Pfälzer Volksblatt
rg,
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg
Auf das
„Pfalzer Bottsblatt"
üwu schon für den Monat
März
abonnirt werden. Bestellungen nimmt jede Postanstalt
b>wie ursere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
Entgegen.
Prabe««mmern werden auf Wunsch gerne Porto-
stei Jedermann zugesandt.
Briefe aushändigen lassen, dieselben aber noch nicht ge-
öffnet: auch hatte er den Hotelbesitzer veranlaßt, in das
- > die Nachricht von der Er-
tränkung Walters gelangen zu taffen» mit der beruhigenden
Versicherung indeß, daß der Zustand mit Gott Hoffnung
auf eine baldige Genesung gewähre.
Und in der That, eine allmähliche Besserung des
Kranken war unverkennbar; die Phantasien hatten seit
einigen Tagen ganz aufgehört und ein beruhigender
Schlummer übte auf die Wiederkehr der fast geschwundenen
Kräfte einen wohlthuendm Eindruck. Es war ein warmer
Juni-Nachmittag, dis geöffneten, aber verhangenen Fenster
ließen der frischen würzigen Luft freien Eintritt in das
Krankenzimmer, welches der Kapitän jetzt nur noch auf
kurze Augenblicke verließ; die Wartung des Kranken hatte
er ganz allein übernommen, die alte Wärterin kam gar
nicht mehr in die Nähe des Bettes, «eil das den Kranken
sichtlich aufregte.
(Fortsetzung folgt.)
sein? War es die Tochter jenes Graham, welchen er einst
Freund genannt? Aber er fand in dem Koffer noch mehr,
sehr werthvolle Aufschlüffe, so daß kaum noch ein Zweifel
möglich war an der frohen Thatsache, Gott habe ihm sei-
nen Sohn, sein einziges Kind aul so wunderbare Weise
in die Arme geführt. In dem Koffer lagen nämlich die
Bildnisse des alten Marshall, der Tante Debby, seiner
Schwester, der Mrs. Howland, ja wgar ein Bild seiner
theuern, unvergeßlichen Ellen. O, wie er dieses liebe Bild
herzte und küßte! Auch Ansichten von Deerdwood von dem
alten Farmhause und von mehreren anderen so wohlbe-
kannten Plätzchen barg der Koffer, unendlich werthvolle
Schätze für den Kapitän, der nicht satt wurde, immer und
immer wieder zu schauen und die Erinnerungen an längst
vergangene glückliche, aber auch nachfolgende furchtbar
schreckliche Tage an seinem geistigen Auge vorübergehen zu
lassen.
Der Kapitän hatte sich die für Walter bestimmten
Briefe aushändigen lassen, dieselben aber noch nicht ge-
öffnet: auch hatte er den Hol "
alte Farmhaus zu Deerwood
krankung Walters gelangen zu
Eine Rede des Kaisers.
Der Trinkspruch des Kaisers auf dem am Freitag
stattgehabten Diner des Prooinziallaudtages der Pro-
vinz Brandenburg hatte folgenden Wortlaut:
„In herrlichem, bilderreichem Schwünge hat soeben
der Herr Oberpräfident in ihrem Nomen Ihre Hul-
digung Mir entgegen gebracht und kann Ich nur von
ganzem Herzen und tief gerührt dafür danken. Ich
komme eben aus dem alten märkischen Savde, wo
Ich umrauscht war von den alten märkischen Kiefern
und Eichen, zu ihrem lebendigen Evenbilde, zu den
märkischen Männern, und Ich freue Mich wieder ein
paar Stunden unter Ihnen zubringen zu können;
denn der Verkehr mit den Söhnen der Mark ist für
Mich stets wie ein neu belebender Trank. Was die
märkischen Eichen und Kiefern Mir vorgerauscht haben.
Druck, Berlag^u7 Expedition
Gebr. Huber in Heidelbei
Lwingrrstraße 7.
haben. Auch in Abgeordnetenkreisen ist die Ansicht
sehr verbreitet, daß sich eine solche Einrichtung (sog.
Präsenz Gelder) empfehlen würde. Sie wäre neben
den Diäten selbst ein weiterer Antrieb, das Schwän-
zen zu lassen.
