Wlzer Volksblatt
Nachdru«
»erb»ten.
welchen das Jnverbindungtreten von Vereinen ver-
boten wird, zuzustimmen bereit sind, daß sie aber
wünschen, daß dafür hinreichend Äquivalente zum
Schutz gegen den Mißbrauch der Vereinsfreiheit durch
staatsgefährliche Elemente geschaffen werden. Von
diesem Standpunkte werden die Conservativeu keines-
wegs abgehen."
Es wird behauptet, daß die Conservativeu nach
wie vor verlangen, allm „Minderjährigen" — statt
wie jetzt nur allen „Lehrlingen und Schülern" —
den Zutritt zu Versammlungen zu Verbieten und der
Polizei das Recht zu geben, alle Versammlungen zu
schließen, in denen Minderjährige anwesend sind. Daß
eine solche discretionaire Gewalt der Polizei bei den
National Liberalen keine Aussicht auf Gegenliebe hat,
ist kein Wunder. Dagegen ist's eigentlich wohl ein
Wunder, wie die Parteien der Rechten hoffen könne»,
mit einer solchen Bestimmung etwas zur „Bekämpfung
des Umsturzes" auszurichten und einer Richtung,
welche von solchen Anti-Umsturzmittelchen das Gegen-
theil ihres Zweckes voraussazt, vorwerfen können, sie
könne und wolle „nicht ein Mal das Nothwendigste
zur Bekämpfung des Umsturzes" durchsetzen. Für
die Einbringung der VereinS-Novelle ist immerhin
noch ein Schimmer von Hoffnung geblieben, wenn es
zunächst im Ministerium gelingt, eine Einigung über
das weitere Vorgehen zu erzielen und der Köuig
dieser Einigung seine Zustimmung nicht versagt.
Für die Monate
Mai und Juni
immer noch alle Postämter Bestellungen auf
E tiigUch erscheinende Zeitung
Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
'tr",) sowie unsere Expedition Heidelberg
^»gerstraße? entgegen.
Expedition des „Pfälzer VolksblsU".
. Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Militär -Mrafproceß-Reform - Vortage n.
Vrrrinsgesetz-NovrUe.
Entwurf eines Gesetzes zur R form des
u^ürgerichtlichen Verfahrens wird also, wie man
den heutigen Auseinandersetzungen im Reichs-
zwischen dem Abg. Richter und dem Staatssekretär
2 Lütticher mit Sicherheit annehmen muß, in dieser
fMng dem Reichstag nicht mehr vorgelegt werden
Mri. „Die Vorlage rst noch im Ausschüsse des
MdeSrathrs; sobald sie dort erledigt ist, wird sie
Mort dem Plenum des BundeSraths zugehen, und
"bald dieses sie evdgütig genehmigt hat, wird sie
!svrt Reichstage vorgrlegt werden." Das war
Mir die einzige Antwort deS Hrv. v. Bötticher auf
Frage nach dem Stande der Sache. Dazu kam
entschiedene Verwahrung des Hrn. v. Bötticher
Mn de» Borwurf, als ob der Reichskanzler sein
^sprechen, eine solche Vorlage zu bringen, nicht ge>
'"kn hätte.
^.«us ersterem geht, in klarem Deutsch gesagt, hervor,
auch Herr v. Bötticher die Hoffnung aufgegeben
A- daß die Vorlage noch in dieser Tagung zu
Alande gebracht werden könne. Au» letzter« kann
schließen, daß der Reichskanzler alles, was an
l"gt, gethan hat, um nicht nur sein Versprechen
AMllen, die Vorlage im Bundesrathe vorzubringen
zu fördern, sondern auch, um noch in dieser
Atzung sie zur Verabschiedung zu bringen. Wenn
^auck nicht der Wortlauf war, so war es doch
der politische Sinn seines Versprechens. Man muß
annehmen, daß der Reichskanzler die Vorlage nur in
einer solchen Form will, daß sie im Reichstage An
nähme zu finden Aussicht hat. Vielleicht liegen also
die Schwierigkeiten darin, daß andere Faktoren Be-
stimmungen wollen, denen der Reichstag voraussicht-
lich nicht zustimmen würde. Vielleicht liegt auch der
Grund der Schwierigkeit immer noch in der alten
Frage der Gestaltung deS obersten Militärgerichts-
hoses, in der Frage, ob man den preußischen Wunsch
durchführt, einen einheitlichen Gerichtshof für ganz
Deutschland zu schaffen, oder ob man dem bayer-
ischen Wunsche Rechnung tragen muß, für Bechern
einen besondern obersten militärischen Gerichtshof zu-
zugrstehen.
