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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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August 1897
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Nr. 185
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0757

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WMg, WMg, dl» 17. MW 1897

Hat aber das neue Parteifähnlein Ai
sätze, dann ist die Sache vielleicht nichts

Verantwortlicher Redakteur:
Joseph Huber in Heidelberg.

Inserate die 1°spaltige Petrtzerle oder deren Raum
eutende
«xpedittönrZwingerftraße 7.

sches Manchesterthum und echter Bauernbund bei«
sammen. Sie vertragen sich und wissen warum.
Sie wissen selbst am besten, daß sie die Minorität in
Bayern sind und nur durch die künstlichen Zucht-
mittelchen der Regierung eine so bedeutende Minorität
darstellcn. Der liberale Schachzug der Wahlkreis«
geometrie läßt sich nicht mehr gut machen. Im Ja«
teresse des Liberalismus und ihrer Wählerschaft, die,
wie sie wohl wissen, in der Hauptmasse protestantisch
ist, halten sie zusammen. Beide Richtungen finden
im inmrpolitischen Leben Bay-rns an einander ihre
Stütze. Darum rechnet der Liberalismus eventuell
sogar darauf, auf die protestantischen Wahlkreise ge-
stützt, infolge der Zersplitterung der Katholiken sich an
der Spitze zu erhalten, bezw. wieder sich alleinregier-
ungsfähig zu machen.
Mit Rücksicht auf das durch die famose Wahl-
kreiSauSzirkelung zugespitzte Stimmenzahlverhältniß
der beiden Parteien war es bisher in Bayern geboten,
auf katholischer Seite zusammenzuhal-
ten. Fehlte der Zusammenhalt, waren der Liberalis-
mus und die ihn stützende Minderheit sofort bereit, die
Folgerungen auch im praktischen Leben für sich zu
ziehen.
Erhält nun die Bauernbundsbewegung in Ober-
uvd Niederbayern die Oberhand, so ist die äußere
Einheit zerschlagen. Es wird sich dann im Einzelnen
darum handeln, welche Stellung die neuen Abgeord-
neten (abgesehen von den wirthschaftlichen Fragen) in
der inneren Politik (Schule, kirchliche Fragen re.)
eiunehmen. Gelingt es der liberal radicalen Ström-
ung, die in den katholischen Gegenden mit dem Bauern-
bund geht, von ihren Candidaten oder wenigstens
schwankende Männer in den Landtag zu bringen,
wird auch die Mehrheit für die Katholiken überhaupt
verloren — verloren durch die Schuld der „katholi-
schen" altbaherrschen Provinzen.
Hat aber das neue Parteifähnlein strikte Grund-
sätze, dann ist die Sache vielleicht nichtz Änmal so übel.