Die Organe der conservativen Partei und der
Reichs-Partei sind gegen die Diäten, wiewohl es auf
den Bänken der Rechten am leersten zu sein Pflegt.
Sie geberden sich als treueste Hüter der Verfassung
und stellen es so dar, als ob die Diäten-Bewilligung
etwas grundstürzendes sein würde. Da die Diäten-
losigkeit ihren Zweck vollständig verfehlt hat, kann
ihre Abschaffung aber doch unmöglich die Verfassung aus
den Angeln heben. Das Alleroerkehrteste ist, für die
Diäten „Compensatiouen" in der Verschlechterung des
Wahlrechts zu verlangen. Wie kann man für etwas
WerthloseS eine Entschädigung fordern? ES geht
den Herren von der Rechten eben gar nicht um den
Schutz der Verfassung, sondern im Gegeutheil um
ihre Abänderung, und dazu wollen sie die Diäten
als Hebel benutzen. Keine Diäten, so lange die Zeit
für eine Verkürzung des Wahlrechts noch nicht reif ist;
ist aber die Zeit gekommen, dann eine gründliche Arn-
derung und dafür das Linsenmus der Diäten! Ob etwa
auch die Regierung auf den Augenblick lauern mag,
wo die Volksvertretung sich die Verkürzung des Wahl-
rechtes für baareS Geld abkaufen zu lassen bereit
wäre? Da doch kaum Sparsamkeitsgründe hier für
sie maßgebend sein werden, andere Gründe aber nicht
zu entdecken sind, müßte man letzteres fast annehmen,
falls sie bei der Ablehnung der D-äten-Bewilligung
verharrt.
scheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. — Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
iertage. »bonnementtzpreie mit dem wöchent- 10H, Reklame25Für hiesige Geschäfts-und
>en Unterhaltungsblatt „Der Sonntoasbote" für vltfOÜtt OL Stkutl« Privatanzeigen,sowiesürJahres-Anzeigenbedeutende
ldelbera monatlich KV H mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung.
-die Post bezogen viertelj. 1,60 franco Expedition: Zwingerftratze 7.
Melberg, MnMg, dm 2. Mich 1897.
eines Reichstags Candidaten die erste Frage laute:
„Hat er die Mittel dazu?" Erst dann werde die
Persönlichkeit in den andern Beziehungen gewerthet.
Das sei ein unerquicklicher, ja ungesunder Zustand.
Die geringen Kosten kämen nicht in Betracht; die
verbündeten Regierungen könnten ihren ablehnenden
Standpunkt aufgeben, wenn sie die großen Schädig-
ungen in Betracht zögen, die tatsächlich durch den
Mangel au Tagegeldern mittelbar oder unmittelbar
veranlaßt würden. Mit ganz anderer Begründung
tritt das Siöcker'sche Volk für die Gewährung der
Diäten ein. Es hofft, daß „auch jder Terrorismus,
den die sozialdemokratischen Führer über a eS aus-
üben, was aus der Parteikrippe gefüttert wird, durch
Diäten bedeutend geschwächt werden würde."
Der dem Reichstage vorliegende freisinnige Antrag
auf Diäten-B'willigung dürfte demnach mit noch grö-
ßerer Mehrheit als früher angenommen werden. Die
Gegner behaupten zwar, der BundeScath werde ihm
auch dies Mal nicht zustimmen; indeß so ganz sicher
scheint dies doch nicht zu sein. Nach der Nordd. Allg.
Zig. „ist seitens der Herrn Reichskanzlers über die
Biätensrage in neuerer Zeit überhaupt keine bestimmte
Meinungsäußerung erfolgt." „Er hat sich also auch
nicht dagegen ausgesprochen.
