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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI Heft:
September 1897
DOI Artikel:
Nr. 222
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0905

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Wlzer Volksblatt

soft bezogen viertelj, -w 1,60 franco.

WeldkiL MMch. dm 29. Minder 1897.

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

d°Ii »kdelmg öl' °>k'e ^ugeno yane ne vor reuen. von
W d,""a eine «" ^Eer geerbt. Nicht selten kam es vor,
°d^NC<atgek^' ^U^streitung der Toilette
die VUr Erquick«»» Veklettuna der armen Kinder
Nin.5Me ^er Armen brrgab. Wenn ihr dann

Drück, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingerftraße 7.

liche Ordnung gefährlich sind — wer will das be-
zweifeln?
Manche Museen, Galerien, Kunst-Ausstellungen
sind für unschuldige Gemüther überhaupt nicht mehr
zugänglich.
In jenen Läden, wo man Cigarren und Ber-
schönerungS Artikel bezieht, trifft man beinahe regel-
mäßig Porträt- in pikanter Manier von Tingeltangel«
und CirkuSschönheiten. In den Kunsthandlungen sind
die Kopieen malerischer Naktheiten zu finden neben
den Werken krassen Unglaubens. Der Nuditäten-Un«
fug ist nicht nur geradezu schreiend geworden, er
wird auch noch mit windigen Gründen zu rechtferti-
gen versucht.
DaS ganze Leben wird durch die Fluth der Un-
sittlichkeit vergiftet. Um die Weihnachtszeit preisen
berüchtigte Firmen wahre- Schandzeug mittelst Zirku-
laren oder versteckten Inseraten an mit dem Bemerken:
„Nichts erfreue zu Weihnachten mehr". Mit schmerz-
licher Entrüstung müssen den Volksfreund die ge-
meinen und lüsternen Darstellungen erfüllen, welche
einen Theil der Neujahrskarten verunstalten. Ist eS
nicht schmachvoll, daß Karten mit den gemeinsten
Zoten in Wort und Bild von deutschen Industriellen
verfertigt, in großen und kleinen Geschäften verkauft,
und von Männern und Jünglingen, sogar von Frauen
gekauft und als Sylvesterscherze und Neujahrwünsche
meist anonym durch die Post verschickt werden?
Solche in den Schaufenstern ausgelegten Karten sind
offenbar dazu bestimmt, nur den niedrigsten und häß-
lichen Instinkten zu dienen: dem Schmutz auf der
Gasse, dem lüsternen Sinnenkitzel, der boshaften
Kränkung n. f. w. Natürlich werden solche Schau-
stücke mit Vorliebe von Alt und Jung, leider auch
von der Heranwachsenden Jugend betrachtet. Da
stehen die Kinder an den Schaufenstern und beschauen
die nur allzu deutlichen Zeichnungen, lesen die zotigen
Reime, und iu ihren empfänglichen Seelen haftet der
wüste Eindruck. Einzelne illustrirte Unterhaltungs-
blätter pflegen pikante Zeichnungen zu bringen, und