Auch die Vereinsgesetz Novelle rst anscheinend m
einem ähnlichen Stadium. Die Aufhebung des Ber-
boteS der Verbindung politischer Vereine ist ganz
allein vom Reichskanzler zugesagt worden; man muß
also schließen, daß er auch zunächst nur eine entsprechende
Bestimmung im preußischen Ministerrath zur Vorlage
gebracht hat. Mehr hätte auch im Abgeordnetenhause
keine Aussicht auf Annahme, und auch das spricht
dafür, daß der Reichskanzler mehr gar nicht wünschen
kann — von platonischen Wünschen natürlich abge-
sehen. Andere Leuten aber halten die Gelegenheit für
fo günstig, etwas „zur Bekämpfung des Umsturzes"
herauSzuschlagen, daß sie unter keinen Umständen der
Aufhebung des H 8 des Vereinsgesetzes allein zu-
stimmen wollen. Eine weitere Beschränkung des Ver-
eins- und Versammlungs Rechts aber hat unbedingt
keine Aussicht auf Annahme im Abgeordnetenhause,
da in diesem Punkt die National-Liberalen, bei wel-
chen die Entscheidung liegt, angesichts ihrer politischen
Vergangenheit doch kitzlich sein müssen.
Wie sich aus einer Polemik ergibt, die sich aus
Anlaß einer Mittheilung der Neuen Berl. Coresp.
zwischen dieser und der Post und der Eons. Corresp.
entspannen hat, haben vertrauliche Verhandlungen
zwischen dem preußischen Minister v. d. Recke und
Vertretern der Cartellparteien im Abgeordnetenhause
über diese Frage stattgefunden. Die National-Libe-
ralen sollen, wie verlautet, zuerst einige Lust gezeigt
haben, einen Boden der Verständigung zu suchen,
später aber, vermuthlich als ihnen Emzelvor schlüge
bekannt gegeben wurden, mit aller Entschiedenheit sich
geweigert haben, mitzumachen. Die Stellung der
Conservativeu ergibt sich auS einer Bemerkung der
Kreuzzeitung in ihrer heutigen Nummer: „Daß die
Conservativen der Aufhebung des Paragraphen, durch
mit der Tochter eines sinnlosen Verschwender-, dessen
Lebenswandel überhaupt kein erbaulicher war. Die Mutter-
liebe flößte ihr den Muth ein, Robert Tiefendach gegen-
über rbre Schüchternheit zu überwinden. Sie stellte dem
zweiundzwanzil. jährigen jungen Mann vor, daß seine Auf-
merksamkeiten ihre Tochter bloßstellten, daß seine Liede ihr
nur Kummer bereiten werde, und bat ihn, derselben zu ent-
sagen, da sein Vater gewiß nimmermehr diese Herrath
billigen würde. Wann Härten aber Liebende, Liebende in
jenen jungen Jahren ganz besonders, je daran gezweifelt,
ihr Ziel zu erreichen, allen Hindernissen zum Trotze? Ro-
bert hatte betheuert, nichts könne ihn in feinen Entschlüssen
wankend machen; und müsse er ein Jahrzehnt um Anna
dienen, so sei er bereit, cs zu thun. Und Anna? Selig und
dankbar batte sie ihm geglaubt! Aber sehr bald kam der
Zusammenbruch. Gerichtsdiener betraten das Hau-, die
Habe des Barons wurde gepfändet, seine Güter mußten
verkauft werden. Der alte Graf Tiefenback erschien bei
Anna's Vater und hatte ein langes Zwiegespräch mit ihm,
sein Sohn Robert aber gab kein Liebes- und kein Lebens-
Zeichen. Wie hatte ihr Herz gehungert nach einer Zeile
von ihm, »ach einem Trostesworte! Nichts war gekommen,
als am Tage nach jener Unterredung ein kurzer Brief des
alten Grasen an ihre Mutter, worin gesagt wurde: sein
Sohn habe eingesehen, daß seine Bewerbung, welcher das
entschiedene Verbot des Vaters entgegenstehe, eine jugend-
liche Tsorheit gewesen sei, und Hobe beschlossen, sich dem
Willen des Vaters zu fügen; um allem Gerede ein Ende
zu machen, sei Graf Robert auf Reisen gegangen; er bäte
daS Fräulein, ihn zu vergessen, und schlcke ihr hier feinen
Schcidegruß.