Neues für oder gegen die Diäten läßt sich nicht
mehr beibringen. Die Frage ist so oft erörtert wor-
den, daß auch jetzt nur Wiederholungen vorgebracht
werden. Sicher ist, daß die Diätenlosigkett ihren
Zweck nicht erreicht, aber manche nachtheilige Folgen
gehabt hat. Insbesondere hat sie manche geeignete
Persönlichkeit vom Reichstage ferngehalten, der die
Mittel fehlten, den Aufenthalt in Berlin zu bestreiten,
und damit sind zugleich die Wähler in der Ausübung
ihres Wahlrechts beschränkt. Zahlreiche Abgeordnete
können nicht sechs oder acht Monate aus der eigenen
Tasche in Berlin leben; ihre Wähler wissen das und
wählen sie demnach, weil sie keinen andern Kandidaten
finden. Die Diäten würden ohne Zweifel schon auf
das Pflichtgefühl der Abgeordneten hinreichend ein-
wirken, daß in der Regel ein beschlußfähiger Reichs-
tag versammelt wäre.
Nun kommt ja im Abgeordnetenhause allerdings
auch der Mißbrauch vor, daß Abgeordnete Wochen
ja Monate lang fehlen und doch ihre Diäten eiuftrei»
chen. Es würde ein Leichtes sein, diesen Mißbrauch
zu verhüten und die Einrichtung zu treffen, daß Di-
äten nur die wirklich Anwesenden und nur für die
Tage beziehen, an denen sie den Sitzungen beigewohnt
„Ist eS nicht närrisch, wenn ein Mann den andern
küßt ?' phantafirte Walter. „Jefsie habe ich nicht mehr ge-
küßt seit der Zeit, da sie noch ein kleines Ding war und
mir eine von ihren Locken schenkte. Sie liegt im Koffer bei
der Locke von meiner Mutter. Kannten Sie meine Mutter?"
„Ja, ja, o Himmel ja," und der Mann fiel auf feine
Knie und verbarg dar Gesicht in seinen Händen.
Obwohl Walter diese Aeußerung eines tiefen Schmer-
zes nicht verstand, so schien er doch mitzuempfinden- Er
legte seine Hand auf das ergraute Haar deS Knieenden
und sagte sanft: „Weinen Sie nicht. ES nützt doch nichts-
Ich habe früher auch geweint, als ich noch em Knabe war
und an meinen armen lieben Vater dachte."
„Sagcn^Sie das noch einmall Noch einmal lieber,
armer Vater I" jauchzte der Kapitän und wieder ruhten
seine Bücke auf dem Gesichte des Kranken, welcher ein-
geschlummert war.
„Er erinnert zwar an Ellen," flüsterte er. „Mehr aber
gleicht er mir selber; und doch Hal er einen Zug, den ich
oft bei Ellen beobachtete, wenn sie schlief. Armes Weib,
wer hätte gedacht, daß ich unser Kind zum ersten Maie
in der Fremde sehen würde, und jetzt ist das Kind schon
ein bärtiger Mann geworden!
Die Ueberzeugung, daß der Kranke sein Sohn, d is
Kind Ellens sei, befestigte sich in dem Kapitän mit jedem
Tag, so daß er es nicht mehr für indiskret und unstatthaft
dielt, unter den Effekten seines Pfleglings nach weiteren
Anhaltspunkten zu suchen. Er öffnete den Koffer, da sand
er denn die schwarze Locke Jessie'S und daneben eine braune
Flechte, welche er als das Haar seines verstorbenen un-
glücklichen Weibes wiedererkannte: er küßte es und wand
es um seine Finger, wie er es in jenen wonnigen Tagen,
da das reine Glück der Liebe noch durch kein Wölkchen
getrübt worden war, so oft geihan. Dann legte er die
Haarflechte neben das Haupt des Kranken und stellte Ver-
gleiche an. Thränen der Rührung rannen in den ergrauten
Bart. „Gott segne meinen Sohn, — segne meinen Sohn,"
flüsterte er. Dann legte er das theure Andenken wieder an
seinen früheren Platz, Und Jefsie Graham, wer mochte sie
Die Disten-Frage
gilbet augenblicklich wieder den Gegenstand lebhafter
Erörterung in der Presse. Beachtung verdient, daß
Aw links die National-Zeitung, von recht-die Deutsche
Tageszeitung und das Volk entschieden für die Ge-
währung von Diäten an die Reichstags-Mitglieder
Eintreten.
