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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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November 1897
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Nr. 256
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#1045

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Pfälzer VMMatt
tSglich 'mit Ausnahme der Sonn- u. .. Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder de
Oman tiu MMMl. FMeff L KM. P-^L°^



Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Druck, Verlag u. Expl
G eb r. Hub er in Herd
Zwingergraße 7,

November «nd Dezember
A>nen immer noch alle Postämter aus die täglich er-
^«Nende Zeitung
Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der SountagS-
sowie unsere Expedition Heidelberg, Zwinger-
7, entgegen.
Spedition des „Pfälzer Volksblatt".
. Heidelberg Zwingerstraße 7

zu besitzen," sagte Jette mit dem ernstesten G<sichte von der
Welt und vollendete damit die Eroberung, die sie bei der
alten Dame gemacht hatte. Heimlich aber dachte sie: „Ein
unausstehlicher Pedant, der Sohn I Ich gönne das präch-
tige Befitzthum tausendmal lieber dem wackeren Knaben,
der so f öhlich ins Leben hineinschaut und seine Worte
nicht abwägt."
„Und nun möchte ich endlich an Ihre Güte appelliren,"
sagte Leo, indem er eine Thüre öffnete, die zu einem erst
halb vollendeten Saale führte, „dieses Zimmer will ich
ganz modern einrichten. Da find sechs Medaillons, wie Sie
sehen. In eines derselben soll ein Spiegel kommen, und ich
möchte nichts lieber wünschen, Fräulein Wolson, als daß
Sie sich der süns anderen annädmen. Es find vier gleiche
Fächer, das dem Spiegel gegenüber ist etwas größer. Ich
hatte an die vier Jahreszeiten oder an die fünf Sinne ge-
dacht Aber Sie wissen gewiß noch etwas Besseres,"
Milianes Augen glänzten, wie unter dem Einflüsse ei-
ner plötzlichen Eingebung. „Nein!" rief sie, „nicht immer
das Nämliche. Die virr Hauprmomerite des Tages: Morgen
Mittag, Abend und Nacht irr den Seitevmedaillons, und
das fünfte sei der Winter fee gewidmet, so wie sie mir heute
erschienen ist!"
„Herrlich I Ein glnialer Gedanke! O, Fräulein Wolson,
wie dankbar bin ich Ihnen für die Gunst, daß Sie nicht
allein die Arbeit übernetmen wollen, sondern sich ihr mit
so großer Begeisterung dingeben!"
„Sie verlangen nur Bilder auf Leinwand, keine Fres-
ken, nicht wahr?"
„Natürlich, Sie arbeiten daran zu Hanse ganz nach
Ihrer Bequemlichkeit und so lange Sie wollen."
„Und wollen Sie mir als Modul! für den Morgen
dienen?"
„Ich, in meiner Sammetjacke und meiner Pelzmütze?"
„Das Kostüm werde ich schon finden, ich will nur Ihre
Züge wtedergeben."
„Sehe ich denn so morgendlich aus? Hören Sie Tante,
was Fräulein Wolson beschlossen hat und was sie von mir
verlangt?"

