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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

DOI issue:
September 1897
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Nr. 216
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0881

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Pfälzer Volksblatt

1. IM

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Staates, eine allgemeine Mißstimmung laut werden
zu lassen."
Der Artikel kann höchsten- von einer in die Ab-
sichten der badischen Regierung eingeweihten Seite
kommen; er dient diesen Absichten aber herzlich unge-
schickt. Also: der Lander Herr betrachtet es als einen
Grund der Verstimmung, baß der Erzbischof von
seinem Recht Gebrauch gemacht hat, sich ohne staat-
liche Genehmigung oder Einmischung einen Weihbischof
bestellen zu lassen. Es soll eine Beleidigung des
LandeSherrn sein, wenn auf innerkirchlichem Gebiet
eine Beförderung stattfindet, ohne daß an unzustän-
diger staatlicher Stelle vorher unter Vorlage der
Persoralacten um Erlaubniß gefragt wird. Ob man
den Großherzog nicht eher beleidigt, wenn man die
Behauptung aufstellt, die Zurückbehaltung der Wahl-
liste sei die Revanche dafür, daß der Erzbischof eine
innere Angelegenheit der katholischen Kirche in den
Grenzen seiner Zuständigkeit ohne staatliche Bevor-
mundung geregelt habe? Die Kirche Hot an den
bestehenden Aufsicht-- und Bevormundung!?.Vorschriften
in Baden wahrscheinlich gerade gerug. Da- hohe
Alter de- fil. Erzbischofs war übrigen- nicht der
Grund der Bestellung eine- Weihbisckofk. Erzbischof
Roo- war damals erst 66 Jahre alt, aber freilich krank.
Dazu kommt, daß die Last der bischöflichen Fur ctionen
neben den Arbeiten und Sorgen der Kircher regierung
in der großen Erzdiöcese unmöglich auf längere Zeit
von einem noch so rüstigen Manne getrogen werden
kann. Jeder Erzbischof reibt sich bei uns vorzeitig
auf, der eine- HilfSbischofs ertbehrt. Der jetzige
Hochw. Herr Weihbischof ist der vierte seine- Amtes
seit Bestehen der Erzdiöcese — 1827 —. DaS
Domcopitel könnte sür eine Unterlassung de- Erz-
bischofs in liner diesen persönlich und allein berühren-
den Sache füglich nicht verantwortlich gemacht werden.
Die Bestellung eines Weihbischofs ging, wie jeder nur
halb „Eingeweihte" wissen muß, nicht vom Metropo-
litancopitel ans und änderte bas Verhältniß de- Be-
förderten zum Copitel nicht. DaS Copitel hat ibn nicht
gewählt, u. bei der Ernennung zum Weihbischof durch
den Erzbischof bezw. den Hl. Stuhl konnte „die frühere