Das Organ deS linken Flügels der Nationallibe-
Eolen stellt, wie schon erwähnt, zunächst fest, daß die
M Jahre 1867 von den Regierungen gehegte Er-
wartung, die Diätenlosigkeit werde sich als ein Gegen-
gewicht der demokratisirend-n Wirkungen des allge
Weinen Wahlrechtes erweisen, nicht eingetroffen sei.
Bei der großen und oft bewährten Opferwilligkeit der
Sozialdemokraten würden die Herren Bebel uns Ge-
issen mit oder ohne Diäien im Stande sein, über-
Müssige Parteigelder in Consols anzulegen; sie wür-
An ohne Diäten auf kein Mandat zu verzichten
brauchen, das sie erobern könnten und daher mit
Diäten nicht eins mehr erlangen als ohne solche.
Und ebenso stehe eS nach den gemachten Erfahrungen
Ai den andern demagogischen Richtungen, die in un-
Krm öffentlichen Leben in die Höhe gekommen seien.
AvderjeitS unterliegt eS auch für die Nat. Ztg. nicht
Am mindesten Zweifel, daß die regelmäßige Abwesrn-
Ait der größten TheileS der ReichStagsmitglieder
überwiegend auf die für sie obwaltende Unmöglichkeit,
diele Monate auf eigene Kosten in Berlin zu leben,
iAückgdführt werden müsse, und gerade vermöge der
Diätenlosigkeit habe sich etwas ähnliches wie ein Be-
hufs Parlamentarie thum im Reichstage entwickelt.
Das Organ des Bundes der Landwirthe ist für
Diäten im Interesse einer bessern Vertretung deS
Mittelstandes. ES sei offenkundig, daß bei der Wahl
Stolz und Liebe.
*9) Dem Amerikanischen nacherzählt.
... „Gott sei Dank I Gott sei Dank!' flüsterte der Kapi-
M tief ergriffen. „Also hat mich meine Ahnung dock nicht
Atrogen. Der Kranke ist Walter Marshall- So hätte ich
Ann ein weiteres Glied in der Kette meiner Bermuthungen
Ur Geduld, die noch fehlenden werden sich nun mit Gottes
vUfe auch finden lassen."
. Mit großer Anstrengung zwang er sich, ruhig zu wer-
An. Der Name Marshall war ihm ein so wohlbekannter;
fr selbst hatte ihn einst getragen. Er hatte ihn zurückge-
Mrt zu dem uns wohlbekannten alten Farmhause in
Merwood, zu dem Ahornbaum, in dessen Stamm er seinen
Umen eingeschnitten, zu seinem armen Weibe, zu der
stürmischen Nacht, die seine Flucht verheimlicht, zu der
'ullgst verstorbenen treuen Mutter, und zu dem Vater, der
°n feine Schuld geglaubt hatte.
Alle diese Ermnerungen traten vor sein Auge, und
°ann wandten sich seine Gedanken wieder der Gegenwart
°?Md dem Kranken, der ihn gefragt hatte: „Kennen Si
weinen Vater?"
Nr „-.O Gott, solltest Du mein Flehen erhört haben?
Walter Marshall — mein Sohn — Ellens Kind und
«eines?" So sprach der Kapitän mit zum Himmel ge-
rieten Blicke vor sich hin. Und er neigte sich über den
Wmea und schwere Thränen fielen auf das bleiche G--
in welchem er mit jedem Augenblicke mehr und mehr
^Ähnlichkeit mit dem Weibe seiner Jugend zu erkennen
.Warum weinen Sie?" fragte Walter.
..-müher hatte ich einen Sohn, der Ihnen glich, und
r.? ibui mir wehe, Sie hier so krank zu sehen. Ich will
mr Sie sorgen," erwiderte der Kapitän.
L;- 7.-' wollen Sie?" ries Walter erfreut- „Und wollen
«te der mir bleiben, bis ich meinen Barer gefunden habe ?"
«v -Ja, ja, ich will immer bei Ihnen bleiben," und Seth
MAball — er war es, der Vater Walters — preßte seine
^dpen auf den Mund de» Kranken.
rg,
Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg
Auf das
„Pfalzer Bottsblatt"
üwu schon für den Monat
März
abonnirt werden. Bestellungen nimmt jede Postanstalt
b>wie ursere Expedition in Heidelberg, Zwingerstraße 7,
Entgegen.
