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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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April 1897
DOI article:
Nr. 77
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0321

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Pfälzer Volkslcktt

Wichtigeres zu thun, als die ohnehin schon so gewal-
tigen Marinelasten noch um ein Dutzeud Millionen
vermehren zu helfen. Vor zwei Jahren gab der Bund
der Landwirthe die Parole auS: „Kein Kanitz, keine
Käbne!" und redete den Bauern vor, durch die Be-
willigung neuer Kreuzer zum Schutze des überseeischen
Handels werde nur die Einfuhr überseeischen Getreide-
erleichtert, also der Bauernstand geschädigt. Heute hat
man diesen Gesichtspunkt ganz über Bord geworfen.
Die Parole „Kein Kanitz. keine Kähne", Hatallerdings
heute überhaupt keinen Werth mehr, denn der Antrag
Kanitz, das staatliche Getreideeinfuhr-Monopol, ist,
wie selbst der Bundesvorstand Lucke Patershausen zu-
geben mußte, preiSgegeben. Nach Lucke bedeutet das
Schlagwort „Antrag Kanitz" nur noch: Hebung der
Getreidipreise. Für diese Forderung sind wir seit
Jahren eingetrcten, und dem Centrum, nicht dem
Bunde der Landwirthe, gebührt das Verdienst, den
ersten Schritt zu diesem Ziele, das Verbot des böc-
senmäßigen GetreidererminhandelS, prrlamentarisch an-
geregt und durchgesetzt zu haben. Man gewinnt ari-
der La- dstuhler Versammlung denselben Eindruck, den

geregt und durchgesetzt zu haben,
der La'dstuhler Versammlung de
der nat.lrb. Parteitag in Neustadt gemacht hat, daß
nämlich der Bund mit der nat.lib. Partei nicht direkt
brechen, wohl aber alle Elemente, die sich dem wirth-
schaftlichen Standpunkte des Bundes nicht unbequemen,
aus dem Reichstag und Landtag hinaurwählen und
durch gefügige Vertreter ersetzen wolle. Den Commer-
cienräthen und Bankdirektoren usw. gab Schmitt sehr
deutlich zu verstehen, daß sie, wenn sie gewählt wer-
den wollen, dem Bunde nach den Augen sehen müssen,
und, da sie das jedenfalls nicht wollen, auf ihr Man-
dat zu verzichten haben. Die nat.lib. Partei und der
Bund der Landwirthe können also gute Freunde blei-
ben, wenn die nat.lib. Partei sich entschließt, den
Befehlshabern des Bundes — auS der Hand zu essen.

Für das zweite Guartal 1897
^hweu noch immer alle Postämter Bestellungen auf
täglich erscheinende Zeitung
»-Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage .Der Eottntagb-
sowie unsere Expedition Heidelberg
"wivgerstraße 7 entgegen.
Expedition des „Pfalz?r Volksblatt".
Heidelberg, Zwingerstraße 7.

Sie>. am Nachmittage Mauer Geraio IN Zyren
btstig verlangte, im Wasser zu lpielen, g<
kiu». " Gedanken rin, es so darzustellcn, als ob cr cr-
Uwäre. Mit pochendem Herzen hielt ich mich gegen
An?», immer m der Nähe. Ich hörte, wie Mylady in'S
lütz,dmmer ging und Sie ebenfalls hereinrief; dann
Ä Magd und ging wieder, und nun war er Zeit.
wutzt?, daß nun so bald Niemand wieder zu dem