Anknüpfend an Zeitungs-Gerüchte über seinen Be-
such beim Reichskanzler legte Dr. Lieber zunächst dar,
laß der Besuch mit Finanzfragen nichts zu thun ge-
habt, sondern ganz andere Dinge, dieAufhebung
des Jesuitengesetzes, betroffen habe. Die
bezüglichen Aussichten bezeichnete Redner als zur Zeit
hoffnungslos. Selbst die Aufhebung des JnternirungS-
Paragraphen dürfe man z. Z. nicht erwarten. Das
Centrum werde natürlich nicht von seiner Forderung
abgehen und den Antrag zweifellos in der nächsten
Session wiederholen. In der letzten Legislatur-Periode
seien fünf Mal Anträge zur Aufhebung des G-setzeS
und eine Interpellation in dieser Frage eingebracht
worden; vorher seien zwei Anträge gestellt worden,
der eine noch Vos Windhorst, der andere vom Grafen
Ballestrem, beide aber nicht zur Verhandlung gekommen;
im ganzen lägen jetzt drei Beschlüsse mit stets wach-
sender Mehrheit vor. Die besondere Geschichte der
letzten Antrages legte Herr Dr. Lieber des Nähern
dar, bezeichnete die Einbeziehung des Ordens der
Frauen vom hl. Herzen Jesu in das Gesetz als be-
sonders gehässig und ging daun zur Besprechung der
allgemeinen Lage über, die für uns sehr
schwierige Verhältnisse biete und eine absolute Einig-
keit und Geschlossenheit aller Katholiken erfordere.
Sehr beklagte es Redner, daß die jüngere Generation
keine Kenntniß der früheren kirchen-politischen Ereignisse u.
selbst des CulturkampfeS habe, daß ihr nicht nur der
Name eines Görres, sondern selbst der eines Mallinkrodt
oft unbekannt sei. Nebst der Eintracht betonte Dr. Lieber
als besonders nothwendig das Vertrauen auf die Ab-
geordneten und bedauerte sehr die Angriffe aus dem
eigenen Lager auf dieselben. Ihnen gegenüber falle
es oft recht schwer, ruhiges Blut zu bewahren. Fe-
stes Zusammenhalten sei auch für alle Zukunft unbe-
dingt erforderlich, Einigkeit unsere Pflicht und unsere
Macht.

gegenwärtige Stellung des Centrums.
ZeiiuugSmeldung, der Abg. Dr. Lieber sei
I) .Ewigen Tagen in Berlin gewesen und habe den
Ls kanzler besucht, hat die guten Freunde
Hi^kntrumS in große Aufregung gebracht. Sie
H ?«n um alles in der Welt gern wissen, was Dr.
h,,s * gewollt hat, und da es ihnen niemand sagt,
Tem ^ch schließlich selbst mit der Erklärung, daS
fühle sich in der errungenen Position ge-
- ""d wolle sich nun bei der Regierung durch
bvz empfehlen. Da heißt es denn die Rrgier-
° vor dem Centrum wieder und wieder warnen.
h. Allen voran leisten ihr die Hamburger Nachrichten
M? dienst des getreuen Eckart. Sie zählen ver-
ebene Ereignisse auf, „welche die Unzuverlässigkeit
s^.Ltramontanen Partei unter de« nationalen Ge-
Punkte immer drastischer beleuchten" sollen. Das
Ce«? Preußen- und reichsfeindliche Vorgehen deS
dew , MS in Bayern, seine Unterstützung der Sozial-
^okraten in Baden, seine Verbindung mit den
dreibundfeindliche Aeußerungen des Osservatore
H,Wo. In Bayern hat daS Centrum gar nicht-
^"«ndlichks grthan, sondern nur einer Mißstim-
8 Ausdruck gegeben, die im ganzen Reiche ver-
ist und selbst in Friedrichsruh recht häufig u.
j»./* drastisch zum Ausdruck kommt. Das Verhalten
Luttums bei den badischen Wahlen hat
oie Kreuzztg. gelten lassen müssen, die doch sonst
. M-liane. AL
^Aurig von Melativ Iva. Aus dem Holländischen von
-- L- v. Hecwstede.
Hwar es warm; Miliane legte ihren Pelzmantel
stand mit ihrem großen Rubenshute und rhrem
>MjMn Kostüm mitten in einer mit ihrer Erscheinung
"S yalmonirendkn Umgebung.
wie schön Paffen Sie bür hinein!" rief Leo ent-
wuß die Gastsrau dieses Hauses gekleidet sein."
Mare lachte und Nette erröthete statt ihrer, während
tllvg"LsWerba den Kopf schüttelte und den Ausruf einer
z^arne gegenüber ohne Zweifel sehr unpassend sand-
Muffuane urd Leo waren aber ganz mit der Kunst be-
das er zeigte ihr bald dies, bald jenes Meisterstück,
seinen Reisen gekauft hatte, und sie bewunderte
tknni^W-als wenn sie sich in einem wohlgeordneten Mu-
!aik Alande. Nun folgten noch ein italienischer, mit Mo-
M- Uffler Saal, eine maurische Kuppel und eine grie-
Ei»e t»" krholle, worin der Junker den beiden Schwestern
Hache k? Gruppe, den Abschied von Hektor und Andro-
. Hp?" der Hand ihres Vaters, zeigte.
Er jAMich mußte Miliane an ihren „Prinzen" denken.
Ain!? o der würdige Fürst dieses Zauberpalastes sein,
<aiir>. -.db- bester als dieser kindische Knabe, von dem sie
Mken konnte, daß er dies Alles entworfen habe.
wollten mit dieser Mufterkarte aller Stilartcn
irrig Nette"' wan am besten seine Wohnung einrichte?"
wein Fräulein, ich wollte darin nur eine Probe
" und allez Schöne versammeln, und übrigens
Kaprice!" Er rief Miliane nach der ande-
. sten»'Lieber etwas Neues zu bewundern.
dticeHs!verda sah Nette lachend an und sagte: „Ka-
har es „ 'wmer wieder Kaprice! sagt mein Sohn. Wie
Mr di°a?chMders zu erwarten: die Hetrath seines Vaters
klvßix Laune. Ein Kind, daS nichts von Haushalt
MioWudern nur Blumen machen und lustige Lieder
"hhr s ?le. Und er hat ganz ihre Art, sagt mein Sohn,"
«ohn schMt sehr viel Kenntniß und Erfahrung

