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Pfälzer Volksblatt: Organ für Wahrheit, Freiheit & Recht — 1.1897

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Juni 1897
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Nr. 127
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https://doi.org/10.11588/diglit.42846#0525

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Pfälzer WlkMlltt

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Joseph Huber in Heidelberg.

Druck, Verlag u. Expedition
Geb r. Huber in Heidelberg,
Lwtngerkraße 7.

Nch'tvt tS-lich mit Ausnahme der Sonn- u.
Vertage. NbonnementSprei» mit dem wöchent-
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- Organ für Ralirüieil, FrMeri L KeM.
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Heidelberg, Zwingerstraße 7.

Des hschhril. Pfingstfestes wegen erscheint am
^«ntag kein Pfälzer Volksblatt. Die nächste Nummer
^rd am Dienstaa Mittag ausaeaeben.



P>ringstsnl
Motto : Dem Armen, den die Welt verstoßt
Den Weinenden sei Du ein Trost,
Dem Müden werde süße Ruh'.
Erlöschen kannst du ewig nicht,
Unendlich reines HimmelSlicht,
Durchglüh' uns, unser Licht sei du!
Hanums: Vtzvi Oreutvr.
Pfingsten, das lieblichste Fest deS Jahres und das
'^abrne dritte der großen christlichen Feste, hat
Aderum seinen Einzug gehalten und Millionen
^nschenherzen mit Freude und Wonne, Hoffnung
Vertrauen erfüllt. DaS bedeutsame Dichterwort:
muß doch Frühling werden!" bewahrheitet sich
k Pfingsten nicht nur in der Natur, wo Fluren und
Mder im herrlichen Lenzesschmucke prangen, sondern
offenbart sich auch in den Herzen aller empfang-
LridvoU und freudvoll.
Novelle von L. v. Neidlegg.

z, Tie Gräfin nickte mit dem Kopfe, Tbräne um Thräne
N do» ihren Auaen. „So gehen Sie Ihren dornenvollen
Ns. Sie treue Tochter! Gott wird Sie nicht verlassen.
Mtha und ich, wir wollen für Sie beten, daß Er Ihren
Ad erhelle." Eie fuhr liebkosend über Anna'S Scheitel
A sah ihr theilnehmend mit unaussprechlich Wohlwollen-
A Blicke in die Augen. Dann zog sie deren Kopf noch-
Mz an sich und drückte einen heißen Kuß auf ihre Stirne.
...Mühsam ihr Schluchzen unterdrückend, erhob sich Anna
Sing langsam aus dem Zimmer. In Thräuen auf-
M, blieb die Gräfin zurück.
... Als am Abend desselben Tages alles im Salon sich
Mwmelt hatte, des Augenblickes gewärtig, wo «an zum
Unlessen sich begeben sollte, fand es sich, daß Gräfin
Wttbrunn und Martha fehlten. Der Graf führte seine
. °>te in's Speisezimmer, entschuldigte die Abwesenheit sei-
«rau und sagte, sie würde über ein Kleines erscheinen.
kurzer Zeit kam sie denn auch: sie war sehr bewegt,
Uhren Wimpern hingen Thränen. Neben ihr ging Martha
n von Weinen geschwollenen Augenlidern.
i,.,»Jch bitte recht um Verzeihung, daß ich warten ließ,"
M die Gräfin. „Martha und ich sind eben erst zurück-
Muren: wir haben Fräulein Grashoff ein Stück Weg's
Geltet. Sie ist nach dem Bahnhof gefahren."
»Siehe da!" sagte Elisabeth höhnisch.
^..Gräfin Hollerbrunn wandte sich nach ihr um, die
Rten blauen Augen blitzten. „Was bedeutet Dein Aus-
Elisabeth?"
»Ich wundere mich nur über diese sonderbar rasche
"°rerje,- gab diese trocken zur Antwort.
»sräulcin Grashoff begtedt sich zu ihren Verwandten,"
die Gräfin gelassen sort.
»Ihren Verwandten?' wiederholte Elisabeth gedehnt-
»3a, io!" versetzte die Gräfin mit ganz außergewöhn-
Icharfe- »Ich vergaß, daß sie, seit sie im Unglück ist,
° Verwandte mehr hat. Um mich ganz correct aus-