„Dann kam Mr. Ravenkbourne nach England, gab
m'r Geld und ein Haus, ließ meine Sally holen- Und
auch er prägte mir wiederholt vafselbe ein wie mein Mann
gleich nach seiner Ankunft, dann nach Sally's Unglücks-
fall und endlich so oft cr mir begegnete; denn sie trauten
mir nie recht und wollten mich nicht an- den Augen lassen,
llebrigens fürchtete ich mich nicht bloß seinetwegen, mit
Ihnen zu sprechen, und seitdem Mylady sich so gütig und
theilnehmend gegen Sally bewiesen hatte, war es vollends
um meme Ruhe und Zuversicht geschehen. Meinen Mann
habe ich in den drei Jahren ein einziges Mal gesehen. Mr.
Ravensbourne hielt cs für sicherer, wenn wir nicht bei-
sammen wären, und er selbst trennte sich nur zu gern von
mir."
Wir hörten unten ein Geräusch und Mrs. Weston fuhr
erschrocken in ihrem Bette auf. Auch ich war voll Angst,
daß wir gestört werden könnten, bevor ich die Hauptsache
erfahren batte. Darum drängte ich sic, mir zu sagen, wo
da- Kind sich befinde.
„Zu Stapleford in Hamshire. Sie denken, ich wisse
nichts davon. Aber der Briefträger gab einmal einen Brief,
welcher für meinen Mann bestimmt war, an mich ab, und
dadurch kam ich hinter das Äeheimnitz. Bitte, öff.ien Sie
jenen Kasten dor-. In der linken Ecke finden Sie ein Käst-
chen, in welchem der Schlüssel steckt."
Ich fand und brachte rhr das Kästchen und sie holte
aus demselben einen zerknitterten Brief hervor.
„Hier, nehmen Sie und forschen Sie das Kind aus.
Und wenn Sie es gefunden haben, verzeihen Sie mir und
nehmen Sie sich meiner armen Sally an "
Ich rief das Kind, denn es ging sichtlich mit ihr zu
Ende, sie kannte schon ihre Tochter nicht mehr. Ein Mal
flüsterte fre noch: „Lassen Sie eS Sally nicht entgelten."
Fünf Minuten später hielt ich e»nen leblosen Körp:r
in meinen Armen. Ich drückte ihr die Augen zu, welche
bis zum letzten Moment so flehentlich auf mich gerichtet
waren, und dann machte ich mich auf, da keine Minute
v:rloren werden durfte, um das Kind zu suchen. Hamshire
war mir so fremd wie Ostindien.
(Fortsetzung folgt.)

gangen sind der Nachtragsetat (u. der Gesetzentwurf
betr. Anleihen.
Erste Berathung der Rechnungen über den Haus-
halt der Schutzgebiete von Kamerun und Togo sowie
des südwest-afrikanischeu Schutzgebietes für 1892 93
und 1893 94 sowie erste Berathung der allgemeinen
Rechnungen über den Reichshaushalt für 1893 94
nebst Anlagen.
Beide Gegenstände werden der RechnungSkommis-
sion überwiesen.
ES folgen W a h lp r ü fun g e n. Die Wahl des
Abg. PeuS (8. Wahlkreis des Regierungsbezirks Pots-
dam) wird für giltig erklärt. ES folgt die Berathung
über die Wahl des Abg. Reichmuth (1. Wahlkreis des
GroßherzogthumS Sachsen Weimar). Der Antrag der
Commission geht dahin, weitere Erhebungen anzustellen.
Abg. Gamp (Rpt.) ist mit der Anstellung von
Erhebungen einverstanden, sogar in weiterem Umfange,
als von der Commission vorgeschlagen. Redner be-
antragt insbesondere Erhebungen darüber, ob die Ge-
meindediener an die Wähler oder deren Angehörige
Wahlzettel vertheilt, ob sie auch für Privatpersonen
gelegentlich Drucksachen vertheilt und ob sie beim
AuStragen der Wahlzettel dienstliche Abzeichen getragen
hätten.
Abg. Singer (Soz.) erblickt in diesem Anträge nur
eine Verschleppung.
Der Antrag Gamp wird abgelehnt u. der Antrag
der Commission angenommen.
ES folgt der Bericht der Commission für die Ge-
schäftsordnung über die Frage der Verlegung der all-
gemeinen Diskussion in die dritte Berathung.
Abg. Träger (freis. VolkSP.) als Referent befür-
wortet den Antrag der Commission und einen Zusatz
zur Geschäftsordnung, wonach in der dritten Lesung
nach Abschluß der Diskussion über die einzelnen Ar-
tikel auf Antrag von 15 Mitgliedern noch einmal eine
Diskussion nach Maßgabe des 8 18 der Geschäftsord-
nung stattfinden kann.
Abg. Gamp (ReichSp.) hält hierzu ein Bedürfniß
nicht für vorliegend und beantragt die Ablehnung der
Antrages.
v. Levetzow (kons.) schließt sich diesem Anträge an.
Marquardsen (natl.) hält den Antrag ebenfalls für
überflüssig.
Abg. Lieber (Centr.) kann sich mit dem Commission---
antrage nicht befreunden. Freilich dürfe das Recht
der Meinungsäußerung für die Abgeordneten nicht
von dem Wohlwollen des Präsidenten abhängen