Prabe««mmern werden auf Wunsch gerne Porto-
stei Jedermann zugesandt.
Briefe aushändigen lassen, dieselben aber noch nicht ge-
öffnet: auch hatte er den Hotelbesitzer veranlaßt, in das
- > die Nachricht von der Er-
tränkung Walters gelangen zu taffen» mit der beruhigenden
Versicherung indeß, daß der Zustand mit Gott Hoffnung
auf eine baldige Genesung gewähre.
Und in der That, eine allmähliche Besserung des
Kranken war unverkennbar; die Phantasien hatten seit
einigen Tagen ganz aufgehört und ein beruhigender
Schlummer übte auf die Wiederkehr der fast geschwundenen
Kräfte einen wohlthuendm Eindruck. Es war ein warmer
Juni-Nachmittag, dis geöffneten, aber verhangenen Fenster
ließen der frischen würzigen Luft freien Eintritt in das
Krankenzimmer, welches der Kapitän jetzt nur noch auf
kurze Augenblicke verließ; die Wartung des Kranken hatte
er ganz allein übernommen, die alte Wärterin kam gar
nicht mehr in die Nähe des Bettes, «eil das den Kranken
sichtlich aufregte.
(Fortsetzung folgt.)
sein? War es die Tochter jenes Graham, welchen er einst
Freund genannt? Aber er fand in dem Koffer noch mehr,
sehr werthvolle Aufschlüffe, so daß kaum noch ein Zweifel
möglich war an der frohen Thatsache, Gott habe ihm sei-
nen Sohn, sein einziges Kind aul so wunderbare Weise
in die Arme geführt. In dem Koffer lagen nämlich die
Bildnisse des alten Marshall, der Tante Debby, seiner
Schwester, der Mrs. Howland, ja wgar ein Bild seiner
theuern, unvergeßlichen Ellen. O, wie er dieses liebe Bild
herzte und küßte! Auch Ansichten von Deerdwood von dem
alten Farmhause und von mehreren anderen so wohlbe-
kannten Plätzchen barg der Koffer, unendlich werthvolle
Schätze für den Kapitän, der nicht satt wurde, immer und
immer wieder zu schauen und die Erinnerungen an längst
vergangene glückliche, aber auch nachfolgende furchtbar
schreckliche Tage an seinem geistigen Auge vorübergehen zu
lassen.
Der Kapitän hatte sich die für Walter bestimmten
Briefe aushändigen lassen, dieselben aber noch nicht ge-
öffnet: auch hatte er den Hol "
alte Farmhaus zu Deerwood
krankung Walters gelangen zu
Eine Rede des Kaisers.
Der Trinkspruch des Kaisers auf dem am Freitag
stattgehabten Diner des Prooinziallaudtages der Pro-
vinz Brandenburg hatte folgenden Wortlaut:
„In herrlichem, bilderreichem Schwünge hat soeben
der Herr Oberpräfident in ihrem Nomen Ihre Hul-
digung Mir entgegen gebracht und kann Ich nur von
ganzem Herzen und tief gerührt dafür danken. Ich
komme eben aus dem alten märkischen Savde, wo
Ich umrauscht war von den alten märkischen Kiefern
und Eichen, zu ihrem lebendigen Evenbilde, zu den
märkischen Männern, und Ich freue Mich wieder ein
paar Stunden unter Ihnen zubringen zu können;
denn der Verkehr mit den Söhnen der Mark ist für
Mich stets wie ein neu belebender Trank. Was die
märkischen Eichen und Kiefern Mir vorgerauscht haben.
Druck, Berlag^u7 Expedition
Gebr. Huber in Heidelbei
Lwingrrstraße 7.
haben. Auch in Abgeordnetenkreisen ist die Ansicht
sehr verbreitet, daß sich eine solche Einrichtung (sog.
Präsenz Gelder) empfehlen würde. Sie wäre neben
den Diäten selbst ein weiterer Antrieb, das Schwän-
zen zu lassen.