Anna überlief es eiskalt, als sie heute an die Empfin-
dungen zurückdachte, mit welchen sie jenen Brief gelesen.
Sie hatte verzweifeln wollen; in wilder Empörung hatte
sie um den Tod gefleht. Da hatte Gott ihr aber gezeigt,
daß eine ernste Aufgabe ihrer harre: ihre Mutter, die schon
lange de» Keim eines ernsten Leidens in sich trug, erkrankte
schwer. Der Vater war verschwunden — und was, wie viel
er von den Mitteln aus dem Schiffbruche gerettet und mit
sich genommen, wurde seiner Familie nie klar — ihr Bru-
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Croon für «ultMi, Fräßest L KM-
er Rabattbewilligung.
Expedition: Awingerftraße^^^^E
Deutsches Reich.
* Berlin, 6. Mai. Das Staatsministerium
heute Vormittag 2 Uhr unter dem Vorsitze des
Reichskanzlers eine Sitzung ab.
* Berit», 6. Mai. Die Reichstagskommission
für die Handwerker-OrganisationS-Vorlage nahm Z
129 betr. die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen
an, nachdem sie den Antrag Euler auf Einführung
des Befähigungsnachweises avgelehnt hatte. Dagegen
wurde der Antrag Gamp, den Befähigungsnachweis
nur für das Baugewerbe und zwar durch ein beson-
deres Gesetz einzuführen, angenommen. Ebenso wurde
eine Reihe weiterer Pharazraphen angenommen.
* Berlin, 6. Mai. Der Kaiser bestimmte
endgültig den 8. Mat zur Einweihung der hiesigen
neuen kath. und ev. Garnisonkirche. DaS Kaiserpaar
nimmt mit großem Gefolge an beiden Einweihungs-
feiern Theil.
* München, 6. Mai. Der Prinzregent hat an-
läßlich des Todes der Herzogin von Alengon eine
vierwöchentliche Hoftrauer angeordnet.
der ging nach Amerika. Damit waren ihr heilige Pflichte
aufcrlegt und sie vor der Gefahr behütet, in sentimentale
Selbstsucht unterzugehrn.
An Geist und Körper gebrochen, verließ die Mutter
daS Krankenlager, und Anna gab sich mit heiligem Ernste
ihrer Ausgabe hin, die schwache Frau fortan zu Pflegen,
für sie zu sorgen, sie gewissermaßen zu beschützen. Die
Uebersiedelung nach Pcennberg hatte dar-uf ftattgefunden,
und tapfer hatte das Mädchen in den Jahren, die seither
verflossen waren, gegen ihre Erinnerungen, gegen ihren
Schmerz gekämpft. Schließlich hatte sie selbst gemeint, die
Wunde sei vernarbt. Aber, siehe da, die bloße Nennung
dieses Namens, die Erwähnung, daß sie Denjenigen wieder
sehen sollte, der im Unglück sich so leichten Herzens von
ihr losgesagt hatte, genügte, um das alte Leid auf's Neue
zu erwecken.
Nach und nach legte sich der Sturm in ihrem Innern
sie fing an, ruhig zu überlegen, wie sie sich dem Unerwar-
teten gegenüber zu benehmen habe. Ihr erster Gedanke
war gewesen, zu fliehen; unter irgend einem Vorwand
schnell abzmeisen und dann ihre Kündigung einzusenden.
