aus denen alle Zärtlichkeit, deren ein Mutterherr fähig
ist, hervorstrahlte.
Nach wenigen Tagen gab sie sich vertrauensvoll hin,
ihr Herz war erleichtert und fie erzählte mir ihre Lebens-
schicksale so unumwunden, daß man deutlich erkennen konnte,
daß ihr Alles daran lag, mich zu überzeugen, daß sie durch
die vollste Wahrheit und Treue mein Vertrauen gewinnen
wollte.
Ich brachte den größten Theil des Tages bei meiner
Mutter, die im Bette lag, zu ; ich besuchte aber auch oft
meine lieben Mgeeltecn; bei ihnen gelang eS mir leichter
ihre Bedenklichkeiten wegen des mir gespielten Betrugs,
Wie fie ihre Verheimlichung des wahren Standes nannten,
zu beschwichtigen und fie glaubten mir gerne, als ich ihnen
die Versicherung gab, daß ich willig Alles verzeihe und
daß, wenn etwas Unrechtes in ihren Handlungen liege
dieser durch ihre jahrelang unvetdrvfien fortgesetzte Sorg',
- iV. Lnatrnl
s»,^" immer noch alle Postämter auf die täglich er-
"Elvrnde Zeitung
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^7*"), sowie unsere Expedition Heidelberg, Zwirrger-
w» entgegen. Die bereits erschienenen Num-
werden nachgeliefert.
^kpMion des „MM VMsdlaU".
, Heidelberg, Zwingerstraße 7
Pidal'S; einstmal der Schrecken aller Ministerien der
Restauration, ist Mal heute ibr treuester Pfeiler.
Diese katholische Linke heißt „I,a Union Oatoliea," der
katholische Bund Darauf kam die Reihe an die
ckrlistische „Rechte". Sie brach in Aufsehen erregen-
der Weise mit dem Prätendenten und schaarte sich
um die Fahne, die der Journalist Ramon Nocedal
aufrichtete. Diese Rechte heißt „karticko integrista,*
ine reine, lautere Partei. Nachdem sie so die beiden
Flügel der CarliSmuS abgr schnitten hakten, manövrirten
CanovaS und Sagasta, um Var C-ntrüm zu paraly-
streu. Dazu war vor Allem uöthitz, die Bischöfe zu
gewinnen, die Bischöfe, die der goüvernementale Li-
beralismuS bis dahin auch nicht durch seine 60iährige
Herrschaft halte beugen können. Durch unsägliche An-
strengungen, durch Geduld und fortwährende Zuge-
ständnisse brachten es die beiden Strategen desAlphon-
siSmvs dahin, die hohe Geistlichkeit auf ihre Seite zu
ziehen. Nach den in Lago, Madrid und Zaragoza
abgehaltenen Katholiken-Congressen erlangte die Re-
gierung von den Bischöfen eine Collecliv-KUNdgebung,
in der sie, wenn nicht direkt der Regierung, so doch
wenigstens der Person AlphonS Xiii. u. seiner Muster,
der Regentin, öffentliche Anhänglichkeit und Gehorsam
versprachen. Dieser große, für unmöglich gehaltene
Erfolg der spanischen Regierung machte die carlistischen
Reihen schwanken und brachte Verwirrung in die-
selben. Das carlistische Gespenst schien gebannt und
dadurch gewann die gegenwärtige Dynastie so an
Stärke, daß Niemand eS wagte, sie ernstlich im Lande
selber anzugreifen.
Darauf thateu aber Sagasta und CanovaS des
Guten zu viel. Um ihrer Regierung noch mehr Glanz
pnd Beständigkeit zu verleihen, prooocrrten fie den
Krieg in Melilla und später den auf Cuba und den
Philippinen, die, mit einigt« guten Willen, ganz gut
hätten vermieden werden, können. Di- Zahl der Un-
zufriedenen wuchs in demseldät Maße, als infolge
dieser unglückseligen Kriege und einer elenden Finanz-
wirthschaft dem Bolle immer größere Opfer an Gut
und Blut aufeklegt wurden, und Nsth Und Elend im
Lande ihren traurigen Einzug hielte». Als «un gar
die Reg erung, um der bedrohlichen Ebbe im Staats-
schätze abzuhelfen, ihre kirchen freundliche Maske fallen
ließ und unter Preisgabe der bis dahin beobachteten
politischen Rücksichtnahme ein förmliches Raubsystem
gegen die Kirche inaugurirte, in welchem die Beraub-
ung des HeiligthumS von Auch uur eine vereinzelte
Episode bildet, da gingen dem Klerus ».dem katholischen
Volke die Augen vollständig auf, und sie erkannten.