Die Organe der conservativen Partei und der
Reichs-Partei sind gegen die Diäten, wiewohl es auf
den Bänken der Rechten am leersten zu sein Pflegt.
Sie geberden sich als treueste Hüter der Verfassung
und stellen es so dar, als ob die Diäten-Bewilligung
etwas grundstürzendes sein würde. Da die Diäten-
losigkeit ihren Zweck vollständig verfehlt hat, kann
ihre Abschaffung aber doch unmöglich die Verfassung aus
den Angeln heben. Das Alleroerkehrteste ist, für die
Diäten „Compensatiouen" in der Verschlechterung des
Wahlrechts zu verlangen. Wie kann man für etwas
WerthloseS eine Entschädigung fordern? ES geht
den Herren von der Rechten eben gar nicht um den
Schutz der Verfassung, sondern im Gegeutheil um
ihre Abänderung, und dazu wollen sie die Diäten
als Hebel benutzen. Keine Diäten, so lange die Zeit
für eine Verkürzung des Wahlrechts noch nicht reif ist;
ist aber die Zeit gekommen, dann eine gründliche Arn-
derung und dafür das Linsenmus der Diäten! Ob etwa
auch die Regierung auf den Augenblick lauern mag,
wo die Volksvertretung sich die Verkürzung des Wahl-
rechtes für baareS Geld abkaufen zu lassen bereit
wäre? Da doch kaum Sparsamkeitsgründe hier für
sie maßgebend sein werden, andere Gründe aber nicht
zu entdecken sind, müßte man letzteres fast annehmen,
falls sie bei der Ablehnung der D-äten-Bewilligung
verharrt.
scheint täglich mit Ausnahme der Sonn- u. — Inserate die 1-spaltige Petitzeile oder deren Raum
iertage. »bonnementtzpreie mit dem wöchent- 10H, Reklame25Für hiesige Geschäfts-und
>en Unterhaltungsblatt „Der Sonntoasbote" für vltfOÜtt OL Stkutl« Privatanzeigen,sowiesürJahres-Anzeigenbedeutende
ldelbera monatlich KV H mit Trägerlohn, durch " ' Rabattbewilligung.
-die Post bezogen viertelj. 1,60 franco Expedition: Zwingerftratze 7.
Melberg, MnMg, dm 2. Mich 1897.
eines Reichstags Candidaten die erste Frage laute:
„Hat er die Mittel dazu?" Erst dann werde die
Persönlichkeit in den andern Beziehungen gewerthet.
Das sei ein unerquicklicher, ja ungesunder Zustand.
Die geringen Kosten kämen nicht in Betracht; die
verbündeten Regierungen könnten ihren ablehnenden
Standpunkt aufgeben, wenn sie die großen Schädig-
ungen in Betracht zögen, die tatsächlich durch den
Mangel au Tagegeldern mittelbar oder unmittelbar
veranlaßt würden. Mit ganz anderer Begründung
tritt das Siöcker'sche Volk für die Gewährung der
Diäten ein. Es hofft, daß „auch jder Terrorismus,
den die sozialdemokratischen Führer über a eS aus-
üben, was aus der Parteikrippe gefüttert wird, durch
Diäten bedeutend geschwächt werden würde."
Der dem Reichstage vorliegende freisinnige Antrag
auf Diäten-B'willigung dürfte demnach mit noch grö-
ßerer Mehrheit als früher angenommen werden. Die
Gegner behaupten zwar, der BundeScath werde ihm
auch dies Mal nicht zustimmen; indeß so ganz sicher
scheint dies doch nicht zu sein. Nach der Nordd. Allg.
Zig. „ist seitens der Herrn Reichskanzlers über die
Biätensrage in neuerer Zeit überhaupt keine bestimmte
Meinungsäußerung erfolgt." „Er hat sich also auch
nicht dagegen ausgesprochen.