Den Plan verwarf sie nun als feige und als ihrer un-
würdig. „Ich Habs es übernommen, Martha's Erziehung
zu leiten," sagte sie sich, „Dieser Verpflichtung muß ich
nachkommen, so lange nicht zwingende Gründe mich davon
entheben. Wir müssen aushalten auf dem Platze, den Gott
uns im Leben anweist: er weiß am besten, weshalb ec für
uns der zuträglichste ist. Martha's Kinderseeie hat sich mir
in Liebe angeschloffen; an Gräfin Hollerbrunn habe ich
eine wohlwollende Beschützerin gesunden. Undank wäre es
und Feigheit, wollte ich die Pflichten, die Gott mir auf-
erlegt hat, von mir werfen, um vor Demjenigen zu fliehen
der in jener traurigen Zeit sich kalt von mir gewendet hat.
(Fortsetzung folgt.)
Meint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
ge. vbvnvrmrntSpreis mit dem wöchent-
hN,Unterhaltungsblatt „Ter Eonntagsbote" für
"Werg monatlich KV H mit Trägerlohn, durch
^L^Post bezogen Viertels, 1.60 franco
k M.
Mdvoll und freudvoll,
Novelle von L. v- Neid egg.
üz. ^?um dort angelangt, kam es wie eine Verwandelung
ße. Fort war die Maske der Gleichgültigkeit, die sie
l,'. langen Stunden festzuhalien sich bemüht hatte; das
Me, ruhige Mädchen war ein leidenschaftliches, mit der
^iwe flung ringendes Weib geworden. Ihre großen Au-
brannten und blickten «nrrhia um sich.
g . »So giebt es für mich keine Ruhe, keinen Frieden auf
Aden!" jammerte sie. „Kein Leid soll mir erspart werden!"
r?"" schlug sic sich mit beiden Händen vor die Brust:
Nie» ^r dieS ihörichte Herz I Verschmäht, verachtet, zu-
rMkstvßen — und doch dem alten Traumbilde roch nach-
Ä"nd! Wjx jst es möglich, zu lieben, wo man nicht
Ii?L r! — zu liebe» ohne Gegenliebe?" Laut ausseufzend/
«rF.ue sich aus einen Sessel nieder, legte die Arme auf den
Ach und lehnte den brennenden Kopf darauf. Die Erin-
*ung an vergangene Tage hatte sie überwältigt.
r-L A<wte läßt Fran cekca von Remini klagen: kein größe-
„AErdenweh gäbe es, als mitten im Unglück sich der ver-
UWnen sxiMn Stunden zu erinnern. In vollem Maße
dies zu, wenn durch eigene Schuld oder durch Ver-
Ä mk" Derer, die wir liebten, denen wir vertrauten, un-
* M?ck in Leid verwandelt worden ist.
^-"ie im Fieber zuckte Anna's Körper zusammen, als
L-°ie Bilder aus alten Tagen an sich vorüber ziehen ließ.'
s°.h sich, ein achtzehnjähriges, fröhliches Mädchen, und
FM lunaen Nachher, Robert Tiefenbach, dem sie ihr Herz
Menkt hatte. War er schön? Sie wußte es kaum; sie
Me nur, daß er für sie der Jsrbegriff aller Ritterliche
alles Edelmmhes war, das sie ihn liebte mit der
Men Gluth ihres Herzens. Umsonst wurde sie von der
Nj"Uer gewarnt, dem Gefühle nachzugeben. Frau von Nru-i
lUen ahnte, daß daS Treiben ihres Mannes in Kurzem
Einem schrecklichen Zusammenbruche endigen müsse; sie!
^ voraus, daß ein Mann von so unerbittlich strengen
»„Msätzeo, mie der alte Graf Tieseubach, ein Mann, dem
b^Ruf und lehrenhastigkeit über Alles ging, seine Zu-
'"MUng nicht geben werde zur Verbindung seines SohneS
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
Weiberg, Samtig, dm 8. W1897.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
Lwingerftraße 7.