GotteS in der Natur, das millionenfache Wachsen und
Blühen, der tausendstimmige FrühlingSgefang gesiedeter
Sänger und die Erzeugung neuen Lebens in unzähli-
gen Gestalten müssen eine zuversichtliche Hoffnung und
einen über alle Unbilden der Daseins triumphirendrn
Idealismus in der Menschenbrust erwecken. Und
wenn man die Güter dieses Lebens auf ihren wahren
Werth prüft, so wird der Erfahrene bald erkennen,
daß nicht Gold und Edelsteine, Ehren und Würde«
daS Höchste und Beste sind, sondern daß Begeister-
ung und Liebe für alles wahrhaft Gute und
Größe und treues, standhafter AuSharren
in allen id e al en Be str e b un ge n die edel-
sten Güter der Menschheit sind. Dieser
hohen Wahrheitslehre zum ewigen Gedenken feiern
wir auch das christliche Pfingsten, an welchem vor
nun fast zwei Jahrtausenden ein Häuflein unbekann-
ter, niedrig geborener und aller irdischen Schätze
barer Männer durch Gottes Gnade und Allmacht
mit jener heiligen Begeisterung und Erleuchtung erfüllt
wurden, die sie befähigte, einer Welt der Tyrannei und
Barbarei das Evangelium der Liebe zu verkünden u.
die Lehre des Heilandes zum rettenden Glauben zu
machen. Pfingsten ist deshalb nicht nur ein Lenz-
fest und eine Erinnerungsfeier, sondern eS ist sür
die ganze Christenheit vor allen Dingen ein großes,
erhabene- Dankfest, denn es steht als einer der
Hauptpfeiler des ChristenthumS neben Ostern und
Weihnachten. Und aufs Neue mag Pfingsten, mag
die edle Begeisterung für die Verwirklichung deS
christlichen Glaubens die Menschen und Völker höherem
Streben und reinerem Glücke entgegenführen. Und
wenn trotzdem jetzt in der Gegenwart alle feindlichen
Gewalten sich wie zum Vernichtungskampfe gegen
Die Kirche zu verschwören scheinen, dann sagt der
ruhig denkende nüchterne Verstand mit dem berühmten
englischen protestantischen Geschichtsschreiber: „Es gibt
keine andere Einrichtung in Europa, die uns zu den
Zeiten hinaufführt, wo noch der Rauch der Opfer
aus dem Pantheon aufstieg, und wo Giraffen und
Tiger im flavischen Amphitheater umhersprangev,
als die k ath »lisch e Kirche. Und sie mag noch

zudrücken: sie sucht treue Freunde auf, die ihr in schweren
Zeiten beigestanden haben. Der Abschied von ihr ist mir
sehr schwer gefallen; sie ist ein vortreffliches, achtungs-
werthes Mädchen, und ich erwarte, daß in meinem Hause
Niemand cs sich herausnehmen wird, ihren Charakter an-
zugreifen." Eine Peinliche Pause entstand. Die Gräfin hatte
m ihrer zornigen Aufwallung den Muth zu dieser energi-
schen Zurechtweisung gefunden und erfchrack nun über die
eigene Kühnheit. Errötbend setzte sie sich an hren gewohn-
ten Platz. Der Grak strich sich den Bart und bemühte sich,
ein beifälliges Lächeln zu verbergen, das die Tapferkeit
seiner kleinen Frau ihm entlockte. Elisabeth gab sich alle
Mühe, «»besangen drein zu schauen, während ihre Cou-
sinen vor Erstaune» über die entschiedenen Worte ihrer
sonst so nachgiebigen Stiefmutter förmlich erstaunt waren.
Die wenigen Gäste, die noch anwesend waren, brachten
schnell einige interessante Gegenstände zur Sprache, und
anscheinend wenigstens war die Erzieherin bald vergessen.
Als aber am späten Abend Gräfin Hollerbrunn sich allein
mit ihrem Manne befand und die Ereignisse des Tages
ihm berichtete, rief sie energisch aus: „So fest ,ch an Gott
im Himmel glaube, so gewiß hoffe ich, daß Anna Neu-
dingen dereinst noch ihr Recht wird!"
„So möge es sein I" erwiderte der Graf, der sehr müde
war und mühsam ein Gähnen unterdrückte. „Und auch
Dir möge Dein Recht werden. Du herzhafte kleine Frau,
indem Du Deine Perlen wieder erhältst! Gute Nacht."
13.
Ein heftiges Gewitter umtobte am Morgen die Ebers-
burg. Heulend traf der Sturmwind das Haus, rüttelte an
den Fensterscheiben, zerrte an Wetterhähnen, daß sie krei-
schend im Kreise sich drehten, und trieb abgerissene Blätter
und Neste wirbelnd umher. Der Rege« fiel in Strömen
zur Erde. Durch das Unwetter an das Zimmer gebannt,
bewegte sich die ganze Gesellschaft nach dem Mittageffen in
den Salons und suchte sich die Zeit zu vertreiben, so gut
es eben ging. An solchen Tagen der Langeweile find die
Menschen auf das kleinste Ereigniß gespannt, welche» die

in unvermindeter Kraft bestehen, wann einst ein
Reisender au- Neuseeland in Mitten einer weiten
Einöde sich auf einen zerbrochenen Bogen der
Londonbrücke stellt, um die Ruinen der PaulSkirche
zu zeichnen." Der gläubige Christ aber gedenkt deS
Wortes de» Herrn: „Sieh, ich bin bei Euch
alle Tage bis zum Ende der Welt!"