Neues für oder gegen die Diäten läßt sich nicht
mehr beibringen. Die Frage ist so oft erörtert wor-
den, daß auch jetzt nur Wiederholungen vorgebracht
werden. Sicher ist, daß die Diätenlosigkett ihren
Zweck nicht erreicht, aber manche nachtheilige Folgen
gehabt hat. Insbesondere hat sie manche geeignete
Persönlichkeit vom Reichstage ferngehalten, der die
Mittel fehlten, den Aufenthalt in Berlin zu bestreiten,
und damit sind zugleich die Wähler in der Ausübung
ihres Wahlrechts beschränkt. Zahlreiche Abgeordnete
können nicht sechs oder acht Monate aus der eigenen
Tasche in Berlin leben; ihre Wähler wissen das und
wählen sie demnach, weil sie keinen andern Kandidaten
finden. Die Diäten würden ohne Zweifel schon auf
das Pflichtgefühl der Abgeordneten hinreichend ein-
wirken, daß in der Regel ein beschlußfähiger Reichs-
tag versammelt wäre.
Nun kommt ja im Abgeordnetenhause allerdings
auch der Mißbrauch vor, daß Abgeordnete Wochen
ja Monate lang fehlen und doch ihre Diäten eiuftrei»
chen. Es würde ein Leichtes sein, diesen Mißbrauch
zu verhüten und die Einrichtung zu treffen, daß Di-
äten nur die wirklich Anwesenden und nur für die
Tage beziehen, an denen sie den Sitzungen beigewohnt
„Ist eS nicht närrisch, wenn ein Mann den andern
küßt ?' phantafirte Walter. „Jefsie habe ich nicht mehr ge-
küßt seit der Zeit, da sie noch ein kleines Ding war und
mir eine von ihren Locken schenkte. Sie liegt im Koffer bei
der Locke von meiner Mutter. Kannten Sie meine Mutter?"
„Ja, ja, o Himmel ja," und der Mann fiel auf feine
Knie und verbarg dar Gesicht in seinen Händen.
Obwohl Walter diese Aeußerung eines tiefen Schmer-
zes nicht verstand, so schien er doch mitzuempfinden- Er
legte seine Hand auf das ergraute Haar deS Knieenden
und sagte sanft: „Weinen Sie nicht. ES nützt doch nichts-
Ich habe früher auch geweint, als ich noch em Knabe war
und an meinen armen lieben Vater dachte."
„Sagcn^Sie das noch einmall Noch einmal lieber,
armer Vater I" jauchzte der Kapitän und wieder ruhten
seine Bücke auf dem Gesichte des Kranken, welcher ein-
geschlummert war.
„Er erinnert zwar an Ellen," flüsterte er. „Mehr aber
gleicht er mir selber; und doch Hal er einen Zug, den ich
oft bei Ellen beobachtete, wenn sie schlief. Armes Weib,
wer hätte gedacht, daß ich unser Kind zum ersten Maie
in der Fremde sehen würde, und jetzt ist das Kind schon
ein bärtiger Mann geworden!
Die Ueberzeugung, daß der Kranke sein Sohn, d is
Kind Ellens sei, befestigte sich in dem Kapitän mit jedem
Tag, so daß er es nicht mehr für indiskret und unstatthaft
dielt, unter den Effekten seines Pfleglings nach weiteren
Anhaltspunkten zu suchen. Er öffnete den Koffer, da sand
er denn die schwarze Locke Jessie'S und daneben eine braune
Flechte, welche er als das Haar seines verstorbenen un-
glücklichen Weibes wiedererkannte: er küßte es und wand
es um seine Finger, wie er es in jenen wonnigen Tagen,
da das reine Glück der Liebe noch durch kein Wölkchen
getrübt worden war, so oft geihan. Dann legte er die
Haarflechte neben das Haupt des Kranken und stellte Ver-
gleiche an. Thränen der Rührung rannen in den ergrauten
Bart. „Gott segne meinen Sohn, — segne meinen Sohn,"
flüsterte er. Dann legte er das theure Andenken wieder an
seinen früheren Platz, Und Jefsie Graham, wer mochte sie
Die Disten-Frage
gilbet augenblicklich wieder den Gegenstand lebhafter
Erörterung in der Presse. Beachtung verdient, daß
Aw links die National-Zeitung, von recht-die Deutsche
Tageszeitung und das Volk entschieden für die Ge-
währung von Diäten an die Reichstags-Mitglieder
Eintreten.