Absicht, ihn zum Erzbischof für später zu erwählen,"
schon deßhatb in dem vom „Bayerischen Kurier" ge-
meinten Sinne nicht bestehen, weil die Wahl des
künftigen Erzbischofs von Personen abhirg, welche un-
abhängig vom verstorbenen Erzbischof ein freies Wahl-
recht hatten, zur Wahl einer bestimmten Person gar
nicht verpflichtet werden konnten und möglicherweise,
fall- der Erzbischof noch lange gelebt hätte, erst nach
sie mich erblickte, konnte sie wieder weinen. Ihr Gatte
war wie niedergeschmettert» der Schreck schien sein Blut zu
Eis erkältet zu haben, denn Leichenblässe bedeckte sein Ge-
sicht und seine Lippen. Ich nahm die unglückliche Frau
mit mir in mein Haus und behielt sie mehrere Tage bei
mir. Inzwischen erwirkte der Mann seine Versetzung nach
einer entfernten Provinz, und die Familie beaab sich dahin,
weil es ihr unmöglich war, länger an dem Orte zu leben,
an den sich so gröbliche Erinnerun.er für sie knüpften."
„Aber in welcher Absicht, zu welchem Zwecke wurde
denn dieser Mord verübt?" fragte der Fremde.
„Um das Opfer zu berauben, wie man sagt. Die alte
Frau hatte — so hörte ich von ihrer Tochter — am Mor-
gen desselben Tages eine bedeutende Summe Geldes von
ihrem Notar zugesendet erhalten. Der Schreiber, welcher
sie überbracht hatte, gerieth auch in Verdacht, und obgleich
ihm nichts nachgewiesen werden konnte, wurde er dadurch
dennoch t» seinem Rufe vollständig zu Grunde gerichtet.
Wenn ein Verdacht ganz allgemein und einstimmig wird,
schadet er oft mehr, als ein erwiesenes Vergehen; denn in
dem letzteren Falle kann der Verbrecher Umstände anführen,
die zu seiner Entschuldigung beitragen, oder kann Reue an
den Tag legen und dadurch Gnade vor Gott und den
Menschen finden."
„Ihre Bemerkung ist sehr richtig," erwiederte der Fremde.
„Die menschliepe Gesellschaft, die nach erstandener Strafe
milde ist und sein soll, ist vor derselben unerbittlich. Aber
haben Sie seitdem keine Nachrichten von Ihren armen
Nachbarn erhalten?"
„Anfangs wohl, aber in den letzten Jahren find sie
mir ganz aus dem Gesichte gekommen. Es ist ihnen dort,
an dem neuen Aufenthaltsorte, gut ergangen. Der Mann
hat den Militärdienst verlassen und andere Unternehmungen
besonnen, die sehr günstig sür ihn ausgefallen find. Er
ist jetzt einer der geochtetze» MSnner in der dortigen Ge-
gend, ist Alkalde gewesen, hat noch andere Ehrenstellen be-
kleidet «nd gilt so zu sagen für eine Notabilität. Was die
Fra« betrifit, so hat sie in ihrer häuslichen Zurückgezogen-