Deutsches Reich.
* Berlin, 3. April. Die Reichstagskommission
für das AuSwanderungSgesetz nahm in zweiter Lesung
mit 15 Stimmen den Entwurf nach den Beschlüssen
der ersten Lesung an. — Bei dem Staatssekretär Dr.
v. Stephan wurde heute neuerlich ein operativer Ein-
griff von Prof. v. Bergmann vorgenommen.
Dentscher Reichstag.
Berlin, 3. April.
Am BundeSrathStisch Commiffare.
Präsident v. Buol eröffnet die Sitzung. Einge-
Kinde kommen werde, wußte, daß die Dienstboten beim
Abendessen waren : ich konnte also darauf rechnen, unbe-
merkt aus dem Hause zu kommen- Ich lauschte, Alles war
still. Nun nahm ich einen großen, halbgefüllte» Waschkorb
und schlich i« das Kinderzimmer.
„Der Kleine schlief ganz fest und rührte sich kaum, als
ich ihn ausnahm und zwischen die Wäsche in den Korb
legte und mit Kleidungsstücken bedeckte. M't der Kraft der
Verzweiflung hob ich den Korb auf die Schultern und
stahl mich hinaus, den Gang hin und zur kleinen Hoftbüre.
Dort stand mein Mann schon auf der Lauer und öffnete
leise, als er mich den Korb niedersetzen hörte. Ich deutete
auf die Wäsche. Er nahm das Kind heraus, und da cs
munter werden wollte, drückte er es so fest an seine Brust,
daß es sich nicht rühren und nicht schreien konnte. Unter
mir wankten die Kniee. Aber ich hatte noch Besinnung ge-
nug, um, während mein Mann mit dem Knaben im Dun-
kel verschwand, das rothe Kleidchen, welches ich mitgenom-
men hatte, an den Bach zu tragen und blindlings hinein-
zuwerfen. In demselben Augenblicke vernahm ich das
Knirschen des Sandes unter den Wagenrädern. Es war
also geschehen! Ich rannte in's Haus zurück, verriegelte
die Thüre und brachte den Woschkorb wieder an seinen
Ort. Für den Augenbl'ck war eine wilde Energie über mch
gekommen. Ich konnte zu den Anderen in das Dienstboten-
zimmer gehen, am Nachtessen theilnehmen, sprechen und
lachen, als ob nichts vorgefallen wäre. Aber dar hielt nur
an, bis ich sie, die unglückliche Mutter, erblickte. Da über-
kam mich ein Gefühl der Schwäche und Angst, das mich
seitdem nie wieder verlassen hat- Und meine verruchte
That brachte mir nicht einmal den Nutzen, den ich von ihr
erwartet hatte, denn gerade am folgenden Tage traf die
Nachricht von dem Tode meines Knaben ein- Er war in
dem Augenblick gestorben, in welchem ich mein Seelenheil
um seinetwillen verkaufte. Ach, Wie oft wollte ich in meiner
Gewissensangst Alles gestehen und ließ mich immer wieder
durch meinen Mann abhalten, welcher mir sagte, man
werde mich für verrückt erklären, da ich keinen Zeugen und
keinen Beweis beibringen könne, nicht einmal zu sagen
wisse, wohin denn das Kind gekommen sei-