1
Nachdru«
»erb»ten.
welchen das Jnverbindungtreten von Vereinen ver-
boten wird, zuzustimmen bereit sind, daß sie aber
wünschen, daß dafür hinreichend Äquivalente zum
Schutz gegen den Mißbrauch der Vereinsfreiheit durch
staatsgefährliche Elemente geschaffen werden. Von
diesem Standpunkte werden die Conservativeu keines-
wegs abgehen."
Es wird behauptet, daß die Conservativeu nach
wie vor verlangen, allm „Minderjährigen" — statt
wie jetzt nur allen „Lehrlingen und Schülern" —
den Zutritt zu Versammlungen zu Verbieten und der
Polizei das Recht zu geben, alle Versammlungen zu
schließen, in denen Minderjährige anwesend sind. Daß
eine solche discretionaire Gewalt der Polizei bei den
National Liberalen keine Aussicht auf Gegenliebe hat,
ist kein Wunder. Dagegen ist's eigentlich wohl ein
Wunder, wie die Parteien der Rechten hoffen könne»,
mit einer solchen Bestimmung etwas zur „Bekämpfung
des Umsturzes" auszurichten und einer Richtung,
welche von solchen Anti-Umsturzmittelchen das Gegen-
theil ihres Zweckes voraussazt, vorwerfen können, sie
könne und wolle „nicht ein Mal das Nothwendigste
zur Bekämpfung des Umsturzes" durchsetzen. Für
die Einbringung der VereinS-Novelle ist immerhin
noch ein Schimmer von Hoffnung geblieben, wenn es
zunächst im Ministerium gelingt, eine Einigung über
das weitere Vorgehen zu erzielen und der Köuig
dieser Einigung seine Zustimmung nicht versagt.
Für die Monate
Mai und Juni
immer noch alle Postämter Bestellungen auf
E tiigUch erscheinende Zeitung
Pfälzer Bottsblatt"
der wöchentlichen Gratisbeilage „Der Sonntags-
'tr",) sowie unsere Expedition Heidelberg
^»gerstraße? entgegen.
Expedition des „Pfälzer VolksblsU".
. Heidelberg, Zwingerstraße 7.
Militär -Mrafproceß-Reform - Vortage n.
Vrrrinsgesetz-NovrUe.
Entwurf eines Gesetzes zur R form des
u^ürgerichtlichen Verfahrens wird also, wie man
den heutigen Auseinandersetzungen im Reichs-
zwischen dem Abg. Richter und dem Staatssekretär
2 Lütticher mit Sicherheit annehmen muß, in dieser
fMng dem Reichstag nicht mehr vorgelegt werden
Mri. „Die Vorlage rst noch im Ausschüsse des
MdeSrathrs; sobald sie dort erledigt ist, wird sie
Mort dem Plenum des BundeSraths zugehen, und
"bald dieses sie evdgütig genehmigt hat, wird sie
!svrt Reichstage vorgrlegt werden." Das war
Mir die einzige Antwort deS Hrv. v. Bötticher auf
Frage nach dem Stande der Sache. Dazu kam
entschiedene Verwahrung des Hrn. v. Bötticher
Mn de» Borwurf, als ob der Reichskanzler sein
^sprechen, eine solche Vorlage zu bringen, nicht ge>
'"kn hätte.
^.«us ersterem geht, in klarem Deutsch gesagt, hervor,
auch Herr v. Bötticher die Hoffnung aufgegeben
A- daß die Vorlage noch in dieser Tagung zu
Alande gebracht werden könne. Au» letzter« kann
schließen, daß der Reichskanzler alles, was an
l"gt, gethan hat, um nicht nur sein Versprechen
AMllen, die Vorlage im Bundesrathe vorzubringen
zu fördern, sondern auch, um noch in dieser
Atzung sie zur Verabschiedung zu bringen. Wenn
^auck nicht der Wortlauf war, so war es doch
der politische Sinn seines Versprechens. Man muß
annehmen, daß der Reichskanzler die Vorlage nur in
einer solchen Form will, daß sie im Reichstage An
nähme zu finden Aussicht hat. Vielleicht liegen also
die Schwierigkeiten darin, daß andere Faktoren Be-
stimmungen wollen, denen der Reichstag voraussicht-
lich nicht zustimmen würde. Vielleicht liegt auch der
Grund der Schwierigkeit immer noch in der alten
Frage der Gestaltung deS obersten Militärgerichts-
hoses, in der Frage, ob man den preußischen Wunsch
durchführt, einen einheitlichen Gerichtshof für ganz
Deutschland zu schaffen, oder ob man dem bayer-
ischen Wunsche Rechnung tragen muß, für Bechern
einen besondern obersten militärischen Gerichtshof zu-
zugrstehen.