Es wird dann wahrscheinlich ein kleineres Fähnlein
auS Ober« und Niederbayern und ein größeres Fähn«
lein aus den übrigen in Betracht kommenden Regier-
ungskreisen sich bilden, beide werden aufeinander an-
gewiesen sein, also mit einander verhandeln und auf-
einander Rücksicht nehmen zu müssen; dann aber ist
das Führerübergewicht der beiden bayr. Provinzen
gebrochen. Die übrigen Provinzen werden davon
profitiren.
Wie eS also gehen mag: wird die Mehrheit für
ausgesprochen kathol. Abgeordnete gebrochen, dan»
sich wenig darum, ob man sie hin und wieder vom Trottoir
drängt, weiß aber geschickt jeder unsanften Berührung zu
entgehen, brS sie in ein Gäßchen einbiegt und rasch weiter
schreitet, um erst auf der stillen Heerengracht ein wenig zur
Ruhe zu kommen.
Vor einem ansehnlichen Hause bleibt sie stehen, schellt,
schwenkt, als die Thüre geöffnet wird, ihren Schirm aus
und eilt leichtfüßig in den hell erleuchteten Gang.
„Welch ein Welter!" redet sie die Magd an, indem sie
zugleich ihren Regenmantel alwirft.
„Madame dachte nicht, daß Sie noch kommen würden,"
war die Antwort, während die Magd mit besorgten Blicken
die Füße der Neuangekommenen besichtigte, ob diese nicht
den kaum geputzten Gang wieder beschmutzen würden,
„O, ich werde mich durch das Wetter nicht abhalte»
lösten, daS habe ich im Wiuter wohl bewiesen."
Nachdem sie das Haar, das sich in kleinen feuchten Löck-
chen um die Stirne gelegt, geordnet und etwas ihre Toi-
lette zurecht gezupft batte, tritt sie in das von der Magd
geöffnete Zimmer. Es ist ein fein wöblirtes Gemach; im
offenen Kamin brennt ein trauliches Feuer: kein anderes
Licht ist da, als das der beiden Kerzen am offenen Klavier,
Nach einigen Minuten, während welcher sich die Lehrer-
rin am Kamin wärmt, tritt ein kleines Mädchen herein,
welches freundlich grüßt, und dann nimmt die Stunde ihren
Anfang. Die Schülerin blickt wohl etwas oft nach der
Marmorpendule auf dem Kamin und greift dadurch man-
chesmal fehl, so daß die Lehrerin die Stirne runzelt, und
man es ihr ansieht, daß sie sich Gewalt anthun muß, um
ihre Ungeduld zu bezwingen.
„Mama hat gesagt, daß Sie einen Augenblick warten
möchten, da sie mit Ihnen reden wolle," sagte das Mädchen.
„Sehr wohl, Ritty.
„Ist es noch nicht Zeit, Fräulein?'
„Noch zehn Minuten!"
„Wie wird mir die Stunde doch so lang!"
Gerade als der Zeiger der Uhr das Ende der Stunde
wies, trat eine Dame herein. Die junge Lehrerin erhob
sich von ihrem Stuhl, um sie zu begrüßen.
(Fortsetzung folgt.)