derlei Obscönitäten werden in den Auslagefenstern und
Zeitungskiosken ausgehängt. Die vorübergehenden
Schulkinder umlagern den Kiosk und werden durch
das Anschauen der Bilder moralisch geschädigt. Auch
die allerdings jetzt seltener werdenden Straßenplakate
gehören zu den widerlichsten Erscheinungen zunehmen-
der Sittenlosigkeit. Die Plakatsäulen zeigen unpassende
Abbildungen, welche zur Reklame für akrobatische
Aufführungen im CirkuS u. dgl. dienen.
zu einem kleinen Familienzirkel eingcladen, und es fügte
sich, daß auch Paul Kunow, als mit dem Hausherrn be-
freundet, dazu kam. Paul fand in dem bescheidenen und
doch so reich mit allen guten Eigenschaften ausgestatteten
Mädchen Diejenige, vor welcher sich sein jo stolzer Sinn
beugen mußte, und Anna, das unschuldige Kind, welches
an der ganzen Welt nur das Gute sah, wehrte ihrem Her-
zen nicht, das sie zu diesem Manne voll Achtung und fast
Verehrung hinzog. Und so kam es, daß einige Zeit nachher
Paul die Erlaubniß erhielt, die Tante und Nichte hin und
wieder zu besuchen, und daß bei einem dieser Besuche die
Verlobung Pauls mit Anna erfolgte. In einem halben
Jahre sollte die Hochzeit sein.
Es waren überaus glückliche Tage für die Beiden, —
bis Anna eines Tages mit tödtlichcm Schrecken auS einem
Gespräche die Glaubenslofigkeit Pauls ganz unzweideutig
erkannte. Sie meinte, vor Schrecken in die Erde finken zu
müssen, all' ihr Glück war jetzt dahin. Sie sagte indessen
nicht viel, schon darum, weil ihr im ersten Schrecken die
Worte mangelten. Aber sobald als möglich theilte sie diese
traurige Erfahrung einem Geistlichen mit. Dieser ließ es
an Warnungen nicht fehlen, und Anna erkannte, daß nur
zwei Wege vor ihr lagen, nämlich, daß sie entweder die
Heirath rückgängig machen müßte oder aber daß Paul wieder
christlich werde. Und als sie nun den Geistlichen fragte,
wie sie es etwa anzufangen hätte, da schüttelte der alte
Mann trübe lächelnd das Haupt und sagte: „Kind, das
geht nicht so schnell. Ein stolzes Herz ist das Aergste, was
es gibt; es stürzt sich eher mit offenen Augen und freiem
Willen in die Hölle, als vaß es vor dem lieben Gott sich
beugt. Da kannst du weder mit Bitten und Schmeicheleien,
noch mit Gesprächen und Disputationen ausrichten, hier
hilft allein das Gebet. Bete recht oft und bringe hie und
da ein kleines Opfer für ihn, und wenn du etwas vermagst
über ihn, suche ihn dazu zu veranlassen, daß er auch wieder
betet. Wenn er das thut und wenn er auch nur mit dem
„Vaterunser" anfängt, dann ist gute Hoffnung vorhanden."
Diesen Rath befolgte Anna; sie betete und opferte ihre
kleinen Leiden, ihre Almosen und dergleichen für Pauls