Auch die Vereinsgesetz Novelle rst anscheinend m
einem ähnlichen Stadium. Die Aufhebung des Ber-
boteS der Verbindung politischer Vereine ist ganz
allein vom Reichskanzler zugesagt worden; man muß
also schließen, daß er auch zunächst nur eine entsprechende
Bestimmung im preußischen Ministerrath zur Vorlage
gebracht hat. Mehr hätte auch im Abgeordnetenhause
keine Aussicht auf Annahme, und auch das spricht
dafür, daß der Reichskanzler mehr gar nicht wünschen
kann — von platonischen Wünschen natürlich abge-
sehen. Andere Leuten aber halten die Gelegenheit für
fo günstig, etwas „zur Bekämpfung des Umsturzes"
herauSzuschlagen, daß sie unter keinen Umständen der
Aufhebung des H 8 des Vereinsgesetzes allein zu-
stimmen wollen. Eine weitere Beschränkung des Ver-
eins- und Versammlungs Rechts aber hat unbedingt
keine Aussicht auf Annahme im Abgeordnetenhause,
da in diesem Punkt die National-Liberalen, bei wel-
chen die Entscheidung liegt, angesichts ihrer politischen
Vergangenheit doch kitzlich sein müssen.
Wie sich aus einer Polemik ergibt, die sich aus
Anlaß einer Mittheilung der Neuen Berl. Coresp.
zwischen dieser und der Post und der Eons. Corresp.
entspannen hat, haben vertrauliche Verhandlungen
zwischen dem preußischen Minister v. d. Recke und
Vertretern der Cartellparteien im Abgeordnetenhause
über diese Frage stattgefunden. Die National-Libe-
ralen sollen, wie verlautet, zuerst einige Lust gezeigt
haben, einen Boden der Verständigung zu suchen,
später aber, vermuthlich als ihnen Emzelvor schlüge
bekannt gegeben wurden, mit aller Entschiedenheit sich
geweigert haben, mitzumachen. Die Stellung der
Conservativeu ergibt sich auS einer Bemerkung der
Kreuzzeitung in ihrer heutigen Nummer: „Daß die
Conservativen der Aufhebung des Paragraphen, durch
mit der Tochter eines sinnlosen Verschwender-, dessen
Lebenswandel überhaupt kein erbaulicher war. Die Mutter-
liebe flößte ihr den Muth ein, Robert Tiefendach gegen-
über rbre Schüchternheit zu überwinden. Sie stellte dem
zweiundzwanzil. jährigen jungen Mann vor, daß seine Auf-
merksamkeiten ihre Tochter bloßstellten, daß seine Liede ihr
nur Kummer bereiten werde, und bat ihn, derselben zu ent-
sagen, da sein Vater gewiß nimmermehr diese Herrath
billigen würde. Wann Härten aber Liebende, Liebende in
jenen jungen Jahren ganz besonders, je daran gezweifelt,
ihr Ziel zu erreichen, allen Hindernissen zum Trotze? Ro-
bert hatte betheuert, nichts könne ihn in feinen Entschlüssen
wankend machen; und müsse er ein Jahrzehnt um Anna
dienen, so sei er bereit, cs zu thun. Und Anna? Selig und
dankbar batte sie ihm geglaubt! Aber sehr bald kam der
Zusammenbruch. Gerichtsdiener betraten das Hau-, die
Habe des Barons wurde gepfändet, seine Güter mußten
verkauft werden. Der alte Graf Tiefenback erschien bei
Anna's Vater und hatte ein langes Zwiegespräch mit ihm,
sein Sohn Robert aber gab kein Liebes- und kein Lebens-
Zeichen. Wie hatte ihr Herz gehungert nach einer Zeile
von ihm, »ach einem Trostesworte! Nichts war gekommen,
als am Tage nach jener Unterredung ein kurzer Brief des
alten Grasen an ihre Mutter, worin gesagt wurde: sein
Sohn habe eingesehen, daß seine Bewerbung, welcher das
entschiedene Verbot des Vaters entgegenstehe, eine jugend-
liche Tsorheit gewesen sei, und Hobe beschlossen, sich dem
Willen des Vaters zu fügen; um allem Gerede ein Ende
zu machen, sei Graf Robert auf Reisen gegangen; er bäte
daS Fräulein, ihn zu vergessen, und schlcke ihr hier feinen
Schcidegruß.