Deutsches Reich.
* Berlin, 4. Juni. Die „Nationalzeitung" mel-
det: Der Geheime LegationSrath im Auswärtigen
Amte v. Mohl sei als Nachfolger RichthofenS zum
Mitgliede der internationalen Schuldenverwaltung in
Kairo ernannt.
* Darmstadt, 4. Juni. Die zweite Kammer
nahm die Regierungsvorlage betr. die Conversion der
4procentigen hessischen Anlehen mit dem Zusatz der
Unkündbarkeit bis zum Jahre 1906 an.
* Darmstadt, 4. Juni. Die zweite Kammer be-
schloß einstimmig die Prolongation deS FinanzgesetzeS
bis zum 31. März 1898, sowie ein Ersuchen an die
Regierung, den Gesandten in Berlin zu beauftragen,
im Bunderrathe für den ReichLtagSbeschluß bezüglich
des VereinSgesetzeS zu stimmen. Die Kammer vertagte
sich sodann auf unbestimmte Zeit.
* Heiligenstadt, 4. Juni. Die Arbeiten an der
Aufstellung de» Kellner-Denkmal» sind bereit» z»
Ende geführt. Dasselbe besteht in einer Bronzebüste
auf granitnem Sockel und hat die beträchtliche Höhe
von 5 Metern, wovon 1,30 Meter allein auf die
Kolosfalhöste entfallen. Der Sockel des Denkmals ist
aus blaugrauem Granit hcrgestellt und dasselbe Ma-
terial ist auch für die Einfassung zur Verwendung
gekommen. Die Vorderseite des Sockels trägt die
Inschrift: „Dr. Lorenz Kellner, 1811—1892. Auf
der Rückseite steht: „Errichtet von den katholische«
Lehrer-Vereinen des Deutschen Reiches 1897 "
Rechts befindet sich Kellner'- bekannter Ausspruch:
„Mein Herz w ar stets der Jugend zu-
gewandt, und treuen Lehrern drückt
ich gern die Hand." Links ist Kellner'- Wahl-
spruch angebracht: „WaS du bist, daS wolle
sein, und nichts wolle lieber sein."
DaS Denkmal ist vortrefflich gelungen und eS gereicht
dem Katholischen Lehrer-Verbande, dessen Anregung
es zu danken ist, zur Ehre, sowie der Stadt Heiligen-
stadt zur Zierde.

Eintönigkeit unterbricht. Als rin Wagen vsrfuhr, stürzte
Alles an die Fenster, um der kühnen Ankömmlinge ansich-
tig zu werden, die der Unbill des Wetters zu trotzen wag-
ten. Allen voran war natürlich Martha.
„Schon wieder Vetter Robert!" rief sie aus. „Und bei
dem Wetter!" Der Blick des altklugen Kindes streifte da-
bei Elisabeth.
„Man weiß ja, weshalb er kommt!" sagte Carry halb-
laut. „Er kommt, Dich zu holen!" flüsterte sie Elisabeth
ins Ohr- Diese zuckte die Achseln. Allgemein hatte sie die
Märe verbreitet, wie sie im Park die Gouvernante ertappt,
als diese, auf ihre alle Bekanntschaft mit Tiefenbach po-
chend, sich ihm beinahe an den Hals geworfen habe, sie
sei von ihm aber kühl abgewiesen worden. Die Cousinen
glaubten natürlich daran. Elisabeth selbst aber gab sich kei-
ner Täuschung hm: sie wußte recht gut, daß in Tiefen-
bach's Herz kein Raum sür sie war. Hatte sie doch den
Blick gesehen, den er aus Anna geheftet, und den leiden-
schaftlichen Ton seiner Stimme nur zu wohl vernommen.
Carry's Bemerkung, statt sie zu erfreuen, erregte des-
halb ihre übelste Laune, und mürrisch antwortete sie:
„Dann kommt er umsonst. 34 gehe nicht mit ihm."
Carrh sah Elisabeth starr an. Auf ihren Lippen
schwebte eine Anspielung auf die Fabel vom Fuchs und den
Trauben; sie unterdrückte aber die hochverrätherische Rede
und setzte sich möglichst weit weg von der offenbar sehr
verdrießlichen Cousine. Mittlerweile war Graf Tiefenbach
eingetreten. Er sah unruhig, beinahe verstört aus, während
er seinen Vetter Hollerbrunn freundschaftlich begrüßte. Man
sah ihm sehr wohl an, daß es etwas Außergewöhnliches
war, was ihn hierher gebracht. Er batte sein Augenglas
aufgesetzt, und während er höfliche Redensarten mit dem
Hausherrn wechselte, musterten seine Blicke die anwesende
Gesellschaft. Ein Zug von Enttäuschung zeigte sich auf
seinem Gesichte. Dann schob er für sich einen Sessel zwischen
Gräfin Hollerbrunn und Elisabeth.
(Fortsetzung folgt.)
 
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