Das Organ deS linken Flügels der Nationallibe-
Eolen stellt, wie schon erwähnt, zunächst fest, daß die
M Jahre 1867 von den Regierungen gehegte Er-
wartung, die Diätenlosigkeit werde sich als ein Gegen-
gewicht der demokratisirend-n Wirkungen des allge
Weinen Wahlrechtes erweisen, nicht eingetroffen sei.
Bei der großen und oft bewährten Opferwilligkeit der
Sozialdemokraten würden die Herren Bebel uns Ge-
issen mit oder ohne Diäien im Stande sein, über-
Müssige Parteigelder in Consols anzulegen; sie wür-
An ohne Diäten auf kein Mandat zu verzichten
brauchen, das sie erobern könnten und daher mit
Diäten nicht eins mehr erlangen als ohne solche.
Und ebenso stehe eS nach den gemachten Erfahrungen
Ai den andern demagogischen Richtungen, die in un-
Krm öffentlichen Leben in die Höhe gekommen seien.
AvderjeitS unterliegt eS auch für die Nat. Ztg. nicht
Am mindesten Zweifel, daß die regelmäßige Abwesrn-
Ait der größten TheileS der ReichStagsmitglieder
überwiegend auf die für sie obwaltende Unmöglichkeit,
diele Monate auf eigene Kosten in Berlin zu leben,
iAückgdführt werden müsse, und gerade vermöge der
Diätenlosigkeit habe sich etwas ähnliches wie ein Be-
hufs Parlamentarie thum im Reichstage entwickelt.
Das Organ des Bundes der Landwirthe ist für
Diäten im Interesse einer bessern Vertretung deS
Mittelstandes. ES sei offenkundig, daß bei der Wahl
Stolz und Liebe.
*9) Dem Amerikanischen nacherzählt.
... „Gott sei Dank I Gott sei Dank!' flüsterte der Kapi-
M tief ergriffen. „Also hat mich meine Ahnung dock nicht
Atrogen. Der Kranke ist Walter Marshall- So hätte ich
Ann ein weiteres Glied in der Kette meiner Bermuthungen
Ur Geduld, die noch fehlenden werden sich nun mit Gottes
vUfe auch finden lassen."
. Mit großer Anstrengung zwang er sich, ruhig zu wer-
An. Der Name Marshall war ihm ein so wohlbekannter;
fr selbst hatte ihn einst getragen. Er hatte ihn zurückge-
Mrt zu dem uns wohlbekannten alten Farmhause in
Merwood, zu dem Ahornbaum, in dessen Stamm er seinen
Umen eingeschnitten, zu seinem armen Weibe, zu der
stürmischen Nacht, die seine Flucht verheimlicht, zu der
'ullgst verstorbenen treuen Mutter, und zu dem Vater, der
°n feine Schuld geglaubt hatte.
Alle diese Ermnerungen traten vor sein Auge, und
°ann wandten sich seine Gedanken wieder der Gegenwart
°?Md dem Kranken, der ihn gefragt hatte: „Kennen Si
weinen Vater?"
Nr „-.O Gott, solltest Du mein Flehen erhört haben?
Walter Marshall — mein Sohn — Ellens Kind und
«eines?" So sprach der Kapitän mit zum Himmel ge-
rieten Blicke vor sich hin. Und er neigte sich über den
Wmea und schwere Thränen fielen auf das bleiche G--
in welchem er mit jedem Augenblicke mehr und mehr
^Ähnlichkeit mit dem Weibe seiner Jugend zu erkennen
.Warum weinen Sie?" fragte Walter.
..-müher hatte ich einen Sohn, der Ihnen glich, und
r.? ibui mir wehe, Sie hier so krank zu sehen. Ich will
mr Sie sorgen," erwiderte der Kapitän.
L;- 7.-' wollen Sie?" ries Walter erfreut- „Und wollen
«te der mir bleiben, bis ich meinen Barer gefunden habe ?"
«v -Ja, ja, ich will immer bei Ihnen bleiben," und Seth
MAball — er war es, der Vater Walters — preßte seine
^dpen auf den Mund de» Kranken.