Frau Hilverda wußte erst Alles genau erfahren. „Ol"
sagte sie, „Du bist ost kindisch genug, denn der Morgen ist
ja ein Kind, wie Erich Für den Mittag müssen Sie
meinen Sohn nehmen, Fräulein, das ist ein ganzer Mann."
„Er hat wenigstens einen langen, prächtigen Bart,„
sagte Leo lachend, „so weit habe ich es leider noch nicht
gebracht."
Der Junker schlug nun vor, das Belvedere zu bestei-
gen, um den ganzen Bau übersehen zu können; da Frau
Hilverda aber das Treppensteigen nicht liebte, beschloß Nette,
ihr Gesellschaft zu leisten. Oben angekommen, nahm Miliane
zuerst das eigenthümliche Gebäude in Augenschein, dann
betrachtete sie die Landschaft, den sich leise schlängelnden,
jetzt erstarrten Fluß, der den ausgedehnten Park von bei-
den Seiten umschloß, und weiter die ausgedehnten Schnee-
felder in der Umgebung der Stadt.
„O, es ist schön hier!" sagte sie halblaut.
„Ja, es ist ein Genuß zu lebe» und zu athmen!"
wiederholte der Junker, der über die Balustrade gelehnt,
ihren Blicken folgte, und sein Auge war noch sonniger, als
die Winterlandschaft.
„Zu gewissen Zeiten, ja!" sagte Miliane nachdenklich,
und sie dachte an die langweiligen Stunden bei den van
Emders zugebracht, und an die früheren sorgen- und kum-
mervollen Jahre ihres Lebens. „Und langweilen Sie sich
nie?" frug sie gleich darauf,
„Mich langweilen? Ob die Sonne den Schnee ver-
goldet, oder ob der Regen Tage und Wochen lang gegen
die Fenster schlägt, ich stade immer etwas zu sehen, zu ge-
nießen, zu bewundern, zu erdenken und auszuführen. Sehen
Sie, dieser Grund und Boden gehört mir und wird von
meinen Pächtern bebaut; ihre materielle und geistige Wohl-
fahrt liest mir nicht weniger am Herzen als die Einrich-
tung meines Schlößchens. Ich will mein Leben so benutzen,
daß es mir selbst und Änderen zum Segen und zur Freude
gereicht; dadurch besonders kann ich mich dieser herrlichen
Gabe würdig machen."
(Fortsetzung folgt.)