Druck, Verlag u. Expedition
Gebr. Huber in Herdelberg,
Zwingerftraße 7.

erst 1890 wieder auf 34. Und trotz des rapiden
Rückgangs war die Mehrheit der Cartellparteien eine
gar nicht so bedeutende. Das Centrum hatte eben
seine 101 Sitze bewahrt.
Ter Kampf also um eine eventuelle Heraushebung
des CentrumS aus seiner Stille im Reichstag wird
nicht in Süddeutschland und nicht in den
katholischen oder mit Katholiken in größerem Prrcent-
satz durchsetzten protestantifchen Gegenden Norddeutsch-
lands, sondern in den eigentlichen rein protestantischen
Gegenden deS nördlichen Deutschlands auSgefochten.
Dort handelt es sich darum, wie weit eine etwaige
Erreichung der Anhänger der früheren Cartellparteien
zu Stande kommt und mit welchem Erfolge dieselbe
gegen die norddeutschen radikalen Parteien (Freisinn
und Sozialdemokratie) in dem Wahlkampfe sich schlägt.
Die Punkte, um welche eS sich bei der nächste»
Reichstag! Wahl handeln wird und die Miquel als
nächst vorstehende Punkte auch nicht mit seiner schlau
erdachten MittelstandSpolitik in den Hintergrund zu
drängen vermag, sind von solch einschneidender Be-
deutung, daß an besondere Erfolge der Cartellparteien
diesmal auch bei allem Zusammengehen nicht zu denken
ist. Groß Marine, Abänderung deS ReichStogSwahl-
rechtes, reaktionäre Vereinsgesetzgebung sind drei
so mächtige Schlagwörter, daß eher auf ei» Er-
starken der radikalen Strömungen gerechnet werden
muß. Gewinnen aber die drei Cartellparteien nicht
ganz besonders Terrain (z. Z. zählen die Conserva-
tiven ca. 60, die Freikonservativen ca. 25, die National-
libiraleu an 50 Abgeordnete), so machen auch die
Neuwahlen an der Stellung des CentrumS nichts.
Darüber möchten sich BiSmar ck v. der Berliner „Reichs-
bote" trösten.
Anders wird die Sache sich im bayerischen Land-
tag gestalten, falls die Bauernbunds- und Dr. Kleit-
ner'sche Volkspartei in Ober- und Niederbayern
an die Stelle deS CentrumS tritt, wofür die Un-
thätigkeit im eigene» Lager eine gewisse Voraussicht
bietet.
Im bayerischen Landtag ist eines sicher: daß, außer
den Socialdemokratcn, die Vertreter der meisten
großen Städte und der künstlich zusammengezirkeltes
Wahlkreise, in welchen die Protestanten die Mehrheit
habe», m't ganz verschwindenden Ausnahmen in der
„liberalen" Fraktion sich zusammenfinden u. zusammen-
bleiben. Die politische Elastscität der liberalen Par-
tei ist ja geradezu bewunderuswerth; Gummi ist nichts
dagegen. Da sitzen Freisinn und Liberalismus, städti-
nicht auf das Schloß zuiückkehren, olle waren der tiefsten
Nikdergeschlagenteit ar heiwgi fallen.
Die ersten Augenblicke nach dem Verlest eines theuren
Wesens sind endeß riech nicht die bittersten. E>st später,
wenn das Liken seinen gewöhnlichen glatten Lauf wieder
nimmt, erst tonn bemerkt »an so recht, welche Leere turch
den Hingang entstanden ist, und »an meint, daß dos Le-
ben nimmer wieder einen Reiz haben wird. Es ist, als
wenn man Plktzlich in eine Betäubung gerathen sei, in ei-
nen beängstigenden Traum, woraus man erst allmählich
erwacht, nm der traurigen Wirklichkeit in's Angesicht zu
starren. Nur die kleine Margo spielte, lachte und weinte,
ohne zu ahnen, was sie unwiderruflich verloren: den herr-
lichsten Sonnenschein des Glückes, die Mutterliebe.
Lange war eS indeß den Trauernden nicht vergönnt,
sich jener schmerzlichen Ruhe zu ergeben; ein neuer Schlag
traf sie.
Die Spekulationen, mitltelst welcher Fritz ru eigenem
Vermögen gelangen wollte, schlugen fehl; der Mann, auf
den er sein Vertrauen gesetzt, war als Betrüger entlarvt.
Toornburg war mit Hypotheken belastet, sein Kapitol war
geschmolzen, und Cäcilie war gerade zur Zeit in ein bes-
seres Jenseits abberufen worden, am Vorabend eireS Le-
bens voller Trübsale und Sorgen.
Sechstes Kapitel.
Es gießt vom Himmel herab, wie eS in den letzten
Apriltagen nur regnen kann, der Wind heult um jede
Straßenecke, und die lebhafte Kalverstraße scheint mit einem
beweglichen Dach von Regenschirmen überspannt. Schwei-
gend eilt man sort; wer jetzt aus der Straße ist, hat ge-
wiß Geschäfte abzumachen und beeilt sich daher, so viel
er nur kann.
ES ist Samstag Abend und noch lebhafter als gewöhn-
lich. Tie Böcker rennen mit Körben, die Näherinnen mit
ihren Schachteln, die ZeitungSttäger mit Päcken an einander
vorüber.
Ein junges Mädchen, in eine» Regenmantel gehüllt,
ein kleiueS Hütchen aus dem Kopf, der unter einem Regen-
_ chirm hertvrlvgt, tvhnt sich wulhig einen Weg, kümmert