Anna überlief es eiskalt, als sie heute an die Empfin-
dungen zurückdachte, mit welchen sie jenen Brief gelesen.
Sie hatte verzweifeln wollen; in wilder Empörung hatte
sie um den Tod gefleht. Da hatte Gott ihr aber gezeigt,
daß eine ernste Aufgabe ihrer harre: ihre Mutter, die schon
lange de» Keim eines ernsten Leidens in sich trug, erkrankte
schwer. Der Vater war verschwunden — und was, wie viel
er von den Mitteln aus dem Schiffbruche gerettet und mit
sich genommen, wurde seiner Familie nie klar — ihr Bru-
Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
Croon für «ultMi, Fräßest L KM-
er Rabattbewilligung.
Expedition: Awingerftraße^^^^E
Deutsches Reich.
* Berlin, 6. Mai. Das Staatsministerium
heute Vormittag 2 Uhr unter dem Vorsitze des
Reichskanzlers eine Sitzung ab.
* Berit», 6. Mai. Die Reichstagskommission
für die Handwerker-OrganisationS-Vorlage nahm Z
129 betr. die Befugniß zur Anleitung von Lehrlingen
an, nachdem sie den Antrag Euler auf Einführung
des Befähigungsnachweises avgelehnt hatte. Dagegen
wurde der Antrag Gamp, den Befähigungsnachweis
nur für das Baugewerbe und zwar durch ein beson-
deres Gesetz einzuführen, angenommen. Ebenso wurde
eine Reihe weiterer Pharazraphen angenommen.
* Berlin, 6. Mai. Der Kaiser bestimmte
endgültig den 8. Mat zur Einweihung der hiesigen
neuen kath. und ev. Garnisonkirche. DaS Kaiserpaar
nimmt mit großem Gefolge an beiden Einweihungs-
feiern Theil.
* München, 6. Mai. Der Prinzregent hat an-
läßlich des Todes der Herzogin von Alengon eine
vierwöchentliche Hoftrauer angeordnet.
der ging nach Amerika. Damit waren ihr heilige Pflichte
aufcrlegt und sie vor der Gefahr behütet, in sentimentale
Selbstsucht unterzugehrn.
An Geist und Körper gebrochen, verließ die Mutter
daS Krankenlager, und Anna gab sich mit heiligem Ernste
ihrer Ausgabe hin, die schwache Frau fortan zu Pflegen,
für sie zu sorgen, sie gewissermaßen zu beschützen. Die
Uebersiedelung nach Pcennberg hatte dar-uf ftattgefunden,
und tapfer hatte das Mädchen in den Jahren, die seither
verflossen waren, gegen ihre Erinnerungen, gegen ihren
Schmerz gekämpft. Schließlich hatte sie selbst gemeint, die
Wunde sei vernarbt. Aber, siehe da, die bloße Nennung
dieses Namens, die Erwähnung, daß sie Denjenigen wieder
sehen sollte, der im Unglück sich so leichten Herzens von
ihr losgesagt hatte, genügte, um das alte Leid auf's Neue
zu erwecken.
Nach und nach legte sich der Sturm in ihrem Innern
sie fing an, ruhig zu überlegen, wie sie sich dem Unerwar-
teten gegenüber zu benehmen habe. Ihr erster Gedanke
war gewesen, zu fliehen; unter irgend einem Vorwand
schnell abzmeisen und dann ihre Kündigung einzusenden.