Her pfälzische Nattonalttb ersttsmus und der
Bund der Landwirthe.
y Die Versammlung, welche der pfälzische Bund der
Landwirthe vor einigen Tagen in Landstubl ab-
Mit, bewiesen, daß die bisherigen nationallibera-
Abgeordnet,n durchweg es mit dem Bund der
^vdwirthe nicht verderben wollen. Der auf bünd-
A'lch'm Standpunkte stehende LandtagSabg. Schmitt
Mrte als Vorsitzender des Wahlkreises Homburg-Kusel
große Wort. Der als Gast e. schienens Abgevrd.
Mstmeister Bischof sagte nichts für und nichts gegen
Bund, aber eine klassische Bemerkung, daß den
^und und die nat.lib. Partei „nur wirthschaftliche"
Mgen „trennen", sprach jedenfalls nicht dafür, daß
Mchoff auf dem „wirthschaftlichen" Standpunk e der
Landes steht. Da übrigenS der Bund lediglich wirth-
Mftliche Ziele anstrebt, ist jenes „nur" nur eine
wahren Sachverhalt verschleiernde Phrase. Die
^'chfalls eivgeladenen Abgg. Regierungsrath Conrad
to Prof, y Marquards-u (Reichstag) ließen sich ent-
>Mldigen. Die briefliche Bemerkung des letzter», daß
Reichstage mithelfen müsse, bei der 3. Lesung
Marineetats noch so viel als möglich „durchzu-
bae n doppelt bemerker.Swerth. Denn erstens
^sich iw. Reichstage kein nat.lib. Mund avfgethan,
krne Aenderung des Resultates der zweiten Lesung
Akdeizuführen, und zweitens ist eS doch ein grausamer
Mn auf die Noth der Landwirthschaft, wenn man
tz^auern vorhält, ihr ReichLtagsvertreter habe nichts
Nach langen Jahren,
.-.Zwei Monate später kam ich selbst in's HauS. Aber
5"^er Muth sank wieder, als ich die schöne, liebe-
»ns ihr Kird sah. Ich habe kaum gewagt, einen
NnÄ-ll Blick auf sie zu werfen, weil ich fühlte, daß der
wcinen Entschluß wieder zum Wanken brachte. Ich
»l«-.^uch, daß ich Alles aufgegeben und mich so weit
l>i^?vglich geflüchtet haben würde, wenn mein Mann
ebiö llrwesen wäre. Doch vor ihm fürchtete ich mich zu
und er drängte mich stet», die Sache abzumachen, so
kji»? der alte Herr noch lebte; denn nach dessen Tod
ru leicht Verbackt entstehen- Wohin das Kind ge-
lte? werden solle, wollte er mir nicht sagen. Aber er
Mur wiederholt, demselben werde nichts Uebles wider-
U"U- und lachend setzte er hinzu, w-der er selbst, noch
ririj^Eourrie habe Lust, bei dem Handel den Hals
--Er wurde abgewacht, daß er an jenem Tage Urlaub
iw.» Hillborough zur Fahrt nach Jork und zurück
d,,u wiethen und Abends im D-entel in ter Nähe
An, Dauses warten solle, bis ich ihm ras Kind brächte,
dasselbe aus dem Hause schaffen? Auf die Frage
U?urtele er kurz, ich hätte Witz glnug, um irgend -inen
ÄM Ausfindig zu wachen. Geschehen müsse es auf jeden
stii Abend und ich solle ihm nur die Stunde an-
welcher er sich bereitzuhalten habe. Noch einmal
der w wein Gewissen, aber ich beschwichtigte cs mit
.'urierung an weinen eigenen Knabe« und mit dem
K-Mken, daß irgend ein Anderer die That aussühren
ieun ' .wenn ich mich weigerte- Und so bestellte ich ihn
auf neun Uhr Abends.
Nie? Nachmittage Master Gerald in Ihrem Zim-
ju-.s?. heftig verlangte, im Wasser zu lpielen, gab mir
le»,».den Gedanken ein, es so darzustellen, als ob cr cr-

täglich mit Ausnahme der Sonn- u. Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
CrM für Makrütti, Frrikeil L KM.
^.wcra monatlich LV H mit Trägerlohn, durch " ' * Rabattbewilligung.,
rs>^ie Post bezogen Viertels. 1.60 franco.___ Expedition: ZwingerstraßeT._

U77.
Verantwortlicher Redakteurs:
Joseph Huber in Heidelberg.
Melders, WenMg, dm 6. AM 1897.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
Lmingerftraße 7.
1. Ms.
 
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