Dir Zukunst -es Centrums.
i»!e s/i. d'n politischen Strömungen der letzten Zeit
rych j« A, deutschen Reich von der Aera M quel und
titzs. Boyern durch dir altboyerische Bauernbunds-
fe charakterisirt werden, kommt vielfach auch
lj<>?i'll un g dis Ce n tr u m s in der künf «
" «ventuillen Partrigrrppirurg in Frage.
At, Zur richtigen Beurtheiluug der Sachlage
^Aussetzungen, von welchen diese Gestaltung
des CentrumS abhängt, näher zu prüfen
H. "uge zu behalten.
uiüssen unterscheide» zwischen der Stellung
im Reich und der im bayerischen
Tich^ ^rich wird die bisherige ausschlaggebende
Hy d"r - - ^ntrumS noch beiden Seite», nach Sei-
ni?^fiitig preußisch consei vativen wie der radi-
Übertrieben demokratischen Politik auS den
sitzen Ä bisher im Centrum ihre Vertreter
ftzt w , - ' keiner Weise bedroht. DaS Centrum
Stawwsitzen zu fest. Es hat auch im
Whlt seine 101 Abgeordneten im Reichstage
Mer,,'. Auch die Bauernbuvdsbewegung in Alt«
tzihg.x selbst wenn die Wünsche der Dr. Ra-
8«he„' Sigl., Dr. Klritner, ganz in Erfüllung
AM der Stellung des CentrumS im Reiche
Es ist dies die sicherste Thatsache,
^er H.V ein wahrer Hohn auf die großen Reden
«ez 'lenden Dr. Klritner. Für die Stellung
dicht w .dis 'm Reichstag ruht nämlich die Gefahr
Ann Anwachsen des demokratisch radikalen,
M "grarischradikalen Flügels, die Gefahr be>
Dbe» ,,^hr darin, daß infolge des Druckes vou
. infolge Zusammenschlusses der früheren
M diese für sich allein derart erstarken
sich hj. ^N"f Kosten der Lirksparteien, daß sie sür
^-MajoMt^bilden.
!Aril 7«^ im Jahre 1887 gewesen. Damals
Aalion„n.^°ns«vative, 42 Freikonservative und 96
r"ale in den Reichstag, bildeten also eine
dffweffn Ä sich mit 216 Stimmen bei 397 Abge-
r Dian» Sinais schmolz die freisinnige Partei auf
Men w zusammen, während sie in der vorherge-
Äa^lmde 67 und in der Wahl 1890 wieder
" .Mlte. Die Süddeutsche Volkspartei ver-
wi.r^ziich- mährend sie 1884 sieben, im Jahre
Me» lO Mann zählte. Auch die Sozialdemo-
*>»»I^ken vyn 24 Mandaten auf 11 und stiegen

Mer Volksblatt.
Mei I f-. - ... -
Crqan für Malwlmt, Fmlmi L Recht.
^ di7 8> Monatlich SV H mit Trägerlohn, durch r , Mvaiioewrurgims. . _
^-Lost bezogen Viertels. 1.60 franco.

-wies D" einzige Tochter« «Lik
r'!^Cn^?l"^dlte weitläufig die Geschichte von dem
Nktt Cilla'S Fall. Damit roß sie un
^bkn-« L^kS Del in die kalb geschliffene Wunde von
Zorn blitzte in feinen Augen auf.
gr,"^,ffer für Dich gesorgt, Cilla!" sprach er
der vertrautest Dich mir nicht an." Er ließ
>^kt an «Pu. d,e auf ihnm weißen Gewende logen und
sH." kezogen hatte, wieder sollen. „Sie ist gljick-
M -glücklicher als wir; sie hat nur die Blu-
gekannt, und nun wöge ihr das Licht des
i L, Er wMS leuchten!"
^»»de sich zur Ihüre, ruhig wie immer; die
ii» »Ai»»,!.« Mar vorbei.
vkrtz-nn"wand darf wissen, daß ich hier gewesen
Niemand!"
«Nein Herrn Baron — Fritz nicht rufen ?"
"Tag'"ch nicht veriötnt?"
»...Ach, wnL ^wanden, verstehst Du mich?"
würde Ihre selige Mutter über eine solche
dii» Atill ? Was muß sie
^er »we-' «ene unrützen Worte mehr; versprich mir
-Äen»Zi'"^it."
^un * ES wollen, werde ich schweigen."
WE Bartha! Vergiß Alles, besonders,
W ließ Dich erschreckt Hobe."
Aeu AA" leise hinauSgehen und begab sich wieder
vonÄAsung "hielten Fritz und die Familie
' Reichen nichts weiter als eine Visitenkarte
L. "New" ^„Theilnahme.
Er,Ü"' .'eine LP i* der tiefgebeugte junge
ik' iknTheilnahwSlofigkeit übersteigt alle
Mehr!""" l'tzl noch länger Groll hegen? Sie lebt
wo? W°emertz f^d, daß die Feindschaft zu weit
*- Eerne Frou lag krank zu Bett. Kcitz wollte
 
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