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Heidelberg,
Zwingrrftraßr 7.

HkUk VerdWkrlrmtzS-Versvche in der
Freiburger Erzbischofs-Fruge.
dir s" .-Dcy nfchin Knrirr" wird die Verlängerung
den vc carz des Freiburger erzbischöflichen Stuhles
§M?"grblich „eivgeweihter Seite" auf Gründe zmück-
den Sachverhalt entstellen und daher ge-
«rd d e Streitfrage zum Nachtheil des klaren
A k^baiastbaien kirchlichen RechiSstandpuriktrS
d,.?"schjrbkn. Die Verhältnisse werden als „so
»riii,, n wie nur möglich" hingestellt. Die Er-
des DimcopitularS Dr. Knecht zum Weih-
f" vollzogen, „ohre den Großherzog vorher
!chr k verständigen." Der Großherzog fei deshalb
zsw w^idigt gewes.n. Dir Beförderung Dr. Knechts
tzul,Mbischof sei in der Absicht ei folgt, „ihn zum
Kz Mvf für später zu erwählen." Noch dem Tode
Ü» ^zbifchoss Roos reichte das Copitel eine Liste
welcher diese Absicht, Herrn Weihbischof Dr
d°kai» w Erzbischöfe zu erheben, unzweifelhaft her-,
»vd »b- Tiefe Liste ist nun auch dem Ministerium
ties°wcht b,m Großherzoge überreicht worden, und an
k" Formfehler klammert sich der Minister an, um
: wir haben auf legalem Wege gar keine
erhalten ! Beider ganzen Angelegenheit
bM.wit, daß Dr. Knecht ein Convertit ist, was die
tzz Regierung nur mit Unbehagen wahrnimmt,
ist ?!,. Rom Herr Dr. Knecht xsisonu gratissima
jetzt ,1>en wir nicht. Sicher ist, baß von dorther bis
Versuch gemacht ist, den Streit auSzuglerchen.
M wwde aber in der Erzdiöcese Freiburg wie im
Kn/? ^lholifchen Deutschland eine endliche Erledig,
Vicht; Angelegenheit sehulichst wünschen. ES liegt
Interesse der Kirche, aber auch nicht des
Leben schweigen und sterbend vergeben.
Spanischen des Fernan Caball erv.
^«de» » schrecklich die That mit ihren begleitenden Um-
?er Dio»ewbsen sein muß, läßt sich daraus entnehmen, daß
s^r-ein ehrlicher Mensch, von der Idee, im Ber-
A»de »Teilhaberschaft gestanden zu haben, so ergriffen
Miln» v"ß er den Verstand verlor und bei seiner Ent-
Mdx» "US dem G'säntzniß m das Irrenhaus gebracht
Are Die Magd sank durch ihre Verhaftung und
^echx^Mtbete Theilnahme an dem geheimnißvollen Ber-
A öffentlichen Meinung dergestalt, daß sie kei-
?krlösj^v wieder bekommen konnte, von ihrem Bräutigam
Ll»ni,""sde und unter dem Drucke der Schande und
Sender Mich zu Grunde ging.«
!!^r njA Schleier, der dieses gräßliche Verbrechen umgab-
l^kechiU ö» lüften. Das Volk schrie nach Rache, allein die
Meg Wert konnte ihr Schwert auf keinen Schuldigen
Aalt-» Gott hatte sich die Bestrafung desselben vor-
Mtr °«.^ wurde damals nicht- entdeckt, 's ist bis jetzt
M »»Mut worden und es wird wahrscheinlich nie et-
»ldeckt werden l"
ikaate » ° was wurde aus dem Osfizier mit seiner Familie?"
Wer, wgx "wde, welcher von der Erzählung lebhaft er-
lichel»d°">wirft uns Spaniern vor," versetzte die Dame
»'i»"°°Z wir Alle» leicht nehme» und immer nur der
Athen WM folgen. Mag es wahr sein, daß unS die
Ar n>i>- Fationen eigene Gabe der kalten Berechnung fehle,
en auch ein warmes Herz. Sobald die Ge-
A weinen Huu» verlassen hatten, eilte ich dahin,
K werd, armen Freunden Trost und Hilfe zu bringen.
i7'ckkti r,, die Scene vergessen, die sich dort meinen
lwew L?! Man sah den Leichnam zwar nicht, der noch
W H^.o'Mmer lag, aber man fühlte, daß er nahe war,
Me, d'- roch nach Blut! Selbst da» Wasser in dem
A „N.prunuens behielt seine rothe Farbe, als wen»
M?, ^lUeßeude Wasser fich nicht mit ihm habe vermischen
Wterne arme Freundin lag in Krämpfen; erst , al-

Zur grMigeu Beachtung! 8
R «uf das „Pfälzer VoNSblatt" kann A
U wltwühr'nd hier in unserem Expedition--
K Lokale, Zwingerstraße Nr. 7, auswärts bei M
D allen Postämtern uud Postboten abonnirt US
U werden. M
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^Ube»^ L r^t T'Kr^ durch_
«tz^mePoft Novaen viertelt. 1-bO rranco. -