Welche CanovaS um sich geschaart hatte, waren, wie
dieser selbst, Freimaurer, welche auf Anweisung ihre-
Chefr eS für gut fanden, ihren wahren, erzliberaleu
Gesinnungen ein conservatjves Mäntelchen umzuhävgtn,
weil eben dje gebotene Rücksichtnahme aus die Gesinn-
ungen und Anschauungen des katholischen Volkes die-
älS politisch Vortheilhaft erscheinen, ließ. CanovaS
wußte nur zu gut, daß er angesichts der immer be-
drohlicher sich gestaltenden, republikanischen und anar-
chistischen Strömung im Lande zur Befestigung feiner
Herrschaft auf die Unterstützung der allein »och wirk-
lich „conservativen", katholischen Volkskreise angewiesen
war, und um dieser Unterstützung theilhaftig zu
Werden, mußte er vor allen Dingen den CleruS und
den Episkopat, wenn nicht für sich zu gewinnen, so
doch zu einer versöhnlichen Haltung gegenüber der
Regierung zu bestimmen suchen. ES mußte ihm daran
ümsomehr gelegen sein, als ja die carlistische Idee,
diese beständige Gefahr für dqs bestehende Regime,
gerade im katholischen Volk und in der katholischen
Geistlichkeit ihre eifrigsten und thatkräftigsten Ber-
tteter fand. Gelang eS CanovaS, den CleruS und
den Episkopat für sich zu gewinnen oder wenigstens
zu einer passiven Haltung zu veranlassen, dann traf
er zwei Fliegen mit einem Schlage, indem er nicht
nur in der Mäffc NS kachMMn'WMS 'ein wirk-
sanier Gegengewicht gegen die jeder monarchischen
Regierung gefährlichen, subversiven Elemente gewann,
sondern auch gleichzeitig da- noch immer drohende
Gespenst der CarliSmuS bannte.
Von diesem Gesichtspunkte aus ist das ganze Ver«
halten CanovaS sowohl, wie auch SagastaS'S gegen-
über der katholischen Kirchs und ihren Vertretern zu
beurtheileu. ES war die Schlauheit des alten Fuchses,
der eine "heuchlerische Larve aufsetzt, um dem gefähr-
lichen Gegner Btttrauen einzuflößen und ihn für seine
Zwecke auSzubeuten oder, wenn die Umstände eS er-
fordern sollten, ihm'den Garaus zu machen. Die klug
berechneten, äußerlichen Zugeständnisse, welche CanovaS
beurtheileu. ES war die Schlauheit des alten Fuchs
der eine heuchlerische Larve aufietzt, um dem grfäl
lichen Gegner Vertrauen einzuflößen und ihn für sei
fordern sollten, ihm den GarauS zu machen. Die klug
berechneten, äußerlichen Zugeständnisse, welche CanovaS
Und Sagasta nach und nach der Kirche gewacht haben,
waren der Köder, mit welchew sie deren Organe in
Sicherheit lullten, während sie auf der änderen Seite
alles aufboten, um den Carlisten das Banner des Ka-
tholizismus zu entreißen. In der That gelang es ihnen,
dem Don Carlos zuerst die Linke seiner Partei ab-
spenstig zu machen und zu sich herüberzuziehen: die
Gemäßigten, die weniger zUm bewaffneten Widerstand
Geneigten, die Vorsichtigen, die Politiker. CanovaS
begünstigte ihre selbständige Gruppirung unter der
Führung eines seiner vertrauten Mitarbeiter, Alexander
stehung der St. An na Kapelle am zuverlässige Weise
zu erfahren. Du darfst Dich fest darauf verlassen, daß ich
Dir die reine Wahrheit mitthelle.
Als ich in Ferien nach Haus zurückkehrte, war mein
erster Schritt in das elterliche Haus gerichtet; ich traf meine
widm Eltern in einem Zustand der Altersschwäche, doch
bewahrte die Mutter noch immer die Festigkeit ihres Wil-
lens ; fie eröffmten mir soaleich, daß nicht ihr Zustand sie
bestimmt habe, mich nach Haus zu r, fen, sondern die Lage
Meiner Base Anna, die körperlich sehr leidend sei und sich
von der Last eines-Geheimnisses, das auf ihre Seele drücke,
befreien wolle, eines Geheimnisses, vas mich zudem ganz
Nahe berühre.
Der Vater, ein gar bedenklicher Mann, wollte mich
durch eine lange Einleilung einsühren, meine Mutter aber
Machte kürzen Prozeß und äußerte: zu was die langen
Firlefänzen. Du mußt eS nun doch erfahren und ich will
Dir das ganze Geheimniß enthüllen, indem ich Dir füge,
daß Du nicht unser Kind, sondern der Sohn Deiner sog.
Base Anna bist!
Ich war wie vrm Himmel heruntergefallen und im
höchsten Grad bestürzt, weil Anna, die ich wie eine Heilige
geehrt hatte, auf einmal, als meine uneheliche Mutter und
große Sünderin vor mir stand und ich als uneheliches Kind
nicht als Priester geweiht werden konnte, ohne besondere
Düpensation; von der Ertheilung einer solchen wußte ich
über nichts.