- Inserate die 1-spaMge Petitzeile oder deren Rau«
Oman für Waückeff, Freiheit L KM.
Kelberg monatlich SV L mit Trägerlohn, durch » * «^Z°b°"bewllllgung.
Post bezogen Viertels. 1.60 franco.. Expedition-. Zwingerftratze 7.

Deutsches Reich.
* Berlin, 6. Nov. Der Kaiser ist gestern von
PieSdoif nach dem neuen Palais zurückgekehrt. Mit-
tags empfing er den LandeSrath der Marschallinseln,
Jrmer.
* Berlin, 6. Nov. Die Nordd. Allgem. Zeitung
meldet: Dem BundeSrath ging zur Beschlußfassung
ein Gesetzentwurf betr. Aenderung des Gerichtsverfass-
ungs-Gesetzes, der Strafprozeßordnung, sowie btr.
der Aenderung der Civilprozeßordnung zu.

Welderg, MM dm S.Nmmbri 1897^
mit der badischen Centrumspartei sehr un-
zusrieden ist. Sie hat anerkannt, daß es dem Cen-
trum nicht möglich war, für die Nationalliberalen zu
stimmen, die ihrerseits selbst die Sozialdemokraten für
minder gefährlich als das Centrum erklärt haben.
Der Polen nehmen wir uns nur in so weit an, als
ihnen nach unserer Ueberzeugung Unrecht geschieht.
Am Dreibund halten die deutschen Katholiken so fest
wie irgend jemand; die Angriffe katholischer Blätter
in Italien gegen den Dreibund sind von der Cen-
trumspresse und von dcm Abg. Dr. Lieber im Reichs-
tage wiederholt scharf zurückgewiesen worden. Was
können wir da mehr thun?
Die Hamb. Nachr. kommen natürlich bei ihrem
Sprüchlein auf die alte Empfehlung des CartellS
hinaus, da es „im Interesse der künftigen Entwickel-
ung des Reiches nicht wohlgethan sei, den ungesunden Zu-
stand des mühsamen FortwirthschaftenS mit dem Cen-
trum noch weiter hinzuschleppen". Wir geben uns nun gar
keiner Täuschung darüber hin, daß die Regierung m t
dem Centrum nur „fortwirthschaftet", weil sie muß.
Wir pochen darum auch gar nicht auf seine Stellung
als eine unerschütterliche; wir haben aber auch zu
lange ohne und gegen die Regierung gelebt, als daß
eS ver CentrumSleiturg, wie die Hamb Nachr. meinen,
einfallen könnte, als ängstlich bittender, wenn auch
unter der Marke deS stolzen Römers, zu erscheinen.
Vorläufig wissen wir allerdings, daß eS ohne daS
Centrum beim besten Willen nicht geht, u. man wird
uns nicht verübeln können, wenn wir nach Kräften
dafür sorgen, daß eS möglichst lange so bleibt. DaS
wird aber nicht, wie die Deutsche Zig., die gleichfalls,
und zwar ganz im Stile des Reichsboten vor dem
Centrum warnt, meint, dadurch geschehen, daß daS
Centrum sich durch hervorragenden Bewilligungseifer
die Gunst der Regierung zu erhalten sucht. Aber
darüber mit den Gegnern zu reden, ist schwer, da sie
alles unter dem Gesichtspunkte deS Handelsgeschäftes
auffassen.
Jede Betrachtung über die viel angefochtene
Stellung des CentrumS muß in der Mahnung an
alle in Betracht kommenden Stellen ausklingen, dafür
Sorge zu tragen, daß die Fraction ihre bisherige
Stärke und Geschlossenheit bewahre. Nur so kann
dieselbe allen Eventualitäten gewachsen sein. Diese
Mahnung hat eben auch wieder der Abg. Lieber aus-
gesprochen, welcher am Donnerstag Abend einer
General-Versammlung des katholischen Bürger-Vereins
Constantia in Aachen beiwohnte.
 
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