dem Großherzog überreicht worden ist, konnte nur
dann ein entsetzlicher „Formfehler" sein, wenn das
Ministerium die Sache nicht- anging. Dann kann
aber der Minister sich auch nicht „an diesen Formfehler
anklammern" und sagen: „wir haben auf legalem
Wege gar keine Candidatenliste erhalten." Dann
müßte der Großherzog diesen Mangel persönlich gel-
tend machen, und zwar hätte dann die Oeffentlichkeit
ein Recht darauf, den Sachverhalt zu erfahren; dann
dürfte man an verantwortlicher Stelle in Karlsruhe
zu einem so illegalen Zustande in der Erzdiözese nicht
schweigen, sondern man müßte ernstlich darauf dringen,
daß der legale Weg vom Domkapitel zur Wiederbe-
setzung des erzbischöflichen Stuhles ehestens beschritten
werde. In Wirklichkeit ist aber der legale Weg vom
Domcapitel beschritten worden, mag es nun seine Liste
dem Großherzog direkt oder durch den zuständigen
Minister eingereicht haben.
Wir leben in einem constitutionellen Staat; di«
maßgebenden Bullen von 1821 und 1827 sind Be-
standtheile unseres Staatsrechtes; die Entgegennahme
der Wahllisten und die Erklärungen darauf sind
heit auch ferner so glücklich gelebt, wie eS mit jenen schreck-
lichen Erinnerungen möglich war."
„So daß also," bemerkte der Fremde mit einem bitteren
Lächeln, „nur das Haus noch den Eindruck bewahrt, der
aus den Herzen der Menschen verschwunden ist."
„Das Haus hat den Eindruck des Verbrechens bewahrt,
in den Herzen ist der Eindruck des Schmerzes erloschen.
Kein Schmerz kann in dieser Welt ewig dauern, so hat es
das barmherzige Wesen angeordnet, das am besten weiß,
was gut für uns ist. Jeder kommende Tas bringt eine
neue Sonne und läßt die des vorhergehenden vergessen;
jede Blume, die fich öffnet, zieht den Blick von einer wel-
kenden ab. Das Vergessen ist eine Wohlthat, ist der Le-
benSbalsam, den Golt uns Menschen schickt, sowie er den
Pflanzen den erfrischenden Thau gibt- Was sollte aus uns
werden, wenn wir nie vergessen könnten?"
„Ich weiß nicht," erwiederte der Fremde, „ob ich das,
was Sie soeben gesagt haben, erhabene Philosophie oder
was sonst nennen soll."
„Stellen Sie es nicht zu hoch und nicht zu niedrig.
Es ist eine derjenigen einfachen Wahrheiten, gegen die sich
der Stolz des Menschen vergebens auflehnt. Aber sagen
Sie mir, — werden Sie das Haus beziehen? Ich würde
mich freuen, wenn die Schatte» dieser düsteren Wohnung
durch eine so liebenswürdige Famflie vertrieben würden,
Wie die Ihrige ist."
„Nein, Sennora, ich werde es nicht beziehen. Obgleich
ein Kind dieses Jahrhunderts und frei von Aberglauben,
kann ich mich doch gewisser Eindrücke nicht erwehren. Die-
se» Haus birgt in seinem Innern eia gräßliches Geheim-
»iß, und rechtliche Menschen müssen es deßhalb fliehe» und
mit seinem Geheimniß allein lassen, sowie alle Diejenigen
stets allein bleiben, die ein belastetes Gewiffen haben." —
(Fortsetzung folgt.) >

KMerg. MMO, den 22. SeMuibn 1897.

der Ernennung de- Weihbischofs ins Domcapitel
kommen konnten. Wenn die Wabl des Erzbischofs
und der Heiligen Vater für den wichtigen Posten deS
Weihbischofs auf den Domkapitular Dr. Knecht fiel,
so war das allerdings der Ausdruck der Ueberzeug-
ung, daß der Erwählte in jeder Beziehung für daS
bischöfliche Amt würdig und tauglich sei. Niemand
wird unserem Hochwürdigen Weihbischof bestreiten
können, daß er mit ebensoviel apostolischem Eifer
als Klugheit und Takt seiner Aufgabe als Bischof u.
LrzbiSthumSverweser waltet. Unter solchen Umständen
ist eS doch nicht beleidigend für den Großherzog, fall-
wirklich aus der Liste dis DomcapitelS die Absicht,
Herrn Weihbischof Dr. Knecht zum Erzbischof zu wählen,
hervorginge. Es wäre doch geradezu befremdend ge-
wesen, wenn das Domcapitel die Neigung zu erkennen
gegeben hätte, einen so anerkannt würdigen und be-
rufenen Prälaten bei der Wahl zum Erzbischof zu
übergehen. Der Regierung stand und steht eS ja zu,
gegenüber jedem Namen der Wahlliste von ihrem
Recht gemäß der Bulle uääominici ZrsZis eustoäiam
Gebrauch zu machen; aber Sache des Domkapitels
war es sicher nicht, ihr durch Uebergehung gerade
des nach kirchlichen Gesichtspunkten geeigresten Can-
didatcn daS Odium zu ersparen, das für sie aus dem
Streichen der xsrsonu minus Zruta oder gar aus der
 
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