Meine Mutter begriff Meine Lage am besten, fie errieth
meine Gedanken, wie wenn fie in meine Seele hineinsehen
könnte und fing an, mich ouszurichten und zu trösten, in-
dem sie mich versicherte, daß Anna, wenn sie auch schwer
gesündigt habe, doch aüch schwer gelitten, und ihre Sünde
durch Opfer aller Art, durch tiefe Reue üüd ei« wirlltch
frommes Leben geführt habe und daß dje Gefahr, welche
Meine uneheliche Geburt mit sich bringe, beseitigt sei.
ES bedurfte nun weniger Aufklärung, mein Herz zeigte
Mir die Bahn, die Religion forderte mich auf, «eine Mut-
ter zu ehren und ich stürzte alsbald fort und eilte in die
Prme «einer armen unglücklichen Mutter. Sie las, als ich
zu ihr «intrat, in «eine« Gesicht, in meine« Benehmen,
Die Krisis in Spanien.
Ljäu den großen Schwierigkeiten, mit welchen
8>in ohnehin schon im Inlandes sowohl als nach
hin zu kämpfen hatte, hat sich Ptzt auch die
. MMkrisiz gestellt. Das Ministrtium Azcürkaga
A wie wir schon kurz gemeldet, seine Entlassung
^"Wmen, zur Bildüng eines neuen Eabinettes.
de» MinisierkrisiS war die unausbleibliche Folge
»j, Ermordung des Ministerpräsidenten CanovaS,
v." dessen Weggang von der politischen Bildfläche
tzl.Wg und allein durch die Macht seiner Per-
in l-?"t zusammengrhaltene, „konservative" Partei
jusammenstürzeu mußte, CänowaS war be-
bfilch wett mehr wie Ministerpräsident, er war
Diktator, deß' eiserner Wille die unter dem Namen
^wnservativen" — in Wirklichkeit „cauovistischen" —
al« - Zusammengewürfelten, heterogenen Elemente
scheinbar festgefügte- Ganzer zusammenzuhalten;
Wir sagen „scheinbar", denn so wenig wie
, n Sus verdorbenem Material ein feste- Gebäude
h. ^richten im Stande ist, ebensowenig vermochten
großen Theil sittlich faulen U. corrumpirten
hj.^udthtile dieser sogenannten conservativen Partei
«vz Undlage zu bilden für eine zuverlässige Regier-
sL' M deren Geschäftsführung däS Volk auch in
Li m d» Bedrängniß, wie sie gegenwärtig herrschen,
^^irtkaukn hätteemporblicken können. MeMänner^
Ein Frauenschicksal.
wurden die Besuche meiner Eltern und meiner
» seltener, obgleich sie häufig in die Klosterkirche,
ittD ihnen der hochwürdige Herr Prälat emett be-
N Platz angewiesen hatte.
ner KW ewigen Jahren wurde ich mit Zustimmung wer-
in's Kloster zu R. versitzt, um dort als Pro-
Men Grammatik zu wirken. Ich dachte ost an meine
und erinnerte mich an die ungetrübten Tage
Ödheit, aber ich mußte mir oft Vorwürfe darüber
sii wA daß die Erinnerung an die St. Anna-Kapelle und
WtMM Base Anna jene an meine nächsten Verwandten
NeL^?te, ohne daß ich im Stande war, mir dafür
Mast zu gebe«.
lktzt°7?"ne Eltern und meine Base waren indeffen alt, und
^ielt ^"Mentlich oft krank geworden und nur selten er-
Ales 4-Nachrichten und »och seltener Besuche von ihnen,
»iir ,i/ages, als eben die Ferien begonnen hatten, brachte
de» alte Frau, die auf ihrer Wallfahrt nach Ewsiedeln
°m Kloster R. vorbei eivgeschlagen hatte, einen
Wer „L .melnim Vater, den mir die Frau glücklicherweise
«»Maren konnte.
Ich» Mu Vater that mir zu wissen, daß meine Base Anna
krank geworden und den sehnlichsten Wunsch
mich noch einmal zu sehe«, fie wüste »nr etwas
kchjM-Mewe Eltern unterstützten diesen Wunsch und ich
chen «einen Obern die Erlaubniß, auf ewige Wo-
">th°i n^Eehren, ich wmde aberäNgewiesin, meinen Auf-
Du >m Kloster E. r» nehmen.
«iedtt"?r »nerst Dich wohl noch jener Tage, und wie
kie Ä?Wlagen, wie traurig ich ost in'S Kloster zurückkam,
^Nkä ausMeitri» suchtest und wie ich Dir versprach,
i- die Gründe meiner Trauer untzutherlen, d«
!«« tzN^ iorgsüItig in «einer Brust verschließen »U müs-
»iisl^MtZtle gestorben find,'welche in die Geschichte
Ä^Wren, so will ich nun rniin Versprechen lösen,
«t LZ-Wrch schp» brßwegen ve, Pflichtet hatte, wnl Dir
Esther »,n M. daran gelrg« kein muß, die Ent-
i- -- av -i- o a»serate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rau«
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