Die Etiketten der Cigarrenkisten führen häufig
sinnenreizende Nuditäten vor. Diese Kisten stehen in
den Cigarrenläden und wandern von dort in die
Häuser. Die Gemeiuschädlichkeit solcher Darstellungen
liegt auf dek Hand.
Die ZündholzdöSchen sind vielfach auf gleiche Weise
verunziert. Bon einer Großhandlung in G. z. B.
werden Zündhölzerschachteln mit schamlosen Abbildun-
gen an die Kundschaft versandt. Dieser Unfug be-
schränkt sich nicht auf Deutschland. Zündhölzcrschach-
teln mit schmutzigen Bildern sind in Italien etwa- so
Allgemeines, daß man sich wundert, wenn man hier
und da einmal eine mit einem anständigen Bilde er-
blickt. Gegen dieselben hat jetzt eine Anzahl katholischer
Jünglinge in der Provinz Ligurien den Kampf auf-
genommen, indem sie auf eigene Kosten Zündhölzer-
schachteln ohne Bilder Herstellen ließen und zum Ver«
kaufe brachten. Der hl. Vater, dem vor einiger Zeit
von der Sache berichtet wurde, hat den jungen Leuten
dafür seine Anerkennung ausgesprochen.
MönchSfratzen werden jetzt sogar zur Verherrlich-
ung von Liebig'- Fleisch Extrakt verwendet. Eine
Reklamekarte zeigt eine Scene aus Wolfs'- „Wildem
Jäger" mit zwei Mönchskarikaturen.
Die Karlsruher Oberpostbehörde macht bekannt,
daß zu den Postkarte», die wegen ihre- Inhalts durch
die ReichSpost nicht zur Versendung gelangen, auch
die sogenannten Brüsewitz-Karten gehören, die in einem
Stuttgarter Verlage hergestillt sind. Bei diesem An-
laß macht die Oberpostöehörde auf die zunehmende
Verrohung des PostkarteninhaltS aufmerksam.
Selbst die Umschläge der Schulhefte kann man
bisweilen mit zweideutigen Bildern bedeckt finden,
mit Karikaturen, welche den Nuditäen Kaulbach'- und
MarkartS an die Seite gestellt werden können. Manche
Kaufleute schenken den Schulkindern, welche bei ihnen
Hefte oder sonstige Schreibgeräthe kaufen, buntfarbige
Bildchen, um die Kleinen zu veranlassen, ihren Be-
darf stets bei ihnen zu decken. Dagegen läßt sich
nichts einwenden, wenn aber die Bilder anstößiger
Art oder gar mit einer Erzählung leichtfertigen In-
haltes versehen sind, dann verdient das Verhalten
der betreffenden Ladeninhaber den schärfsten Tadel.
Wir richten deßhalb au alle Eltern schulpflichtiger
Kinder die dringende Mahnung, die kleinen Lockgaben
genau zu prüfen, ehe sie dieselben den Kindern über-
lassen. Streng verbieten müssen sie den Kleinen
jedenfalls den Einkauf bei solchen Geschäftsleuten, die
gewissenlos genug sind, den Kindern derartige Ge-
schenke zu machen.
Wohl. Und wie oft, ja jedesmal, wenn sie ihn bei einem
Besuche hinausbegleitete, bat sie ihn, so gut und schön sie
konnte: „Paul, bet'heute Abend noch ein Vater unser!"
Paul aber gab gewöhnlich eine nichtssagende Antwort.
Die Hände falten zn einem Gebete; dazu war er zu
stolz. Lieber hätte er sich, so sagte er, in Stücke zerreißen
lassen, als daß er beten würde.
Anna sah freilich nicht so tief in den Abgrund des
Unglaubens ihres Bräutigams hinein, und da derselbe zu-
dem in neuerer Zeit mit ihr sogar in die Kirche ging,
glaubte sie ihn gewonnen zu haben. T aß Paul ihren Bitten
um ein „Vater unser" jedesmal entsprochen habe, glaubte
sie in ihrer Harmlosigkeit ohnehin.
Eines Tages war Anna mit ihrer Tante zu einem
Balle geladen, und sie waren dort erschienen, Anna in wei-
ßer, schimmernder Toilette. Aber was an ihr auffiel, war
ein besonderer, saft trauriger Ernst, welcher auf ihren Zügen
lag- Sie selbst wußte es kaum. Allerdings hatte das Gebet
um eine gute Zukunst und Pauls Bekehrung wohl einen
Hauch der ernsten Sorge auf ihr Angestcht ausgegoffen.
Aber dazu kam noch heute Abend ein unerklärliches Etwas,
als müsse sie sich von Paul trennen, oder es stehe ein be-
sonderes Ereignis bevor. Diese innerliche ernste Sammlung
ließ sie gegen all' den Flitter der Unterhaltung und des
Tanzes kühl- Paul aber merkte nicht viel davon, er fand
seine Braut liebenswürdiger als je.
Selbstverständlich traf auch ihr Verlobter zu dem Balle
ein, und sie weilten dort lange.
Paul begleitete die beiden Damen bis vor ihr Haus,
wo man plauderte.
(Fortsetzung folgt.)