Den Plan verwarf sie nun als feige und als ihrer un-
würdig. „Ich Habs es übernommen, Martha's Erziehung
zu leiten," sagte sie sich, „Dieser Verpflichtung muß ich
nachkommen, so lange nicht zwingende Gründe mich davon
entheben. Wir müssen aushalten auf dem Platze, den Gott
uns im Leben anweist: er weiß am besten, weshalb ec für
uns der zuträglichste ist. Martha's Kinderseeie hat sich mir
in Liebe angeschloffen; an Gräfin Hollerbrunn habe ich
eine wohlwollende Beschützerin gesunden. Undank wäre es
und Feigheit, wollte ich die Pflichten, die Gott mir auf-
erlegt hat, von mir werfen, um vor Demjenigen zu fliehen
der in jener traurigen Zeit sich kalt von mir gewendet hat.
(Fortsetzung folgt.)
Meint täglich mit Ausnahme der Sonn- u.
ge. vbvnvrmrntSpreis mit dem wöchent-
hN,Unterhaltungsblatt „Ter Eonntagsbote" für
"Werg monatlich KV H mit Trägerlohn, durch
^L^Post bezogen Viertels, 1.60 franco
k M.
Mdvoll und freudvoll,
Novelle von L. v- Neid egg.
üz. ^?um dort angelangt, kam es wie eine Verwandelung
ße. Fort war die Maske der Gleichgültigkeit, die sie
l,'. langen Stunden festzuhalien sich bemüht hatte; das
Me, ruhige Mädchen war ein leidenschaftliches, mit der
^iwe flung ringendes Weib geworden. Ihre großen Au-
brannten und blickten «nrrhia um sich.
g . »So giebt es für mich keine Ruhe, keinen Frieden auf
Aden!" jammerte sie. „Kein Leid soll mir erspart werden!"
r?"" schlug sic sich mit beiden Händen vor die Brust:
Nie» ^r dieS ihörichte Herz I Verschmäht, verachtet, zu-
rMkstvßen — und doch dem alten Traumbilde roch nach-
Ä"nd! Wjx jst es möglich, zu lieben, wo man nicht
Ii?L r! — zu liebe» ohne Gegenliebe?" Laut ausseufzend/
«rF.ue sich aus einen Sessel nieder, legte die Arme auf den
Ach und lehnte den brennenden Kopf darauf. Die Erin-
*ung an vergangene Tage hatte sie überwältigt.
r-L A<wte läßt Fran cekca von Remini klagen: kein größe-
„AErdenweh gäbe es, als mitten im Unglück sich der ver-
UWnen sxiMn Stunden zu erinnern. In vollem Maße
dies zu, wenn durch eigene Schuld oder durch Ver-
Ä mk" Derer, die wir liebten, denen wir vertrauten, un-
* M?ck in Leid verwandelt worden ist.
^-"ie im Fieber zuckte Anna's Körper zusammen, als
L-°ie Bilder aus alten Tagen an sich vorüber ziehen ließ.'
s°.h sich, ein achtzehnjähriges, fröhliches Mädchen, und
FM lunaen Nachher, Robert Tiefenbach, dem sie ihr Herz
Menkt hatte. War er schön? Sie wußte es kaum; sie
Me nur, daß er für sie der Jsrbegriff aller Ritterliche
alles Edelmmhes war, das sie ihn liebte mit der
Men Gluth ihres Herzens. Umsonst wurde sie von der
Nj"Uer gewarnt, dem Gefühle nachzugeben. Frau von Nru-i
lUen ahnte, daß daS Treiben ihres Mannes in Kurzem
Einem schrecklichen Zusammenbruche endigen müsse; sie!
^ voraus, daß ein Mann von so unerbittlich strengen
»„Msätzeo, mie der alte Graf Tieseubach, ein Mann, dem
b^Ruf und lehrenhastigkeit über Alles ging, seine Zu-
'"MUng nicht geben werde zur Verbindung seines SohneS
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.
Weiberg, Samtig, dm 8. W1897.
Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
Lwingerftraße 7.
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