I Snserat« die 1-spaltige Petitzeile oder deren Rau»
Ariers tL-ltch mit AuSnahme der Sonn- u. l- c «1 S? ss- 0 10H, ReklameLo Für hiesige Geschäfts-und
Groll» für Walrrlml, Freckm L riecht.
Aberg monatlich 5« L mit Trägerlohn, durch " Expedition: Zwingerstraße 7.
^-Ä^Post bezogen viertelj, 1.60 franco. - »« —- " - " '

A Zur gefällige« Beachtung! A
A «uf das „Pfälzer VolkSblatt" kann D
U ^ttwähr-nd hier in unserem Expedition-- M
M "kale, Zwingerstraße Nr. 7, auswärts bei M
H alle» Postämtern und Postboten abonnirt W
U Verden. rK
_ U

Anflath in Wort und Bild.
dnrrkennenSwerthem Eifer hat die Polizei den
Wat E kiner gewissen Sorte von Schundliteratur
,s^°wmen, nachdem einmal vom Cevtrum die An-
dqtz I dazu ergangen war. Leider muß man sagen,
W Erfolg nur ein geringer ist. Man hat gelernt,
ietr-iz 8 mehr Vorsicht das schmutz'ge Gewerbe zu
die v ' .""d der fliegende Buchhandel liefert nach
die verbotene Contrebande, nur werden die
"vgen Stoffe nicht offen auSgelegt.
.ouu, Nutzen aller Derer, die es zunächst angeht,
Ailii» Eltern und Lehrer, möchten wir hier die
Wk» Wuikeit auf eine Sorte von Jndustrieerzeug-
M "senken, welche grundschädlich sind ».mit Stumpf
in M» auSgerottet werden sollten. Die Produktion
tzil^ükn Artikeln, z. B. Stereos'open u. schmutzigen
Teri».' überaus schwunghaft sein, denn nach
" öffentlicher Blätter wurden bei HauSsuch«
Md- Wagenladungen derartiger VerkausSgegen-
Art k veggenommen. Recht einträglich muß diese
Äliaak Industrie sein, wenn e- wahr ist, was unter
Mes» allen Einzelheiten versichert wird, daß
Kracht ^chiiftsinhaber eS zu großem Reichthum
W.^tzerne Bildwerke in Farbe, Lichtdruck, Photogra-
iivßeei Kupferdruck, in GyPS, Stein, Metall rc.
diHgch^m Passanten der Hauptstraßen unserer Städte
Einschreiten der Polizei wird regelmäßig die
zriss , „öorgeschützt und damit nicht selten der An-
^ungeschlagen.
tzittliÄ ^artige Darstellungen nicht allein für die
sondern auch für die öffent-
- „Bete rin Vater unser!"
Wie ^konnte mehr als sorgenfrei leben: ihr Vater
*Mte m„edeutendes Vermögen hinterlassen. Als er starb,
feste M" achtzehn Jahre. Es war schon das
"An Mlben emer guten Erziehung und einer
flle ibrp Wvfität, daß das reiche Mädchen, trotzdem
medio, Wunsche von der Tante und den Dienstboten be-
W jkd° und t »selben Alles thatcn. um das Kind
ru verhätscheln und zu verwöhnen, dennoch
All und herrschsüchtig wurde. Anna's Herz war
M schien nnd tiefen Frömmigkeit durchglüht, und
der Schild, der sie vor Hochmuth und Dünkel
Ü'A.Endliche Gebet, die heiligen Sakramente und die
Vftnae» Uezogenheit waren und hlieben ihre theuersten
U diel die Armen erhielten heimlich außerordent-
diese Tugend hatte fie vor. Allem von
M d'en"ü,""e Summe,
Akk iu,-«".Hk.sktzt War,
Ii" vcL «rmrn nusrntt vurr«
S8nlA*Mrfe darüber machte, so wuite sie mit ei-
«W das Elerd der Armen so rührend zu schil
? die Ni^'fAn die Thränen in die Augen traten und
^edheitk» k^kkcßlich noch höchlich lobte. Bei solchen Ge-
M sie de- »Wie dann die Tante immer zu schließen, rn-
U Putzes Züchte umarmte: „Es ist wahr, du bedarfst kei-
du bist nicht nur das bravste, sondern das
UWeid»,- n - N Stadt, wenn du auch nur in einem
Ke eiqwg?», daher komm st." Aber ernst sagte auf solche
Me, "2 - "Liebe Tante, mache dir nicht auch
Lauheit .Eitelkeit zu verführen; siehe, ich habe diese
An iwm-r°" d» du sagst, schon oft fast nicht gewünscht.
Ww, d?°r muß ich denken, all' diese schembaren Huld.-
eiten. dargebracht werden, find bloße Aeußerlich-
solltewein Herz mchtS hat, war es davon
m^den die Sachen, als Anna mit Paul Kunow
«rr r. Die Tante und Anna wurde» eines Abends
 
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